Protokoll der Sitzung vom 26.02.2015

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Wenn wir über das Thema Sicherheitsbehörden und Datenschutz sprechen, müssen wir auch nach Rheinland-Pfalz schauen. Wie vorhin schon angesprochen, bei dem Fahndungsverfahren nach dem Autobahnschützen wurden täglich 350.000 Kennzeichen in RheinlandPfalz gespeichert, und das über drei Monate hinaus. Es wurde zu Recht kritisiert und vom Datenschutzbeauftragten in Zweifel gestellt, dass es eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage auf Grundlage der Strafprozessordnung gegeben habe.

Ich finde, das muss uns anmahnen, das noch einmal kritisch zu überprüfen. Ich hoffe, die Landesregierung macht das auch. Wir haben das sehr kritisch in der Datenschutzkommission erörtert.

Wir können das nicht aufgrund der Beendigung der Fahndung einfach abhaken und „Weiter so“ sagen. Das ist nicht die richtige Reaktion auf eine solch massenhafte Speicherung von Kennzeichen.

Ich will auch noch einmal verdeutlichen, wir haben in dem Zusammenhang einen Fahndungserfolg zu verzeichnen gehabt, aber was wäre gewesen, wenn diese 350.000 Kennzeichen, die tagtäglich erfasst worden sind, nicht zu einem Fahndungserfolg geführt hätten. Hätten wir dann auch diese Offenlegung gehabt, dass diese Maßnahme stattgefunden hat? Das müssen wir kritisch mitnehmen und künftig hier bewerten.

(Frau Klöckner, CDU: Ja! Ja!)

Jetzt habe ich viel über den staatlichen Bereich gesagt, natürlich ist die Digitalisierung und das Vorhandensein von Daten ein riesiger Produktionsfaktor, es setzt enorme wirtschaftliche Potenziale frei.

Wir haben im Datenschutzbericht gerade über die Schattenseiten sehr viele Ausführungen. Es wird über die exzessive rücksichtslose Datensammlung in der Wirtschaft gesprochen. Facebook, Google, Amazon und Co. sind die großen Player, aber wir müssen auch sehen, sowohl was die Gesundheitsdaten als auch die Reisedaten anbelangt, gibt es sehr große Begehrlichkeiten. Die müssen wir ernst nehmen.

Leider ist es aber Realität, dass die Verstöße gegen unsere informationelle Selbstbestimmung in der Wirtschaft eher die Regel als die Ausnahme sind. Obwohl

wir gesetzliche Vorgaben haben, bleiben die Verstöße meistens sanktionslos.

Insbesondere vor diesem Hintergrund ist es sehr positiv zu bewerten, wenn es dann doch einmal zu Sanktionen kommt, wenn massenhaft gegen den Datenschutz verstoßen wird. Deswegen ist das Bußgeld gegen den Debeka-Vorstand so besonders, weil hier mit einem Bußgeld in Höhe von 1,3 Millionen Euro gezeigt wurde, ja, es hat Konsequenzen, wenn gegen unseren Datenschutz verstoßen wird.

Ich weiß auch, als das Tippgebersystem bei Ihnen in der Behörde aufgeschlagen ist, dass Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch Sie sehr intensiv mit diesem Fall beschäftigt waren und sehr intensiv damit gearbeitet haben und nicht nur das Bußgeld das Ziel war, sondern auch auf Veränderungen im Vertriebssystem hinzuwirken. Diesbezüglich haben Sie hervorragende Arbeit geleistet und geltendes Recht umgesetzt.

Ein weiterer Punkt, den Sie kritisch anmahnen – das ist auch sehr wichtig –, ist die fehlende Rechtssicherheit am Arbeitsplatz, und Sie fordern ein, dass wir den Beschäftigtendatenschutz ernster nehmen sollen. Sie fordern, dass es auf Bundesebene endlich gesetzliche Regelungen geben muss, die die Rechtssicherheit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber verbessern, und Sie mahnen an, dass auch das Land Rheinland-Pfalz seine Möglichkeiten im Bundesrat stärker nutzen sollte. Eine Möglichkeit wäre, sich zum Thema Beschäftigtendatenschutz zu betätigen. Das wäre wirklich eine sinnvolle Anregung.

