Protokoll der Sitzung vom 07.11.2013

Das Feiertagsrecht in Rheinland-Pfalz sieht für festgesetzte Märkte keine Ausnahmen vor. Die einzige durch die Gerichte anerkannte Möglichkeit war die Festsetzung im Rahmen von verkaufsoffenen Sonntagen. Das hat sich in den vergangenen Monaten grundsätzlich bewährt, weil hier Synergien hinsichtlich der Besucherströme genutzt werden konnten.

Der Vielfalt des traditionellen Marktgeschehens wurden die vier verkaufsoffenen Sonntage allerdings nicht gerecht. Im Rahmen der Marktsonntage haben wir nun die Möglichkeit geschaffen, die privilegierten Spezial-, Floh- und Trödelmärkte durchführen zu können.

Die Marktsonntage bilden den rechtlichen Rahmen für die Durchführung der soeben genannten Veranstaltungen. Ähnlich den Regelungen für verkaufsoffene Sonntage, können die Gemeinden bis zu acht Marktsonntage im Jahr festlegen.

Damit größere Gemeinden an diesen Marktsonntagen nicht auf nur eine Veranstaltung begrenzt sind, haben wir die Möglichkeit geschaffen, an einem Marktsonntag mehrere privilegierte Spezial-, Floh- und Trödelmärkte auf dem Gebiet der Gemeinde durchführen zu können.

Sie wissen – und das erleben wir auch in RheinlandPfalz –, dass sich gerade Floh- und Trödelmärkte einer großen Beliebtheit erfreuen. Sie können unter den genannten Voraussetzungen auch wieder sonntags stattfinden. Unabhängig von den Marktsonntagen können an Sonntagen Messen und Ausstellungen festgesetzt werden, sofern diese für die Gemeinde von besonderer Bedeutung sind. An gesetzlichen Feiertagen ist dies nur mit Zustimmung der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion zulässig.

Diese Regelungen sind aus unserer Sicht notwendig, weil sich Rheinland-Pfalz gerade im bundesweiten Wettbewerb befindet. Alles andere würde eine Schwächung des Wirtschaftsstandortes bedeuten, die wir so nicht akzeptieren können.

Der Gesetzentwurf sieht weiterhin vor, dass anlässlich sogenannter Gewerbe- oder Leistungsschauen einmal im Jahr pro Gemeinde an einem Sonntag der Warenverkauf zugelassen wird. Bei diesen Veranstaltungen steht die Präsentation des örtlichen Gewerbes im Vordergrund. Dort können sich die Bürgerinnen und Bürger über die Leistungsfähigkeit der ansässigen Unternehmen informieren oder auch neue Techniken und Verfahren in Vorführungen verfolgen.

Diese Veranstaltungen erfüllen häufig aufgrund ihrer Unterschiedlichkeit und Vielseitigkeit nicht eindeutig die Voraussetzungen für eine Festsetzung. Diese Regelung war jetzt notwendig, um eine Vielzahl von traditionellen Veranstaltungen auch zukünftig durchführen zu können.

Sie sehen, wir haben vor der Herausforderung gestanden, die Gesetzgebungskompetenz für Messen, Ausstellungen und Märkte verantwortungsvoll in Anspruch zu nehmen.

Da daneben noch die Herausforderung bestand, den verfassungsrechtlich verankerten Schutz an Sonn- und Feiertagen und das berechtigte Interesse an der Durchführung der genannten Veranstaltungen gegeneinander abzuwägen, sage ich an dieser Stelle ganz deutlich – dies war auch schon ein Prozess –, dass dies ein Kompromiss darstellt und wir uns sehr bewusst darüber sind, dass wir sowohl die Interessen der Wirtschaft auf der einen Seite als auch die Interessen derjenigen, die ein Interesse am Schutz des Sonntages haben und arbeits

schutzrechtliche Argumente angeführt haben, auf der anderen Seite sehr stark vertreten und eine Ausgewogenheit hergestellt haben.

Ich bin mir sicher, dass im Zuge einer möglicherweise von Ihnen angesetzten Anhörung dies auch noch einmal deutlich wird. So haben wir die Herausforderung im Sinne des Bundesverfassungsgerichtes – wie ich mei- ne – mit diesem Entwurf gewährleistet, dass nämlich der Schutz der Sonn- und Feiertage die Regel bleibt und Ausnahmen hiervon eine gesetzgeberische Abwägung erfordern. Unsere Anhörung hat bestätigt, dass die Anliegen der Wirtschaft, aber auch die der Kommunen, Kirchen und Gewerkschaften gerade mit Blick auf die Regelung für Sonn- und Feiertage sehr unterschiedlich sind. Die Anregungen wurden weitestgehend eingearbeitet.

