Den dritten Punkt, damit wir eine faire Ausgangsverteilung haben, hat Herr Kollege Steinbach angesprochen. Wir wissen nicht erst seit den Urteilen des Verfassungsgerichts in Rheinland-Pfalz, sondern auch aus anderen Ländern, Thüringen, Hessen, dass die Länder eine besondere, letztlich eine paternalistische Verantwortung für ihre Kommunen haben. Aber dann ist es natürlich logisch, dass die Finanzkraft der Kommunen nicht wie bisher nur zu 64%, sondern zu 100 % in die Ermittlung der Ausgangsfinanzkraft eingerechnet wird.
Wenn wir diese faire Ausgangsverteilung haben, dann sind wir dafür, dass klar gilt, die Reihenfolge der Länder darf durch die Umverteilung nicht verändert und nicht egalisiert werden.
Wie viel umverteilt wird, ist letzten Endes wie alle Verteilungsentscheidungen eine politische Entscheidung. Diese politische Entscheidung muss – wie immer bei politischen Verteilungsentscheidungen – unter dem Aspekt des Interessenausgleichs getroffen werden.
Insofern, glaube ich, stimmen wir nach dem, was Herr Schreiner, Herr Steinbach und Herr Wansch gesagt haben, vom Grundsatz in dieser Frage überein.
Herr Schreiner, Sie haben gesagt, wir müssen auch darauf achten, dass Fehlverhalten sanktioniert wird. Da würden wir zunächst einmal alle zustimmen. Wenn wir anfangen zu definieren, was Fehlverhalten ist, dann wird es schwierig und eng. Wir müssen aufpassen, dass wir mit einer solchen Aussage nicht die Autonomie der Länder in ihren Ausgabenentscheidungen verletzen. Ich erinnere mich daran, dass auch maßgebliche Mitglieder ihrer Fraktion vor dem hessischen Landtagswahlkampf mit Flugblättern am Mainzer Hauptbahnhof standen und gesagt haben, dass Rheinland-Pfalz ein solches Fehlverhalten begeht, weil es die Kita-Gebühren abgeschafft hat.
Ich glaube, wenn wir an diesen Punkt kommen, dass wir uns gegenseitig zurufen können, welche Art von Ausgaben wir in einem anderen autonomen Bundesland nicht
mehr als freie, autonome, vom Landtag verabschiedete Ausgabenentscheidung respektieren, dann wird es eng.
Wenn Sie also eine Idee haben, wie man dieses Fehlverhalten in ein solches System einpassen kann, wäre ich dankbar – das meine ich ernst –, wenn Sie uns sagen könnten, wie man das entsprechend rechtlich ausgestalten könnte.
Der letzte Punkt, den ich ansprechen will, sind die vertikalen Zuweisungen. Das wird im Wesentlichen bei der Neuordnung die Frage sein, was mit dem Geld passiert, das der Bund bisher für den Aufbau Ost ausgegeben hat bzw. mit dem Geld, das er gegenwärtig über den Soli dafür vereinnahmt. Das werden im Jahr 2019 17 Milliarden Euro sein. Diese 17 Milliarden Euro werden spannend. Da gibt es unterschiedliche Positionen.
Die eine ist, na ja, dann erhebt der Bund dieses Geld nicht mehr. Als Soli kann es dann wahrscheinlich ohnehin nicht mehr erhoben werden. Diese Steuer wird also nicht mehr erhoben und wird auch nicht anderweitig verwendet. Sie fällt dem Bund anheim. Von dieser Position träumt vielleicht mancher in der Bundesregierung, aber es gibt keines der 16 Länder, das der Auffassung wäre, dass man auf dieses Geld verzichten sollte, sondern alle sind in einer einheitlichen Stellungnahme der Meinung gewesen, dass hiermit andere Dinge gestaltet werden müssen oder das Geld für anderes verwendet werden muss.
Natürlich gehen die Meinungen auseinander, für was das Geld verwendet werden sollte. Herr Schreiner, ich bin schon der Meinung, dass ein Altschuldentilgungsfonds eine gute Alternative ist oder ein Element sein könnte, das aus diesen neuen vertikalen Zuweisungen alimentiert wird. Dafür gibt es letzten Endes eine ganz wichtige Begründung: Die letzten – jetzt muss ich nachrechnen – 25 Jahre Deutsche Einheit sind an den westdeutschen Ländern nicht spurlos vorbeigegangen.
Dieses Nichtspurlosvorbeigehen manifestiert sich ein Stück weit auch in der Verschuldungssituation der Länder und Kommunen, und es manifestiert sich darin, dass wir aufgrund der Tatsache, dass wir schon vor 1989 Beamte beschäftigt haben, sehr hohe Versorgungslasten haben. Ich glaube, es macht einen gewissen Sinn, dass wir einen Altschuldentilgungsfonds, der in Anlehnung beispielsweise an die Fonds, die in RheinlandPfalz und woanders auf kommunaler Ebene etabliert worden sind, mit den Mitteln finanzieren.
