Protokoll der Sitzung vom 18.12.2014

Das sind die richtigen Diskussionen, die wir führen müssen. Wenn wir aber grundsätzlich wirklich auf diesem Feld, mit dem ich mich seit zehn Jahren sehr intensiv beschäftige, ansetzen wollen, dann habe ich an dieser Stelle einige Vorschläge.

Ich würde sagen, dann müssen wir auf Bundesebene schauen, dass wir ein nachhaltiges Versorgungskonzept vorlegen, das die ganzheitliche Betrachtung des Menschen und seiner Umwelt in den Mittelpunkt des Handelns stellt, aber nicht das Jonglieren mit den Abrechnungsziffern und wie der Mensch versichert sei. Das sind natürlich Dinge, die Ärzte verschrecken und Menschen von diesem Beruf abhalten.

Meine Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle unserer Ministerin Irene Alt ganz herzlich für das MEDEUS-Programm für Flüchtlinge, Asylbewerberinnen und Asylbewerber danken.

Ich möchte aber die Aufmerksamkeit auch dahin lenken, dass der medizinische Beruf nicht nur weiblich, sondern auch interkulturell wird. Das ist ganz wichtig.

Das heißt, dass wir auch die psychologische Gesundheit – das würde ich mir wünschen – in den nächsten Jahren fokussiert in die Auseinandersetzung und in diese Debatte hineinbringen.

Nicht nur das, sondern wenn wir von der medizinischen Versorgung reden, gehört in unserer Gesellschaft die medizinische Versorgung von obdachlosen Menschen dazu,

(Zuruf von der SPD: Ja!)

aber auch die Traumabehandlung,

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Ja!)

wozu ich letzte Woche in Berlin war und einen Besuch machen durfte; denn auch wenn Krieg, Folter, Vergewaltigungen und Vertreibungen woanders stattfinden, sind die Traumata noch in den Köpfen vorhanden, vor allem bei den Kindern.

Meine Damen und Herren, ich möchte die Gelegenheit nutzen, allen, die in diesem Beruf unterwegs sind und mit voller Tatkraft arbeiten und etwas leisten, ganz herzlich zu danken.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die Landesregierung hat nun die Ministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler das Wort.

Herzlichen Dank. Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Landesregierung engagiert sich gemeinsam und wirklich schon seit vielen Jahren in enger Abstimmung mit den Partnern des Gesundheitswesens in Rheinland-Pfalz auf dem Feld der medizinischen und pflegerischen Versorgung.

Auch wenn primär die Selbstverwaltung für die ambulante ärztliche Versorgung am Zug ist, so war und ist sich die Landesregierung ihrer Verantwortung dafür stets bewusst und hat gemeinsam mit den Partnern frühzeitig einen Katalog von Maßnahmen zur Stärkung der ärztlichen Versorgung, die auf Landesebene umgesetzt werden können, erarbeitet.

Dieser Masterplan wurde bereits weiterentwickelt. Wir werden ihn auch weiterhin überprüfen und, wenn erforderlich, anpassen. Er ist aufgrund der Zuständigkeit eng mit der Kassenärztlichen Vereinigung abgestimmt.

Ein Großteil der rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für die ärztliche Versorgung wird natürlich auch von der Bundesebene vorgegeben. Insofern ist es richtig, wenn der Antrag der Fraktion der CDU das Handeln des Bundes betont.

Wenn nun aber die Landesregierung aufgefordert wird, die Pläne der Koalitionsvereinbarung zu unterstützen, dann hat dies – erlauben Sie mir, dies zu sagen – eine gewisse Ironie; denn die rheinland-pfälzische Landesregierung hat doch den Koalitionsvertrag mit verhandelt und sich für weitere, darüber hinaus gehende Verbesserungen im Bereich der hausärztlichen Versorgung eingesetzt.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Gerade weil die Rahmenbedingungen auf Bundesebene so wichtig sind, ist es doch schade, dass wertvolle Zeit während der Amtszeit der schwarz-gelben Bundesregierung verloren gegangen ist.

