Protokoll der Sitzung vom 24.07.2014

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Heinisch das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Es ist nicht lange her, dass wir in diesem Saal die Einrichtung 40 Jahre Bürgerbeauftragter in Rheinland-Pfalz gefeiert haben. Es kommen Delegationen aus anderen Bundesländern, um sich anzusehen, wie wir das Petitionswesen mit einem Bürgerbeauftragten gestalten, und um von uns zu lernen, jüngst eine Delegation aus Niedersachsen.

Ich denke, diese Einrichtung hat sich jedenfalls bewährt. Ich kann mir gar nicht mehr vorstellen, wie man das Petitionswesen ohne die Einrichtung des Bürgerbeauftragten gestalten sollte. Insofern möchte ich mich dem Dank an den Bürgerbeauftragten, an das Team des Bürgerbeauftragten anschließen. Herzlichen Dank für die Arbeit, die geleistet wurde.

Ebenfalls möchte ich mich beim ausgeschiedenen Vorsitzenden des Ausschusses, Peter Wilhelm Dröscher, bedanken, der das Amt sehr stark geprägt und sich mit seiner neutralen und parteiübergreifenden Art sicherlich viel Respekt erworben hat. Ebenfalls bedanken möchte ich mich bei Frau Eschenauer, die viele Jahre diesen Ausschuss für den Wissenschaftlichen Dienst betreut hat.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Mit ihr haben wir zuletzt noch eine Regelung auf den Weg gebracht, ein Verfahren zu Petitionen, die sich auf die Beibehaltung der bestehenden Rechtslage richten, also nicht die Änderung von Regeln, sondern die Beibehaltung von Regeln. Damit wurde aus aktuellem Anlass noch einmal eine Lücke geschlossen. Ich denke, das muss man würdigen. Auch ihr gilt unser Dank.

Ansonsten möchte ich noch einen Bereich hervorheben, der uns immer wieder stark beschäftigt, das ist der Bereich des Justizvollzugs. Da merken wir bei den Petitionen, dass das neue Justizvollzugsgesetz wirkt. Wir haben zum Beispiel Petitionen, bei denen mittlerweile Eingaben dadurch behandelt werden, dass das geltende Gesetz angewandt wird, zum Beispiel die Telefonerlaubnis regelmäßig erteilt wird. Wir haben Petitionen, mit denen Anliegen durch die Bestimmung abgeholfen werden kann, dass Gefangene in der Regel der Bezug von Waren über den Versandhandel zu ermöglichen ist.

Wir merken bei den Petitionen, die sich auf die Arbeit richten, dass Gefangene begehren, dass ihnen Arbeit zugewiesen wird oder sie sich über die Entfernung von der Arbeit beschweren. Ich denke, diese Petitionen, dass die Gefangenen Arbeit wünschen oder den Verlust von Arbeit bemängeln, zeigen uns die Diskussion zur Arbeitspflicht, die wir geführt haben, als das Justizvollzugsgesetz auf den Weg gebracht wurde, vielleicht noch einmal in einem anderen Licht.

Ansonsten gibt es einzelne Petitionen, bei denen man sieht, dass entsprechend den Anliegen abgeholfen werden kann, in dem Bereich viele einzelne Fälle, in denen eine einvernehmliche Regelung erzielt werden kann. Auch in anderen Bereichen gibt es immer wieder viele einvernehmliche Regelungen, oder den Petentinnen und Petenten kann geholfen werden, indem eine Auskunft erteilt wird. Ich denke, es ist ein Beweis für die Leistungsstärke des Bürgerbeauftragten als Einrichtung und seines Teams, dass im Vorfeld vieles an Anliegen abgeräumt wird.

Ansonsten hatten wir viele interessante Legislativeingaben, zum Beispiel zum Thema Genehmigungsfreiheit von Kleinwindenergieanlagen, oder wir hatten eine Legislativeingabe zur Abschaffung der Hundesteuer. Wir hatten Legislativeingaben, die sich für die Lockerung oder andere, die sich für die Verschärfung der Regeln für gefährliche Hunde ausgesprochen haben.

