Ich nenne das Landesbibliothekszentrum mit der Direktorin Frau Gerlach, die heute auch hier ist. Das LBZ hat letzte Woche in Speyer sein 10-jähriges Bestehen gefeiert und hat dies ohne die üblichen, meist selbstzufriedenen Jubiläumskinkerlitzchen gemacht, sondern mit einem anstrengenden ganztägigen Workshop zur Weiterentwicklung einer zeitgemäßen Bibliotheksarbeit.
Es gibt viel subtilen Lobbyismus in der Politik. Ich bin ein ganz offenkundiger Lobbyist und mache auch keinen Hehl daraus. Ich will, dass wir die Bibliotheken stärken, dass es Treffpunkte für Menschen gibt, in denen sie ohne kommerzielle Zwänge Kulturelles genießen und bei guten Voraussetzungen gemeinsam lernen können. Professor Stang hat dazu in der Anhörung alles Notwenige gesagt, auch zur Bedeutung, die Bibliotheken für die Stadtentwicklung haben können.
Jetzt müssen wir es aber auch mit Leben erfüllen, unsere Kommunen ermutigen, Orte zu schaffen, an denen es Spaß macht, in ein Buch zu schauen, in Zeitschriften zu blättern, anderen zu begegnen, die ähnliche Interessen haben. Nein, das ist keine Utopie. Die Nutzerzahlen zeigen, dass man Menschen motivieren kann, sich nicht nur allein vor dem Fernsehschirm oder dem PC zu beschäftigen. Dafür muss man aber auch Räume schaffen, einladende Bibliotheken im Kern von Städten und Gemeinden.
Ich bin froh, dass ich als Beispiel nicht mehr Turku in Finnland nennen muss, sondern Sie einladen kann, die Stadtbibliothek in Koblenz zu besuchen. Der Stadt ist für ihren Mut zu danken. Es spricht vieles dafür, dass er langfristig Früchte trägt.
Bibliotheken der Zukunft müssen noch mehr als bisher mitten im Leben stehen. Neben der Bildungspartnerschaft mit Universitäten, Schulen und Kindergärten, die auch vielen Bildungspolitikerinnen und -politikern nicht ausreichend im Bewusstsein ist, müssen sie kultureller und kommunikativer Treffpunkt einer Gemeinde oder einer Stadt sein. Dazu sind alle Kooperationsmöglichkeiten auszuschöpfen.
Die Volkshochschulen sind zum Beispiel ein ganz wichtiger Partner. Die Kooperationsvereinbarung zwischen Volkhochschulverband und Bibliotheksverband ist Vorbild für andere Bundesländer geworden.
Ein positives Musterbeispiel weit über Rheinland-Pfalz hinaus bietet die Bibliothek in Trier, die maßgeblicher Teil des Bildungs- und Medienzentrums ist. Dafür danke ich ausdrücklich Rudolf Hahn, der jetzt gerade ein vorbildlich bestelltes Feld übergibt und in den verdienten Ruhestand geht.
Ich war gerade in den letzten Wochen in vielen Bibliotheken des Landes, weil wir die Bibliothekstage veranstaltet haben mit über 300 Aktionen vielfältigster Art in über 150 Bibliotheken. Da war ganz viel Engagement, ganz viel Bereitschaft, Neues und Ungewohntes auszuprobieren.
Ich komme zum Schluss, ohne viel zu den einzelnen Paragrafen des Gesetzes gesagt zu haben. Das werden meine ordentlichen Kolleginnen und Kollegen der anderen Parteien und die Frau Ministerin tun.
Mir geht es um die grundsätzliche politische Botschaft, die wir heute mit unserem einstimmigen Votum aussenden.
Ich weiß nicht, ob die Aussage des renommierten Bibliotheksjuristen Professor Steinhauer richtig ist, die er im Rahmen unserer Anhörung ausgesprochen hat: „Das rheinland-pfälzische Gesetz hat sehr großes Potenzial, das zurzeit beste Gesetz in Deutschland zu werden und durchaus Impulse zu setzen.“
Aber ich wünsche mir, dass wir mit diesem Gesetz einen Beitrag zur besseren Wertschätzung der Arbeit in unseren Bibliotheken leisten. Möge es uns und den Trägern bewusst sein, welch wichtige Arbeit für die demokratische Entwicklung unseres Gemeinwesens hier geleistet wird.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In der ersten Lesung hatten wir noch unter anderem die Frage aufgeworfen, ob es überhaupt nötig sei, ein Gesetz zu erlassen. In der von uns beantragten Anhörung und in vielen Gesprächen konnten wir die Überzeugung gewinnen, dass ein Gesetz durchaus sinnvoll ist, zuletzt beim 10-jährigen Jubiläum des LBZ bei der Abschlussveranstaltung in Speyer, Frau Dr. Gerlach.
