Protokoll der Sitzung vom 07.11.2013

Es gilt auch, die soziale Gerechtigkeit gegenüber anderen Selbstständigen zu schaffen, die ihren Beruf nicht aufgeben müssen. Sie dürfen weiterhin dazuverdienen. Es gibt auch andere Möglichkeiten, die noch eine Rolle spielen, nämlich Einnahmen aus der Landwirtschaft. Sie können aus finanziellen Gründen nicht verzichten, weil – wie Herr Schmitt sagte – die Altersversorgung der Landwirte aufgrund dieses Alterstaschengeldes, wie man früher sagte, relativ gering ist.

Aber es gibt heute – das kam im Ausschuss klar herüber – keine Bäuerinnen und Bauern, die den Betrieb länger führen als unbedingt notwendig, schon gar nicht, wenn Nachfolgerinnen und Nachfolger vorhanden sind.

Ich weiß nicht, ob Herr Billen oder Herr Wehner im Ausschuss Frau Elsen von der Landjugend gefragt hat, ob man sich in ihren Kreisen, im Landjugendbereich, darüber unterhält, wie es sich mit der Hofabgabeklausel verhält, ob sie eine Meinung dazu haben. Da kam ein eindeutiges Nein. Ich kann verstehen, es ist im Moment bei 25- bis 30-Jährigen nicht unbedingt das Hauptthema. Ich glaube von daher nicht, dass Sie ihre Meinungsänderung zum Antrag von der Landjugend haben.

Unsere Forderung eines Abschlags beim Bezug des Altersgeldes bei gleichzeitiger Weiterführung des Betriebs halte ich für gerechtfertigt. Damit besteht ein An

reiz, den Betrieb an die nachfolgende Generation weiterzugeben.

Ich möchte ein paar Worte zu Ihrem Antrag verlieren.

Sehr geehrte Kollegen der CDU, Sie haben nun schon zum zweiten Mal einen Alternativantrag gestellt. Der erste ist mit der Forderung der Übertragung der reinen landwirtschaftlichen Altersversorgung in die allgemeine Altersversorgung weit über das Ziel hinausgeschossen. Mir klingt es heute noch im Ohr, als Sie zu mir sagten: Hat dich der Mut verlassen, wir gehen richtig dran, das muss gefordert werden?

Sie hatten auf jeden Fall eines damit geschafft, die Bauernverbände und ihre eigene Partei – ich nenne Peter Bleser und Norbert Schindler – auf die Palme zu bringen. Jetzt vermute ich einmal, die beiden Herren sind mit Ihnen im Sommer eine Runde Schlitten gefahren.

(Zuruf von der CDU)

Ich glaube das schon, weil ich auf dem Podium war, und Herr Bleser hat auf die Frage nach der Hofabgabeklausel entsprechend geantwortet. Zitieren möchte ich ihn nicht. Aber Ihre heutige Forderung in Ihrem Alternativantrag zeigt, Sie sind als Tiger gestartet und als Bettvorleger gelandet.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Für die Landesregierung hat Herr Staatssekretär Dr. Griese das Wort.

Verehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Man muss vielleicht für diejenigen, die sich nicht jeden Tag mit dem Thema „Hofabgabeklausel“ beschäftigen, noch einmal in Erinnerung rufen, mit welchem Tatbestand wir es eigentlich zu tun haben.

Wir haben nämlich die Situation, dass Landwirte, die im Rentenalter sind, die in Ruhestand gehen und ihre Rente beziehen möchten, das nicht können, solange sie ihren Hof nicht abgegeben, solange sie keinen Hofnachfolger gefunden haben. Das stammt aus einer Zeit, als die Situation auf den Höfen noch so war, dass die Hofnachfolger Schlange standen, und wenn der Erstgeborene nicht übernehmen wollte dann, der Zweite oder der Dritte. Es war auch ein Instrument, den Altbauer dazu zu bringen, irgendwann den Hof einmal abzugeben. Heute hat sich die Situation vollständig umgedreht.

Vier Fünftel aller landwirtschaftlichen Betriebe finden gar keinen Hofnachfolger. Sie stehen vor der Situation, dass sie die Rente nicht bekommen können, obwohl sie im Rentenalter sind und eingezahlt haben, aber keinen Hofnachfolger finden. Wenn man sich diese Situation

betrachtet, kann man eine Feststellung treffen: „Die Hofabgabeklausel in ihrer bisherigen Form passt nicht mehr in die heutige Zeit!“

Meine Damen und Herren, das stand in dem ursprünglichen Antrag der CDU-Fraktion, bevor Sie die jetzt angekündigte Rolle rückwärts angetreten haben und alles noch einmal prüfen wollen.

