Protokoll der Sitzung vom 18.12.2014

Wir wollen den Frauen und Müttern Mut machen, sich für Kinder zu entscheiden. Wir wollen sie gut versorgt von Hebammen und Geburtshelfern wissen, und zwar gerade in dieser sensiblen Zeit. Wir, die SPD-Fraktion, wollen auch zukünftig der Frau die freie Wahl des Geburtsortes nach SGB V sichern.

Meine Damen und Herren, die Debatte im letzten Jahr hat gezeigt, uns fehlt die nötige Datenlage, um zu wissen, wie viele freiberufliche Hebammen in RheinlandPfalz oder Deutschland arbeiten. Auch Frau Spiegel hat darauf dankenswerterweise hingewiesen. Auch fehlen uns ein Qualitätsvergleich außerklinischer und klinischer Geburten sowie belastbare Zahlen über mögliche gesundheitliche Schäden oder deren Ausmaß.

Das Dilemma der Hebammen ist die Frage, wie die Rechtslage aussieht. Das betrifft die Hintergründe zu

den gestiegenen Haftpflichtprämien bei den Hebammen.

Meine Damen und Herren, die Krankenkassen sind verpflichtet, zum Schutz der Solidargemeinschaft dem Verursacherprinzip zu folgen und den Versicherer heranzuziehen. Das ist eine Rechtslage mit einer Verjährungsfrist von 30 Jahren. Das ist das Problem, das zu den enormen Haftpflichtsteigerungen in der Geburtshilfe geführt hat. Kinder mit Behinderungen leben glücklicherweise länger. Allerdings ist es unsere Aufgabe, Eltern einen Zugang zu einer Versorgung und bei Rechtsansprüchen zukommen zu lassen.

Meine Damen und Herren, in der Aktuellen Stunde – Frau Wieland, Sie haben es erwähnt – am 14. Mai haben wir, die SPD-Fraktion, das in die Aktuelle Stunde eingebracht und eine ähnliche Debatte geführt.

Verehrte Frau Kollegin Wieland, anstatt Ihres Alternativantrages werbe ich herzlich dafür, folgen Sie unserem aus meiner Sicht weitreicherendem Antrag zur Besserstellung der Hebammen. Ich finde es konsequent, heute gemeinsam mit unserem Koalitionspartner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Jahresabschluss einen Antrag in den Landtag einzubringen.

Liebe Frau Kollegin Spiegel, wir wünschen Ihnen für Sie persönlich eine gute kommende Zeit, eine Familienphase. Es möge Ihnen wohl ergehen. Unsere guten Wünsche begleiten Sie.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin BätzingLichtenthäler.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wir brauchen unsere Hebammen. Das ist nicht nur das Motto des Bundesverbandes der Hebammen, sondern das ist auch die Überzeugung der Landesregierung, liebe Kolleginnen und Kollegen. So nimmt die rheinland-pfälzische Landesregierung die Anliegen der Hebammen und insbesondere die Problematik der steigenden Prämien für die Berufshaftpflichtversicherung sehr ernst und ist bereits seit Jahren auf diesem Feld tätig, schon lange bevor die Haftpflichtproblematik Gegenstand von Medienberichten geworden ist.

Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie setzt sich seit vielen Jahren für die Hebammen in Rheinland-Pfalz ein. Wir stehen in regelmäßigem Austausch mit dem Landesverband.

Hebammen leisten Frauen während der Schwangerschaft, der Geburt und des Wochenbetts wertvolle Hilfe. Sie klären auf und beraten in Fragen der Familienpla

nung, Schwangerschaft und Geburt sowie der Pflege während des Wochenbetts und von Neugeborenen. Von der Beratung auch erfasst sind soziale und psychische Probleme der Frauen und Mütter.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind der festen Überzeugung, dass die Vergütung der Hebammen so gestaltet sein muss, dass freiberuflich tätige Hebammen ihren anspruchsvollen und wichtigen Beruf so ausüben können, dass sie von den Honoraren auch noch gut und angemessen leben können. Eine Lösung dieses Konflikts bietet allerdings nur die Bundesebene; denn zum einen werden die Vergütungsverhandlungen zwischen den Verbänden der Hebammen und dem GKVSpitzenverband auf Bundesebene geführt – das Sozialgesetzbuch ist eben Bundesrecht –, und zum anderen ist, wenn es Kritik am Verhalten der Versicherungsunternehmen gibt, im Zweifelsfall die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht gefordert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dem beharrlichen Verhandeln von Rheinland-Pfalz ist es zu verdanken, dass im Koalitionsvertrag auf Bundesebene eine Absichtserklärung zur Unterstützung der Geburts- hilfe – – –

