Protokoll der Sitzung vom 14.09.2011

Im Übrigen empfehle ich allen Kritikerinnen und Kritikern, einen Blick in die Statistiken der Konjunkturzyklen zu werfen. Dort ist erkennbar, dass ein Reallohnrückgang über die gesamte Zeitachse nicht zu verzeichnen ist. Es bleibt die berechtigte Hoffnung, dass eine solche Situation auch in den nächsten fünf Jahren eintreten wird. In der Zeit von 1988 bis 2011 ist nämlich die Entwicklung der Inflationsrate und die Entwicklung der Besoldung trotz zweier Nullrunden und trotz zweier Jahre mit einer Gehaltserhöhung um überwiegend nur 0,5 % in den meisten Gehaltsgruppen so verlaufen, dass beide Zahlen nahezu deckungsgleich sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte nicht die zusätzlichen flankierenden Maßnahmen verschweigen. Da ist zunächst die Neugestaltung des Familienzuschlags zu nennen. Ja, wir stehen dazu. Wir stehen dazu, dass Familien mit Kindern bessergestellt werden als Familien ohne Kinder. Das gehört zu unserem familienpolitischen Konzept.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wir unterstützen auch die Vorlage zur Verlängerung der Vorruhestandsregelung; denn auch das passt immer noch in die politische Welt.

Wir meinen auch, dass die Änderung des Beihilferechts im Vergleich zur übrigen Arbeitnehmerschaft gerechtfertigt ist.

(Glocke des Präsidenten)

Allerdings wollen wir Hinweisen der Gewerkschaften und Verbände sowie einzelner Betroffener nachgehen und uns die Auswirkungen der Härtefallregelung noch einmal genau betrachten.

Zum Schluss möchte ich die CDU einladen – das ist sozusagen ein Lackmustest, ob sie Verantwortung für diesen Staat mitträgt –,

(Glocke des Präsidenten)

mit uns gemeinsam ein vernünftiges Gesetz zu beschließen.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Kollege Steinbach das Wort.

(Unruhe im Hause)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Wort hat Herr Kollege Steinbach.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das, was wir heute von der CDU vorgetragen bekommen haben, war ein Stück weit zu erwarten gewesen. Minutiös wurden zum einen all die Positionen vorgetragen, die uns bereits die Verbände vorgetragen haben. Da fehlte es offensichtlich einmal mehr an eigenem kreativem Potenzial.

(Bracht, CDU: Was ist das für ein Blödsinn? – Frau Klöckner, CDU: Was ist das für ein Blödsinn? Das waren Fakten!)

Zum anderen wurde das Hohelied auf das deutsche Berufsbeamtentum in einer Art und Weise gesungen, dass wir meinen mussten, es wäre vom Untergang bedroht. Gleichzeitig ist aber die Frage, die vom Finanzminister vollkommen zu Recht gestellt worden ist, wie die CDU zu Konsolidierungsmaßnahmen im Personalbereich steht und welche Vorschläge sie dazu hat, unbeantwortet geblieben. Sie haben noch ein wenig Gelegenheit für eine Antwort. Wir können in den Ausschussberatungen die Details dazu besprechen. Wir nehmen die Vorschläge der CDU bzw. ihre Absage an die Konsolidierung dann gerne von dieser Stelle aus entgegen.

(Billen, CDU: Oh, gerne!)

Meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf ist mehr als nur die einfache Abbildung dessen, was die Beamtinnen und Beamten in dieser Legislaturperiode als Beitrag für den von dieser Koalition vereinbarten Konsolidierungskurs leisten sollen. Er ist ein zentraler Baustein für unsere politischen Vorhaben, und er bietet den Betroffenen Planungssicherheit und Verlässlichkeit.

Ich habe das in vielen Einzelgesprächen mit den Betroffenen erörtert. Ich habe das angeführt und werde das auch gerne im Landtag wiederholen: Wenn wir über eine Konsolidierung der Haushalte sprechen, heißt das auch, dass wir die Einhaltung der Zahlungsverpflichtungen in der Zukunft sichern wollen. – Die wesentlichste und größte Zahlungsverpflichtung, die dieses Land nun einmal hat und eingegangen ist, ist die Verpflichtung gegenüber den Beamtinnen und Beamten, ihre Bezüge zu bezahlen und ihre Pensionen zahlen zu können, meine Damen und Herren.

