Protokoll der Sitzung vom 14.05.2014

Aus Sicht des Landes, das sehr ländlich strukturiert ist, wie allgemein bekannt ist, in dem wir uns aus Sicht des Gesundheitsministeriums nicht vorstellen können, wie die Geburtshilfe in den ländlichen Regionen ohne die Tätigkeit der insbesondere freiberuflichen Hebammen ablaufen soll, ist es eine Aufgabe, darin eine besondere Herausforderung zu sehen. Das ist völlig klar, es ist legitim, dass wir die Vorschläge des Bundesgesundheitsministers gemeinsam und zum Teil auch kritisch bewerten.

Ich mache zunächst einmal ein für Sie überraschendes Bekenntnis. Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass der Kollege Bundesminister gesagt hat, er macht das zu seinem Thema, er versucht, Lösungen zu finden.

Ich habe mich sehr darüber gefreut – Herr Dr. Enders, Sie hatten das in einem Nebensatz angesprochen –, dass das ein Thema war, das nicht nur die politische Klasse und die Fachleute beschäftigt.

Wenn Sie Facebook ansprechen, dann ist das für mich ein Sinnbild dafür, dass viele Menschen von dem Thema emotional berührt sind. Sie fragen, wie das weitergehen soll, wenn die Geburtshilfe nur noch im stationären Krankenhausbereich von einigen wenigen Spezialisten stattfinden kann. Es ist völlig in Ordnung, dass es eine hohe emotionale Unterstützung gab. Es ist völlig in Ordnung, dass sie sich ihre Wege in den sozialen Medien sucht. Ich finde, das darf man überhaupt nicht kritisieren.

Ich glaube, die Hebammen haben sich sehr darüber gefreut, dass es diese breite Anteilnahme gab.

Wir können uns die Demonstration in Erinnerung rufen, die wir am 5. Mai hatten. Ich würde wetten, dass die allermeisten, die da waren, über die sozialen Netzwerke mobilisiert waren. Das hat mich sehr gefreut. Diejenigen aus der Politik und dem Landtag, die dabei waren, werden mein Bild sicherlich bestätigen können.

Ich möchte auf die Vorschläge von Herrn Bundesminister Gröhe eingehen. Es hat zunächst einmal das getan, wozu wir ihn als Landesminister aufgefordert haben. Er hat das vorgelegt, was in der Arbeitsgruppe schon erarbeitet worden ist. Er hat zwei Vorschläge herausgenommen. Das ist die Frage des Sicherstellungszuschla

ges. Darauf ist schon eingegangen worden. Dazu gehört auch der Appell an die Kassen, auf Regresszahlungen zu verzichten.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Zum Teil, nicht ganz!)

Zum Teil oder nicht ganz. Ganz abgelehnt haben ihn die Kassen, Frau Kollegin. Der Vorschlag ist nach der öffentlichen Bekundung eigentlich schon nicht mehr umsetzungsfähig.

Den anderen Vorschlag mit dem Sicherstellungszuschlag würde ich mir gerne genauer anschauen. Es geht vor allen um die Hebammen, die freiberuflich tätig sind und weniger Geburten unterstützen können, als sie benötigen, um sich in der Vergütungsstruktur den Versicherungsbeitrag leisten zu können.

Ich will darauf hinweisen, dass wir ab Juli von einem jährlichen Beitrag von 5.090 Euro sprechen. Diejenigen, die freiberuflich tätig sind, müssen jetzt schon die Planungen für 2015 vorbereiten. Ab 2015 sprechen wir schon von 6.000 Euro. Das kann man bei dem, was viele freiberufliche Hebammen im Bereich der Geburtshilfe leisten können, nicht mehr erwirtschaften.

Jetzt ist es die Frage, ob man das durch einen Sicherstellungszuschlag unterstützen kann. An dem Vorschlag gab es viel Kritik. Ich will offenkundig machen, dass auch in der Arbeitsgruppe Herr Gröhe aus Sicht der Nachbarressorts in der Bundesregierung kritisiert worden ist. Er ist sozusagen innerhalb der Bundesregierung noch nicht auf konsensualem Weg.

(Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Jetzt hören Sie mir einmal zu. Das ist vielleicht auch für Sie ganz interessant.

Ich sage an dieser Stelle, das kann aus Sicht eines Flächenlandes ein kluger Vorschlag sein. Das kann uns helfen im ländlichen Raum, wenn ein solcher Sicherstellungzuschlag kommt. Das Problem ist nur, er hat einen Vorschlag in den Raum geworfen. Er hat aber noch keine Perspektive aufgezeigt, wie er ihn umsetzt. Das ist der Punkt. Da muss er etwas hinbekommen. Das ist der Appell, den wir gemeinsam an ihn formulieren sollten.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das war der erste Punkt. Der andere Punkt ist folgender: Das wird am Ende nicht reichen. Die Kassen werden genauso wenig bereit sein, wie sie bereit waren zu sagen: Wir verzichten auf Regressforderungen, die uns zustehen, über Sicherstellungszuschläge eine freiberufliche Hebammentätigkeit wirtschaftlich zu machen, wenn sie es am Markt nicht mehr ist.

