Protokoll der Sitzung vom 22.01.2014

Meine Damen und Herren, wenn ich feststelle, dass es hohe Beanstandungsquoten gibt und hier Handlungsbedarf besteht, stellt sich doch die Frage, was ich mache. Welche Maßnahmen leite ich ein, um dem entgegenzuwirken? Da stellt sich natürlich die Frage, ob es wirklich ausreicht, auf die Freiwilligkeit zu setzen. In der Antwort auf die Große Anfrage sagen Sie selbst, dass die DGEQualitätsstandards keinen Gesetzescharakter haben – das ist richtig –, aber dass sie eine gute Grundlage seien. Auch das ist sicher richtig, aber darüber hinaus ist auch eine angemessene Überwachung notwendig, damit es tatsächlich dazu kommt, dass die Beanstandungsquoten wieder reduziert werden können.

Das Dramatische ist, dass es offenbar keine Probenpläne mehr gibt. Das ist der Grund dafür, dass wir die Reduzierung auf das Minimum haben.

Meine Damen und Herren, pauschale Feststellungen zur Tagesverpflegung in der Kinder- und Jugendhilfe, wie sie in Ihrer Antwort enthalten sind, nämlich dass die Träger entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen haben, helfen nicht weiter. Es wurden bisher erst in 14 Senioreneinrichtungen sogenannte Speiseplanchecks durchgeführt, die Sie gerne hätten. Nach Ihrer Darstellung hat sich ergeben, dass noch Verbesserungsbedarf hinsichtlich verschiedener Speiseplankomponenten bestehe. Das heißt, das sehen Sie eigentlich ein.

Wir fordern Sie auf, jetzt endlich die richtigen Konsequenzen zu ziehen und die Politik, die Sie da betreiben, rückgängig zu machen. Nehmen Sie Ihre Aufgabe zur

Qualitätssicherung der Tagesverpflegung in Gemeinschaftseinrichtungen ernst, und nehmen Sie sie angemessen wahr.

Herzlichen Dank.

(Beifall der CDU)

Für die Fraktion der SPD hat Herr Abgeordneter Wehner das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine gesunde und vollwertige Ernährung ist Grundlage für Wohlergehen und Wohlbefinden. Dazu gehören hochwertige Nahrungsmittel, eine gekonnte Zubereitung, aber auch eine bedarfsgerechte Zusammenstellung der Speisen. Bei der Gemeinschaftsverpflegung müssen wir daher besonders den älteren Menschen in Senioreneinrichtungen und Kindern in Kindertagesstätten bzw. in Schulen unsere besondere Aufmerksamkeit schenken; denn sie sind gewissermaßen abhängig von uns oder von anderen.

Sie haben in Ihrer Großen Anfrage und in Ihrem Antrag einen Fokus auf die Verpflegungsqualität gelegt und wollen diese mehr staatlich kontrolliert wissen. Dabei wissen Sie – Sie haben es selbst gesagt –, dass die ernährungsphysiologische Qualität gemäß der Referenzwerte der DGE beurteilt wird. Sie sollten sicher auch wissen, dass diese Qualität in der Verantwortung der Träger liegt – das haben Sie gesagt –, aber da gehört sie unseres Erachtens auch hin; denn ich bin mir ziemlich sicher, dass sich die Träger, aber auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Einrichtungen ihrer Verantwortung bewusst sind.

Ich kann zum Beispiel als Mitglied des Bezirksvorstands der Arbeiterwohlfahrt im Rheinland, die zahlreiche Senioreneinrichtungen führt, bestätigen, dass wir einen hohen Wert auf gute Verpflegung legen; denn wir sagen immer, eine gute Qualität der Verpflegung, eine gute Qualität der Speisen ist auch Zeugnis der guten Qualität der Einrichtung insgesamt.

Ich kann das aber auch als Kreistagsmitglied bestätigen, in dem wir uns immer wieder Gedanken darüber machen, wie wir als Schulträger an der einen oder anderen Schule ein gutes Schulessen garantieren können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die ernährungsphysiologische Qualität ist das eine, aber unsere persönlichen Vorlieben sind das andere. Der eine mag es eher deftig, der andere ist eher Vegetarier oder Veganer. Wer Kinder hat, der weiß, dass nicht immer das, was gesund zubereitet worden ist, von denen als lecker gepriesen wird.

(Pörksen, SPD: Das ist wohl wahr!)

Ähnliches gilt natürlich auch für Ältere. Deshalb gehen mehr Kontrollen aus meiner Sicht ins Leere. Dies abge

sehen davon, dass das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch keine Grundlage für die Qualitätsstandards der DGE bietet.

Gravierende Mängel, die für die Menschen schädlich sind, die die Nahrungsmittel aufnehmen, sind sehr selten, und – das will ich ausdrücklich betonen – es gibt kein Hin und Her in der Verantwortung bei den einzelnen Häusern. Die Zuständigkeiten der einzelnen Ministerien sind klar geregelt. Wir sehen keine Veranlassung, diese zu ändern.