(Unruhe im Hause)

Entschuldigung, Frau Ministerin. Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Geräuschpegel hier wandert immer höher. Bedenken Sie doch bitte alle, dass vielleicht die Hebamme, die dabei war, als Sie zur Welt kamen, bei dieser Debatte zuhören möchte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Wir brauchen Hebammen. Wie gesagt, dem beharrlichen Verhandeln von Rheinland-Pfalz ist es zu verdanken, dass im Koalitionsvertrag auf Bundesebene eine Absichtserklärung zur Unterstützung der Geburtshilfe und der Hebammen aufgenommen wurde. Dort heißt es – ich darf daraus zitieren –: „Die Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung mit Geburtshilfe ist uns wichtig. Wir werden daher die Situation der Geburtshilfe und der Hebammen beobachten und für eine angemessene Vergütung sorgen.“ So weit der Koalitionsvertrag aus Berlin.

Von daher begrüßen wir es, dass das Bundesgesundheitsministerium nach langem Zögern zwischenzeitlich aktiv geworden ist. Wir erkennen dies auch an. So wurde ein Gutachten bei IGES in Auftrag gegeben, eine interministerielle Arbeitsgruppe in Berlin eingerichtet und das Thema auch in Gesetzesnovellen aufgegriffen.

Aber, liebe Kollegin Wieland, mit Verlaub, das IGESGutachten beruht auf einer Befragung von gerade einmal 3.000 Hebammen.

(Frau Anklam-Trapp, SPD: Ah, 3.000 Frauen!)

Da ist sicherlich noch etwas Nachbearbeitung und Vertiefung erforderlich. Somit ist die Forderung im Antrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN meines Erachtens absolut gerechtfertigt.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Erfreulich ist, dass die Ergebnisse der diesjährigen Vergütungsverhandlungen der Hebammenverbände mit den gesetzlichen Krankenkassen auf Bundesebene positiv verlaufen sind. Insgesamt stellt die gesetzliche Krankenversicherung 2,6 Millionen Euro für den Haftpflichtausgleich der Hebammen mit Geburtshilfe zur Verfügung. Die jetzt vereinbarten Haftpflichtzulagen sollen ab Mitte des Jahres 2015 durch den schon gehörten hebammenindividuellen Sicherstellungszuschlag abgelöst werden. Die Details für diesen Sicherstellungszuschlag werden ab Mitte des Jahres bekannt und auch entsprechend verhandelt.

Kolleginnen und Kollegen, in dem im Dezember im Bundeskabinett beschlossenen Entwurf des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes, ist eine Regelung enthalten, wonach die Regressforderungen der Kranken- und Pflegekassen gegenüber freiberuflichen Hebammen ausgeschlossen werden. Im Gegensatz zu ihren angestellten Kolleginnen in den Kliniken kann damit ein Ersatzanspruch der Kasse nur bei Behandlungsfehlern freiberuflicher Hebammen geltend gemacht werden, wenn der Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht wurde. Das soll dazu beitragen, die Haftpflichtprämien zu stabilisieren und den Versicherungsmarkt zu beleben.

Kolleginnen und Kollegen, ich gebe zu, 100 % überzeugt sind wir in der Landesregierung von der Weisheit einer Regelung im Sinne von Regressverzicht der Kranken- und Pflegeversicherungen nicht, da einerseits eine Begrenzung auf eine bestimmte Berufsgruppe nur schwer vorstellbar ist und weil auch Bedenken dahin gehend bestehen, dass die Versichertengemeinschaft dabei zugunsten der Versicherungswirtschaft für die Behandlungskosten bei Geburtsschäden aufkommen muss.

(Beifall des Abg. Dr. Konrad, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dennoch werten wir die Aktivitäten des Bundesgesundheitsministeriums als einen ersten Schritt in die richtige Richtung. Dem Kernproblem der steigenden Versicherungsprämien bei den Hebammen, die Geburtshilfe anbieten, muss aber mit viel nachhaltigeren Lösungsansätzen begegnet werden. Ich glaube nicht, dass die vorgesehenen gesetzgeberischen Maßnahmen an dieser Stelle ausreichen werden. Daher wird die Landesregierung nicht nachlassen und sich im Sinne des Entschließungsantrages von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN weiterhin auf Bundesebene engagieren. Wir werden hier weiterhin präsent sein und alles in unserer Macht Stehende tun, damit die Hebammen so schnell wie möglich wieder Vertrauen in ihre berufliche Zukunft fassen können.

