Protokoll der Sitzung vom 26.02.2015

veröffentlicht. Fazit: Wir mussten spätestens ab 2013 mit mindestens 2.000 fehlenden Erzieherinnen rechnen.

Frau Ministerin Alt, war Ihnen das wirklich nicht bekannt?

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

2012 haben wir hier über eine von der GEW veröffentlichte Umfrage gesprochen. Das war eine Umfrage unter den Erzieherinnen im Land, die das Ergebnis hatte, dass 75 % aller Kitas sagten, dass der Fachkräftemangel in ihrer Einrichtung eine große Rolle spielt. Die meisten Kitas gaben an, dass sie qualitative Abstriche im Angebot machen müssen, das heißt, es gibt weniger Exkursionen oder spezielle Förderprogramme müssen heruntergefahren werden, beispielsweise bei den Schulanfängern. Auch hierüber haben wir im Plenum gesprochen.

Daher brachte 2012 die CDU-Fraktion einen Antrag in den Landtag zur Linderung des Erzieherinnenmangels ein. Dazu fand eine Anhörung im Landtag statt.

Frau Ministerin Alt, haben Sie das alles verdrängt?

(Beifall bei der CDU)

Sie sagen gegenüber der Zeitung zu Recht, dass die Erzieherinnen unter einem enormen Stress und Überforderung leiden; denn Sie haben das Thema Personalgewinnung jahrelang vernachlässigt. Sie haben die falschen Schwerpunkte gesetzt. Ich will zwei Beispiele nennen.

In Rheinland-Pfalz wurden über viele Jahre hinweg die Fachschulkapazitäten heruntergefahren, obwohl wir schon ganz früh den Rechtsanspruch für Zweijährige hatten. Spätestens als der Krippengipfel stattgefunden hat, hätte man gegensteuern und die Fachschulkapazitäten erhöhen müssen. Bei uns ist das Gegenteil passiert.

(Beifall bei der CDU)

Hunderte interessierte junge Menschen, die gern den Beruf der Erzieherin, des Erziehers gelernt hätten, waren und sind abgewiesen worden.

Meine Damen und Herren, ein weiterer wichtiger Punkt ist folgender: Viele Erkenntnisse aus dem Gutachten von Herrn Professor Sell sind bis heute komplett ignoriert worden. So hat er beispielsweise vor der Gefahr gewarnt, dass akademisch ausgebildete Fachkräfte nur eine ganz kurze Verweildauer in den Kindertagesstätten haben. Strukturelle Änderungen, damit diese akademisch gebildeten Erzieherinnen und Erzieher langfristig, vielleicht sogar für immer in den Kindertagesstätten bleiben, sucht man bis heute vergebens, Frau Ministerin.

Aber die von Ihnen richtig beschriebene Verzweiflung der Erzieherinnen hat noch andere Ursachen als nur den Fachkräftemangel. Wir wissen, wir haben in den vergangenen Jahren mit sehr vielen Leitungen von Kindertagesstätten gesprochen. Die Rahmenbedingungen werden und wurden immer schwieriger. Der Ausbau der frühkindlichen Betreuung wurde von Ihnen bewusst auf

die großen, altersgemischten Gruppen gelegt und nicht auf die kleinen Krippengruppen.

Wir haben schon über den qualitativen Aspekt für die Kinder gesprochen. Ich will nur als Stichwort die Bertelsmann-Studie erwähnen. Von der Seite der Erzieherinnen stellt sich die Frage, was das für die Arbeitsbedingungen bedeutet. Wenn ich Gruppen mit einer extremen Altersspanne habe, wenn ich in einer Gruppe Kinder von einem bis zu sechs Jahren habe, dann ist natürlich klar, dass das schwer unter einen pädagogischen Hut zu bekommen ist.

(Beifall bei der CDU)

Ich nenne weitere Beispiele. Die Sprachfördermaßnahmen wurden im Haushalt gekürzt. Wir erwarten natürlich alle, dass weiter eine Sprachförderung stattfindet. Das Fortbildungsbudget für Erzieherinnen wurde von Ihnen im letzten Jahr ohne Vorwarnung gestoppt. Ich frage Sie: Ist das das Zeichen der Wertschätzung der Arbeit in den Kitas, das Sie einfordern? Mit Sicherheit nicht.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, das Land ist laut Sozialgesetzbuch für die Gruppengrößen zuständig. Eine Veränderung der Gruppengrößen aufgrund der Zunahme von Dokumentationspflichten, aber auch aufgrund der Zunahme der Herausforderungen hat nicht stattgefunden.

Frau Ministerin, Sie sagen dann allen Ernstes, Sie seien überrascht, dass die Erzieherinnen langsam ausgebrannt und frustriert sind. Das kann man nicht glauben.

