Protokoll der Sitzung vom 18.09.2013

Herr Dr. Weiland, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Landtag beschließt heute über die Entlastung unter anderem der Landesregierung. Damit wird als letzte Station im Haushaltskreislauf der formale Schlussstrich unter die Haushaltswirtschaft des Haushaltsjahres 2011 gezogen.

Mit der Erteilung der Entlastung bestätigt der Landtag, dass der Haushaltsplan in Übereinstimmung insbesondere mit dem Haushaltsverfassungsrecht, der Haushaltsordnung und dem Landeshaushaltsgesetz vollzogen wurde. Insoweit stellt die Entlastung als Kernstück demokratischer Staatskontrolle das Korrelat des parlamentarischen Budgetbewilligungsrechts dar.

Eingeleitet wurde das Verfahren durch die Vorlage der Haushaltsrechnung 2011 sowie der Vermögensübersicht und den Antrag des Ministers der Finanzen auf Entlastung der Landesregierung. Auf der Grundlage der Haushaltsrechnung 2011, der im Jahresbericht des Rechnungshofs dargelegten Prüfungsergebnisse und der Stellungnahme der Landesregierung hierzu hat die Rechnungsprüfungskommission gemeinsam mit dem Rechnungshof und Vertretern der Ministerien an drei Sitzungstagen Beschlussempfehlungen für den Haushalts- und Finanzausschuss des Landtags erarbeitet. Der Bericht und die Beschlussempfehlungen liegen Ihnen als Drucksache 16/2701 vor. Sie wurden mit den Stimmen aller Fraktionen verabschiedet.

Einen Schwerpunkt der Beratungen der Rechnungsprüfungskommission bildete die Grundsatzaussprache zur Haushaltslage und ihrer voraussichtlichen Entwicklung sowie zu den hieraus zu ziehenden Folgerungen. Der Rechnungshof hat seine Leitsätze zu dem entsprechenden Beitrag damit eingeleitet, dass sich die seit Jahren erheblich angespannte Haushaltslage des Landes im Jahr 2011 noch einmal verschärft hat.

Diese Wertung wird nachvollziehbar, wenn man die maßgebenden Haushaltskennziffern beachtet; denn die laufende Rechnung, also der konsumtive Haushaltsteil, schloss im Jahr 2011, obgleich die laufenden Einnahmen um 4,2 % zunahmen, mit einem Fehlbetrag von 845 Millionen Euro und dadurch mit dem bisher höchsten Defizit ab. Bezogen auf die Einwohnerzahl war dies im

Übrigen im Jahr 2011 auch die höchste Unterdeckung unter den Flächenländern.

Zu dem Fehlbetrag trug bei, dass die laufenden Ausgaben um 4 % auch in Folge erneuter außerplanmäßiger Zuführungen an das Sondervermögen „Wissen schafft Zukunft – Sonderfinanzierung“ und eines weiteren Anstiegs der Personalausgaben zunahmen.

Um den Fehlbetrag der laufenden Rechnung zu decken, Ausgaben für Investitionen zu finanzieren und letztlich den Haushaltsausgleich sicherzustellen, wurden 2011 allein für den Kernhaushalt neue Kredite von 2 Millionen Euro aufgenommen. Dies war die bisher höchste Kreditaufnahme in einem Jahr.

Infolgedessen stieg der Gesamtschuldenstand des Landes bis Ende 2011 unter Einbeziehung der Darlehen für die Landesbetriebe auf fast 35 Milliarden Euro. Dies entspricht gegenüber dem Stand von 2002 einem Anstieg von fast 13,6 Milliarden Euro. Damit entfallen auf die vergangenen zehn Jahre fast 40 % der Schulden, die seit dem Bestehen des Landes aufgenommen wurden.

Überdurchschnittlich hohe Haushaltsbelastungen des Landes wurden auch anhand von Vergleichen mit anderen Flächenländern deutlich. So lagen in RheinlandPfalz die Pro-Kopf-Verschuldung 2011 mit fast 7.300 Euro um 30 % und die Zinsausgaben je Einwohner mit 254 Euro um fast 25 % über den Durchschnittswerten der anderen Länder. Bei dem letztgenannten Vergleich ist noch nicht berücksichtigt, dass Zinsausgaben von 67 Millionen Euro in das Haushaltsjahr 2010 umgebucht wurden.

Die – wenn man so will alte – verfassungsrechtliche Kreditobergrenze wurde erneut nicht eingehalten. Sie orientiert sich an den eigenfinanzierten Investitionsausgaben und ist noch bis einschließlich 2019 zu beachten. Diese Grenze wurde im Haushaltsvollzug 2011 um 589 Millionen Euro überschritten. Auch hierbei handelt es sich um einen neuen negativen Höchstwert.

