Auch hier war an der Spitze der Bewegung Herr Hoch. In beiden Fällen mussten wir erst Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes zurate ziehen, bis klar war, unsere Anliegen waren zulässig. Durch diese Verzögerung konnte der Untersuchungsausschuss nur noch in zwei Sitzungen das Zukunftskonzept beleuchten.
Herr Hering, Herr Dr. Kühl, Herr Schweitzer, Sie alle mussten nicht mehr vor dem Untersuchungsausschuss aussagen. Das war kein Zufall, das war die Arbeit von Herrn Hoch, der dafür jetzt von Ihnen befördert worden ist, Frau Ministerpräsidentin.
Da stellen wir uns wie viele andere Bürgerinnen und Bürger die Frage: Was versteht die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz unter einer ehrlichen Zäsur? Was wäre eigentlich passiert, wenn wir uns damals vor der Wahl intensiver mit dem Zukunftskonzept hätten befassen können? Was wäre dann vor der Wahl noch alles herausgekommen? Was wäre alles herausgekommen?
Es wäre das herausgekommen, was jetzt der Rechnungshofbericht vorgelegt hat und was zu der größten Erschütterung des Landes in einem Kabinett geführt hat.
Deshalb möchte ich noch einmal den von Ihnen beförderten engen Vertrauten zitieren. Er hat damals die Interpretation an die Öffentlichkeit gegeben. Ich zitiere: „(…) Hendrik Hering hat am Nürburgring lange und gut verhandelt und hat ihn wieder vom Kopf auf die Füße gestellt.
Ich habe Ihnen schon einen subtilen Sinn für Humor zugebilligt, aber dass das wirklich einmal so zutreffend sein wird, Herr Hoch, das hätte ich nicht gedacht.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich stelle deshalb fest, auch Herr Hoch leistete seinen nicht unerheblichen Beitrag, vor der Wahl die tatsächliche Situation am Nürburgring zu verschleiern. Er musste bis heute keine Konsequenzen tragen, im Gegensatz zu Frau Conrad. Das will ich kurz noch einmal in Erinnerung rufen. Frau Ministerpräsidentin, Sie sprachen eben davon, Sie verschlanken das Kabinett, es gibt weniger Minister. Nehmen wir doch noch einmal kurz zur Kenntnis, die Anzahl der Minister gab es vor der vergangenen Wahl auch, nur
wurde dann ein neuer Ministerposten für Frau Conrad geschaffen. Ob das mit Versorgungsansprüchen zu tun hat, das muss man, glaube ich, nicht thematisieren. Aber dass Sie thematisieren, man hätte jetzt in großer Entschlossenheit ein Ministerium abgeschafft, darüber können wir wirklich intensiv reden, glaube ich.
Zurück zu Herrn Hoch. Er ist jetzt Ihr engster Vertrauter. Er ist Chef der Staatskanzlei. Wenn Sie von einem neuen Stil reden, aber Personen wie Herrn Hoch und andere, die eine ganz klare Haltung zur Aufklärung des Nürburgring-Komplexes hatten, nämlich eine verschleiernde, wenn Sie diese Personen als engste Vertraute um sich scharen, dann dringt Ihr Werben für einen neuen Stil, für neue Transparenz und für Ehrlichkeit und Offenheit nicht ehrlich durch. Das sagt auch etwas über Sie aus, wenn Sie solche Personen in Ihrem nahen Umfeld haben.
Deshalb fragen wir uns schon – Frau Ministerpräsidentin, das hätten Sie heute zumindest erklären müssen –: Was heißt für Sie politische Verantwortung übernehmen? Heißt das, dass nur die zurücktreten müssen, die man nicht mehr braucht?
In seinem Buch „Vorbild mit kleinen Fehlern – Abgeordnete zwischen Anspruch und Wirklichkeit“ hat sich Wolfgang Börnsen vor einigen Jahren mit der Frage beschäftigt: „Moral in der Politik, gibt‘s die noch?“ – Er beantwortet die Frage wie folgt – ich zitiere die Passage –: „Ein sich wandelnder Moralbegriff führt zwar zu veränderten Einschätzungen, bestimmte Grundtugenden wie Glaubwürdigkeit und Vertrauen, politische Korrektheit also, bleiben für die Bürger jedoch eine feste Größe. Die große Mehrzahl der Abgeordneten hält sich eindeutig an diese Normen. Und bei denen, die es nicht tun, tragen die Selbstreinigungskräfte der Parteien, aber besonders die Wahlen unter gleichzeitiger kritischer Medienbeobachtung ihre Früchte.“
Wo bleibt aber Ihre Selbstheilungskraft, Frau Ministerpräsidentin, indem Sie die Herren Schweitzer, Lewentz und Hoch in Ihren Reihen belassen?
