Protokoll der Sitzung vom 01.07.2015

Mit anderen Worten: Das geplante Transparenzgesetz ist für mich fester Bestandteil einer modernen und zukunftsfähigen Demokratie.

Wir sind mit dem Transparenzgesetz nicht nur inhaltlich neue Wege gegangen. Auch bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfs haben wir innovative Formen und Vorgehensweisen gewählt. Das betrifft zum einen das Beteiligungsverfahren, auf das ich nachher auch noch zu sprechen komme, aber zum anderen auch die Art und Weise der Zusammenarbeit innerhalb der Landesregierung.

Unter Federführung des fachlich zuständigen Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur wurde daher eine Projektstruktur in fünf Teilprojekten aufgebaut, nämlich Recht, Technik, Organisation, Partizipation und E-Akte. Die Projektgruppen wurden jeweils ressortübergreifend besetzt, und dann wurde der vorliegende Gesetzentwurf erarbeitet.

Die Teilprojekte zeigen schon, dass von dem Transparenzgesetz wirklich die komplette Verwaltung betroffen ist und dass auch die Umsetzung des Transparenzgesetzes für unsere Verwaltung sehr weitreichend ist. Auch die Umsetzung des Transparenzgesetzes und die standardmäßige Befüllung der Transparenz-Plattform, die schrittweise erfolgen wird, werden durch die Teilprojekte vorbereitet und begleitet.

Lassen Sie mich zu den Inhalten kommen. Der vorliegende Gesetzentwurf für ein Landestransparenzgesetz erweitert den voraussetzungslosen Anspruch auf Zugang zu Informationen um eine Pflicht, nämlich um die Pflicht zur aktiven Veröffentlichung der Verwaltung. Dazu wird eine elektronische Plattform, die Transparenz-Plattform, geschaffen. Damit wird ein umfassendes Recht auf Zugang zu amtlichen Informationen und zu Umweltinformationen gewährt. Der Schutz berechtigter öffentlicher Interessen und Interessen privater Dritter wird natürlich berücksichtigt.

Der Informationszugang über die Plattform kann ohne Darlegung eines Interesses und außerhalb eines laufenden Verwaltungsverfahrens geltend gemacht werden. Es ist der eigentliche Kern des Transparenzgesetzes, dass Bürger und Bürgerinnen tatsächlich voraussetzungslos einfach auf Informationen zugreifen können, ohne Anträge zu stellen, ohne Verwaltungsakte zu produzieren und Ähnliches.

Der Gesetzentwurf regelt deshalb im ersten Teil den Zweck, den Bürgern und Bürgerinnen Zugang zu amtlichen Informationen und Umweltinformationen zu gewährleisten, um damit genau die Transparenz und Offenheit zu vergrößern. Die Verwaltung stellt Informationen auf der TransparenzPlattform von Amts wegen bereit. Die Transparenzpflicht besteht für Behörden des Landes und anderer Stelle sowie eingeschränkt für Behörden der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie für die sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen

Rechts.

Der zweite Teil befasst sich mit der Transparenz-Plattform, ihren Inhalten und ihrer Nutzung. Auf der TransparenzPlattform werden die Informationen in elektronischer Form zugänglich gemacht. Die Plattform enthält auch eine Suchund Rückmeldefunktion, mit der es den Nutzern und Nutzerinnen ermöglicht wird, Informationen zu bewerten und auf Informationswünsche und auch Defizite aufmerksam zu machen. Auch das ist ein Anspruch von sinnvoller Bürgerbeteiligung, der in der Enquete-Kommission immer wieder deutlich gemacht worden ist, damit sich die Verwaltung selbst in die Lage versetzt, Rückmeldungen aufzunehmen und sie ihr eigenes Angebot damit dann auch verbessern kann.

Die Informationen sollen in einem Format bereitgestellt werden, das – das ist selbstverständlich – eine teilweise oder auch vollständige Weiter- und Wiederverwendung und automatisierte Weiterverarbeitung ermöglicht. Das Datenformat soll frei zugänglich sein und anerkannten Standards entsprechen. Darüber hinaus führen und veröffentlichen die transparenzpflichtigen Stellen Verzeichnisse, aus denen sich die vorhandenen Informationssammlungen und -zwecke erkennen lassen sowie Verzeichnisse über verfügbare Umweltinformationen, soweit sich diese Angaben nicht bereits aus der Transparenz-Plattform ergeben. Sie treffen also praktische Vorkehrungen, um den Zugang zu den bei ihnen verfügbaren Informationen zu erleichtern, wie beispielsweise durch die Benennung von Auskunftspersonen oder auch von Informationsstellen.

Das alles klingt sehr technisch, aber diejenigen, die sich sehr stark damit beschäftigen, wissen, eine solche Plattform kann man gut oder schlecht machen. Wenn man sie gut machen will, muss man all diese technischen Dinge berücksichtigen, damit Bürger und Bürgerinnen den Nutzen am Ende wirklich auch haben und ihn dann ganz zweifelsfrei auch entsprechend würdigen können.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auf den dritten Teil muss ich gar nicht stark eingehen. Er entspricht im Grunde den bisherigen Regelungen im Landesinformationsfreiheitsgesetz und im Landesumweltinformationsgesetz. Es ist ein Antrag zu stellen, für den ein rechtlich berechtigtes Interesse nicht dargelegt werden muss. Das Antragsverfahren wird also aufrechterhalten.