Es ist dem nicht ganz zeitgemäßen kameralen Haushaltsrechnungswesen zuzuschreiben, dass diese Verpflichtung nicht sauber bilanziell abgebildet wird. Umso mehr ist es dieser Landesregierung ein wichtiges Anliegen, dass die gerechtfertigten Ansprüche nicht unter den Tisch fallen, sondern wir sie auch in der Zukunft bedienen können.

Wenn wir heute und an dieser Stelle über die Belastungen für die beamteten Beschäftigten reden, tun wir das

auch in der Gewissheit, dass wir deren Ansprüche in der Zukunft sichern wollen, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Die Beamtinnen und Beamten sind nicht nur als ein Kostenfaktor zu betrachten, sondern sie sind eine wesentliche Stütze dabei, dass dieses Land seine Aufgaben erfüllen kann. Sie stellen ein unersetzliches Moment dar, damit dieses Land funktionieren kann. Sie sind aber gleichzeitig die größten Gläubiger des Landes.

Angesichts der brandaktuellen Debatte über die Grenze der finanziellen Leistungsfähigkeit von Staaten und über die Grenzen von Staatsverschuldung hat sich diese Landesregierung zum Ziel gesetzt, dass es für diese Gläubigergruppe keinen Haircut geben wird, sondern wir mit ihr in einem offenen und transparenten Gesetzgebungsverfahren einen angemessenen Beitrag erörtern wollen, meine Damen und Herren.

Wir wissen, dass wir den Beamtinnen und Beamten an dieser Stelle viel abverlangen, aber wir machen das mit offenem Visier und mit einem klaren Ziel. Wir wollen die Zahlungsfähigkeit dieses Landes erhalten, und wir wollen die Schuldenbremse einhalten. Dafür sind diese Maßnahmen erforderlich und keineswegs, so wie Sie das meinen, meine Damen und Herren, überflüssig oder irgendwie wegzudiskutieren.

Wir geben mit der Erhöhung um 1 % jährlich als zentralem Eckpfeiler eine verlässliche Perspektive und damit Planungssicherheit. Es ist so, wie der Herr Finanzminister das gesagt hat; denn wir stellen über lange Zeit hinweg einen Prozess dar, damit sich die Leute darauf einstellen können. Wir verzichten aber gleichzeitig ausdrücklich auf einen Kahlschlag und rein diskretionäre Maßnahmen. Wir verzichten auf die Anwendung der Rasenmähermethode.

Meine Damen und Herren, wenn Sie das Lied der gerechten Empörung singen, erklären Sie bitte auch, dass Ihre Regionalausgabe in Bayern Nullrunden zu verantworten hat. Dann erklären Sie bitte auch, dass Ihre Kolleginnen und Kollegen in Hessen für die „Operation düstere Zukunft“ verantwortlich sind. Lieber Herr Kollege Henter, wenn Sie hier so despektierlich über die Arbeitszeiterhöhungen reden, schauen Sie bitte nach Hessen. Dort arbeiten die Beamtinnen und Beamten 42 Stunden pro Woche. Das ist eine Maßnahme, auf die diese Landesregierung sehr bewusst verzichtet hat.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Dieser Gesetzentwurf ist ein Kompromiss zwischen dem einerseits Wünschbaren und dem andererseits haushaltstechnisch Machbaren; denn leider – ich gehe davon aus, diesen Vortrag muss ich an dieser Stelle nicht allzu weit ausdehnen – ist die wirtschaftliche Situation, die Haushaltssituation des Landes nach wie vor dramatisch. Sie hält nicht Schritt mit dem, was wir an wirtschaftlicher Entwicklung haben.

Wir gehen mit großer Offenheit in die Anhörung, und wir stellen uns in diesem Gesetzgebungsverfahren auch einer öffentlichen Debatte. Wir sind bereit, Anregungen und Hinweise, die uns von den Betroffenen gegeben werden, aufzunehmen. Natürlich werden wir auch versuchen – der Finanzminister hat dazu bereits einzelne Maßnahmen dargestellt –, übergroße Härten zu vermeiden.