Im nächstjährigen Entlastungsverfahren wird über das abgeschlossene Haushaltsjahr 2012 zu befinden sein. Nach den vorläufigen Rechnungsergebnissen ergab sich infolge eines deutlich höheren Steueraufkommens in der laufenden Rechnung ein geringfügiger Überschuss. Allerdings reichten die Eigenfinanzierungsmittel bei Weitem nicht zum Haushaltsausgleich aus. Für den Kernhaushalt und die Landesbetriebe wurden Darlehen von 1 Milliarde Euro aufgenommen.

Angesichts dieser Kennzahlen bestand bei den Mitgliedern der Rechnungsprüfungskommission Einigkeit, dass noch erhebliche Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung erforderlich sind. Auch mit Blick auf die Vorgaben in der Landesverfassung, den Haushalt spätestens 2020 ohne neue strukturelle Schulden auszugleichen, bestand Einvernehmen, dass unter anderem verbindliche Vorgaben zur konsequenten Verringerung des strukturellen Defizits notwendig sind, eine strenge Ausgabendisziplin in allen Aufgabenbereichen sicherzustellen ist und die Personalausgaben weiter zu begrenzen sind. Insbesondere zu dem letztgenannten Punkt, also den Konsolidierungserfordernissen im Personalhaushalt,

enthält der Jahresbericht 2013 mehrere Hinweise und Empfehlungen zur möglichen Vermeidung von Personalkosten.

Auch vor diesem Hintergrund bildeten der Beitrag Personal und Personalausgaben des Landes und die Feststellungen des Rechnungshofs aus den Prüfungen der Organisation und des Personalbedarfs verschiedener Einrichtungen weitere Schwerpunkte der eingehenden Beratungen der Rechnungsprüfungskommission. So zeigte der Rechnungshof auf, dass von 1990 bis 2013 mehr als 12.000 Stellen in den Kernbereichen hinzukamen, davon allein 10.000 Stellen im Schulbereich. Stellenzuwächse waren auch bei den Hochschulen, der Polizei und der Justiz zu verzeichnen, während in der Steuerverwaltung die Stellenzahl fast unverändert blieb und lediglich in der sonstigen Verwaltung Stellen abgebaut wurden. Diese Angaben verdeutlichen, dass eine nachhaltige Haushaltskonsolidierung ohne angemessene Einbeziehung der großen Personalhaushalte der Kernbereiche kaum möglich sein dürfte. Diese Wertung wurde auch von dem Ministerium der Finanzen geteilt.

Die Landesregierung hat im Entlastungsverfahren angekündigt, sich eröffnende, weitere Personaleinsparmöglichkeiten aufzugreifen. Hinreichende Gelegenheiten hierzu bieten sich aufgrund der in der Vergangenheit und auch im aktuellen Jahresbericht aufgezeigten entbehrlichen Stellen. Danach können beispielsweise in den Servicediensten bei den Staatsanwaltschaften und Amtsgerichten durch angemessene Leistungsanforderungen und Verbesserungen der Arbeitsabläufe sowie des IT-Einsatzes mehr als 103 Stellen sozialverträglich abgebaut werden.

Auch bei den vier Landeskassen können im erheblichen Umfang Stellen durch optimierte Arbeitsabläufe und die Einführung eines neuen einheitlichen Kassenverfahrens abgebaut werden. Werden darüber hinaus alle Landeskassen zusammengelegt, lassen sich – so die Feststellung des Rechnungshofs – insgesamt 109 Stellen abbauen. Weitere 13 Stellen können eingespart werden, wenn die Dienstleistungszentren Ländlicher Raum die Zahl ihrer Standorte und die Flächen für landwirtschaftliche Versuche reduzieren.

Allein in den drei genannten Fällen lassen sich Personalkosten von insgesamt fast 16 Millionen Euro jährlich vermeiden. Zu diesen Punkten bestand – wenn ich die Beratungen der Rechnungsprüfungskommission zutreffend zusammenfasse – im Ergebnis weitestgehend Einvernehmen, dass die Empfehlungen zur Stelleneinsparung so weit wie möglich genutzt oder in angekündigte ergänzende Personalbedarfsberechnungen zumindest einbezogen werden sollen.

Einen weiteren Beratungsgegenstand bildete das Thema „Notwendige Verbesserung der Transparenz“, das der Rechnungshof in mehreren Beiträgen angesprochen hat.