Eine andere Idee, die vorgebracht wird, ist die, dass man den Soli sozusagen in den Einkommensteuertarif überführt. Davon hätten dann die Länder 42,5 %, der Bund 42,5 % und der Rest ginge an die Kommunen. Sie wären frei, was sie damit täten.
Eine dritte Möglichkeit wäre, dem Nachholbedarf an Infrastruktur in vielen westlichen, gerade Flächenländern mit diesen Mitteln ein Stück weit Rechnung zu tragen.
Das ist eine Diskussion, in die wir offen hineingehen müssen. Eine Diskussion, bei der ich skeptisch bin, ist die, die sich – ich weiß nicht, ob das alle CDU
Fraktionen, die sich in diesem Papier wiederfinden, gemerkt haben – aus der Sicht der Zahlerländer ziemlich egoistisch darstellt. Ich könnte mir schon vorstellen, dass es, als ihr das Papier geschrieben habt, die Hessen und Bayern waren, die besonders darauf geachtet haben, dass das hineinkommt. Das ist aber ganz gut verpackt.
Ich glaube, im Papier steht der Vorschlag, dass man in Anlehnung an die Idee von Washington D. C. so etwas wie Berlin D. C. einführt. Das heißt, Berlin bekommt als Bundesland einen Sonderstatuts und wird alleine durch den Bund finanziert. Die Berliner bekommen momentan 3,5 Milliarden Euro. Wenn man das macht, ist klar, was passiert. Diese 3,5 Milliarden Euro gehen 1 : 1 zugunsten von Bayern und Hessen. Ich weiß nicht, ob es die Idee einer Verbesserung eines solidarischen Finanzausgleichs ist, dass die beiden reichsten Länder noch ein bisschen was obendrauf bekommen. Da ist zumindest die Vorstellung von mir und von vielen anderen Ländern eine andere.
Meine Damen und Herren, ich glaube, der Finanzausgleich in Deutschland ist, wenn ich das einmal so sagen darf, ausgeurteilt. Wir brauchen keine neuen Verfassungsgerichtsurteile. Es werden auch keine wahnsinnig neuen Erkenntnisse aus dem Urteil kommen. Ich bin mir relativ sicher, dass die Klage abgewiesen wird.
Allen ist klar, was im Finanzausgleich geht und was nicht geht. Er ist im Übrigen gar nicht mehr so schlecht in seinem horizontalen Teil. Solche Absurditäten wie Seehafenlasten und andere Sonderbedarfe gibt es nicht mehr.
Ich glaube, wir wissen alle, die anhängigen Klagen sind damals aus wahltaktischen Gründen in Karlsruhe eingereicht worden. Dann musste man zuerst einmal nach der Bundestagswahl und nach den Landtagswahlen – die fanden ziemlich zeitgleich statt – eine Schamfrist vergehen lassen. Seehofer hat schon einmal ein bisschen gezuckt und das angedeutet, aber dann ist er wieder zurückgeholt worden, weil Bouffier noch ein bisschen warten will.
Ich hoffe sehr – auch im Interesse der Gespräche, die wir ab dem Herbst führen müssen –, dass diese Klagen zurückgezogen werden; denn solange es diese Klagen gibt, muss jeder in diesen Gesprächen taktisch argumentieren, weil er fürchten muss, dass dann, wenn er sich in eine Interessenausgleichsdiskussion, in eine Kompromisssituation begibt, ihm das bei den Verhandlungen in Karlsruhe negativ ausgelegt wird.
Ich würde mich freuen, wenn die heutige Debatte der Beginn einer Debatte über die Positionierung des Landes Rheinland-Pfalz in den Bund-Länder-Verhandlungen wäre. Ich glaube, wir haben ein gemeinsames Ziel: Unser Bundesland sollte aus diesen Verhandlungen gestärkt hervorgehen.
Herr Minister, das, was Sie eben gesagt haben – vor allem im zweiten Teil ihrer Rede –, war alles um Längen spannender als das, was im Antrag von Rot-Grün steht. Deshalb sage ich einmal, es wäre eigentlich gut, wir würden nicht nur 13 Minuten darüber reden, sondern wir würden uns wirklich im Haushalts- und Finanzausschuss die Zeit nehmen, die es verdient, dass wir uns mit diesem Thema im Detail auseinandersetzen.
Vom Herrn Finanzminister sind viele wichtige und richtige Sachen angesprochen worden. Beim Thema Sanktionsmechanismus können wir uns darüber streiten, was wir genau hineinschreiben, aber es gibt den Stabilitätsrat. Wir schauen in die Zukunft. Das Land RheinlandPfalz wird sich natürlich auch unter einer CDU-geführten Landesregierung immer an die Schuldenbremse halten, aber die Sanktionsmechanismen sollen gerade bei den Ländern greifen, die die Solidarität missbrauchen und über ihre Verhältnisse leben.