Neben Argumenten wie der immer wieder angeführten gesellschaftlichen und politischen Aufwertung der Bibliotheken und all dem, was Herr Kollege Geis schon gesagt hat, überzeugen besonders – auf jeden Fall geht es mir so – die Ausführungen von Herrn Professor Steinhauer hinsichtlich der Notwendigkeit einer fachgesetzlichen Regelung und seine abschlägige Einschätzung der Novellierung des Landesmediengesetzes als Alternative zu diesem Gesetz, zumindest im Falle der Neuregelung des Pflichtexemplarrechts als eine der Hauptmaterien des Landesbibliotheksgesetzes; denn für das elektronische Pflichtexemplar gibt es bisher überhaupt keine Regelung.
Dabei gibt es immer mehr Veröffentlichungen, die bisher in Buchform erschienen sind, die mittlerweile nur noch in elektronischer Form da sind, und das ist eine Regelungslücke, die unbedingt geschlossen werden musste.
Darüber hinaus ist auch die positive Wirkung einer Zusammenfassung aller wesentlichen Aspekte des Bibliothekwesens in einem Gesetz und die damit verbundene Steigerung der Handlungsfähigkeit auf diesem Feld als positiv anzusehen. Selbst wenn das vorliegende Gesetz in erster Linie nur deklaratorischen oder appellatorischen Charakter hat, so ist es doch eine nicht zu unterschätzende Aufwertung für die Bibliotheken, ich denke, damit auch für die vielen professionellen, aber auch ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter; denn mehrere Tausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter engagieren sich zusätzlich zu den hauptamtlichen Kräften.
In den kleinen Bibliotheken – wir haben viele Gemeinden unter 2.000 oder 3.000 Einwohnern – ist das Ehrenamt sogar die vorherrschende Form für die Leitung der Bibliotheken. Dafür können wir den Ehrenamtlichen nur dankbar sein, ohne die das alles überhaupt nicht zu leisten wäre.
Die Anhörung ergab einige berechtigte Änderungswünsche, denen wir uns gerne angenommen haben. So sind wir dem Vorschlag der kommunalen Spitzenverbände, die Begrifflichkeiten körperliche und nicht körperliche Medien zu definieren, das LBZ, Filmwerke und Rundfunkbeiträge im Gesetz außen vor zu lassen, nachgekommen.
Sehr wichtig war auch der Veränderungsvorschlag in § 7 Abs. 2, mit dem der zu Recht von der Kirche angesprochenen, in Artikel 37 der Landesverfassung verankerten Gleichrangigkeit der kirchlichen Bibliotheken Rechnung getragen wird.
Im Gesetzentwurf hieß es ursprünglich, Bibliotheken in kirchlicher Trägerschaft können gefördert werden, wenn sie mit Zustimmung der zuständigen Gemeinde die bibliothekarische Versorgung vor Ort gewährleisten. – Diese Formulierung, die eine Abhängigkeit bzw. eine Nachrangigkeit ausdrückte, war verfassungsrechtlich nicht statthaft und musste geändert werden.
Aber eines – das muss man ehrlich sagen – im Zusammenhang mit diesem Bibliotheksgesetz liegt uns noch etwas im Magen. Wir haben während der Beratungen
mehrfach darauf hingewiesen, obwohl es nicht ein direkter Teil des Gesetzes ist, aber es treibt uns schon sehr um. Ich spreche von der Verwaltungsvorschrift, die ab dem 1. Januar 2015 in Kraft treten wird.
Ergebnis einer Kleinen Anfrage zu den Bibliotheken in Rheinland-Pfalz war, dass wir insgesamt 704 öffentliche Bibliotheken im Land haben, davon 330 kommunale und 372 kirchliche. Von den kirchlichen werden bis auf fünf alle ehrenamtlich geführt.
Wir hatten weiterhin gefragt, wie viele Bibliotheken unter vier Stunden pro Woche geöffnet haben. Bei den kommunalen waren es 117, bei den kirchlichen sind es sogar 275. Die Verwaltungsvorschrift schreibt aber für die Zukunft vor, dass man an mindestens zwei Tagen pro Woche mindestens sechs Stunden geöffnet haben muss. Es liegt also auf der Hand, dass damit eine große Zahl aus der Förderung herausfällt.