Wir hatten die Wahlalter-Petition letztlich abschließen müssen. Das war eine wichtige Diskussion. Nachdem die Verfassungsänderung nicht die erforderliche Mehrheit bekommen hat, musste die Petition abgeschlossen werden.

Wir hatten interessanterweise auch eine Petition gegen die Privatisierung der Wasserversorgung, mit der klargestellt werden konnte, auch mit Blick auf die Diskussion über die EU-Wasserrichtlinie, dass in Rheinland-Pfalz schon die klare Regel besteht: Wasserversorgung ist Teil der kommunalen Daseinsfürsorge.

Ich denke, solche Eingaben eignen sich dafür, dass wir sie in öffentlicher Sitzung besprechen, wir also nicht nur nicht öffentlich über solche Petitionen reden, sondern wir

solche Sachverhalte in öffentlicher Sitzung erörtern und beraten, die bestehende Rechtslage, vielleicht auch verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen oder andere Fragen, wenn es um so allgemeine und nicht so spezielle Anliegen geht, bei denen Datenschutzbelange berührt sind, sondern wenn Leute sich dafür aussprechen, dass Gesetze geändert werden.

Ansonsten hatten wir viele Petitionen zum Bereich der erneuerbaren Energien, bei denen man sehen muss, dass dies ein wichtiges Thema ist. Aber man muss immer wieder sehen, wo die Zuständigkeiten sind, das heißt, wo sich die Petitionen eindeutig auf Bereiche richten, für die Kommunen die Entscheidung haben, die die Kommunen zu treffen haben. Auch in vielen anderen Bereichen gibt es Petitionen, die Belange berühren, für die eindeutig die Kommunen in der Sache zu entscheiden haben und wir als Landtagsausschuss nicht sagen können, wir hebeln die kommunale Selbstverwaltung aus, sondern in der Regel feststellen, dass die Kommunen in der Sache entscheiden. Wenn es bei diesen Entscheidungen mit rechten Dingen zugeht, wird man die kommunale Selbstverwaltung respektieren müssen.

Insofern war das wieder ein interessantes Jahr für das Petitionswesen. Ich hoffe, dass wir im Bereich der Enquete-Kommission „Bürgerbeteiligung“ noch einmal über die Frage der Öffentlichkeit von Beratungen über Petitionen zum Reden kommen.

Ich bedanke mich auch bei den Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss für die kollegiale Zusammenarbeit.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank.

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen zu diesen Tagesordnungspunkten vor.

Damit sind die Tagesordnungspunkte 18 und 19 erledigt.

Wir kommen zu Punkt 20 der Tagesordnung:

Beratungs- und Projektwesen im rheinlandpfälzischen Sozialministerium – mit Schwerpunktsetzung Europäischer Sozialfonds (ESF) Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU und der Antwort der Landesregierung auf Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksachen 16/3595/3737/3755 –

Für die SPD-Fraktion spricht Frau Abgeordnete AnklamTrapp.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Wir, die Koalition von

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD, haben heute die Besprechung der Großen Anfrage der CDU-Fraktion zum Beratungs- und Projektwesen in Rheinland-Pfalz zur Aussprache gestellt. Wir sind der Überzeugung, dass alle Fragen umfangreich und transparent beantwortet wurden.

Bereits im September letzten Jahres haben die Kolleginnen Hedi Thelen und Gabriele Wieland von der CDU sechs Kleine Anfragen mit insgesamt 22 Fragen gestellt. Diese wurden umfangreich und detailliert beantwortet.

Die aktuelle Große Anfrage mit 96 Fragen zu diesem Thema liegt vor. Auch hier wurde umfassend berichtet, sodass wir denken, dass die Grundlage zur Debatte im Plenum gegeben ist.

Meine Damen und Herren, worum geht es? – Es geht um das Beratungs- und Projektwesen, wie lange es zurückliegt und was in der Zeit geleistet wurde.