Wir haben uns bewusst dafür entschieden, die Einbeziehung eines Sockelbetrages vorzunehmen, der eine Schlechterstellung für die unteren Besoldungsgruppen vermeidet. Wir verzögern bewusst die Besoldungsanpassungen für die höheren Besoldungsgruppen. Das alles hat für uns etwas mit sozialer Gerechtigkeit bei den einzelnen Maßnahmen zu tun, meine Damen und Herren.

Wir gehen davon aus, dass wir die Regelungen selbstverständlich auch auf die Ministerinnen und Minister, Staatssekretärinnen und Staatssekretäre übertragen werden. Herr Kollege Ramsauer hat zu Recht darauf hingewiesen, dass wir uns auch selbst als Abgeordnete in die Pflicht nehmen und uns keine bessere Stellung einräumen werden. Ich meine, darüber sollte in diesem Haus Einigkeit herrschen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Das Gesetz ist aber weit mehr als ein reiner Beitrag zum Konsolidierungspfad der Landesregierung. Dieses Gesetz führt auch zu einem Maß an zunehmender Gerechtigkeit und zu einem Abbau von Diskriminierung. Es erfüllt mich mit außerordentlichem Stolz und mit Zufriedenheit, dass wir als Koalitionspartner vereinbart haben, dass wir gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften in den Besoldungsvorschriften des Landes der Ehe gleichstellen, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hiermit setzen wir ein verfassungspolitisches Gebot um und leisten einen längst fälligen Beitrag dazu, die Gleichstellung von Schwulen und Lesben auch in einem Landesgesetz von Rheinland-Pfalz zu gewährleisten. Das ist ein guter und notwendiger Schritt in RheinlandPfalz.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Das Wort hat Herr Staatsminister Dr. Kühl.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Henter, so wird es schwer mit dem konstruktiven Dialog. Man muss schon ein bisschen bei

den Fakten und beim richtigen Zusammenrechnen von Zahlen bleiben.

Nun habe ich mir offensichtlich selbst einen Versprecher geleistet. Vielleicht war es auch ein Versprecher, als Sie gesagt haben, dass in den Jahren 2007 und 2008 Nullrunden in Rheinland-Pfalz gefahren wurden. Das war nicht so. Dann war es ein Versprecher.

(Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Wenn Sie eine Reihe von Maßnahmen auflisten, die angeblich dazu geführt haben, dass Rheinland-Pfalz etwas viel schlimmer macht als andere Länder, dann beantworten Sie mir die Frage, weshalb wir in den Eckwerttabellen auf dem zweiten, dritten, vierten und fünften Platz stehen. Wie kann das sein? Wenn Sie eine mathematische Lösung dafür haben, dann schlage ich Sie für den Nobelpreis vor.

(Pörksen, SPD: Die wird Frau Dickes morgen vortragen!)

Sie reden von einem ersten Dienstrechtsänderungsgesetz und vermuten dahinter, dass ein zweites, drittes, viertes und fünftes zur Haushaltskonsolidierung kommt. Herr Henter, ich habe es nachgeschlagen. Sie sind Jurist.

(Pörksen, SPD: Das glaube ich nicht!)

Sie wissen, dass es immer so durchdekliniert wird. Sie haben es wahrscheinlich als Parlamentarier schon einmal mitbekommen, dass die Gesetze auf diese Art und Weise durchnummeriert werden. Ich finde, eine etwas weniger billige, sondern eher sachorientierte Auseinandersetzung würde uns guttun. Die wichtige Frage für mich ist – diese habe ich mir die ganze Zeit gestellt; Herr Schreiner, Sie haben mich freundlicherweise vorgelassen, vielleicht auch, damit Sie mir, wenn Sie nach mir reden, die Frage beantworten können, die ich an die CDU stelle –, ob wir mit dem Gesetz zu viel oder zu wenig gespart haben. Das habe ich bis jetzt nicht kapiert. Machen wir zu viel oder zu wenig?