Ich möchte abschließend den Kammern, Verbänden, Kirchen und Gewerkschaften sowie allen Beteiligten an diesem sehr konstruktiven Prozess der Anhörung noch einmal herzlich danken.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Dötsch das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, in wenigen Tagen, also am 16. November, ist es exakt drei Jahre her, dass das Oberverwaltungsgericht festgestellt hat, dass die bis dahin geübte Praxis der Genehmigung von Flohmärkten an Sonn- und Feiertagen derzeit rechtlich so nicht möglich ist. Dies hat dazu geführt, dass viele etablierte Flohmärkte nicht mehr stattfinden konnten und Flohmarktbetreiber und Flohmarkteilnehmer in wirtschaftliche Schieflage geraten sind und nicht mehr wussten, wie es zukünftig in diesem Segment weitergeht.

Da die Flohmarktbetreiber, ganz gleich, wie nun weiter verfahren werden soll, Rechtssicherheit brauchen, um kalkulieren zu können, ist es auch nicht zu verstehen, weshalb dieses Verfahren drei Jahre gedauert hat, bevor wir heute im Parlament die erste Beratung über den Entwurf für eine Gesetzesänderung durchführen können und weshalb dieser Entwurf erst jetzt vorgelegt wurde.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, drei Jahre für einen Entwurf zur Weiterentwicklung der Messeordnung und zur Weiterentwicklung von gesetzlichen Vorgaben sind definitiv zu lange. Dabei geht es um einen Sachverhalt, der eigentlich schon vom Bundesverwaltungsgericht im Jahr 1991, also vor 22 Jahren, festgestellt wurde und der dann 2006 durch ein mehr oder weniger mangelhaftes

Ladenöffnungsgesetz durch die damalige SPD-Landesregierung ausgelöst wurde.

(Pörksen, SPD: Warum habt ihr denn keinen Vorschlag gemacht? – Frau Klöckner, CDU: Sind wir an der Regierung gewesen?)

Dieses Urteil wurde dann im Jahr 2011 vom Oberverwaltungsgericht bestätigt, meine Damen und Herren. Dies sind drei Jahre Ungewissheit für die mittelständischen Unternehmen, und das ist die aktuelle Wirtschaftspolitik in Rheinland-Pfalz.

(Beifall der CDU – Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, nun liegt der Entwurf endlich vor, und wir haben in den Fachausschüssen hierüber zu beraten. Dabei stellen sich viele Fragen, die zu beantworten sind.

Es gibt viele Fragen, die wir seitens der CDU in der Sache stellen und die wir auch in die Beratungen mit einbringen werden. Die erste Frage ist, weshalb eine Änderung oder Weiterentwicklung des Marktgesetzes erforderlich ist, um die Sache zu regeln, und weshalb nicht eine Änderung des Ladenöffnungsgesetzes gewählt wurde. – Dies ist eine Frage, die durchaus sachlich zu diskutieren ist.

(Beifall der CDU)

Frau Ministerin, zweitens ist die Frage zu prüfen, ob tatsächlich so, wie Sie es angedeutet haben, die Ruhe durch diesen Gesetzentwurf an Sonn- und Feiertagen nicht wiederum durchlöchert werden kann, so wie es seinerzeit mit dem Landesladenöffnungsgesetz erfolgt ist. Dabei möchte ich ganz klar die Position der CDU darstellen, die natürlich dafür steht, dass die Sonn- und Feiertagsruhe auch aufgrund ihrer Überzeugung auf der christlichen Grundlage gewahrt werden sollte, aber auch deshalb, weil wir davon überzeugt sind, dass es wichtig ist, diese Sonntagsruhe für eine funktionierende Gesellschaft mit all ihren vielen Facetten, für ein familiäres Leben und auch für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, zu gewährleisten. Wir als CDU stehen dazu, und wir werden uns fragen müssen, ob dies auch tatsächlich so sichergestellt ist.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, drittens stellen wir uns die Frage: Wird mit dem Gesetzentwurf auch wirklich denen geholfen, die Flohmärkte als traditionelle Trödelmärkte besuchen und betreiben und sie auch als bereicherndes gesellschaftliches Element betreiben?

Viertens möchten wir wissen: Trägt das Gesetz wirksam zum Schutz des innerstädtischen und mittelständischen Einzelhandels bei?

Fünftens fragen wir: Lässt der Gesetzentwurf einen praktikablen und auch bürokratiearmen Weg zur Durchführung eines angemessenen Umfangs von Flohmärkten, von Märkten insgesamt zu?