Frau Ministerpräsidentin, Politiker sind nicht unfehlbar. Wir machen alle Fehler, weil jeder Mensch Fehler macht. Woran wir uns aber messen lassen müssen – gerade Politiker, die in der Öffentlichkeit stehen und auch einen Anspruch formulieren –, ist der Umgang mit diesen Fehlern.
Ja, unter Ihrem Vorgänger sind bewusst Fehler gemacht worden. Herr Beck hat sie erst gar nicht und dann sehr spät eingestanden, aber er hatte nicht die Größe, wegen dieser Fehler zurückzutreten. Die SPD hat kürzlich sogar
Frau Dreyer, Sie haben das System Beck nicht nur übernommen, sondern Sie haben es sogar perfektioniert.
Frau Ministerpräsidentin, in der jüngeren Vergangenheit ist Ihnen zwar häufiger das Wort „Fehler“ über die Lippen gekommen, aber man muss genau hinhören, in welchem Zusammenhang und wie Sie es gesagt haben.
Zunächst weisen Sie immer auf die Fehler der Vergangenheit hin. Man hätte Fehler gemacht. Wer „man“ ist, lassen Sie gerne außen vor. Neuerdings weisen Sie auch auf die Fehler Ihres Amtsvorgängers hin. Da muss man sich aber schon fragen, wo Sie, Frau Ministerpräsidentin, in dieser Zeit gewesen sind und was Sie, Frau Ministerpräsidentin, ganz persönlich getan haben, um diese Fehler abzuwenden.
Haben Sie nicht wöchentlich mit am Kabinettstisch gesessen und diesen abenteuerlichen, sich ständig ändernden Finanzkonstruktionen Ihres Kollegen Professor Dr. Deubel zugestimmt? Haben Sie zugestimmt, oder haben Sie sie abgelehnt? – Uns ist zumindest kein Protokoll bekannt, in dem „Widerspruch Ministerin Dreyer“ steht.
Haben Sie nicht den Kabinetten angehört, die dem Flughafen Zweibrücken europarechtswidrige Beihilfen zugewandt haben? Ist es nicht so gewesen, dass auch Sie es noch nicht einmal für erforderlich hielten, diese schwierigen Fragen mit Brüssel abzustimmen? Frau Ministerpräsidentin, haben Sie in nur einem einzigen Fall hiergegen Einwände oder gar Widerspruch erhoben? – Es gibt auch keine Nachfragen. Sie sprechen von Klarheit, von Transparenz. Sie sagen, Sie haben „die Kraft, sich in Regierungsverantwortung zu erneuern“. Frau Ministerpräsidentin, wann haben Sie denn übrigens die „Veralterung“ festgestellt, um sich heute „erneuern“ zu müssen? – Die Frage stellen sich viele.
Dass Sie aber an Nürburgring-Verantwortlichen festhalten und dafür andere opfern, ist keine Erneuerung. Das ist kein Neuanfang, sondern das ist pure Inszenierung.
Nun an die Kolleginnen und Kollegen der SPD. Sie haben gerade erst das Gesetz geändert, damit der Präsident des Rechnungshofs und sein Stellvertreter künftig keine Volljuristen mehr sein müssen. Ganz zufällig ist nun ein Abgeordneter der GRÜNEN, der eben kein
Es scheint sich ganz gut zu treffen, im unabhängigen und unbequemen Rechnungshof künftig einen rotgrünen Aufpasser sitzen zu haben.
(Beifall der CDU – Unruhe bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es reicht einfach mal!)
Herr Dr. Braun, ich weiß, das ist unbequem. Sie rufen rein „Es reicht einfach mal!“ Dieser Meinung sind wir aber auch. Es reicht einfach mal, alles schönzureden. Es reicht einfach mal!
Herr Dr. Braun, ich hätte mir gewünscht, Sie hätten in all dieser Zeit, in der Sie und Ihre Fraktion alle mitgetragen haben, die an diesem Nürburgring-Debakel beteiligt sind, wir hätten uns gewünscht, dass Sie nicht die Aufklärung der Opposition behindert hätten, sondern gesagt hätten, es reicht einfach mal mit dem, wir machen’s einfach. Das hätten wir uns gewünscht, Herr Dr. Braun. Es reicht einfach mal!
Es ist ein auffälliger Vorgang: Ein Rechnungshof legt einen unbequemen Bericht für Rot-Grün vor. Dann wird ein Gesetz geändert, das die Bestimmung mit der Voraussetzung für den Vizepräsidenten ändert. Dann ist zufällig sogar schon die Passnummer des Bewerbers bekannt. Da sagen Sie zu uns, dass es unverschämt ist, auf so etwas hinzuweisen. Was ist eigentlich aus den GRÜNEN geworden, Herr Dr. Braun?