Im vierten Teil sind die Belange aufgeführt, die einer Veröffentlichung oder einem Informationszugang auf Antrag entgegenstehen können. Das sind zum Beispiel öffentliche Belange. Das ist zum Beispiel der Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses oder natürlich überwiegend grundrechtlich geschützte andere Belange, wie der Schutz personenbezogener Daten. Sicherlich ist das der Teil des Gesetzes – im Beteiligungsverfahren hat man das auch gemerkt –, der immer wieder zu den größten Auseinandersetzungen führt. Es ist aber auch die Erfahrung, die wir beim Landesinformationsfreiheitsgesetz gemacht haben, dass diese Schutzinteressen immer gut gegeneinander abgewogen werden müssen.

Im fünften Teil ist die Gewährleistung von Transparenz und

Offenheit durch staatliche Stellen geregelt. Neben einer Bestimmung zur Förderung der Transparenzpflicht der Verwaltung durch die Landesregierung sind hier die Aufgaben und die Stellung der oder des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit und auch des Beirats, der ihn umgibt, beschrieben.

Im sechsten Teil geht es dann noch um bestimmte Verordnungsermächtigungen, die man auch brauchen wird, weil wir natürlich davon ausgehen und wollen – wir bereiten das vor –, dass die Transparenz-Plattform mit Blick auf die Einführung der elektronischen Akte stufenweise befüllt wird und werden soll. Innerhalb eines Zwei-JahresZeitraums erfolgt die Umsetzung aller Transparenzpflichten durch die obersten Landesbehörden mit Ausnahme der Veröffentlichungspflichten, die in besonderer Weise einen elektronischen Workflow erfordern. Innerhalb eines Drei-Jahres-Zeitraums erfolgt die Umsetzung auch dieser Veröffentlichungspflichten durch die obersten Landesbehörden. Innerhalb von fünf Jahren sollen dann alle nach dem Gesetz zur Veröffentlichung verpflichteten transparenzpflichtigen Stellen die Transparenz-Plattform endgültig befüllen.

Noch zwei Worte zum Abschluss; denn zur Gesetzeseinbringung gehört auch, dass man das Gesetz erklärt. Das ist ein bisschen trocken, aber es sind nun einmal die fünf Teile, die erforderlich sind, um dieses Transparenzgesetz überzeugend zu machen. Das Beteiligungsverfahren ist ein Spiegel dessen, was wir uns als offene bürgerbezogene Bürgerbeteiligung in der Zukunft intensiv wünschen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das war auch die Fortsetzung der Art und Weise, wie die Enquete-Kommission selbst gearbeitet hat. Wir haben vieles von dem aufgenommen, was sie uns in die Bücher geschrieben hat. Wir haben zum ersten Mal auch die Chance genutzt, während des formalen Anhörungsverfahren ein eigenes Beteiligungsverfahren durchzuführen. Dabei kamen nicht nur Bürger und Bürgerinnen zu Wort, sondern eben auch ganz unterschiedliche Interessenbetroffene, von NGOs über Kammern, Wirtschaftskammern bis hin zu Kommunen. Dazu gehören auch eigene Workshops, die sich um die Belange, die Einwände und die Interessen dieser Menschen wirklich gekümmert haben.

Wir haben auch einen Workshop mit Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen gemacht. Das ist mir wichtig zu sagen, weil natürlich die Verabschiedung des Transparenzgesetzes und die Einführung der elektronischen Akte, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Transparenz-Plattform steht, für uns als Verwaltung sehr, sehr viel bedeutet und sich die Menschen wirklich umstellen müssen. Das ist ein Kulturwandel, hinter dem ich stehe und den ich auch möchte, weil ich davon überzeugt bin, dass eine moderne Verwaltung so arbeiten muss und dass für die Bürger und Bürgerinnen sichergestellt sein muss, dass wir so arbeiten.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dafür gibt es eine große Offenheit, aber es gibt auch bestimmte Vorbehalte.

Ich bin mir ganz sicher – Staatssekretärin Heike Raab hat den ganzen Prozess geleitet und begleitet; meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren für den Beteiligungsprozess zuständig –, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Prozess wirklich gut begleitet werden.

Ich freue mich darauf, dass wir dann damit anfangen, auf die elektronische Akte umzustellen; denn ich bin davon überzeugt, dass sie uns weiter voranbringt, und es ist für mich undenkbar, Ministerpräsidentin in einem Land zu sein, in dem wir in fünf Jahren immer noch mit Akten arbeiten und Bürgerbelange nicht auch elektronisch beantworten können.