Ich kann Ihnen klar und deutlich sagen, wir teilen diese Einschätzung, wie sie im Koalitionsantrag zum Ausdruck kommt, dass diese Hofabgabeklausel in ihrer bisherigen Form nicht mehr in die heutige Zeit passt. Dass das so ist, belegen auch die vielen bürokratischen Ausnahmen, die es davon gibt, die lange Liste von Ausnahmen in § 21 des Alterssicherungsgesetzes. Es zeigt, dass die gesamte Konstruktion nicht mehr zeitgemäß ist. Sie hindert die alten Menschen daran, in den Ruhestand zu gehen und ihre Rente zu bekommen. Sie bewirkt positiv für die landwirtschaftlichen Strukturen gar nichts.

Übrigens gibt es das bei keiner anderen Berufsgruppe und ist deshalb als diskriminierend zu betrachten. Im Gegenzug – das will ich in Erwiderung zu dem sagen, was Sie, Herr Schmitt, aufgeführt haben – engagieren wir uns für die Junglandwirte, und insofern nehmen wir die Aufgabe aus dem Koalitionsantrag sehr wörtlich. Da darf ich an die Debatte von heute Morgen anknüpfen.

Wir haben in zähen Verhandlungen auf der Sonderagrarministerkonferenz gerade erreicht, dass es eine neue Junglandwirteförderung auf EU-Ebene für alle Bäuerinnen und Bauern auch in Rheinland-Pfalz geben wird. Die sieht so aus, dass jeder Betrieb pro Hektar 50 Euro zusätzlich für insgesamt maximal 90 Hektar bekommt.

Also ein Betrag von rund – wenn wir die durchschnittliche Betriebsgröße bei den Junglandwirten zugrunde legen – 4.500 Euro pro Betrieb jedes Jahr. Das ist eine viel effektivere Junglandwirteförderung, als wir sie bislang hatten.

Wir sparen auch in der Beratung nicht an der falschen Stelle, Herr Schmitt; denn erstens sind unsere staatlichen Institutionen dafür verantwortlich – wir haben die Dienstleistungszentren Ländlicher Raum, die genau für diese Beratung zur Verfügung stehen –, und zweitens haben wir die Landwirtschaftskammer. Ich muss da eine Zahl korrigieren. Wir kürzen die Selbstverwaltungsaufgaben nicht auf 100.000 Euro, sondern da um 100.000 Euro.

(Zuruf des Abg. Schmitt, CDU)

Dann ist das aber schon etwas anderes, und sie bleiben bei rund 770.000 Euro.

(Pörksen, SPD: Das ist Geld genug!)

Die weitere Entwicklung werden wir noch sehen.

Sie haben die private Beratung angesprochen. Wir als Land müssen sagen, wenn wir zwei Institutionen haben, die diese Aufgaben durchführen, nämlich die Dienstleistungszentren Ländlicher Raum und die Landwirtschaftskammer, dann müssen wir nicht auch noch eine dritte

Säule finanzieren, jedenfalls nicht in dem Umfang wie bisher, wenn die Zahl der Beratungsfälle zurückgeht. Sie geht zurück, weil die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe zurückgeht.

Auch dafür will ich Ihnen noch einmal ein Beispiel nennen: Nach dem Krieg gab es in Rheinland-Pfalz über 200.000 land- und forstwirtschaftliche Betriebe. Jetzt sind wir bei 18.000. Dass dann die Zahl der Beratungsfälle zurückgeht, müsste doch eigentlich jedem einleuchten.

Meine Damen und Herren, abschließend will ich sagen, ja, wir werden uns für die Abschaffung der Hofabgabeklausel in der bisherigen Form einsetzen. Wir werden entsprechende Initiativen unterstützen und im Bundesrat entsprechend initiativ werden.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/2250 –. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU angenommen.

Wir stimmen jetzt über den Alternativantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/2957 – ab. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Damit ist dieser Antrag mit der Mehrheit der Stimmen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.