(Schweitzer, SPD: Das ist wahr!)

Wenn der CDU-Antrag also hier mit einem Finger auf die Landesregierung zeigt, dann zeigen an dieser Stelle drei Finger auf die CDU selbst zurück.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es stimmt auch, das Versorgungsstrukturgesetz von 2011 enthielt zweifellos wichtige Maßnahmen, die im Übrigen auf Initiative der ALänder bereits bei der Gesundheitsministerkonferenz 2010 von den Ländern gefordert wurden und die Rheinland-Pfalz in die Bund-Länder-Kommission zur Sicherung der ärztlichen Versorgung eingebracht hat.

(Zuruf der Abg. Frau Anklam-Trapp, SPD)

Das Gesetz war aber – wie Rheinland-Pfalz bei den Beratungen im Bundesrat auch deutlich ausgeführt hat – insgesamt nicht ausreichend. Der nun vorliegende Entwurf eines GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes greift zum Teil das auf, was auch wieder Rheinland-Pfalz und die A-Länder bereits 2011 im Bundesrat gefordert hatten.

So hatten wir schon damals vorgeschlagen, den Strukturfonds für Fördermaßnahmen der Kassenärztlichen Vereinigung zur Sicherung der ärztlichen Versorgung eben nicht nur in bereits unterversorgten Gebieten vorzusehen, sondern ihn präventiv einzusetzen.

Gemeinsam mit anderen Ländern wurde bereits damals gefordert, die Vergütung von delegierten Leistungen flächendeckend zu ermöglichen und rein hausärztliche Versorgungszentren zumindest in schlechter versorgten Gebieten einzurichten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, all das findet sich nun im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung und im Gesetzentwurf wieder. Im Jahr 2011 wurden die Vorschläge allerdings noch von der schwarz-gelben Bundesregierung vehement zurückgewiesen, und mehr noch, nicht nur zurückgewiesen, sondern die Bedingungen für medizinische Versorgungszentren wurden sogar erschwert und die Vergütungsmöglichkeiten der Hausärzte in der hausarztzentrierten Versorgung beschränkt. Das wurde dann allerdings von der neuen Regierung wieder zurückgefahren.

(Schweitzer, SPD: Zum Glück!)

Sehr geehrte Damen und Herren, die Landesregierung hat schon vor vielen Jahren betont, dass wir vor Herausforderungen im Bereich der hausärztlichen Versorgung stehen, insbesondere aufgrund des Lebensalters der praktizierenden Hausärzte, wonach in der Tat mehr als 30 % der Hausärzte 60 Jahre oder älter sind.

Wir haben richtige und wichtige Maßnahmen ergriffen. Mit dem Zukunftsprogramm „Gesundheit und Pflege –

2020“ geht die Landesregierung weitere Schritte zur Stärkung der hausärztlichen Versorgung und zur Neugestaltung der Versorgung im ländlichen Raum.

Dies entspricht auch den Empfehlungen des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen. Der Rat hebt nämlich in seinem neuen Gutachten die Bedeutung lokaler Gesundheitszentren für die Sicherung der Versorgung insbesondere im ländlichen Raum hervor.

Beispielhaft erwähnt das Gutachten das Gesundheitszentrum am Krankenhaus in Meisenheim, welches Teil des Zukunftsprogramms „Gesundheit und Pflege – 2020“ ist.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Der Sachverständigenrat unterstützt auch die stärkere Delegation ärztlicher Leistungen. Rheinland-Pfalz ist mit der Förderung der Fortbildung der medizinischen Fachangestellten zu VERAHs, also zu Versorgungsassistentinnen in der Hausarztpraxis, in diesem Bereich schon lange auf dem richtigen Weg, und zwar so richtig, Kolleginnen und Kollegen, dass der Bund das nun mit den nicht ärztlichen Praxisassistentinnen kopiert.

Auch eine finanzielle Förderung der Studierenden im PJ Allgemeinmedizin, wie sie durch uns bereits erfolgt, wird vom Sachverständigenrat als generelle bundesweite Regelung gefordert.

