Das Wort hat Frau Kollegin Neuhof von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wir haben eine Grundredezeit von 10 Minuten je Fraktion vereinbart.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Uns liegt der 30. Waldzustandsbericht vor. Gerade durch diese Kontinuität haben wir sowohl eine Übersicht über das letzte Jahr als auch quasi eine Langzeitstudie und damit einen guten Überblick, wie es dem Wald in Rheinland-Pfalz geht.
Ich möchte an dieser Stelle meinen Dank an alle die aussprechen, die an der Erstellung des Berichtes mit ihrer guten Arbeit mitgewirkt haben, die nach draußen gegangen sind und einen wirklich guten Job gemacht haben. Vielen Dank.
Wir erinnern uns, die Zeiten des sichtbaren Waldsterbens sind Gott sei Dank vorbei. Ein Grund zur Entwarnung besteht allerdings überhaupt nicht. Wir müssen feststellen, dass 70 % des Waldes schwache bis deutliche Schäden aufweisen. Wir haben Differenzierungen in den verschiedenen Chartbildern. Den Laubbäumen geht
es etwas besser als den Nadelbäumen, die Schwefel- und Säureschäden sind zurückgegangen, beim Stickstoffeintrag kann allerdings keine Entwarnung gegeben werden.
Es ist sehr schwer, in einer Rede diese sehr guten und anschaulichen Grafiken darzustellen. Diese differenzierte Betrachtung sollte anhand des Berichtes gemacht werden, um es einprägsam für sich zu haben.
Der Wald und der Boden haben – ich möchte es an dieser Stelle einmal so bezeichnen – ein Langzeitgedächtnis, und einmal eingebrachte Schadstoffe haben lange Wirkzeiten.
Die Stickstoffbelastung des Waldes zum Beispiel ist eine menschengemachte Belastung. Hier sind der Straßenverkehr, aber auch die Landwirtschaft zu nennen. Im Umkehrschluss heißt es aber, was Menschen machen, können sie auch rückgängig machen und Luft und Böden, das Wasser und den Zustand des Waldes wirksam verbessern. Es besteht keine Frage, da muss gehandelt werden. Es ist ein durchaus größeres Handlungsspektrum als reine Waldmaßnahmen. Zum Beispiel ist eine bäuerliche Landwirtschaft sicherlich verträglicher. Eine an die Fläche angepasste Tierhaltung vermeidet Überdüngung. Ein verminderter Fleischkonsum vermeidet Schadstoffemissionen. Das zeigt, dass nicht nur die Bäuerinnen und Bauern, die Forstwirte und die Behörden etwas machen können, sondern jeder einzelne für sich.
Meine Damen und Herren, ein Baum ist mehr als ein Stück Holz zur wirtschaftlichen Nutzung, ist mehr als nachwachsender Rohstoff. Wald ist ein wichtiger Faktor zu Reinhaltung der Luft und des Wassers und Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen. Eine nachhaltige naturnahe Waldwirtschaft ist existenzsichernd für viele Wirtschaftszweige – das möchte ich absolut betonen –, sie ist aber auch absolut wichtig zum Erhalt und der Förderung von Biodiversität, der Vielfalt von Flora und Fauna. Das ist kein Gegensatz oder etwas, was sich gegenseitig behindert, sondern das sind die beiden Seiten einer Medaille, ein wunderbares Beispiel dafür, wie Ökologie und Ökonomie zusammengehen können, zusammengehen müssen. Damit wird ein Schuh daraus sowohl für die Holzindustrie als auch für die Ökologie, die Erholung und den Wald allgemein.
Mit der FSC-Zertifizierung im Staatswald erweitern wir die Vermarktungschancen und stützen die holzverarbeitende Industrie. Mit dem BAT-Konzept erhalten wir Lebensräume und Biotope. Eine nachhaltige, auf Naturverjüngung gründende Waldbewirtschaftung sichert die Bestände. Last but not least haben wir mit dem Nationalpark eine Referenzpflicht zum bewirtschafteten Wald.
Also haben wir in zweieinhalb Jahren Regierungskoalition sehr viele Wege zur Sicherung des Waldes in seinen unterschiedlichen Funktionen auf den Weg gebracht. Ich denke, wir werden in den kommenden Jahrzehnten durchaus ermessen können, welch sinnvolle Wege beschritten worden sind.
Der Vollständigkeit halber möchte ich noch erwähnen, dass es ohne Jagd nicht geht. Es gibt ein einfaches
Kriterium, um festzustellen, ob vernünftig gejagt wird oder nicht, nämlich der Zustand der Naturverjüngung ist das Kriterium der Wahl. Die Anzahl der Geweihträger ist mitnichten ein Kriterium. Es lässt sich in den einzelnen Bezirken in Rheinland-Pfalz sehr gut ablesen, nach welchen Kriterien gejagt und Jagd eingesetzt wird.