Deshalb haben wir in Rheinland-Pfalz den Weg der Aufklärung, der Information und der Sensibilisierung gewählt. Dafür haben wir uns zahlreiche Aktivitäten vorgenommen und Kooperationen angeleiert, wie zum Beispiel „Rheinland-Pfalz isst besser“, „Kita isst besser“, die Angebote der Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung und die Speiseplanchecks, die Sie eben auch schon angesprochen haben. Alles andere können Sie in der Großen Anfrage aufmerksam nachlesen.

Abschließend möchte ich sagen: Kontrolle ist nicht alles. Dringender Handlungsbedarf besteht nicht. Weitere Anstrengungen – Frau Schäfer, ich gebe ihnen recht, dass wir uns Verbesserungen vornehmen – sind sicherlich richtig. Diese müssen wir uns vornehmen. Wir sehen aber insgesamt keinen Bedarf, diesem Antrag zuzustimmen. Deshalb werden wir ihn ablehnen.

(Beifall bei der SPD – Pörksen, SPD: Sehr vernünftig!)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Müller-Orth das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum wiederholten Male widmen wir uns der Verpflegungsqualität in Gemeinschaftseinrichtungen. Ich erkläre hier auch zum wiederholten Mal, dass wir uns nicht über die Lebensmittelhygiene, sondern über die Qualität der angebotenen Nahrung in Kitas, Schulen, Senioren- und Pflegeheimen und Kantinen unterhalten.

Es gibt weder eine gesetzliche Grundlage zur Kontrolle der ernährungsphysiologischen Qualität der Verpflegung in Gemeinschaftseinrichtungen noch eine dadurch gegebene Sanktionsmöglichkeit bei der Nichteinhaltung eines ebenfalls noch zu definierenden Standards.

§ 11 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs mit dem Titel „Vorschriften zum Schutz vor Täuschung“ oder Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, der im Antrag der Fraktion der CDU aufgeführt wird, eignen sich aus unserer Sicht nicht zur Ableitung einer Definition eines Standards für die Gemeinschaftsverpflegung. Wir müssen also einen alternativen Weg beschreiten. Das tun wir schließlich auch.

Das Ernährungsministerium bietet neben der Vernetzungsstelle Schul- und Kita-Verpflegung auch eine Ernährungsberatung für Senioren- und Pflegeheime an. Dieses Beratungsangebot wird von den Einrichtungen sehr gut angenommen. Zweifelsohne zeigen die bisherigen freiwilligen Checks in den verschiedenen Gemeinschaftseinrichtungen, dass die Verpflegung deutlich optimiert werden kann.

Fast durchgehend ist die Energiezufuhr durch Zucker und fettreiche Lebensmittel zu hoch, und in keiner Einrichtung entspricht die Häufigkeit an Gemüse den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Die Menge des Fleischs wird deutlich überschritten. Nur die Menge an Getreide- und Milchprodukten entspricht überall den Anforderungen.

Das Ernährungsministerium richtet sich daher mit seiner breit angelegten Kampagne „Rheinland-Pfalz isst besser“ mit Beratungen, dem Schulobstprogramm und Informationen an alle Bürgerinnen und Bürger, und zwar vom Kindergarten bis zu den Seniorinnen und Senioren.

Ehrlicherweise muss man sagen, dass die Bewusstseinsbildung für gesunde und ernährungsphysiologische hochwertige Mahlzeiten in den diversen Gemeinschaftseinrichtungen von heute auf morgen nicht geschieht. Aber immerhin tut sich in diesem Sektor etwas. Das ist doch schon einmal etwas. Ich bezweifle ernsthaft, dass mit einer Qualitätskontrolle, die bei Beanstandungen keinerlei Konsequenzen nach sich zieht, ein besseres Ergebnis erzielt würde.

Im Entschließungsantrag der CDU-Fraktion wird die Landesregierung aufgefordert, gleichberechtigt Qualitätskontrollen und Hygienekontrollen in Gemeinschaftseinrichtungen durchzuführen. Ein paar Fragen müssen erlaubt sein. Wie müssen wir das verstehen?

Da im CDU-Antrag nichts zu personeller Aufstockung und Erhöhung der Sachkosten beim Landesuntersuchungsamt steht, müssen wir davon ausgehen, dass die Qualitätskontrollen zulasten der Hygienekontrollen gehen, oder sollen wir Gelder aus den bestehenden Beratungsangeboten nehmen, um Qualitätskontrollen durchzuführen und im Gegenzug die Beratung massiv einzuschränken?

Ich muss mich an dieser Stelle leider gebetsmühlenartig wiederholen. Aus unserer Sicht führen die Beratungsangebote zu einem größeren Erfolg als Qualitätskontrollen, die wie zahnlose Tiger durch die Gemeinschaftseinrichtungen streifen.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die Landesregierung hat Frau Staatsministerin Höfken das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Schäfer, ich bin ganz auf Ihrer Seite, wenn es um das Engagement für die Verbesserung unserer Ernährung gerade in den Gemeinschaftseinrichtungen geht. Es ist so, dass vieles noch verbessert werden kann. Frau Müller-Orth hat es sehr deutlich gemacht. Man fragt sich doch, wo die Wege sind, die am besten zum Ziel führen und realistisch eingeschlagen werden können.