Kolleginnen und Kollegen, diese Zukunftsperspektive ist wichtig, da wir nach wie vor einen großen Andrang auf die Ausbildungsplätze und das Studium der Geburtshilfe

verzeichnen können. Ebenso sind die Zahlen der Hebammen und Entbindungspfleger seit Jahren ansteigend.

Kolleginnen und Kollegen, Hebamme ist und bleibt nach wie vor für viele junge Frauen ein attraktiver Beruf. Es ist mir ein Herzensanliegen als Mutter, aber auch als Sozialministerin, dass Hebammen ihre wichtige Arbeit auch in Zukunft mit guten Rahmenbedingungen ausüben können. Sie leisten einen unschätzbaren Beitrag für Schwangere, Mütter und junge Familien. Wir brauchen unsere Hebammen.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Dann kommen wir zur Abstimmung. Wir stimmen zunächst über den Antrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/4366 – ab. Wer diesem Antrag zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Antrag mit den Stimmen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU angenommen.

Dann stimmen wir über den Alternativantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/4402 – ab. Wer stimmt dem zu? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Antrag der CDU – Drucksache 16/4402 – mit den Stimmen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.

Wir kommen zu Punkt 25 der Tagesordnung:

Bericht über den Stand und die mögliche Weiterentwicklung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in Rheinland-Pfalz (Berichtszeitraum: Januar 2012 bis Dezember 2013) Besprechung des Berichts der Landesregierung (Drucksache 16/4218) auf Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/4300 –

Es wurde eine Redezeit von 5 Minuten pro Fraktion vereinbart. Das Wort hat die Ministerpräsidentin.

Liebe Frau Präsidentin, meine sehr verehrten lieben Kollegen und Kolleginnen! Ich mache es jetzt sehr kurz. Der 9. Bericht der Landesregierung über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit liegt Ihnen vor. Er ist sehr umfangreich ausgefallen. Mein Dank gilt an dieser Stelle den vielen Akteuren, die in unseren Grenzregionen aktiv sind und unsere Grenzregionen auch entsprechend mitgestalten.

Zum Oberrhein möchte ich sagen, dass seit vielen Jahren ein Themenschwerpunkt – auch aus der letzten

deutschen Präsidentschaft 2012 –

(Unruhe im Hause – Zurufe von der SPD: Pst!)

das Thema der Umsetzung einer gemeinsamen Klimaschutzstrategie ist. Ein zweites großes Thema ist die Sprache, die eine Schlüsselkompetenz der Menschen ist, die in den Grenzregionen leben. Gelebte Mehrsprachigkeit ist Voraussetzung für einen interkulturellen Dialog und kulturelle Vielfalt. Deshalb darf man hier erwähnen, dass die Verabschiedung der Charta zur Förderung der Mehrsprachigkeit der Oberrheinkonferenz vom Juni 2013 sicher eine der wichtigen Maßnahmen war. Im Übrigen geht es auch immer um das Thema kohärente Raumentwicklung. Das bezieht sich auf ganz viele Bereiche der Zusammenarbeit in der Region. Der wichtigste Punkt aus meiner Sicht ist, dass es gelungen ist, im Herbst 2013 eine Rahmenvereinbarung über die grenzüberschreitende Berufsbildung am Oberrhein abzuschließen, die dann auch das Vorbild für die Großregion war.

Dazu nur wenige Sätze. Es ist zum ersten Mal gelungen, dass wir an unserer Grenze Jugendlichen aus Deutschland und Frankreich ermöglichen, eine duale Berufsausbildung zu machen und einen Teil ihrer Ausbildung in einem Land zu machen und die Berufsschule im Partnerland zu besuchen. Dann können sie in dem Land die Abschlussprüfung machen, in dem sie die theoretische Ausbildung gemacht haben. Ich glaube, das ist einer der wichtigsten Punkte, der in der letzten Zeit oder in den letzten Monaten und Jahren am Oberrhein überhaupt angegangen wurde.

(Schweitzer, SPD: Richtig!)

Es gibt jungen Menschen einfach neue Chancen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Natürlich will ich noch den Dreiländerkongress erwähnen. Es war der 13. Kongress, das hat schon eine Tradition und hat in Landau stattgefunden. Er bildete den offiziellen Abschluss der trinationalen Bürgerforen, die in den Jahren 2010 und 2011 über 500 Bürgerinnen und Bürger zusammengebracht haben, um sich aktiv zu beteiligen.