Meine Damen und Herren, das sind Fragen, die im weiteren Verfahren zu klären sind, und Fragen – ich sagte es bereits –, zu deren Klärung wir der Meinung sind, dass auch die Betroffenen angehört werden sollten. Frau Ministerin, die Flohmarktbetreiber haben Sie an dieser Stelle nicht mit angehört. Wir wollen dies tun, und deswegen werden wir auch eine Anhörung beantragen.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, wir müssen die Fragen im Fachausschuss besprechen. Wir freuen uns auf eine angeregte Diskussion.

(Beifall der CDU – Pörksen, SPD: Lauter Fragen, die ihr beantworten müsst! – Frau Klöckner, CDU: Wer hat denn den Gesetzentwurf zurückziehen müssen? – Weitere Zurufe im Hause)

Das Wort hat Herr Kollege Sippel.

(Unruhe im Hause)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es spricht jetzt Herr Sippel von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Dötsch, das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz datiert vom 16. November 2011. Es sind also zwei Jahre und nicht drei Jahre. Die zwei Jahre wurden gut genutzt. Es ist eine schwierige Rechtsmaterie, über die wir heute reden. Es war notwendig, einen breiten gesellschaftspolitischen Konsens herzustellen. Diesen Konsens sehe ich heute. Deshalb war es sinnvoll, die Zeit zu investieren.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, mit dem Landesgesetz über Messen, Ausstellungen und Märkte füllen wir unsere landesrechtliche Gesetzgebungskompetenz umfänglich aus. Es war notwendig, die Begriffsbestimmungen vorzunehmen. Es war notwendig, ein Genehmigungsverfahren und Zuständigkeiten zu regeln. All das findet sich im Gesetzentwurf wieder.

Natürlich steht im Fokus des öffentlichen Interesses, wie es mit den Floh- und Trödelmärkten weitergeht. Es wurde in den letzten Monaten sehr kontrovers darüber diskutiert.

Die wichtige Botschaft heute ist: Es wird wieder Floh- und Trödelmärkte in Rheinland-Pfalz auch an Sonntagen in verantwortbarem Maß geben.

Es hat einer Neureglung bedurft, weil die Verwaltungsgerichte klar geurteilt haben, und zwar sowohl in erster Instanz die Verwaltungsgerichte Koblenz und Neustadt

als auch in zweiter Instanz das OVG, dass Floh- und Trödelmärkte nur noch an verkaufsoffenen Sonntagen stattfinden können als Ausfluss des Sonn- und Feiertagsschutzes.

Dennoch haben die Gerichte gesagt, dass es Spielraum für den Landesgesetzgeber gibt, den Sonn- und Feiertagsschutz unter Berücksichtigung eines geänderten Freizeitverhaltens der Bevölkerung zu lockern, nicht auszuhöhlen, sondern zu lockern. Diese Abwägung eines Sonn- und Feiertagsschutzes mit einem geänderten Freizeitverhalten ist im Gesetzentwurf gut nachvollziehbar erfolgt.

Der Sonn- und Feiertagsschutz genießt in unserer Rechtsordnung eine hohe Bedeutung, das ist vollkommen klar. Auch bei uns, bei der SPD, geht es um Arbeitsschutz. Wir wollen, dass es Sonntage gibt und nicht einen siebten Werktag.

Natürlich nehmen wir auch die Appelle von den Gewerkschaften und Kirchen sehr ernst, die noch einmal deutlich gemacht haben, der Sonntag soll nicht dem reinen Konsum geopfert werden.

Die Landesregierung hat die Einwände sehr ernst genommen und ist in einen sehr intensiven Dialog getreten. Der Gesetzentwurf trägt dem insoweit Rechnung, dass Floh- und Trödelmärkte sowie privilegierte Spezialmärkte künftig an maximal acht Marktsonntagen stattfinden können, wobei die maximal vier verkaufsoffenen Sonntage angerechnet werden.

Hinzu kommt, dass durch die Definition des Floh- und Trödelmarktes als neue Veranstaltungsform – Herr Dötsch, schon allein deswegen war es notwendig, eine landesrechtliche Regelung zu treffen – diese nicht mehr dem Jahrmarkt angelehnt ist, sondern als Veranstaltung, bei der es darum geht, gebrauchte Waren anzubieten; zurück also zu den klassischen Wurzeln des Flohmarktes. Hier geht es um Waren mit Sammlerinteresse, Secondhandware, Omas altes Geschirr, die Buchraritäten, und eben nicht in Konkurrenz zum örtlichen Einzelhandel.