Auch wenn es nicht allen gefällt, das, was ich bisher gesagt habe, ist logisch, fördert sich gegenseitig, ist die Sicherung der Zukunft.
Waldpolitik und Waldbewirtschaftung und das Wort „Zukunft“ finden die logische Fortführung. Es ist immer in die Zukunft gerichtet, was heute gedacht und getan wird, es wirkt über die nächsten Jahrzehnte. Zu diesem Denken und Tun braucht es die Menschen, und Menschen brauchen ebenso eine Zukunft und Perspektive. Auch hier haben wir mit dem Einstellungskorridor für die Forstleute sicherlich nicht alle Probleme der Personalsituation gelöst, aber ohne diese Entscheidung wäre überhaupt kein Problem gelöst. Es geht in die richtige Richtung und damit wieder in die Zukunft.
Ich habe Ihnen das in dieser Ausführlichkeit geschildert, nicht um ein allgemeines eigenes Schulterklopfen zu veranstalten, sondern weil ich den geneigten Zuhörerinnen und Zuhörern eine Anregung präsentieren möchte, die sich ansonsten sehr gut selbst unterhalten und sehr viel Spaß haben, aber es sei ihnen gegönnt.
Ich habe das ausgeführt, um eine Anregung ins Spiel zu bringen und dem Waldzustandsbericht Weiterungen und Möglichkeiten zu geben, als Prüfbericht für die nächsten Jahrzehnte eine Gültigkeit zu haben. Wir bewerten jetzt zum Beispiel die Schadstoffbelastung, die Bodenzustände, die einzelnen Baumarten. Wir wünschen uns, dass wir andere Kriterien hinzunehmen, zum Beispiel die Artenvielfalt, die Zustände der Biotope und mehr. Das müssen die Fachleute, die Fachmänner und Fachfrauen, entwickeln, um ein noch umfassenderes Bild des Waldes zu kennzeichnen, vor allen Dingen, um in den kommenden Jahrzehnten ein zusätzliches Prüfinstrument zu dem guten Instrument, das wir jetzt schon haben, zu haben.
Das hat eine ganz besondere Notwendigkeit, vor allem unter dem Aspekt des Klimawandels. Wir sehen jetzt schon die ersten Auswirkungen des Klimawandels und müssen jetzt die Weichen für die Zukunft stellen.
Zur Erinnerung, Waldpolitik ist immer Zukunftspolitik. Die Entscheidungen von heute zeigen sich im Ergebnis nach Jahrzehnten. Ein großes Thema in diesem Zusammenhang ist sicherlich, welche Baumarten in welchen Regionen die Baumarten der Zukunft sind. Da wird das eine oder andere heiße Eisen zu diskutieren sein. Ich benenne ausdrücklich die Diskussion um Fichte und/oder Douglasie, was teilweise sehr intensiv mit sehr viel Einsatz diskutiert wird. Ich denke, die Schere im Kopf kann nicht das adäquate Mittel sein. Kluges Abwägen bringt uns sicherlich weiter.
In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass eine Klimaschutzpolitik auch eine Waldschutzpolitik
ist. Wenn wir unser Klima schützen, wenn wir entsprechende Vorhaben auf den Weg bringen, dies aktiv betreiben, dann betreiben wir in der Logik meiner Rede und mit dem Stichwort über meiner Rede eine aktive Zukunftspolitik zum Nutzen unserer Wälder, aber auch zum Nutzen unserer Natur, unserer Ökologie und letztlich – das möchte ich absolut noch einmal betonen – zur Sicherung von Arbeitsplätzen. Da brauchen wir uns in Rheinland-Pfalz nicht zu verstecken. Das machen wir, das wollen wir machen, und das machen wir weiter, gerade im holzverarbeitenden Gewerbe.
Jetzt habe ich den Waldzustandsbericht auf meinem Tisch liegen lassen, aber ich kann sagen, es ist ein wunderbarer Bericht, über den es sich lohnt zu reden.
Ich kann nur noch einmal den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern danken, die diesen Bericht mit so viel Engagement erstellt haben. Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass diese Arbeit kontinuierlich fortgesetzt wird.
Der Gesundheitszustand unseres Waldes gibt nicht nur Auskunft über den Umgang mit dem Wald, er ist auch Anzeiger für den Zustand unserer Umwelt, er ist ein Indikator und liefert damit wichtige Impulse für die Umwelt-, Klima- und Forstpolitik.
Der Waldzustandsbericht 2013 ist in dem Zusammenhang ein ganz besonderer Bericht; denn er ist nicht nur eine Momentaufnahme für dieses Jahr, er wird 2013 auch zum 30. Mal erhoben.