Deshalb glaube ich, dass die Einbringung dieses Gesetzentwurfs in Rheinland-Pfalz als erstem Flächenland in Deutschland ein ganz wichtiger Meilenstein ist, wenn es um die Förderung von Transparenz und Beteiligung geht, aber auch um einen Kulturwandel innerhalb der Verwaltung. Ich glaube, wir stellen damit unser Land und unsere Verwaltung aufgeschlossen und modern auf. Es ist der richtige Schritt zum richtigen Zeitpunkt, denn ich finde es schon gut, dass wir ganz vorne mit dabei sind und nach dem Stadtstaat Hamburg Rheinland-Pfalz das erste Flächenland ist, das diesen wichtigen Prozess auf den Weg bringt.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von zehn Minuten vereinbart. Für die CDU-Fraktion hat Frau Abgeordnete Kohnle-Gros das Wort.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

(Zurufe des Abg. Carsten Pörsksen, SPD)

Ich habe noch gar nichts gesagt, und der fängt schon an, zu meckern.

(Carsten Pörksen, SPD: Sie kriegen nur fünf Minuten, weil Sie so schnell reden!)

Ach so, weil ich in fünf Minuten mehr sagen kann als andere in zehn. Ja, das ist richtig. Das ist freundlich gemeint; ich bedanke mich.

Frau Ministerpräsidentin, ich bin mir nicht ganz sicher – Sie haben das jetzt in der üblichen Art vorgetragen –, was dieses Gesetz für Sie bedeutet. Das haben Sie in den ganzen zweieinhalb Jahren so gemacht. Sie haben nicht viel an Ihrer Diktion geändert, wobei ich im Laufe der Diskussion schon gern noch einmal auf das Verfahren und auf die geänderten Inhalte eingehen möchte.

Meine Damen und Herren, die Ministerpräsidentin hat darauf hingewiesen, in den Übergangsvorschriften steht jetzt, dass es eine ganze Zeit lang dauern wird, bis dieses Ge

setz tatsächlich in die Umsetzung geht und dann auch umgesetzt sein wird. Sie hat diesen Zeitraum, fünf Jahre nach dem Inkrafttreten – dann soll es erreicht werden –, ausdrücklich genannt.

Ich sage das ausdrücklich deswegen, weil sie vergessen hat, zu sagen, was dieser Zeitraum von fünf Jahren, der dann noch kommt, und das gestaffelte Verfahren vorher an Geld kosten; denn auch das gehört zur Offenheit und Transparenz, dass man an dieser Stelle im Parlament darüber spricht, was das alles kosten wird.

(Beifall der CDU)

Ich will gar nicht in die Details gehen. Dieser Gesetzentwurf umfasst im Übrigen 120 Seiten – die GRÜNEN haben das extra erwähnt –, jedenfalls in seiner jetzigen Ausführung. Es steht in der Zeitung, es war Ihnen wichtig, dass es 120 Seiten sind. 80 von diesen 120 Seiten werden gebraucht, um den Gesetzentwurf mit 30 Paragrafen zu erklären. Innerhalb dieser Erklärung von 80 Seiten befinden sich 18 Seiten, die sich auf die Finanzierung bzw. auf die Kosten dieses Gesetzentwurfs beziehen.

(Ministerpräsidentin Malu Dreyer: Genau! Transparent ist es!)

Genau. Aber Sie haben jetzt kein Wort dazu gesagt. Ich denke, deswegen muss ich darauf hinweisen.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, man muss, um fair und sauber zu argumentieren, sagen, dass es zweierlei Kosten sind: Das sind zum einen die Kosten, die durch das Gesetz selbst entstehen, aber es sind auch die Kosten, die durch die E-Akte oder E-Government – wie auch immer wir es bezeichnen – entstehen.

(Martin Haller, SPD: Gut investiertes Geld!)

Das werden Beträge von mehreren 10 Millionen Euro sein, Stand – der Gesetzentwurf ist vom Mai dieses Jahres – Mai 2015. Das ist viel Geld. Aber auch die Umsetzung des Gesetzes selbst – das wird dezidiert dargelegt – wird sehr viel Geld kosten. Ich will dazu einmal sagen: 10 Millionen Euro sind da vielleicht gar nichts. Es werden neue Stellen entstehen müssen, wobei es den zukünftigen Haushältern und dem Landtag insgesamt überlassen bleibt, wie die dann finanziert und auch dargestellt werden, und das in einem Land, das selbst eher Probleme hat, seinen Haushalt sachgerecht und schuldenfrei – was auch immer hier alles erwartet wird – darzustellen.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich gleich an dieser Stelle sagen: Das Verfahren, das so gelobt wird dafür, dass die Öffentlichkeit einbezogen war, auch die Bürgerinnen und Bürger, hat schon im ersten Schritt 200.000 Euro gekostet. 200.000 Euro – das ist ein Wort. Dafür könnte man vieles andere anschaffen oder Streichungen in anderen Bereichen vermeiden. Ich will gar keine Details nennen.

Aber ich will sagen: Das, was jetzt dabei herausgekom

men ist – außer, Frau Ministerpräsidentin, dass Sie Ihre eigenen Leute motiviert haben, sich mit der Sache auseinanderzusetzen, was auch immer gut ist; denn die braucht man nachher vor allem, um das umzusetzen –,

(Beifall der CDU)