In der Anfrage wollten wir deshalb weiterhin wissen, wie viele Bibliotheken denn ab dem 1. Januar 2015 Förderungsverluste hinnehmen müssten. Hierzu wurde uns mitgeteilt, dass eine Bezifferung derzeit nicht möglich sei, da die Bibliotheken sich seit dem Erlass der neuen Verwaltungsvorschrift auf deren Erfüllung vorbereiten und jetzt noch nicht klar sei, wie viele das letztendlich schaffen.
Eine Ergänzungsanfrage, wie viele Bibliotheken in den letzten Jahren hilfsweise praktisch Fördermittel eingebüßt hätten, wenn die Verwaltungsvorschrift bereits Geltung gehabt hätte, brachte ebenfalls keinen Aufschluss.
Das bedeutet, wir alle haben von den möglichen Auswirkungen der neuen Verwaltungsvorschrift auf die ehrenamtlich geführten Bibliotheken selbst unmittelbar – es sind noch sieben Wochen – vor ihrem Inkrafttreten noch keine Vorstellung. Wir sind mit dieser Sorge nicht allein. Das hat auch die Anhörung ergeben. Das Katholische Büro hat die Befürchtung geäußert, dass in den kommenden Jahren wohl keine Förderung kirchlicher öffentlicher Bibliotheken in Rheinland-Pfalz mehr stattfinde, dass das auch auf die meisten ehrenamtlich geführten kommunalen Bibliotheken – das sind insgesamt 80 % dieses Bibliothektyps im Land – zutreffen würde.
Nun muss man sagen, wir wissen alle, dass es da bisher nicht um hohe Förderungssummen ging und einiges durch Projekte wie den Lesesommer oder die Ergänzungsbücherei aufgefangen werden kann.
Zu Recht wird nämlich die überaus wichtige Funktion der ehrenamtlich geführten, in der Mehrzahl kirchlichen Bibliotheken gerade im ländlichen Raum immer wieder betont, die dort oft allein die bibliothekarische Grundversorgung übernehmen, und andererseits verlangt man ihnen, um auch zukünftig in den Genuss der Förderung zu kommen, jetzt vieles ab, was wohl nicht alle leisten können, wie die Mindestöffnungszeiten oder die Einrichtung eines IT-Arbeitsplatzes, was mit nicht unerheblichen Kosten verbunden ist.
Somit hat man, was gut ist, eine Niveausteigerung gewollt, könnte aber bei einigen das Gegenteil erreichen. Es ist unsere Sorge, dass sich hier vielleicht die Schere noch mehr öffnet, diese Bibliotheken, die keine Förderung mehr bekommen, noch mehr an Boden verlieren gegenüber denen, die die Förderung weiterhin bekommen. Wir wissen es wohl alle nicht genau. Deshalb ist es wichtig, die Auswirkungen genau zu beobachten.
Deswegen fordert die CDU-Fraktion die Landesregierung auf, im Sinne der vielen betroffenen Bibliotheken bereits nach einem Jahr zu schauen, wie sich das Ganze entwickelt hat, dies zu evaluieren und bei Bedarf nachzusteuern.
Aber diese Bedenken gelten der Verwaltungsvorschrift und nicht dem Gesetz, welches wirklich das Bibliothekswesen in Rheinland-Pfalz nach vorn bringt, wie wir es alle wollen.
Wir sind froh, nachdem unseren Änderungswünschen Rechnung getragen worden ist, dass es zu einem gemeinsamen Antrag gekommen ist, und stimmen dem Landesbibliotheksgesetz sehr gerne zu.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Dass wir heute fraktionsübergreifend ein Bibliotheksgesetz für Rheinland-Pfalz beschließen, ist ein wichtiger Schritt für die Stärkung der Bibliothekslandschaft in RheinlandPfalz. Vielen Dank an die beiden Kollegen, die dies im Vorfeld zu meiner Rede bereits geäußert haben; denn wir haben hier einen wichtigen Baustein nicht nur für die Bildung, sondern auch für die Kulturlandschaft in Rheinland-Pfalz.
Das betrifft keineswegs nur die ländlichen Regionen, auch wenn dort die Bibliotheken, insbesondere die vielen ehrenamtlich geführtenn von ganz besonderer Bedeutung sind.
Auch in den Städten werden wir die Bibliotheken zunehmend als Anlaufstellen für viele Menschen werten, die dort hinkommen und das niedrigschwellige Angebot annehmen, um sich dort beispielsweise auch mit Zeitungen befassen zu können und nicht nur Bücher auszuleihen, sondern es vielleicht dort schaffen können, die digitale Spaltung unserer Gesellschaft zu überwinden; denn nicht jeder und nicht jede hat zu Hause einen PC, nicht jeder und nicht jede kann zu Hause auf eine Privatbibliothek zurückgreifen.