Ein anderer Punkt, der ebenfalls schon angemerkt wurde, ist das Thema der Medienkompetenz. Sie tun in diesem Bereich sehr viel; wir dürfen uns aber nicht hinter dem Bereich Medienkompetenz verstecken. Es geht auch darum, sich stärker im Bereich von gesetzlichen Regelungen zu bewegen, sodass wir Rahmenbedingungen auf europäischer und auf nationaler Ebene haben, die dieses Grundrecht auch in eine digitalisierte Welt übertragen. Ich möchte aber dennoch das Engagement Ihrer Behörde ausdrücklich loben. Ich glaube, die Krypto-Sessions und auch der Zuspruch, den Sie für Ihre Angebote haben, zeigen ausdrücklich, dass ein Bedarf auch in Rheinland-Pfalz vorherrscht.

Ich möchte auch noch etwas zum Thema Vorratsdatenspeicherung sagen, das vorhin bereits angesprochen wurde. Vom Europäischen Gerichtshof und auch vom Bundesverfassungsgericht wurde insbesondere die anlasslose Speicherung von Daten kritisiert. Der Markenkern der Vorratsdatenspeicherung ist die Anlasslosigkeit und die massenhafte Überwachung. Aber wenn schon der Markenkern einer Maßnahme kritisiert wird, wie soll denn dann eine Vorratsdatenspeicherung mit Anlass funktionieren? – Dann ist es eben keine Vorratsdatenspeicherung mehr. Diese Erklärung fehlt noch, auch nach Ihrer letzten Debatte.

Liebe CDU-Fraktion, wenn Sie tatsächlich in RheinlandPfalz mit Videoüberwachung Attentate verhindern wollen, dann kann ich dazu nur sagen, bei Ihnen ist sowohl der Datenschutz als auch die Innere Sicherheit nicht gut

aufgehoben. Sie sollten vielleicht noch einmal intensiver den Datenschutzbericht lesen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit hat der Bericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit seine Erledigung gefunden.

Wir kommen nun zu Punkt 14 der Tagesordnung:

Sterben in Würde Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU und der Antwort der Landesregierung auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksachen 16/4302/4503/4579 –

Es wurde eine Grundredezeit von 10 Minuten vereinbart.

Für die antragstellende Fraktion erteile ich Frau Klöckner das Wort.

Herr Präsident, Frau Ministerpräsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Land Rheinland-Pfalz, aber auch Deutschland verändert sich. Der demografische Wandel stellt auch die Familien vor große Herausforderungen. Die Familienstrukturen und im Übrigen auch die Strukturen der Pflege ändern sich. Das, was früher einmal im Familienverbund geleistet werden konnte, sieht heute anders aus, auch bedingt dadurch, dass die Mobilität – insbesondere, was den Arbeitsplatz und auch die individuelle Lebensgestaltung anbelangt – sich heute anders gestaltet.

Fest steht aber, wir sind als Menschen nicht unbegrenzt einsatzfähig. Wir wissen alle selbst nicht, wie unser Lebensweg verlaufen wird, aber wir wissen, dass es Situationen gibt, in denen wir auf andere angewiesen sein werden. Jeder Mensch – das möchte ich vorab sagen – ist gleich viel wert, egal, ob er jung oder schon etwas älter ist, ob er gesund ist oder doch schon gebrechlich und krank. Schwer kranke und sterbende Menschen müssen in der letzten Phase ihres Lebens bestmöglich betreut werden und eine menschliche Zuwendung, Versorgung und Pflege erhalten. Die CDULandtagsfraktion will, dass Menschen am Ende ihres Lebens auch nach ihren Wünschen begleitet werden können.

(Beifall der CDU)

Wir als Christdemokraten stehen für das Leben eines Menschen ein, gerade auch in Krankheit und Schwäche, bis zum Ende seines Lebens. Es geht ums Zuhören, ums Annehmen, ums Begleiten. Es geht um Schmerzen lindern, Ängste nehmen, die Hand halten, vielleicht sogar darum, gemeinsam zu beten, und ums Beruhigen. Eine gute Pflege ist Ausdruck der Humanität in unserer

Gesellschaft, und dies erfordert eine Weiterentwicklung der Hospiz- und auch der Palliativversorgung.

Leider gibt es zu viele weiße Flecken in unserer Versorgungslandschaft, und genau an diesem Punkt gilt es anzusetzen, und genau an diesem Punkt setzt die CDULandtagsfraktion auch an.

(Beifall der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Ziel muss die Verwirklichung eines landesweit flächendeckenden Palliativ- und auch Hospizangebots in Rheinland-Pfalz sein. Dazu gehört nicht zuletzt die Stärkung der Hospizkultur in allen Einrichtungen; denn auch die letzte Phase des Lebens soll durch Menschenwürde geprägt sein.

