Protokoll der Sitzung vom 28.05.2015

Ich denke, dass deswegen einfachgesetzliche Regelun

gen, wie sie jetzt wieder vorgenommen worden sind, sicher machbar sind, aber eine völlige Gleichstellung noch sehr viel Diskussion bedarf, die wir – das sage ich noch einmal – in der CDU, in der Partei, mit der Bevölkerung und der Öffentlichkeit sehr intensiv führen werden. Das müssen Sie uns schon zugestehen.

(Alexander Schweitzer, SPD: Sie werden wiederkommen! Es dauert nur zehn Jahre, und die Leute werden warten!)

Ich sage, Sie kommen woanders her.

(Alexander Schweitzer, SPD: Ich komme aus Landau in der Pfalz!)

Wir kommen aus einer Geschichte in der Partei, wo die Familie wichtig war. Wenn Sie mir das nicht glauben, dann schauen Sie in die „FAZ“ von vorgestern. Da gibt es eine Buchbesprechung über die Familienpolitik der CDU, insbesondere in der Ära von Helmut Kohl. Dort können Sie nachlesen, wie wir uns auch in diesem Feld im Laufe der letzten 60 Jahre weiterentwickelt haben, aber immer auch unsere Partei und ihre Strömungen mitgenommen haben.

(Beifall der CDU – Carsten Pörksen, SPD: Na ja, im Schneckentempo!)

Das sehen wir als einen ganz wichtigen Punkt. Wir werden das auch tun. Dafür brauchen wir Ihre Ratschläge nicht.

(Beifall der CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Kollegin Schellhammer.

Sehr geehrte Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Um mit einem Eindruck gleich aufzuräumen: Ich würde für alle drei Fraktionen in diesem Landtag behaupten, dass Familie uns allen ein wichtiges Anliegen ist. – Wenn Sie das für sich allein proklamieren, dann sage ich: Es gibt einen Unterschied. Familie ist für uns dort, wo Menschen langfristig Verantwortung füreinander übernehmen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Bei Ihnen kommt es darauf an, wer mit wem schläft, und dann ist es Familie.

(Marlies Kohnle-Gros, CDU: Das geht aber auch niemanden etwas an!)

Das ist ein ganz großer Unterschied.

(Zuruf der Abg. Julia Klöckner, CDU, und des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Wir wollen uns an dieser Stelle selbstverständlich den Gratulationswünschen anschließen und Jaqueline Rauschkolb alles Gute wünschen. Wenn es nach uns gehen würde, dann würde die Ehe unabhängig davon, ob jemand

gleichgeschlechtlich oder verschiedengeschlechtlich ist, geschlossen werden können.

(Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Hans-Josef Bracht, CDU)

Die Eingetragene Lebenspartnerschaft war ein großer Schritt. 2001 war es ein großer Erfolg der Lesben- und Schwulenbewegung und auch der Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wir sind inzwischen 14 Jahre weiter. Wenn man sich die aktuellen Umfragewerte anschaut, dann sprechen sich 74 % der bundesdeutschen Bevölkerung für die völlige Gleichstellung von Lesben und Schwulen aus, und 23 % lehnen es ab.

Besonders interessant ist, 64 % der Unionswähler sprechen sich auch für die völlige Gleichstellung aus.

Inzwischen haben wir zwei Urteile des Bundesverfassungsgerichts zum Thema Sukzessivadoption und Einkommensteuer. Auch hier geht es darum, dass die rechtliche Diskriminierung abgebaut werden soll.

Erstmals gab es 2013 eine Mehrheit durch eine Bundesratsinitiative, die von Rheinland-Pfalz aus gestartet wurde, nämlich die Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches zur Öffnung der Ehe. Wir begrüßen es ausdrücklich, dass sich die Diskussion auf der Seite der Länder und auf der Seite der Landesregierungen wieder in Richtung Bundesrat bewegt. Wir fordern, dass sich in der Länderkammer mit dem Punkt „Gleiche Liebe, gleiche Rechte“ beschäftigt wird.

Warum sind wir in Deutschland immer noch nicht einen Schritt weiter? Wir haben eben gehört, dass eine Änderung an 23 Gesetzen von der Bundesregierung vorgenommen wurde. Tatsächlich betrifft aber die rechtliche Diskriminierung von Lesben und Schwulen immer noch 54 Gesetze und darin 150 Regelungen. Das heißt, es ist nur ein Minischritt, den die Große Koalition macht, um den Abbau rechtlicher Diskriminierungen vorzunehmen.