Wir kommen zu Punkt 20 der Tagesordnung:

Arbeit und Arbeitsergebnisse des Ausschusses der Regionen (AdR) im Zeitraum August 2012 bis Juli 2013 Bericht der vom Landtag Rheinland-Pfalz entsandten Mitglieder des Ausschusses der Regionen – Drucksache 16/2755 –

Als erstes spricht die zuständige Ministerin Frau Conrad.

Frau Conrad, Bevollmächtigte des Landes beim Bund und für Europa:

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuerst darf ich mich ganz herzlich beim Parlament und den Ausschussmitgliedern bedanken, dass sie sich immer wieder um die Arbeit des Ausschusses der Regionen und damit des regionalen Gremiums bei den europäischen Institutionen kümmern, bemühen und diesen Bericht immer wieder zur Aussprache stellen.

Ich sage dies auch im Namen meiner Kollegin, dem stellvertretenden Mitglied Frau Ministerin Höfken, und meiner Kollegen Dieter Klöckner und Nils Wiechmann, die sicherlich noch in die Debatte eingreifen werden.

Ich will von meiner Seite nur wenige Themen ansprechen, und zwar solche, die uns nicht nur einmal im Ausschuss der Regionen beschäftigt haben. Das ist immer wieder die soziale, die wirtschaftliche und insbesondere die Haushalts- und finanzielle Lage in den südeuropäischen Ländern, die zurzeit Hilfe aus den europäischen Rettungsschirmen brauchen.

Das ist nicht verwunderlich; denn wenn der Bürgermeister von Athen, ordentliches Mitglied im Ausschuss der Regionen, und andere uns berichten, wie es infolge der Konsequenzen der Sparbemühungen in diesen sogenannten Programmländern aussieht, dann wird immer wieder geschildert, dass dort die menschliche und soziale Dimension schwierig, um nicht zu sagen katastrophal ist.

Deswegen ist es auch nicht verwunderlich, dass geschlossen und parteiübergreifend im Ausschuss der Regionen immer mehr ambitioniertere und umfangreichere Programme für wirtschaftliche Entwicklung, für Wachstum und Beschäftigung gefordert werden, mehr und ambitionierter als das, was im letzten Jahr halbherzig auf den Weg gebracht worden ist.

Damit kein Vertun aufkommt, ja, sie müssen Reformen in den Ländern durchführen – das steht außer Frage –, aber es ist wichtig, dass man keine erwürgenden Sparvorgaben macht und dann auch nur solche, die sozial unausgewogen sind. Das ist ein Votum, das wiederholt vom Ausschuss der Regionen geäußert wird.

„Jugendarbeitslosigkeit“ ist immer wieder ein Thema oder die „Jugendgarantie“. Diese bedeutet, dass junge Menschen, die einen schulischen Abschluss haben, in einer bestimmten Zeit in eine Beschäftigung oder in eine Qualifizierung kommen.

Dass diese europäisch nicht verordnet werden kann, ist das eine, aber dass sich Regionen darum bemühen, dies umzusetzen, ist das andere; denn es sind im Prinzip die Regionen und die Kommunen, die man als Partner braucht, weil sie regional mit den Partnern der Wirtschaft, der Gewerkschaft und deren Akteuren zusammenarbeiten und so zu einer erfolgreichen Umsetzung kommen können.

„Industriepolitik“ ist ein weiteres Thema. Ich sage das auch einmal hier, weil uns das auch in Zukunft beschäftigen wird. Ein Baustein dafür, dass es uns vergleichsweise gut geht, ist, dass wir uns immer zu einer Industriepolitik in diesem Land bekannt haben. Das sieht man auch in Rheinland-Pfalz. Auch die Rahmenbedingungen für industrielles Wirtschaften halten wir hoch.

26 % der Bruttowertschöpfung in unserem Land werden durch die Industrie und die Arbeit, die dort geleistet wird, erwirtschaftet. Das ist doppelt so viel wie europaweit und noch mehr als der Durchschnitt in Deutschland.

Aus einer Mitteilung der Europäischen Kommission geht hervor, dass in den letzten 10 Jahren in Europa ca. 3 Millionen Industriearbeitsplätze verloren gegangen sind und der Anteil an der Bruttowertschöpfung um 10 % zurückgegangen ist. Das ist eine Aufgabe, der wir uns stellen müssen. Ich glaube, wir können von Deutschland her mitwirken, dass man dies weiter als ein wichtiges Aktionsfeld begreift.