Wir reden hier über Millionensummen. Das werden die Kassen nicht machen. Das wird alleine nicht reichen.

Ich habe deshalb den Vorschlag auch im Reigen der Gesundheitsminister öffentlich eingebracht, dass wir eine Kappungsgrenze einführen, an der die Gesellschaft

gefordert ist. Ich finde, das ist ein gesellschaftliches Thema und nicht nur der Betroffenen und Versicherten.

Die Gesellschaft soll ab einer von mir vorgeschlagenen Haftungssumme von 1 Million Euro in die Verantwortung gehen. Ich bin der Meinung, das muss am Ende kommen, um die zukünftige Generation, die sich bereit erklärt hat, in den Hebammenberuf zu gehen, zu motivieren. Meine Damen und Herren, das große Problem sind diejenigen, die heute tätig sind und uns fragen, wie wir das wirtschaftlich machen sollen. Noch viel stärker beschäftigt mich die Frage, wer sich heute für den Beruf entscheidet, damit er ihn morgen wahrnehmen kann. Darum ist der Vorschlag, den ich eingebracht habe, sicherlich einer, der sehr viel deutlicher an die zukünftige Generation der Hebammen adressiert ist als alles andere, was im Raum steht. Wir brauchen eine Lösung, die kurzfristig kommt, langfristig wirkt – das ist ebenfalls ein Kritikpunkt an den Vorschlägen von Herrn Bundesminister Gröhe – und möglichst die guten Vorschläge von Bund und Ländern, auch den Vorschlag, den ich eingebracht habe, gemeinsam mit einbezieht.

Danke schön für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD und bei dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Frau Kollegin Anklam-Trapp hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich fange in der zweiten Runde mit einem kleinen Rückblick an, und zwar zu unserem Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU nach der Bundestagswahl. An dieser Stelle geht der Dank an Minister Alexander Schweitzer, der im Koalitionsvertrag zumindest eine Absichtserklärung für die Unterstützung der Geburtshilfe, der Hebammen einbringen konnte. Es ist nur eine Absichtserklärung, viel mehr ist es nicht. Herr Schweitzer, zumindest das konnten Sie hineinverhandeln, und dafür können wir heute dankbar sein.

Wie Sie sagen, es ist Eile geboten, noch sind die Hebammen nicht in „trocknen Windeln“. Sie haben das vorhin sehr gut ausgedrückt.

Frau Spiegel hat noch einmal deutlich gemacht, wo es überall hakt. Das ist es. Wir brauchen die Vergütung der Hebammen. Wir brauchen letztendlich die Änderung im Bundesgesetz, im Sozialgesetzbuch und im Hinblick auf die Haftungssumme.

Den Vorschlag von Minister Alexander Schweitzer tragen wir gerne vollumfänglich mit. Das ist eine Begrenzung der Haftungssumme für Geburtsschäden. Geburtsschäden gibt es weniger als in vielen Jahren zuvor. An der Stelle möchte ich das noch einmal betonen.

Eine Begrenzung der Haftungssumme auf 1 Million Euro und schnellstmöglich ein Einrichten eines Fonds für Betroffene mit höhergehenden Ansprüchen ist eine der wirklich dringenden Forderungen für den Erhalt der Hebammen in unserem Flächenland Rheinland-Pfalz und weit darüber hinaus. Ich denke, das ist ein schöner Grund, gemeinsam in die gleiche Richtung zu streiten, damit wir das sicherstellen können, was die Frauen brauchen, um ihre Kinder zur Welt zu bringen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Dr. Enders das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, man kommt da schnell weiter, weil ich den Eindruck habe, dass Frau Nahles und Herr Maas anders denken als die SPD hier im Hause, aber vielleicht täuscht mich der Eindruck auch. Ich denke, entscheidend ist aber, dass wir neben einem ersten Sicherstellungszuschlag mit einem endgültigen Sicherstellungszuschlag eine Stabilisierung der Prämien hinbekommen. Das ist doch der ganz entscheidende Punkt, um den es geht.

Wenn man einmal schaut, was die Arbeitsgruppe diskutiert hat, fällt auf, dass im Mittelpunkt der Unterredungen letztendlich der Verzicht auf Regressforderungen der Krankenkasse in einer festzulegenden Höhe stand. Das bedeutet aber im zweiten Schritt: Wenn man eine Höhe festgelegt hat, muss das finanziert werden.

Da gibt es zwei Möglichkeiten. In der Tat kann man das über Steuern finanzieren, aber man kann das auch per Gesetz finanzieren. Ich halte es durchaus für zumutbar, dass die Kassen dann die Leistungen, die sonst an die Bedürftigen bezahlt worden wären, übernehmen.