Danach waren beispielsweise Transaktionen innerhalb des “Konzerns Land“ aufgrund nicht deckungsgleicher Angaben nur schwerlich nachvollziehbar.

Die Prüfung eines ordnungsgemäßen Haushaltsvollzugs eines Kapitels im Einzelplan 09 war infolge vielfältiger

und teilweise nicht eindeutiger Haushaltsvermerke nicht oder nur mit erheblichen Schwierigkeiten möglich.

Die gebotene Haushaltstransparenz im Zusammenhang mit Abgaben der Spielbanken und deren Verwendung war wegen nicht eindeutiger Haushaltsvermerke für die Mittelbewirtschaftung nicht gewährleistet.

Förderungen des Landes zugunsten des Studierendenwerks und von Landesgartenschauen sowie Leistungen im Zusammenhang mit dem Maßregelvollzug waren nicht transparent im Landeshaushalt ausgewiesen.

Der Personalhaushalt war nicht hinreichend übersichtlich. Die auf Nebenhaushalte entfallenden Stellen waren nicht gesondert ausgewiesen.

Zu diesen Punkten hat die Landesregierung Maßnahmen zur Verbesserung der Transparenz eingeleitet oder zugesagt. Die Regierungsvorlage zum Doppelhaushalt 2014/2015 wird zeigen, ob die Voraussetzungen für eine wirksamere Budgetkontrolle geschaffen wurden. In diesem Zusammenhang erlaube ich mir, auf die Regierungserklärung vom 30. Januar 2013 hinzuweisen, in der das Thema “Transparenz schaffen“ eine wichtige Rolle eingenommen hat.

Im vergangenen Jahr hatte ich auf die – aus meiner Sicht – hohe Zahl an Restanten hingewiesen, die noch nicht als erledigt angesehen werden konnten. Diese Zahl wurde im diesjährigen Entlastungsverfahren um 30 % auf neun Restanten reduziert. Zu vier Beiträgen, wie z. B. zu den Vermessungs- und Katasterämtern und dem Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation, sollten nach den Beschlussempfehlungen noch weitere Stellenabbaumöglichkeiten geprüft werden. Wird den Forderungen des Landtags möglichst zeitnah Rechnung getragen, dürfte sich die Zahl der Altfälle im nächstjährigen Entlastungsverfahren weiter verringern.

Gestatten Sie mir noch, auf eine Verfahrensänderung bei den Beratungen der Rechnungsprüfungskommission hinzuweisen. Die Beschlüsse zu den einzelnen Beiträgen wurden an dem jeweiligen Sitzungstag gefasst und nicht mehr, wie im vergangenen Jahr, ausschließlich am letzten Sitzungstag. Lediglich in einem Fall wurde die Beschlussfassung bis zum letzten Sitzungstag zurückgestellt. Dies trug zu einem stringenteren Beratungsverfahren bei und sollte nach meiner Auffassung – sofern die Fraktionen das auch so sehen – beibehalten werden.

Auch hat sich meines Erachtens bewährt, dass die Sitzungen der Rechnungsprüfungskommission vor den Sommerferien terminiert werden, da die Beratungsergebnisse dann gegebenenfalls noch im jeweiligen Haushaltsaufstellungsverfahren bzw. den anschließenden Haushaltsberatungen Berücksichtigung finden können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich mit einigen Worten des Dankes schließen. Die Rechnungsprüfungskommission hat an drei Tagen intensiv beraten. Ihnen, Herr Präsident Behnke, und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landesrechnungshofs gilt mein besonderer Dank für die geleistete Arbeit. Diese ist für die Beratungen der Rechnungsprüfungskommission, für die Arbeit des Haushalts- und Finanzaus

schusses sowie für die Arbeit des Landtags unverzichtbar.

(Beifall im Hause)

Hierdurch wird die parlamentarische Budgetkontrolle wirksam unterstützt.

Danken möchte ich auch der Landtagsverwaltung und den Ressorts der Landesregierung. Mein Dank gilt auch den Kolleginnen und Kollegen der Rechnungsprüfungskommission sowie des Haushalts- und Finanzausschusses. Ich glaube, feststellen zu dürfen, dass bei allen Unterschieden in der Sache die Beratungen von Sachlichkeit, Ernsthaftigkeit und Kollegialität geprägt waren. Dafür bedanke ich mich.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der CDU und bei der SPD)

Herr Dr. Weiland, herzlichen Dank für den sehr ausgiebigen und umfangreichen Bericht, wenn ich das einmal so von meiner Seite aus formulieren darf. Jetzt hat das Wort Herr Kollege Wansch von der SPD-Fraktion. Wir haben eine Redezeit von 10 Minuten vereinbart.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die sehr umfangreiche Prüfung, die aufgrund des Jahresberichts 2013 des Rechnungshofs im Rahmen des Entlastungsverfahrens notwendig war, auch einschließlich des Themas „Kommunalbericht 2013“, hat uns in Speyer und später auch hier in Mainz zusammengeführt und hat zu guten, wirklich fachlich fundierten und sehr sachlichen Diskussionen geführt.