In den 90er-Jahren war das Phänomen der Langzeitarbeitslosigkeit das bestimmende Thema in den Industriestaaten. Wirtschaftsexperten sagten ein weiteres Anwachsen der Arbeitslosigkeit voraus, und große Unternehmen hatten zu diesem Zeitpunkt Entlassungen angekündigt.

Arbeitslosigkeit galt als persönliches und soziales Übel. Dazu Zahlen: 1994 Rheinland-Pfalz: Arbeitslosigkeit 7,5 %; Bund: 9,7 %; heute aktuell der Stand Juni: Rheinland-Pfalz: 5,2 %; Bund: 6,5 %.

Rheinland-Pfalz konnte sich in all den Jahren auf einen stabilen 3. Platz im Ranking der Länder auf dem Arbeitsmarkt verbessern. Meine Damen und Herren, noch nie in der Geschichte des Landes Rheinland-Pfalz gab es eine solch hohe Zahl an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. Das ist das Ergebnis, der Erfolg sozialdemokratischer Politik in 20 Jahren Regierungsverantwortung.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Baldauf, CDU: Tosender Applaus! – Frau Thelen, CDU: Gute Wirtschaftspolitik in Berlin!)

Die damalige CDU-geführte Landesregierung hatte eine Enquete-Kommission eingesetzt. Die wesentliche Beschlussempfehlung und die Forderung war eine zentrale Beratungsstelle für Beschäftigung und Qualifizierungsmodelle. Erstmals wurden 1992 und 1993 im Haushalt Mittel eingestellt.

Was wurde seitdem geleistet? – Sie kennen das alles: die Beratung von Projektträgern, Beschäftigungs- und Qualifizierungsprojekte, Arbeitsvermittlung von Menschen mit Schwerbehinderung, Beschäftigung nach Konversion, Arbeitsprojekte nach Suchthilfe, Integrationsfirmenmodelle für ältere Beschäftigte usw.

Nach den Abrechnungen der ESF-Förderperiode von 1994 bis 2013 sind rund 607 Millionen Euro in arbeitsmarktpolitisch wirksame Projekte verausgabt worden,

510.000 Menschen sind in 7.500 Projekten erreicht worden. Das ist eine riesige Bilanz.

(Beifall der SPD und bei dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, bis heute hat die CDU keine Aussagen getroffen, was der Hintergrund dieser Fülle der parlamentarischen Anfragen ist, werte Frau Thelen.

(Baldauf, CDU: Das müssen wir Ihnen auch nicht sagen!)

Mit ihren verdächtigenden Anfragen nimmt die CDU jedoch billigend in Kauf, die gute und wertvolle Arbeit der engagierten Projektbeteiligten bei über 200 Trägergesellschaften zu diskreditieren.

Meine Damen und Herren, bei den 118 Anfragen, was dürfte Sie da am meisten interessieren? – Ich denke, das sind die Fragen, ob überhöhte Steuergelder an Beratungsbüros gezahlt wurden oder es Unregelmäßigkeiten in 20 Jahren gab.

Nach Sichtung der Anfragen darf ich sagen, natürlich nicht. Das wurde in den Anfragen umfänglich und transparent belegt.

Im Verhältnis hat das Büro als Projektfördermittel gerundet 1,7 % ausgezahlt bekommen, quasi als Vergütung. Das Büro hat sich für viele Menschen im Land Rheinland-Pfalz bezahlt gemacht und damit gute Arbeit geleistet.

Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, verehrte Kollegin Thelen, es gibt keinen Grund, etwas zu skandalisieren. Nachfragen sind Ihr parlamentarisches Recht und müssen und sollen umfänglich beantwortet werden.

(Zurufe von der CDU)

Eines unserer wichtigsten Themen als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist und bleibt die Beschäftigungspolitik. Rheinland-Pfalz als Flächenland ist mit der drittniedrigsten Arbeitslosenquote gut aufgestellt. Das ist eine starke Erfolgsbilanz.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)