Es ist das erklärte Ziel der Landesregierung, an dieser Verbesserung zu arbeiten. Das ist vor allem die Initiative „Rheinland-Pfalz isst besser“. Wir haben die verschiedenen schon zum Teil genannten Maßnahmenpakete, wie zum Beispiel das Schulobstprogramm. Es nehmen 1.100 Grund- und Förderschulen mit 165.000 Kindern und zusätzlich seit September 2013 1.400 Kitas mit noch einmal 100.000 Kindern, das heißt 265.000 Kinder, an diesem Programm teil. Ein verbindlicher Bestandteil dieses Programms ist die Ernährungsbildung.

Ich nenne die Vernetzungsstelle Schulverpflegung, die die Kitas mit einbezieht und berät. Wir haben ein Coaching-Projekt gestartet. Das haben Sie erwähnt. Wir haben – das ist ganz neu – die Unterstützung durch die Plattform Ernährung und Bewegung (peb) bekommen, bei der wir Mitglied sind. Wir haben dort einen Antrag gestellt. Klar ist, dass unsere Projektidee durchgeführt wird. Wir machen ein Pilotprojekt zum Training und zur Unterstützung unserer Ernährungsberaterinnen.

Die DLR-Ernährungsberatung führt Zertifikatskurse zur Verpflegung in Kitas und Schulen durch. Es gibt den Speiseplancheck. Zusammen mit der Verbraucherzentrale führen wir das Beratungsangebot „Gut versorgt ins hohe Alter“ durch. Dieses Beratungsangebot genauso wie die Qualitätsstandards geben die Hilfe auch zur Selbsthilfe und sind effektiver und vor allem real umsetzbar.

Auf diesen Qualitätsstandards beruhen die Speiseplanchecks, die von der Ernährungsberatung bzw. der Verbraucherzentrale angeboten werden. Die Qualitätsstandards sind aber so formuliert, dass sie zur Eigenanalyse genutzt werden können, Grundlage einer Ausschreibung sein können und zur Überprüfung des Essensangebotes genutzt werden können.

Nun haben wir ein einfaches und verlockendes Angebot, und zwar die entsprechenden Untersuchungen durch chemische Analysen. Die Realität hat Frau Müller-Orth schon beschrieben. Es gibt nämlich keine vernünftige Rechtsgrundlage.

Nun können sie auf der Bundesebene in dem Bereich vielleicht das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch überarbeiten. Die Änderungen führen vielleicht zu einer Konkretisierung. Es geht aber heute nicht, eine Mahlzeit, die nicht den Empfehlungen entspricht, als gesundheitsschädlich zu bezeichnen.

Amtliche Überprüfungen der Nährwerte auf der Grundlage des LFGB gibt es in keinem Bundesland. Das Saarland hat die Fördermittel für die Ganztagsschulen an die

Einhaltung der DGE-Standards geknüpft. Das Saarland hat aber eine andere Trägerstruktur, oder Berlin, das anders als wir aufgestellt ist und gleichzeitig eine kommunale Kompetenz hat. Diese machen das bei der Ausschreibung der Schulverpflegung.

Sie planen, den Qualitätsstandard verpflichtend einzuführen. Das wären bei uns die Kommunen. Das heißt, wenn wir überlegen, welche Instrumente uns als Land gegeben sind, ist das Wichtigste die Ernährungsbildung, die Information und die Maßnahmen, auf die wir als Land hingewiesen haben.

Wer zusätzliche Untersuchungen will, muss sie auch mit Haushaltsmitteln ausstatten. Ich komme noch einmal auf Ihre doch sehr irritierenden Haushaltsanträge im letzten Jahr zum Doppelhaushalt 2014/2015 zurück.

Frau Schäfer, darin haben Sie alles gestrichen, was in diesem Zusammenhang zur Verbesserung beiträgt. Sie haben allein im Haushalt des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten den Rotstift angesetzt und 1,38 Millionen Euro gestrichen, und das in den Bereichen Schulobst und Förderung der Vermarktung regionaler Produkte.

Sie haben das gestrichen, was Herr Zehfuß, der sich gerade zu Ihnen umdreht, immer besonders einfordert, nämlich die Maßnahmen der Ernährungsbildung in den Schulen und die Unterstützung für den Einsatz regionaler Produkte. Den Kochbus, der als Botschafter für eine gesunde Ernährung im ganzen Land wunderbar einzusetzen ist, wollten Sie ganz streichen.

Ich glaube, so geht das gar nicht. Es muss zu einer Haltung kommen, die das, was Sie als Ziel formulieren, erreichen kann.

Mit Verlaub, Ihre Haushaltsanträge machen genau das Gegenteil von dem, was Sie fordern, und dann ist es mit der Glaubwürdigkeit auch nicht so weit her.

Danke.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)