Ich danke deswegen auch vorneweg dem Rechnungshof unter seinem Präsidenten Behnke, der uns die Unterlagen zur Verfügung gestellt hat und damit auch die notwendigen Rahmenbedingungen für diese guten Beratungen bereitet hat.

Mein Dank gilt natürlich auch der Landtagsverwaltung, die teilweise sehr kurzfristig unsere Beratungsergebnisse zusammenfassen musste. Ich kann auch feststellen, dass die Beratungen unter Vorsitz des Kollegen Dr. Weiland so abgelaufen sind, dass sie fachlich und sachlich gut waren und von einer wirklich harmonischen Atmosphäre geprägt waren, auch wenn wir manchmal politisch unterschiedlicher Auffassung waren.

(Vizepräsidentin Frau Klamm übernimmt den Vorsitz)

Lassen Sie mich aber zu den Prüfungsergebnissen einige Anmerkungen unterbreiten. Im Rahmen seiner Berichterstattung hat der Kollege die Haushaltskennzahlen des Jahres 2011 kurz zitiert. Ich möchte auch auf diesen Bereich eingehen und darf insoweit zum Beispiel die Steuerentwicklung des Jahres 2011 aus den vorliegenden Kennzahlen herausgreifen.

Wenn man den Vergleich 2011 zu 2008 nimmt, dann kann man feststellen, dass im Jahr 2008 fast 9,2 Milliarden Einnahmen an Steuern zu verzeichnen waren, im Jahr 2011 nur knapp 8,7 Milliarden Euro.

Vor diesem Hintergrund war das Land Rheinland-Pfalz natürlich noch nicht in einem Zustand, in dem man sagt, man ist durch die Talsohle der Krise geschritten. Erst die Folgejahre zeigen, dass die Steuereinnahmen deutlich zugenommen haben.

Parallel dazu ist die Entwicklung des Ausgabenbedarfs festzustellen. Die laufenden Ausgaben waren beispielsweise im Jahr 2008 mit 11,3 Milliarden Euro zu verzeichnen, die laufenden Ausgaben im Jahr 2011 mit 12,3 Milliarden Euro. Das heißt kurz und knapp in der Gesamtschau, weniger Steuern bei gestiegenem Ausgabenbedarf. Das war eine Prägung für das Jahr 2008 im Vergleich zu den Vorjahren, geprägt durch eine Krise. Als wir das Jahr 2011 abschlossen, dachten wir alle, wir sind am Ende dieser Krise. Heute wissen wir jedoch, dass die Weltwirtschaft das insgesamt noch nicht gemeistert hat.

Trotzdem zeigen die vorläufigen Ergebnisse des Jahres 2012 eine deutliche Verbesserung des Haushalts auf. Es wurde auch der Hinweis genannt, dass die Überschreitung der Kreditobergrenze mit 589 Millionen Euro krisenbedingt im Jahr 2011 gegeben war. Im Jahr 2012 wird es aber zu dieser Situation nicht mehr kommen.

Die Ausgaben, die geleistet wurden – Stichwort Konjunkturprogramm II –, auch durch das Land unterstützt, haben uns in Rheinland-Pfalz im Vergleich zu anderen Ländern ein Stück besser durch die Krise geführt. Das zeigt auch beispielsweise, wie stabil die Arbeitsmarktdaten bei uns im Lande sind.

Zu den Prüfungsergebnissen kann man festhalten, dass in weiten Teilen auch das Thema „Personal“ eine Rolle gespielt hat. Es ist klar, wenn sich rund 60 % der Steuereinnahmen letztlich in Personalausgaben wiederfinden, dass man sich mit solchen Themen befassen muss.

Der Rechnungshof hat uns umfänglich in unterschiedlichen Bereichen Empfehlungen vorgelegt, die diskutiert wurden, sei es im Bereich der polizeilichen Bußgeldstellen, Stichwort IT-Einführung, Verbesserung des Verfahrens und damit der Möglichkeit, Personalstellen einzusparen. Auch da sind wir einvernehmlich zu dem Schluss gekommen, dass diesen Empfehlungen gefolgt werden sollte.