Das haben wir zum Anlass genommen, nicht nur allein den aktuellen Zustand zu bewerten, sondern vielmehr die Entwicklung des Waldes anhand der Langzeitmessreihe nachzuvollziehen. Viele der Bäume, die dieses Jahr begutachtet worden sind, gehören seit 30 Jahren zu den Probebäumen und können damit als wichtige Indikatoren für die Entwicklung des Waldzustands gesehen werden.
Ich will Ihnen die wichtigsten Ergebnisse zusammenfassend vorstellen, ich denke, die Fachabgeordneten haben den Bericht schon gelesen und ausgewertet.
Es gibt eine wie bereits im Vorjahr beobachtete leichte Erholung der Waldbäume. Das setzt sich fort. Ganz besonders deutlich zeigt sich das bei den wichtigsten heimischen Laubbaumarten, der Buche und der Eiche. Über alle Baumarten hat sich der Anteil an Bäumen mit deutlichen Schäden um fünf Prozentpunkte auf 23 % verringert.
Auch wenn es diesen leichten Erholungstrend gibt, so sind 23 % der Bäume deutlich geschädigt, 70 % schwach bis deutlich geschädigt, und 30 % haben keine Schadensmerkmale. Das ist ökonomisch wie ökologisch relevant.
Dem Wald geht es also besser, von Entwarnung können wir aber nicht sprechen. Das heißt, es ist nach wie vor eine Reduktion der Emissionen nötig, und das im Interesse der Umwelt, des Naturschutzes, aber auch der Waldbesitzerinnen und -besitzer.
Sie finden viele Details im Waldzustandsbericht. Der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft in Trippstadt ist es auch in diesem Jahr gelungen, einen solch wunderbaren Bericht vorzulegen. Deswegen noch einmal an dieser Stelle der Dank.
1. Der Schwefelsäure- und Schwermetalleintrag ist reduziert. Diejenigen, die in einem ähnlichen Alter sind wie ich, haben sich sehr intensiv, als wir noch jünger waren, mit dem Schwefel-, dem Säure- und auch dem Schwermetalleintrag beschäftigt. Es gab wirklich abschreckende Bilder in den Medien über die sterbenden Bäume. Ganz klar ist, wäre es nicht zum Beispiel zur Einführung des bleifreien Benzins und zur Reduzierung der Bleibelastung gekommen, dann hätte sich dieser Trend fortgesetzt. Aber diese Widerstände gegen die Luftverschmutzung haben sich sehr positiv für die Bäume bemerkbar gemacht.
2. Der Stickstoffeintrag ist leider wenig reduziert. Dabei steht vor allem der Verkehr im Mittelpunkt. Das heißt, der Eintrag an Stickoxiden verringerte sich in den letzten 30 Jahren seit 1980 um 61 % – das hört sich viel an – , aber der Anteil von Ammoniak nur um 33 %.
3. Sehr deutlich sehen wir eine Zunahme von witterungsbedingten Belastungen. Das ist das, was jetzt immer deutlicher wird. Im Jahr 2013 war die Vegetationsperiode trotz des kühlen Frühjahrs und Frühsommers insgesamt wieder zu warm. Glück war, dass die Niederschläge über dem langjährigen Mittel gelegen haben, sodass wir den Erholungstrend fortsetzen konnten. Es herrschten insgesamt etwas günstigere Wachstumsbedingungen.
Ganz klar ist aber, aufgrund dieser Trends wissen wir, die Politik der reinen Luft muss weiter energisch verfolgt werden. Der Bereich der Schadstoffemissionen aus dem Verkehr ist immer noch ganz vorn. Hier müssen wir
Die Verkehrspolitiker setzen sich intensiv damit auseinander, auch mit den Vorschlägen der EU-Kommission und der Haltung der Bundesregierung dazu. Wichtig ist, für unseren Wald brauchen wir eine Begrenzung der Emissionen.
Weitere Themen sind die Landwirtschaft und die Ernährung. Auch hier gibt es eine entsprechende Emissionsbelastung. Ich will auf ein Programm hinweisen, das wir in den nächsten Wochen vorstellen werden und das gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer und vielen anderen entwickelt wurde. Das ist das Programm „Gewässerschonende Landwirtschaft“, das vor allem auf eine Verringerung der Nitratbelastung abzielt.
Ein ganz wichtiger Punkt, über den Sie gerade schon diskutiert haben, ist des Weiteren die Energiewende. Wir brauchen eine Abkehr von den fossilen Energieträgern für den Schutz des Waldes. Das Klimaschutzgesetz ist ganz sicher das Stichwort, das für die Waldpolitik eine der wichtigsten Entwicklungen ist, die wir hier brauchen.