Protokoll der Sitzung vom 12.11.2014

Da wird klar, auch Sie sind Teil der Perfektionierung des Systems Beck geworden. Wir müssen festhalten: Das ist nicht gut für unser Land.

(Beifall der CDU – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Dr. Braun, das ist allgemeines Berufsrisiko. Wenn man hier reinruft, gibt es auch eine Antwort. Damit muss man leben können.

(Beifall der CDU)

Ihr neuer Chef der Staatskanzlei, Herr Hoch, hat früher andere beschimpft, Frau Ministerpräsidentin. Die Opposition im Untersuchungsausschuss, die Richter am OLG Koblenz, und Sie finden ihn gut.

Ihr neuer Fraktionsvorsitzender, Herr Schweitzer, hat vor einiger Zeit uns Christdemokraten als die „Nachfolger

der Steigbügelhalter Hitlers“ bezeichnet, um vor einer Großen Koalition im Bund zu warnen.

(Zuruf von der CDU: Pfui!)

Es gab kein souveränes Wort, es gab keinen mäßigenden Ton von Ihnen als Ministerpräsidentin, die die Richtlinienkompetenz hat.

Es gab auch kein mäßigendes Wort, als der damalige Minister Schweitzer zum Hörer griff, um als Minister ein Familienmitglied im Einflussbereich seines Ministeriums unterzubringen. Sie finden dieses Verhalten anscheinend gut, weil Sie bis heute nicht souverän dazu Stellung bezogen haben. Anscheinend ist das in den SPDReihen normal.

(Beifall der CDU)

Sie haben Herrn Schweitzer zu Ihrem Fraktionsvorsitzenden gemacht. Er ist eine wichtige Figur in Ihrem System. Bei Herrn Beck war er das schon.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wirkliche Zäsuren sehen anders aus. So setzt man Glaubwürdigkeit aufs Spiel.

Welch hohen Stellenwert Glaubwürdigkeit hat, kann man in einer Rede von Helmut Schmidt nachlesen. Ich zitiere:

(Pörksen, SPD: Der bedankt sich für das Zitat!)

„Wenn die Bürger nicht an die ehrlichen Absichten der an der Spitze des Staates handelnden Personen glauben können, dann wird es den Bürgern sehr schwer gemacht, überhaupt an die Demokratie zu glauben. Je größer die Glaubwürdigkeitslücken, desto geringer die Handlungsfähigkeit von Partei und Regierung.“

(Beifall der CDU)

Das Wort „Glaubwürdigkeit“ gibt mir die Gelegenheit, auch einige Worte an die Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN zu richten. Immer mehr grüne ParteiMitglieder wehren sich im Moment gegen eine allzu enge Bindung an die SPD. Unter der Überschrift „Mehr Mut zu mehr grün“ haben sie einen Protestaufruf unterzeichnet.

(Pörksen, SPD: Auch das noch!)

Herr Pörksen sagt gerade „Auch das noch!“ Ich finde, das haben andere Parteien nicht zu beurteilen. Ich beurteile das auch nicht. Ich sage auch nicht „Auch das noch!“, aber ich stelle fest, dass es so etwas gibt.

(Beifall der CDU)

Im Interview mit dem „Deutschlandfunk“ haben Sie, Frau Ministerin Lemke, von – ich zitiere – „vereinzelten Stimmen“ und einer „sehr kleinen Basisgruppe“ gesprochen. Sie sind sogar noch einen Schritt weitergegangen. Von Journalisten wurde die Frage aufgeworfen, ob die GRÜNEN mit der Kabinettsumbildung besänftigt werden mussten. Ihre Antwort war, dass Sie nicht um eine Kabinettsumbildung bitten würden, weil 50 Mitglieder disku

tierten. Wann würden Sie denn überhaupt einmal um eine Kabinettsumbildung bitten oder sie sogar fordern, Frau Lemke?

Sie haben jetzt dreieinhalb Jahre lang NürburgringVerantwortlichen das Regieren ermöglicht, die Sie heute als Ballast bezeichnen, laut Herrn Köbler. Dass es sich dabei um Ballast handelte, haben Sie aber erst festgestellt, als dieser Ballast abgefallen war. Auch das ist auffällig.

(Beifall der CDU)

Die ehemalige Ministerin Conrad empfindet das als Nachtreten und musste sich öffentlich zur Wehr setzen, sie würde nicht zum alten Ballast gehören.

Frau Ministerpräsidentin, Ihre Pressekonferenz in der vergangenen Woche haben Sie mit den Worten begonnen, die Sie heute wiederholt haben: „Ich bin mit Leib und Seele Ministerpräsidentin.“

Wer aber Ihren Auftritt bei Pressekonferenz gesehen hat, hatte einen ganz anderen Eindruck. Wer beobachtet hat, wie Sie, Frau Ministerpräsidentin, sich in den vergangenen Wochen und Monaten verhalten haben, der konnte erst recht den Eindruck gewinnen, dass Sie eben nicht mit Leib und Seele Ministerpräsidentin sind:

Sie haben den Zeitpunkt zur Kabinettsumbildung mindestens dreimal verpasst, nämlich bei Ihrem Amtsantritt, bei Erscheinen des Rechnungshofberichts und in Ihrer selbst angesetzten Regierungserklärung vor vier Wochen.

