Wenn wir Ihnen dabei helfen können, sind wir gern dabei. In diesen beiden Punkten stehen wir an Ihrer Seite
und auch, wenn es darum geht, die Ministerpräsidentin zu überzeugen, der Expertise ihres Innenministers zu folgen. Bei Ihrem Koalitionspartner ist der Versuch zwecklos. Hier haben die Bürgerinnen und Bürger, wenn es um ihre Sicherheit geht, ohnehin nichts zu erwarten.
Es muss auch – hier sind wir ebenfalls nicht mit dem Datenschutzbeauftragten konform – über die Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen neu nachgedacht werden. Nur so ist eine effektive Überwachung potenzieller Terroristen gewährleistet. Nur so können im Ernstfall Attentate verhindert werden. In diesem Rahmen müssen die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger mit dem Interesse der Allgemeinheit an dem Schutz unserer Bevölkerung abgewogen werden.
Es müssen aus verfassungsrechtlichen Gründen klare Grenzen aufgezeigt werden. Darüber hinaus muss aber auch eine effektive Ermittlungsarbeit der Sicherheitsbehörden gewährleistet werden; denn diejenigen, die unsere Freiheit bedrohen, dürfen nicht gegenüber dem staatlichen Sicherheitsapparat im Vorteil sein. Um die Bürgerrechte ausreichend zu schützen, muss unser Staat auf Augenhöhe sein, um für unseren Schutz gegen die eintreten zu können, die die freie Gesellschaft bekämpfen.
Es kann nicht sein, dass die Polizei mit Steinschleudern gegen einen oft technischen Goliath kämpfen muss, auch wenn es vielleicht im Fall von David einmal funktioniert hat.
Ich komme zu einem anderen Thema, nämlich NSA und Prism. Das nimmt berechtigterweise einen großen Raum im Datenschutzbericht ein. Aus Zeitgründen, und weil wir dies schon ausführlich separat diskutiert haben, kann ich jetzt nicht mehr näher darauf eingehen.
Ich möchte aber noch einmal auf die vom Datenschutzbeauftragten vorgeschlagene Ehrung für Herrn Snowden zurückkommen. Zwar hat Edward Snowden maßgeblich – daran ist nicht zu rütteln – dazu beigetragen, dass wir von den Abgründen, die sich bei der Tätigkeit der NSA aufgetan haben, Kenntnis erlangt haben, doch mussten wir uns strikt gegen die Absicht stellen, Herr Wagner, Snowden mit dem Wissenschaftspreis des Landes Rheinland-Pfalz auszuzeichnen.
Angesichts der Tatsache, dass seine Enthüllungen, so wichtig sie auch für uns waren, weitgehend auf strafbaren Handlungen, und zwar nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland beruhen, konnten wir eine solche Auszeichnung für Snowden nicht mittragen.
Bei Themen wie Vorratsdatenspeicherung und Videoüberwachung etc. befinden wir uns in einem Spannungs
feld zwischen Freiheit und Sicherheit. Der bayerische Justizminister Bausback hat gestern in einem Beitrag in der „F.A.Z.“ mit zwei Zitaten dieses Dilemma deutlich gemacht. Zum einen nannte er Benjamin Franklin, der sicherlich recht hatte, als er sagte: „Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren.“ – Zum anderen hatte aber auch Wilhelm von Humboldt recht, der erklärte: „Ohne Sicherheit vermag der Mensch weder seine Kräfte auszubilden noch die Frucht derselben zu genießen; denn ohne Sicherheit ist keine Freiheit.“ (Beifall der CDU)
Sie als Datenschutzbeauftragter möchten natürlich das größtmögliche Maß an informationeller Selbstbestimmung für die Bürgerinnen und Bürger durchsetzen. Das ist Ihr Job. Wir hingegen müssen auch das Recht der Bürgerinnen und Bürger auf Sicherheit beachten. Wir müssen das große Ganze im Auge behalten. Das ist unser Job. Die Herausforderung an die Politik ist die Abwägung dieser beiden grundlegenden Rechte des Menschen, deren Sicherstellung zu den Kernaufgaben des Staates gehört.
In dieser Abwägung sind wir an einigen Stellen bereit, der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger den Vorrang gegenüber datenschutzrechtlichen Regelungen einzuräumen, wenn es sich um notwendige und vertretbare Eingriffe handelt.
Da ich aus Zeitgründen in erster Linie die Dinge thematisieren musste, in denen wir aus guten Gründen anderer Meinung sind, könnte der Eindruck entstehen, dass wir ganz weit auseinanderliegen. Das ist natürlich nicht der Fall. Das würde auch der konstruktiven Zusammenarbeit der letzten Jahre nicht gerecht.
Meine Damen und Herren, ich sage dies auch, weil wir wissen, dass es zu einem Wechsel – das ist vorhin schon angedeutet worden – im Amt des Landesbeauftragten kommt. Daher möchten wir – ohne Sie bereits heute verabschieden zu wollen, Herr Wagner – Ihnen und Ihrem gesamten Team für die geleistete Arbeit und für den vorliegenden umfangreichen Bericht ganz herzlich danken. (Beifall im Hause)
Wir waren nicht immer in allem einer Meinung, aber es nötigt einem Respekt ab, wie Sie dieses Amt gelebt und welch großes Engagement Sie an den Tag gelegt haben. Vor dem Hintergrund der großen Bedeutung dieser immer komplexer und komplizierter werdenden Materie und der anstehenden riesigen Herausforderungen ist es von enormer Wichtigkeit, eine fachliche Lösung zu finden. Auf gut Deutsch, die Themen Datenschutz und Informationsfreiheit sind viel zu wichtig, um einen Versorgungsposten zu schaffen.