Das beschränkt nicht die Rechte eines Parlaments, weil sich das Parlament selbst schon beschränkt und gesagt hat, wir wollen nur so viel Geld ausgeben, wie wir einnehmen. Die Sanktionsmechanismen müssen eben dann greifen, wenn – das haben wir in der Bundesrepublik Deutschland, da müssen wir nicht weit gehen, auch schon erlebt – Parlamente nicht so klug handeln, nur das Geld auszugeben, das sie eingenommen haben.
Wenn es einen solchen Sanktionsmechanismus gibt und er im Zweifelsfall automatisch greift, gibt es eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass er niemals zum Zuge kommt, Herr Finanzminister. Insofern ist es klug, so etwas mit zu verhandeln.
Sie haben eben das Thema Soli und die ganzen Finanzbeziehungen mit den neuen Bundesländern angesprochen, die 2019 auslaufen. Herr Schäuble hat heute auf einer Veranstaltung der IHK so schön gesagt, dass es in irgendeiner Form mit einem Soli nach 2019 weitergehen werde und er persönlich aus den Ländern und von der Bundesebene schon Anregungen bekommen habe, ein Vielfaches dessen, was heute über den Soli umverteilt wird, nach 2019 umzuverteilen.
Das war alles nicht so ganz ernst gemeint, aber es ist richtig, dass wir eine neues Element der Solidarität zwischen den Bundesländern brauchen und es ein paar Jahre und Jahrzehnte gab, in denen die neuen Bundesländer unsere Solidarität gebraucht haben. Da sagen Sie sehr zu Recht, dass da auch ein Land wie RheinlandPfalz in die Solidarität gegangen ist. Es gibt aber neue Herausforderungen.
Wir reden in diesem Haus beispielsweise sehr oft über den demografischen Wandel. Eine der zehn Positionen – es geht nicht nur um Berlin, es geht nicht nur um den Sanktionsmechanismus – im Positionspapier der CDU und CSU vom Oktober 2012 ist, dass zu den bisherigen Ausgleichsmechanismen ein Element hinzutreten muss, das dem demografischen Wandel, der demografischen Entwicklung in den Ländern Rechnung trägt, damit finanzielle Verluste, die aufgrund von Bevölkerungsschwund und Bevölkerungswanderung entstehen, abgemildert werden.
Wir können im Detail darüber diskutieren, wie wir das ausgestalten, ob das eine gute Idee ist oder ob Sie eine andere, bessere Idee haben. Aber das ist eine Idee, die für Rheinland-Pfalz zweifellos gut wäre. Ich glaube, wir sind uns darin einig, dass wir über alle Ländergrenzen und über alle Parteigrenzen hinweg nur dann zu einem guten Ergebnis kommen, wenn wir tragfähige Kompromisse finden und an den entscheidenden Punkten auch die Interessen des anderen sehen und letztendlich an einem Strang ziehen. Das erwarten die Menschen in diesem Land von uns.
Herr Minister, einen Satz von Ihnen möchte ich wiederholen; denn es war mir wichtig, dass Sie ihn gesagt haben. Sie haben nämlich gesagt, dass die Finanzkraftreihenfolge nicht egalisiert werden darf. Das ist genau richtig. Die Frage ist jetzt, wie weit die Länder dann in ihrer Finanzkraft auseinander liegen dürfen. Es ist nicht nur so, dass wir die Reihenfolge bei der Finanzkraft nicht ändern und keine Überkompensation haben wollen, wie es im Moment der Fall ist, sondern es ist auch so, dass es nicht egalisiert werden darf.
Das heißt, wir brauchen Spiel in diesem Länderfinanzausgleich, und das sind letztendlich die Leistungsanreize. Eine der Ideen in der Runde der finanzpolitischen Sprecher war – sie kam, zugegebenermaßen, nicht von den Zahlerländern, zum Beispiel aus Bayern –, dass man sagt, die Hauptstadt Berlin ist von besonderer Bedeutung, und die 3,5 Milliarden Euro wären, im Gegensatz zu heute, eine Verantwortung, die in erster Linie vom Bund zu tragen ist.
Plötzlich wäre Spiel vorhanden, um die Finanzkraftreihenfolge bestehen zu lassen, keine Überkompensation
zu haben und sie auch nicht zu egalisieren. Es geht letztendlich darum, Leistungsanreize für gut wirtschaftende Bundesländer zu schaffen.
Wir diskutieren ganz viel. Das ist wichtig. Sie haben gesagt, nach der Sommerpause geht es los. Ich versuche es ein letztes Mal: Wir haben am 25., am 26. und am 27. Juni Plenarsitzungen. Wir haben am 23. und am 24. Juli Plenarsitzungen. Schon in der nächsten Woche findet eine Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses statt. Ich halte es für richtig, überlegenswert und vernünftig, nicht einfach abzustimmen, sondern den Antrag an den Ausschuss zu überweisen und zumindest zu versuchen, zu einem gemeinsamen Ergebnis zu kommen.