(Beifall der Abg. Frau Klöckner, CDU)

Es ist vielmehr ein Zeichen von Hilflosigkeit, dass Sie nun die Frage der Qualität und der Personalausstattung an die Träger abschieben wollen; denn Sie, Frau Ministerin, geben die rechtlichen, finanziellen und organisatorischen Rahmenbedingungen vor. Das machen Sie als Landesregierung und nicht die Träger.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben eine Kostenaufteilung in den Kitas vorgenommen, mit der Sie nun vor Gericht stehen. Ich sage, die ganze Dramatik Ihres Versagens auch in diesem Politikfeld wird deutlich, wenn wir uns Ihre Lösungsansätze anschauen.

Frau Ministerin, Sie sprechen davon – ich zitiere –, Sie wollen nun Köche als Betreuungspersonal einstellen.

(Glocke des Präsidenten)

Sie befürworten die Reduzierung der Öffnungszeiten in den Kindertagesstätten. Das kann nicht der Ansatz sein, den wir hier im Land weiter verfolgen wollen.

(Beifall der CDU)

Ich erteile Frau Kollegin Brück das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Huth-Haage, das war eine Lehrstunde in puncto Schlechtreden guter Voraussetzungen in RheinlandPfalz.

(Bracht, CDU: Immer der gleiche langweilige Kram, hören Sie auf damit!)

Ihnen ist wirklich kein Thema zu schade. Sie haben irgendwie eine Vorliebe für bestimmte Vorsilben gewonnen, die mit „Fehl-‘‘, „Ver-‘‘ oder sonst wie anfangen. Das passt hier absolut überhaupt nicht.

(Zuruf des Abg. Billen, CDU)

Die Kita-Politik in Rheinland-Pfalz ist eine einzige Erfolgsgeschichte. (Zurufe der CDU)

Kita-Politik in Rheinland-Pfalz ist Ausdruck sozialer Gerechtigkeit.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unser Maßfaktor sind die vielen zufriedenen Familien und Kinder in Rheinland-Pfalz. Wenn Sie es nicht glauben, haben Sie vergessen, auf die Tribüne zu schauen. Es ist eine Gruppe hier, von wegen weniger Exkursionen.

(Frau Huth-Haage, CDU: Genau, das ist der Beweis!)

Besuch von Kindern der Kita heute ist ein Zeichen dafür, was man mit guter qualitativer Kita-Arbeit alles machen kann.

Ich sage ganz bewusst bei allen, was man besser machen kann, ja, man muss in vielen Punkten immer besser werden.

(Frau Klöckner, CDU: Jetzt werden die Kinder noch instrumentalisiert!)

Die CDU ist immer schnell dabei mit der Bewertung ihrer Themen, alles sei katastrophal. Das ist vollkommen falsch.

Liebe Frau Huth-Haage, fragt man die Erzieherinnen und Erzieher, wie sich Arbeitszufriedenheit misst, so bekommt man in ganz vielen Fällen zu hören – ich bin viel in Kindertagesstätten unterwegs –, dass das stark auch von dem Engagement der Kita-Träger abhängig ist. Das ist so, weil die Träger die Verantwortung und die Hoheit über die Kita und über das Personal haben. Gemeint sind zum Beispiel Arbeitsbedingungen in der Kita, die über den Personalschlüssel hinausgehen. Ferner sind Wertschätzung, Leitungsfreistellung, Fachberatung, Zusammenarbeit in Teams, Vertretungskräfte und vieles andere mehr zu nennen. Das nehmen die allermeisten Kita-Träger mit großer Verantwortung sehr gut wahr.

(Frau Huth-Haage, CDU: Darum geht es nicht, da fehlen die Rahmenbedingungen!)

Der Ausbau der Plätze für unter Dreijährige, den Sie eben irgendwie kritisiert haben, wenn ich Sie richtig verstanden habe – das verstehe ich überhaupt nicht –, sichert bei vielen Kitas im ländlichen Raum die Plätze des Personals.

(Zurufe der Abg. Frau Klöckner, Frau Huth-Haage und Dr. Weiland, CDU)

Das ist gar keine Frage. Für uns steht Qualität in der Kita ganz obenan. Das ist ein wichtiger Faktor für die Eltern.

Wenn ich sehe, dass wir mittlerweile eine Versorgungsquote von 43,8 % mit Plätzen für Kinder unter drei Jahren haben, und wenn ich weiß, dass die Inanspruchnahme der Kitas in Rheinland-Pfalz so hoch wie kaum irgendwo anders ist, dann zeigt das, dass unsere Kitas und Qualitätsstandards auf hohem Niveau sind.

Das bestätigen auch alle Studien, die sich damit beschäftigen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD – Dr. Weiland und Frau Klöckner, CDU: Thema verfehlt!)

Wenn Sie dann darauf abheben, dass die altersgemischten Gruppen eine schlechte Erfindung oder etwas Ähnliches seien,