Die Volksabstimmung in Irland ist nur ein Aspekt. Wir freuen uns sehr, dass gerade ein so katholisch geprägtes Land diesen Schritt wagt. Gestern haben wir gehört, dass sich auch das Land Grönland auf den Weg macht. Damit haben 22 Länder die Öffnung der Ehe, aber Deutschland bleibt immer noch hinter diesen Schritten zurück.

Für uns ist es wichtig, herauszuarbeiten, dass selbstverständlich die Diskussion – Sie haben das gesagt – auch in der CDU läuft. Wir wünschen uns sehr, dass gerade die progressiven Kräfte, die sich für eine Öffnung der Ehe aussprechen, obsiegen werden.

Sie haben gesagt – da zitiere ich aus einem Interview mit Julia Klöckner –: Bei der Adoption muss das Wohl der Kinder im Mittelpunkt stehen. Deshalb leisten die Jugendämter in Rheinland-Pfalz natürlich eine verantwortungsvolle Arbeit bei Adoptionsverfahren. – Das würde natürlich genauso gelten, wenn wir endlich die Ehe öffnen.

Wissenschaftliche Belege zeigen – meine Kollegin Jaqueline Rauschkolb hat das schon gesagt –, dass es keine Nachteile für Kinder in Regenbogenfamilien gibt. Kinder finden dort ein liebevolles Umfeld. Die Familie ist bei den

Regenbogenfamilien absolut ein Hort des Wohlfühlens.

Das zeigt auch eine Studie von Dr. Marina Rupp, aus der ich gerne mit Erlaubnis der Präsidentin zitieren möchte: „Das Erziehungsverhalten gleichgeschlechtlicher Lebenspartner(innen) zeichnet sich durch Fürsorglichkeit und Zugewandtheit aus. Die Beziehung der Kinder und Jugendlichen zum leiblichen Elternteil und zum Partner des Vaters bzw. zur Partnerin der Mutter ist vergleichbar mit der Beziehungsqualität in anderen Familienformen.“

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Das zeigt, wenn man bewertet, dass das Wohl der Kinder im Mittelpunkt stehen soll, kann es hier keinen Unterschied geben. Es ist bedauerlich, dass man immer wieder seitens der CDU nur vom Bundesverfassungsgericht lernen muss. Für uns ist nämlich klar: Familie muss dort unterstützt werden, wo die Menschen Verantwortung übernehmen. Das ist unabhängig davon, ob sie gleichgeschlechtlich oder verschiedengeschlechtlich sind.

Was passiert, wenn wir die Ehe öffnen? Geht das Abendland unter? Ich glaube nein. Was stattdessen passiert, ist, dass Lesben und Schwule ganz einfach heiraten und Kinder adoptieren können. Es ist eine Bereicherung für unsere Gesellschaft,

(Glocke der Präsidentin)

wenn Menschen für einander Verantwortung übernehmen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Für die Landesregierung spricht Frau Ministerpräsidentin Dreyer.

Liebe Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kollegen und Kolleginnen! Das irische Volk hat entschieden. Ich finde, das ist eine erfreuliche Nachricht. Irland öffnet die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Damit machen die Menschen in Irland deutlich, dass es keinen Grund gibt, gleichgeschlechtlichen Paaren die Ehe in Zukunft weiter vorzuenthalten. Es ist schon gesagt worden, das in einem streng katholischen Land. Ich glaube, das ist eigentlich der Grund dafür, warum dieses Votum überall so umfassend diskutiert wird.

Ich bin fest davon überzeugt, auch Deutschland ist bereit für eine Öffnung der Ehe. Mehr als 20 Staaten in der Welt haben inzwischen die Ehe geöffnet. Auch Deutschland ist längst dazu bereit. Wir haben im Jahr 2001 – das haben wir alles schon gehört – durch die rot-grüne Bundesregierung zum ersten Mal die Einführung der Lebenspartnerschaften gesetzlich ermöglicht. Seitdem hat sich wirklich sehr, sehr viel auch im Bewusstsein der Bevölkerung getan.