(Beifall der CDU)

Als der Rechnungshofbericht erschien, haben Sie erst einmal geschwiegen. Sie haben stattdessen Ihre Minister und Staatssekretäre in die Ausschüsse vorgeschickt, um uns zu beschimpfen und den Rechnungshof zu diskreditieren.

Als sich die allgemeine Stimmungslage dann aber doch nicht beruhigte, haben Sie eine Regierungserklärung angekündigt. In dieser Regierungserklärung haben wir zumindest wenig Reue erkannt. Im Gegenteil – Sie sind sogar als Ministerpräsidentin nicht davor zurückgeschreckt, die Beratungsfirma Ernst & Young mit dem unabhängigen Rechnungshof gleichzusetzen. Wie eine neue Anfrage ergeben hat, hat die Beratungsfirma Ernst & Young bisher über 1,2 Millionen Euro von der Landesregierung für Beratungsleistungen erhalten. Ich glaube kaum, dass das Unabhängigkeit dokumentiert.

(Beifall der CDU)

Frau Ministerpräsidentin, Sie haben sehr lange darauf gesetzt, dass Sie irgendwie durchkommen. Sie haben erst einmal beobachtet, wie sich die allgemeine Stimmung entwickelt. Erst als die sich nicht beruhigte, haben Sie sich zum Handeln gezwungen gesehen. Man kann es so sagen oder auch anders, dass Ihnen zuerst die Minister den Rücktritt eingereicht haben, wie Sie es heute gesagt haben.

Ihre Europaministerin muss gehen, obwohl sie, wie sie sagt, nicht zum „Ballast“ der Regierung gehört.

Ihrem Justizminister wird heute eine neue Hausspitze gegeben, nämlich ein neuer Minister mit einem neuen Staatssekretär. Die Staatssekretärin musste auch den Platz räumen. Frau Ministerpräsidentin, Sie sagten, Sie wollen „neue Gesichter“.

Ja, wir hatten mit Herrn Hartloff unsere Problemthemen. Aber dass beispielsweise die Idee einer OLGFusion von ihm ist, wird wohl niemand behaupten. Er hat sie nur verteidigt. Trotzdem wollen Sie nach dreieinhalbjähriger Amtszeit des Ministers schon ein „neues Gesicht“.

Frau Dreyer, Sie sind selbst seit über zehn Jahren Mitglied in den Kabinetten, und Sie wollen ein neues Gesicht nach dreieinhalb Jahren.

(Beifall der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit Herrn Minister Professor Robbers setzen Sie nun einen Rechtsprofessor an die Spitze des Hauses. Sie nannten das ein „Signal an die Justiz“. Aber als Staatssekretär setzen Sie dem Minister gleich Herrn Dr. Kopf an die Seite. Er kommt aus der SGD. Die Justiz kennt er nicht. Er kennt dafür aber die Spitze der SPD gut.

Herr Hering hatte ihn kurz nach der Wahl 2006 in sein Ministerium geholt. Dort saß er als „Verstärkung“ im Kabinettsreferat – und das, obwohl Herr Hering das Haus erst einmal von der Zuständigkeit her verkleinert hatte. Wie kommt er jetzt wieder zur Regierung?

Er selbst sagte – ich zitiere –: „sein Fürsprecher sei ganz sicher Alexander Schweitzer gewesen.“

(Zurufe von der CDU)

Frau Ministerpräsidentin, hier drängt sich schon der Eindruck auf, als hätten Sie fürs Schaufenster einen geschätzten Rechtsprofessor gewählt, ihm aber gleich wieder einen „Aufpasser“ zur Seite gestellt.

(Beifall der CDU)

Ist das Ihr Angebot an die Justiz? Ist das die „Zäsur“, von der Sie gesprochen haben?

Frau Ministerpräsidentin, Sie sprechen von neuen Gesichtern, aber hintendran steckt altes Denken. Auch hier setzen Sie nicht nur das System Beck fort, sondern Sie perfektionieren es auch noch.

(Beifall der CDU)

Frau Dreyer, mit Ihrer Kabinettsumbildung haben Sie auch Ihre Fraktion vor den Kopf gestoßen. Vor einem Monat haben Sie von der SPD-Fraktion noch volle Rückendeckung für Ihre gegenteilige Linie verlangt. Rücktrittsforderungen gingen angeblich ins Leere. Heute verlangen Sie von der Fraktion, dass sie ihren Vorsitzenden abwählt. Wie sagte ein SPD-Fraktionsmitglied

dazu – ich zitiere –: „Ich bin vollkommen geplättet. Das muss ich erst mal verdauen.“