Unabhängig zu den unterschiedlichen Einstellungen zur sogenannten Sterbehilfe, über die wir im Landtag – genauso, wie es der Deutsche Bundestag schon getan hat – eine Orientierungsdebatte im März noch führen werden, geht es um eine breite Unterstützung für den Ausbau der Hospiz- und auch der Palliativversorgung. Deshalb hat die CDU-Landtagsfraktion eine Große Anfrage an diese Landesregierung gestellt mit dem Titel „Sterben in Würde“, und es war gut und auch richtig, dass wir sie gestellt haben; denn dadurch ist vieles evident geworden, woran in diesem Land noch gearbeitet werden muss.

(Beifall der CDU)

Aus den Antworten der Landesregierung auf unsere Große Anfrage werden vier Punkte deutlich, die ich nun ganz kurz erwähnen möchte. Herr Kollege Dr. Enders wird nachher noch intensiver darauf eingehen.

Erstens: Die Landesregierung hat keine Kenntnisse über die regionale Verteilung der Palliativmediziner.

Zweitens: Die Landesregierung kann auch den Weiterbildungsbedarf nicht beziffern.

Drittens: Die Angebote der ambulanten Palliativmedizin sind nicht ausreichend in unserem Land.

Viertens: Auch nicht ausreichend in unserem Land sind die Angebote der stationären Hospizbetten.

Im Berliner Koalitionsvertrag – das ist gut und richtig – ist festgeschrieben, dass die Hospiz- und Palliativarbeit sowie die palliativmedizinische Versorgung gestärkt und auch weiterentwickelt werden sollen. Wir danken deshalb Herrn Gesundheitsminister Hermann Gröhe für seinen Einsatz in dieser Sache. Sein Einsatz ist wirklich enorm.

(Beifall der CDU – Pörksen, SPD: Immer diese Beweihräucherung!)

Ich finde es schade, dass Sie bei einem Thema, bei dem wir eigentlich gar nicht auseinander sind und wir einmal einem Minister danken, was Sie in Ihrer Landesregierung die ganze Zeit tun, nun das Wort „Selbstbeweihräucherung“ hineinrufen. – Ich finde, es gibt schon einige Grenzen bei ein paar Themen, und ich glaube,

man kann auch entsprechend vernünftig miteinander umgehen.

(Beifall der CDU – Pörksen, SPD: Das stammt doch von Ihnen, nicht von mir!)

Das eine ist die Berliner Ebene, und das andere ist die Aufgabe der Landespolitik in Rheinland-Pfalz, liebe Kolleginnen und Kollegen. Unser Ziel als Christdemokraten ist es, dass in unserem Land ein flächendeckendes Angebot an Hospiz- und Palliativeinrichtungen verwirklicht wird – und dies auch in strukturschwachen und in ländlichen Regionen, und deshalb ist es wichtig, dass wir den regionalen Bedarf ermitteln können.

(Beifall der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Menschen sind unterschiedlich hilfsbedürftig, und der Hilfebedarf kann sich im Verlauf der letzten Lebensphase auch verändern. Darauf müssen die Angebote eingehen, sie müssen sich ergänzen, ineinander greifen und sich anpassen können an die Wünsche und auch die Vorstellungen der Betroffenen.

Des Weiteren geht es um die Vernetzung und Kooperation von medizinischer und pflegerischer Versorgung sowie hospizlicher Begleitung. Diese Angebote müssen vorangebracht werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, natürlich sind Hospize Orte des Sterbens, aber es sind auch Orte des Lebens. Die meisten Menschen wünschen sich ein Sterben im vertrauten Umfeld – das ist nachvollziehbar –, allzu oft aber ist noch das Krankenhaus der Sterbeort. Es gibt noch zahlreiche, noch viel zu viele weiße Flecken bei uns in Rheinland-Pfalz. Deshalb hält die CDULandtagsfraktion auch die folgenden Punkte für erforderlich:

1. Die palliativmedizinische Kompetenz oder die Kompetenzen in der Ärzteschaft müssen weiter ausgebaut werden. In Deutschland gibt es zu wenige palliativmedizinische Hochschulstandorte oder Lehrstühle. Damit waren wir relativ spät, und das hat auch nichts mit dieser Landesregierung zu tun, sondern das Problem besteht deutschlandweit. Ich glaube, dass wir gerade deshalb auf die Ausbildung der Ärzteschaft einen weiteren Schwerpunkt legen müssen.

2. Der Aspekt der palliativen Pflege muss in der künftigen Pflegeausbildung auch angemessen berücksichtigt werden.

3. Palliativstationen und Palliativbetten brauchen eine besondere Berücksichtigung bei der Krankenhausplanung.