Daher hoffen wir jetzt schon auf eine kompetente und würdige Nachfolge für die Position des Landesbeauftragten.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende 24. Tätigkeitsbericht des Landesdatenschutzbeauftragten zeigt deutlich, wie vielfältig und wichtig die Aufgabe von Edgar Wagner und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist.
Zugleich müssen wir aber auch die vorliegenden über 160 Seiten als Mahnung verstehen. Hier unterstütze ich ausdrücklich Herrn Wagner und meinen Vorredner Herrn Pörksen, dass sich der Schutz unserer Daten in einer tiefen Krise befindet. Diese Krise gilt für den Berichtszeitraum 2012 bis 2013, sie wird aber mit jeder Enthüllung über die massenhafte Überwachung durch die Geheimdienste weiter verstärkt.
Auch die steigenden Zahlen, die Sie an Beratungsleistungen verzeichnen, die Ihre Behörde in Rheinland-Pfalz zu erbringen hat, zeigen, die Bürgerinnen und Bürger, aber auch die Unternehmerinnen und Unternehmer wenden sich an Ihre Behörde. Sie sind verunsichert, was den Datenschutz anbelangt. Das zeigt, dass wir dieses Thema noch viel ernster nehmen müssen.
Das muss insbesondere vor dem Hintergrund der großen Bedeutung des Datenschutzes in Rheinland-Pfalz alarmierend sein; denn Rheinland-Pfalz hatte nach Hessen und Schweden das dritte Datenschutzgesetz weltweit, das am 17. Januar 1974 in diesem Hohen Hause beschlossen wurde. Was vor 40 Jahren ein mutiger Schritt war, muss uns mahnen, dieser krisenhaften Situation mit mehr Mut zu begegnen.
Wir dürfen der massenhaften Überwachung und Datensammlung nicht mit Ratlosigkeit begegnen. Wir müssen gesetzliche Regelungen für den Datenschutz auf Bundesebene, europäischer und internationaler Ebene umfassend auf den Weg bringen. Wir brauchen stärkere technische Lösungen im Bereich des Datenschutzes, sonst wird – das ist die große Gefahr dieser Krise – das Recht auf informationelle Selbstbestimmung irgendwann nur eine Worthülse sein. Das kann in diesem Hohen Hause, in dem vor 40 Jahren Pionierarbeit geleistet wurde, keiner wollen.
Wenn wir über Mut sprechen, dann müssen wir in diesem Zusammenhang über Edward Snowden sprechen; denn seine Geschichte ist nicht nur oscarreif, sondern
sie zeugt von enorm viel Mut. Er hat enorm viel Zivilcourage an den Tag gelegt, um darauf aufmerksam zu machen, dass unsere komplette Kommunikation abgefangen, überwacht und ausgewertet wird.
Man muss sich verdeutlichen, was das für diese Person bedeutet, dies offenzulegen. Er hat sein komplettes Leben, das er vorher hatte, nicht mehr. Es ist ein junger Mann, der jetzt unter ganz anderen Umständen in Moskau lebt, der kein normales Leben mehr führen kann.
Er hat all dies gemacht, um offenzulegen, wie hier massenhaft unsere Grundrechte verletzt werden. Ich finde – das war auch meine Position, die ich im Beirat erörtert habe –, für diese Zivilcourage ist er preiswürdig. Deswegen habe ich auch diese Initiative unterstützt.
Wenn man sich das Ausmaß der Überwachung anschaut, dann ist keiner davor gefeit. Politikerinnen und Politiker, Wirtschaftsunternehmen, geheimnistragende Berufsgruppen wie Ärzte oder Therapeuten, Bürgerinnen und Bürger – alle ohne Einschränkung werden überwacht.
Hier möchte ich ein Beispiel bringen, nämlich das Thema Selbstzensur. Wir wissen aus Untersuchungen, dass Menschen, sobald sie von Überwachung betroffen sind, sich anders verhalten, sich selbst in ihren Aussagen zensieren.
Deshalb kann jede Form – ich sage ausdrücklich, jede Form – von massenhafter anlassloser Überwachung nicht mit unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung vereinbar sein.
Das aber scheint nur wenige zu interessieren. Es scheint auch unsere Bundesregierung nur wenig zu interessieren, wie sonst würde auch der NSA-Untersuchungsausschuss so massiv in seiner Aufklärungsarbeit behindert werden.
Deswegen möchte ich mich ausdrücklich hinter die Forderung von Edgar Wagner stellen, der eindeutig als Konsequenz aus dem NSA-Skandal eine Aufklärung der Überwachungssachverhalte inklusive der Überprüfung der Rolle der deutschen Geheimdienste gefordert hat, aber auch, dass die Überwachung ausländischer Geheimdienste von deutschem Boden aus gestoppt wird, man sich auf internationaler Ebene dafür einsetzt, dass es Datenschutzvereinbarungen und eine starke EUDatenschutz-Grundverordnung gibt.
Man kann sich nicht hinter den deutschen Datenschutzstandards verschanzen und deswegen die weitere Diskussion torpedieren. Wir brauchen EU-weite verbindliche Regelungen, damit alle EU-Bürgerinnen und -Bürger in
Wir brauchen auch im Telekommunikationsgesetz auf Bundesebene eine Festschreibung unseres Internetgrundrechts, und wir brauchen stärkere technische Lösungen.
Ich finde, dieser Forderungskatalog zeigt, dieser Datenschutzbericht hat seine besondere Qualität: nicht nur über Datenschutz sprechen, sondern auch konkrete Handlungsaufforderungen.