Eines darf selbstverständlich nicht passieren, dass zum Beispiel ein geschädigtes Kind und dessen Familie dann nicht das bekommen, was ihnen zusteht. Das muss im Zweifelsfall so geregelt werden, dass die Kassen diese Kosten übernehmen und nicht den vermeintlichen Verursacher in Regress nehmen, ob er nun schuldhaft gehandelt hat oder nicht.

Ich bin persönlich der Ansicht, dass man aus den Vorschlägen klar feststellen kann, dass Herr Gröhe sich Gedanken gemacht hat und er das Thema sehr ernst nimmt. Jetzt sollten wir die nächsten Wochen einmal abwarten. Wir sollten keine überhöhte Aufgeregtheit haben. Da wird es zu vernünftigen endgültigen Lösungen kommen.

Ich darf mich aber zum Schluss zu einem Punkt noch an das Land Rheinland-Pfalz wenden, Herr Schweitzer. Ich hatte das kürzlich im Ausschuss auch erwähnt. Das

sagte mir auch der Landesvorstand des Hebammenverbandes.

Es gibt eine private Gebührenordnung für Hebammen, die mittlerweile schlechter vergütet als die GKVGebührenordnung. Es würde am Land Rheinland-Pfalz liegen, diese zeitnah anzuheben, was seit vielen Jahren nicht mehr passiert ist. Ich bitte Sie, da tätig zu werden.

(Beifall der CDU) Vizepräsidentin Frau Klamm: Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Kollege Dr. Konrad das Wort. Abg. Dr. Konrad, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auf die Situation der betroffenen Kinder und ihrer Familien hinweisen. Ich halte es für ganz entscheidend, dass es – auch wenn wir ein wirklich wichtiges gesellschaftliches Feld der Versorgung durch Hebammen, der Versorgung durch die ambulante Tätigkeit von Hebammen und der Geburtshilfe außerhalb von Kliniken betrachten – auch um die Menschen und Familien geht, die durch eine schwere Behinderung infolge eines Fehlers bei der Geburt darauf angewiesen sind, dass sie durch eine Haftpflichtversicherung der verursachenden Hebamme, der verursachenden Klinik, der verursachenden Gynäkologin oder des verursachenden Gynäkologen eine Unterstützung bekommen, damit sie ihr Leben weiter fristen können, weil die Behinderung des Kindes das Leben, die Selbstversorgung und Selbstbestimmung dieser Familie so stark einschränkt, dass erhebliche Haftungssummen zusammenkommen. (Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Frau Kohnle-Gros, CDU: Das soll auch so bleiben!)

Ja, das soll auch so bleiben. Ich glaube, da besteht auch Konsens im ganzen Haus.

Ich möchte nur einmal auf diese Problematik hinweisen, weil ich zu solchen Fällen zum Teil Gutachten geschrieben habe und mir diese Fälle genau ansehen musste. Die Kinder werden heute Gott sei Dank sehr viel älter. Deshalb steigen auch die Haftungssummen, und es gibt mehr behandlerische und betreuerische Möglichkeiten für diese Menschen. Auch dadurch steigen die Haftungssummen.

Ein Teil der Haftungssumme ist rechte Tasche, linke Tasche und geht an die Krankenversicherungen – daran können wir arbeiten –, aber ich gebe zu bedenken, dass es nicht sein darf, dass durch einen steuerfinanzierten Haftungsfonds die Familien erst jahrelang gezwungen sind, ein Gerichtsverfahren gegen die Versicherung zu führen und sie dann, wenn das durchgesetzt ist, aufgrund der Haftungsbegrenzung noch einmal anfangen müssen, sich mit dem Haftungsfonds auseinanderzusetzen. Beide sind gehalten und gezwungen, wirtschaftlich

zu arbeiten. Das heißt, beide Institutionen müssen es prüfen. Ich warne davor, dass das zulasten der Familien gehen könnte.

(Glocke der Präsidentin)

Ich gebe das allen Fraktionen im Hohen Hause zu bedenken. Ich bitte auch, die entsprechenden Kanäle nach Berlin zu nutzen, um auf das Schicksal dieser Familien intensiv hinzuweisen. Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Dr. Konrad. – Herr Minister Schweitzer, Sie haben sich noch einmal gemeldet.

Ich möchte nur die Frage beantworten, die Herr Dr. Enders aufgeworfen hat. Ich habe dem HebammenLandesverband im zurückliegenden Gespräch zugesagt, dass wir die PKV-Vergütungsverordnung, die wir in Rheinland-Pfalz beeinflussen können, beeinflussen werden, und zwar mit einer Entwicklung nach oben. Das wird nach der Sommerpause für und zugunsten der Hebammen in Rheinland-Pfalz erledigt.

(Dr. Enders, CDU: Danke!)