(Dr. Enders, CDU: Vier Monate!)

Abschließend noch einige Anmerkungen zu konkreten Forderungen im Antrag der CDU.

Erstens: Der Lehrstuhl für Allgemeinmedizin kommt. Die Ausschreibung der Professur ist erfolgt, und derzeit wird das Auswahl- und Berufungsverfahren durchgeführt.

Zweitens: Stipendienprogramme hat die Landesregierung mit den Masterplanpartnern bereits vor vielen Jahren diskutiert. Als zielführender haben die aber andere Fördermaßnahmen angesehen.

Drittens: Mit der Förderung der ärztlichen Versorgung in ländlichen Regionen sind wir auf einem guten Weg. Wir verteilen das Geld aber nicht mit der Gießkanne, sondern wir fokussieren es auf Regionen mit besonderem Nachbesetzungsbedarf. Diese Kriterien sind mit den Masterplanpartnern abgestimmt. Flexibilität bei der Ausgestaltung haben wir zuletzt auch durch die Ausweitung des Programms auf Facharztgruppen der Grundversorgung bewiesen.

Viertens: Das Zukunftsprogramm „Gesundheit und Pflege – 2020“ trägt, anders als im Antrag der CDU unterstellt, sehr wohl den kommunalen Handlungsmöglichkeiten Rechnung. Mit der Durchführung von lokalen Zukunftswerkstätten wird die Landesregierung zehn Verbandsgemeinden oder verbandsfreie Gemeinden darin unterstützen, gemeinsam mit den lokalen Akteuren im Gesundheitswesen und unter Mitwirkung der KV Maßnahmen zur Sicherung der ärztlichen Grundversorgung

zu entwickeln, ganz individuell auf die einzelne Verbandsgemeinde zugeschnitten.

Fünftens und letzter Punkt zu diesem Antrag: Entgegen Ihrer Forderung hat die Landesregierung die Bedeutung der Telemedizin schon seit Langem erkannt. Wesentliche Projekte im Landesprogramm „Gesundheit und Pflege – 2020“ befassen sich mit Themen der Telematik und Telemedizin. Nur um die Potenziale der Telemedizin heben zu können, ist gerade auch auf Bundesebene deutlich mehr Engagement und vor allen Dingen deutlich mehr Mut erforderlich; denn es gilt, sich den Chancen und Risiken der umfassenden Digitalisierung und des technologischen Fortschritts im Bereich der Datenverarbeitung, des Datentransfers und der Datensicherung zu stellen. Mit der Behauptung im Antrag der CDU, der Bund habe seine Hausaufgaben gemacht, macht sie es sich entschieden zu leicht. Da ist noch einiges zu tun.

Der Alternativantrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN weist dagegen auf tatsächlich weitere wichtige Handlungsfelder hin. Das gilt auch für die Notwendigkeit, die bedarfsgerechte psychotherapeutische Versorgung sicherzustellen, und für den Hinweis auf die Prävention, die gerade angesichts der Demografie an Bedeutung gewinnt. Meine Damen und Herren, hier sehe ich im Zukunftsprogramm „Gesundheit und Pflege – 2020“ wichtige Ansätze.

Wenn im nächsten Jahr das Präventionsgesetz kommt, werden wir die Umsetzung auf Landesebene gemeinsam mit unseren Partnerinnen und Partnern zügig vorantreiben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Antrag der CDU-Fraktion führt uns leider bezüglich der flächendeckenden ärztlichen Versorgung nicht weiter. Daher begrüßen wir sehr den Alternativantrag der regierungstragenden Fraktionen.

Kolleginnen und Kollegen, erlauben Sie mir abschließend noch im Namen der Landesregierung ein Wort des Dankes an Friederike Ebli, die heute ihre letzte Rede gehalten hat. Liebe Friederike, wir möchten dir ganz herzlich danken für deine langjährige Tätigkeit vor allen Dingen im Sozialpolitischen Ausschuss. Du bist Sozialpolitikerin mit Leib und Seele. Wir danken dir für dein Engagement und deine Tatkraft. Alles Gute für dich.