Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Bundeswehr, die Soldatinnen und Soldaten, geloben und schwören das. Es ist gut, dass sie das nicht unbeobachtet, verstohlen, heimlich und leise im Hinterhof tun, sondern öffentlich vor Zeugen, mitten in der Gesellschaft.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, sechs grüne Landtagsabgeordnete, ein Drittel der hier vertretenen Fraktion, die sich in der Regierungskoalition mit der SPD befindet, kritisieren diesen Eid auf die Verfassung als „archaisch anmutende Militärrituale“. Wenn das Bekenntnis zu unserer Demokratie und Freiheit „archaisch“ sein soll, dann frage ich mich, welches Staatsverständnis Sie haben.
Ich mache deutlich, statt ein Versprechen auf die Demokratie niederzubrüllen, wäre es besser, genau hinzuhören; denn wir können und sollen die Soldatinnen und Soldaten beim Wort nehmen.
Unsere Soldaten reden nicht vom Frieden, sie leisten einen konkreten Beitrag zum Frieden. Sie gehen ins Ausland und riskieren ihr Leben für unsere Werte. Deshalb darf die Bundeswehr zu Recht als Friedensbewegung bezeichnet werden.
Gerade durch die Bundeswehr und die Verankerung unseres Landes im westlichen Bündnis konnte Deutschland wiedervereinigt werden.
Die Bundeswehr leistet unverzichtbare Einsätze bei Katastrophenhilfe, bei Hochwasser und Unwetter. Der Einsatz der Bundeswehr verdient Anerkennung und Dank, nicht Hohn und Spott.
Wer ihnen aber wie die Demonstranten am Dienstag dieser Woche – unter ihnen auch Parlamentarier der Regierungskoalition – „Mörder, Mörder“ entgegenruft, der ist nicht nur geschichtsvergessen, sondern verletzt Menschen, die aufrichtig gerade deshalb in die Bundeswehr eingetreten sind, um das zu verhindern, was die dunkelsten Zeiten unserer Geschichte ausgemacht haben.
Es ist äußert paradox. GRÜNE demonstrieren gegen die, die gerade dabei sind zu geloben, dass sie sich für ihre Freiheit einsetzen und somit auch für ihre freien Demonstrationen. Paradox ist auch: Die GRÜNEN haben in der rot-grünen Zeit die Bundeswehr in den ersten Auslandseinsatz der deutschen Nachkriegsgeschichte geschickt. Jetzt verweigern Mitglieder der Regierungs
koalition in Mainz den Soldatinnen und Soldaten den gesellschaftlichen Rückhalt. Das ist nicht anständig.
Mandatsträger haben natürlich das Recht auf eine eigene Meinung, auch das Recht zu demonstrieren. Welches politische Zeichen sie und eine Regierungskoalition damit aussenden, dessen sollten sie sich aber auch bewusst sein. Eine Regierungschefin, Frau Dreyer, sollte zu diesem Verhalten nicht schweigen; denn die Koalitionsruhe darf nicht über allem stehen.
Gemeinsam mit linksextremen Gruppierungen wie der DKP demonstrierten GRÜNE gegen das öffentliche Gelöbnis und machen gemeinsame Sache mit Vereinigungen, die behaupten – Zitat von der Homepage der Deutschen Friedensgesellschaft Mainz –: Der Soldatenberuf ist so unzeitgemäß wie der eines Henkers. –
Regierungsmitglieder, Frau Dreyer, Seit an Seit mit der DKP, die von Ihrem Innenminister Lewentz als verfassungsfeindlich eingestuft wird.
Warum hörten wir nur vom Landtagspräsidenten Mertes hierzu ein klares Wort, von Ihnen dazu kein einziges?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich stelle gleich vorweg etwas klar. Die Teilnahme meiner Person und meiner Fraktion an dem Gelöbnis bzw. feierlichen Eid war von Anfang an eine Selbstverständlichkeit. Das stand in meiner Fraktion niemals ernsthaft infrage. Das gebührt schon der Respekt vor dem Einladenden, dem Landtagspräsidenten, und dem Respekt vor den jungen Menschen, die sich am Dienstag dem Dienst für unsere freiheitlich-demokratische Verfassung verpflichtet haben. Es ist nicht wahr, dass GRÜNE zu Gegendemonstrationen aufgerufen haben oder GRÜNE einer Meinung mit solchen sind, die gesagt haben, dass diese Rekrutinnen und Rekruten zu Hetzerei und Kriegstreiberei sozusagen vereidigt werden.
Liebe Frau Klöckner, das, was Sie hier versuchen, Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses in eine Ecke mit Linksextremisten zu stellen, schadet auch der Bundeswehr und hat nichts mit Respekt vor der Veranstaltung am Dienstag zu tun.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Frau Thelen, CDU: Das haben Sie selbst getan! – Zuruf des Abg. Bracht, CDU – Weitere Zurufe von der CDU)
Diskussionen um die Armee, um Fragen von Krieg und Frieden, um Spannungsverhältnisse von Zivilgesellschaft und Bundeswehr hat es in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland immer gegeben. Sie hat es in meiner Partei auch immer gegeben. Sie hat es schon viel länger gegeben. Sie gibt es über die GRÜNEN hinaus.
Ich erinnere an die 50er-Jahre und den Streit über die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik Deutschland. Damals waren drei Viertel der Bundesbürger dagegen. Damals hat die Bundesregierung die Wiederbewaffnung im Einverständnis mit den internationalen Partnern beschlossen. Es gab damals heftige Diskussionen, nicht nur von links, sondern auch von kirchlichen Gruppen. Ich erinnere an die Diskussion um den NATODoppelbeschluss und die Friedensbewegung. Das waren große Diskussionen in der Gesellschaft.
Ich erinnere an die Diskussion um die ersten Auslandseinsätze, die von einer rot-grünen Koalition beschlossen worden sind, sei es im Kosovo oder in Afghanistan. Es gab große gesellschaftliche Diskussionen.
Ich bin stolz darauf, dass die Gesellschaft diese Diskussionen führt, dass sie sie im gegenseitigen Respekt für die Argumente beider Seiten führt.
Das ist auch ein Beitrag zur Integration unserer Armee, unserer Bundeswehr in die demokratische Gesellschaft. Ich finde, es ist ein gutes Zeichen, dass wir die Diskussionen hier miteinander führen können.
Das höchste deutsche Gericht, das Bundesverwaltungsgericht, hat 1990 verkündet, dass eine kritische Diskussion um die Bundeswehr erlaubt sein muss.
Man muss da nicht immer einer Meinung sein – ich bin da auch nicht immer einer Meinung –, aber ich finde, dass nicht diejenigen, die eine kritische Meinung vertreten, sondern diejenigen, die das nicht zulassen wollen,
Man sollte sich nicht allzu weit aus dem Fenster lehnen. Der Generalsekretär der rheinland-pfälzischen CDU hat am 13. Juni verkündet, dass der Grund, warum einzelne Abgeordnete nicht an der Demonstration teilnehmen, sei, dass sie die Bundeswehr als Kriegstreiber ansehen.