Was damals sehr fortschrittlich war, muss man heute sagen, hat sich eigentlich überholt. Zwar ist man heute in

der Lage, dass rechtliche Gleichstellung an vielen Punkten möglich ist, aber es ist schon von Frau Rauschkolb gesagt worden, es gibt 150 Regelungen, bei denen wir nicht die Gleichstellung haben. 23 werden jetzt durch das Bundeskabinett behoben, was wir begrüßen, aber natürlich gibt es viele Rechte, die eben nicht die Gleichstellung bedeuten. Das heißt eben nach wie vor Diskriminierung, die, wenn überhaupt, nur noch wenige Menschen in Deutschland verstehen; denn wenn man allen Umfragen folgt, ist die Bevölkerung doch sehr, sehr viel weiter, als unsere Rechtsetzung es zurzeit ist. Allen Umfragen zufolge spricht sich die Mehrheit der Bevölkerung für die Gleichstellung, für die Öffnung der Ehe aus. Das sollte uns insgesamt wirklich zu denken geben.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will auch noch einmal darauf hinweisen, dass es in Deutschland tatsächlich so ist, dass die Rechtsentwicklung maßgeblich durch das Bundesverfassungsgericht und nicht durch parlamentarische Entscheidungen nach vorne getrieben worden ist. Das ist ein bisschen schade; denn das Bundesverfassungsgericht hat uns im Grunde genommen immer wieder dazu getrieben, dass wir Dinge umsetzen müssen.

(Carsten Pörksen, SPD: So ist es!)

Es wäre kein gutes Signal an das Thema Vielfalt in unserer Gesellschaft, wenn wir uns wieder vom Bundesverfassungsgericht treiben lassen. Wir sollten an dieser Stelle einfach vorher zusammenfinden. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner letzten Entscheidung bereits ganz, ganz deutlich gesagt, dass es nicht begründbar sei, aus dem besonderen Schutz der Ehe abzuleiten, dass andere Lebensgemeinschaften im Abstand zur Ehe oder mit geringeren Rechten auszugestalten sind. Damit hat das Bundesverfassungsgericht schon ganz klar den Pfad für die Öffnung der Ehe gelegt.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Carsten Pörksen, SPD: Auch für Frau Kohnle-Gros!)

Ich möchte noch einmal sehr, sehr deutlich sagen, dass es aus meiner Sicht kein Argument gegen die Öffnung der Ehe gibt, das wirklich überzeugend ist. Es gilt doch der Satz, wer Rechte hat, muss auch Pflichten haben. Umgekehrt gilt dann genauso der Satz, wer die gleichen Pflichten übernimmt, muss die gleichen Rechte bekommen. Genau darüber sprechen wir. Nichts anderes bedeutet eigentlich die Umsetzung dieser Gleichstellung.

Am Ende ist aber doch alles entscheidend, dass sich die Rechtsanschauung in der Bevölkerung total gewandelt hat. In der Umgangssprache wird die Lebenspartnerschaft längst als Ehe bezeichnet. Hören Sie doch einmal, wie die Bevölkerung spricht. Die Bevölkerung empfindet die Lebenspartnerschaft längst als eine Form der Ehe. Sie empfindet das eher so, dass das ein umständlicher Name ist, aber sie will eigentlich die Gleichstellung dieser Lebenspartnerschaften mit der Ehe.

Liebe Frau Kohnle-Gros, ich respektiere, was Sie gesagt haben, aber eines möchte ich trotzdem klarstellen: Familie ist auch für die SPD und auch für die GRÜNEN ein wichtiges normatives, konstitutives Element in unserer Gesellschaft, aber schon lange haben wir als Landesregierung deutlich gemacht, dass sich der Familienbegriff seit vielen, vielen Jahren verändert hat. Natürlich ist der Familienbegriff viel, viel vielfältiger geworden. Das ändert nichts daran, dass Familie immer noch Kern unserer Gesellschaft ist und wir in unserer Politik alles dafür tun,

(Hans-Josef Bracht, CDU: Tun aber nichts dafür!)

um Familie zu fördern. Lieber Herr Bracht, dafür tun wir sehr, sehr viel. Deshalb möchte ich mich davon ein ganzes Stück distanzieren. Auch für die SPD – ich glaube, das darf ich für den Koalitionspartner genauso sagen – ist das Thema Familie ein ausgesprochen wichtiges Thema. Daran orientieren wir uns in unserer Politik. Das macht Irene Alt immer wieder deutlich. Das ist ein Schwerpunkt unserer Politik. Deshalb kann ich das so nicht stehen lassen.