Protokoll der Sitzung vom 02.07.2015

Ich rufe die Aussprache über die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Jutta Blatzheim-Roegler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Verschiebung der Ausländer-Maut: Auswirkungen auf Rheinland-Pfalz – Nummer 3 der Drucksache 16/5213 – betreffend, auf.

Frau Kollegin Blatzheim-Roegler von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich muss jetzt – ich weiß nicht, ob ich das überhaupt darf – einen Satz zu der Debatte sagen,

(Carsten Pörksen, SPD: Einfach mal versuchen!)

die gerade geführt worden ist und die so völlig an der Realität vorbeigegangen ist. Gut, dann sage ich es ihr nachher als Mutter von vier Kindern und auch als Mutter einer Legasthenikerin. Das wurde damals noch nicht anerkannt.

Frau Kollegin, das sieht die Geschäftsordnung nicht vor. Wir haben jetzt diesen Tagesordnungspunkt aufgerufen, und dann reden wir zu diesem Tagesordnungspunkt.

Okay. Gut. Das ging jetzt mit mir durch.

Zum wiederholten Mal debattieren wir im Plenum über diese unselige Ausländer-Maut. Die wollte oder sollte Verkehrsminister Dobrindt letztendlich im Auftrage seines Chefs, des bayerischen Ministerpräsidenten Seehofer, umsetzen. Jetzt heißt es „aus die Maut“. Die PKW-Maut ist erst einmal abgeräumt.

Es war ihr ein wirklich kurzes Dasein vergönnt, wenn man einmal nachrechnet, dass sie am 27. März den Bundestag passierte, dann im Mai im Bundesrat war und am 18. Juni verkündet wurde und Dobrindt dieses Gesetz jetzt stoppt, weil er erst einmal abwarten will, was denn der EuGH, der Europäische Gerichtshof, dazu sagt. Ja, und das kann dauern.

Man muss nicht prophetisch begabt sein, um zu prognostizieren, in dieser Legislaturperiode wird das nichts mehr. Warnerinnen und Warner gab es genug. Zunächst hatte auch die Kanzlerin bekundet, dass es mit ihr keine Maut gäbe. Es ist schon bedenklich, denke ich, wenn so eine Regionalpartei wie die CSU durch die Hintertür eine derart abenteuerliche Idee wie den Maut-Murks durchpeitschen konnte. Haben wir nicht genug andere Probleme in dieser Republik? – Richtig, da war doch etwas mit dem Verfall unserer Infrastruktur, den die CDU immer so gerne betont.

Die Maut-Millionen sollten doch für die Sanierung von Straßen und Brücken verwendet werden. Finanzminister Schäuble hat inzwischen verlauten lassen, dass er mit den Einnahmen durch die geplante PKW-Maut nicht mehr kalkuliert und natürlich auch nicht mehr kalkulieren kann, und zwar nicht nur im kommenden Jahr nicht kalkulieren kann, und auch nicht im übernächsten Jahr, sondern mindestens bis 2019.

Aber da wir dann einen grünen Verkehrsminister haben, wird dieses Thema nicht mehr wichtig sein.

(Vereinzelt Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heiterkeit des Abg. Hans-Josef Bracht, CDU)

Das Ende der Maut ist ein Scheitern der von der CSU verantworteten Bundesverkehrspolitik auf der ganzen Linie.

(Vereinzelt Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Die EU hatte frühzeitig klar gemacht, dass aufgrund der Staatsangehörigkeit keiner direkt oder indirekt diskriminiert werden darf. Das gilt auch für den Platz hinter dem Lenkrad.

Haben wir aus Rheinland-Pfalz nicht auch frühzeitig darauf hingewiesen, dass die Maut für die Grenzregionen für alle Pendlerinnen und Pendler, die davon betroffen sind, enorme wirtschaftliche Nachteile bringt?

(Carsten Pörksen, SPD: Genauso ist es!)

Ich kann mich mindestens an drei Debatten in diesem Hause erinnern.

Sogar die stellvertretende Bundesvorsitzende Julia Klöckner warnte davor und wollte ihren Einfluss in Berlin geltend machen.

(Carsten Pörksen, SPD: Die hat sich schwer aufgeblasen!)

Hat auch nichts genutzt.

(Carsten Pörksen, SPD: Gar nichts!)

Vielleicht hatte sie auch keine Zeit. Ich wurde letztlich von einem Bürger gefragt, ob Julia Klöckner noch im Land aktiv sei. Ich war etwas verwundert, weil sie – jetzt ist sie gerade nicht anwesend – natürlich hier noch aktiv ist, und fragte, warum er das frage. Der Bürger sagte, sie sei jeden Abend in einer Talkshow zu sehen, ob sie überhaupt noch hier sei.

(Zurufe von der CDU)

Nur seine Frau habe Frau Klöckner bei einem Frauenfrühstück gesehen, da seien aber Männer nicht zugelassen gewesen.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Reichel, CDU)

Ob er das bedauerte oder darüber ganz erleichtert war, hat sich mir nicht erschlossen.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Reichel, CDU)

Zurück zum Thema, bevor ich mir noch einmal einen Verweis einhandele.

Jährlich fehlen nach der Daehre-Kommission 7,2 Milliarden Euro zur Instandhaltung unserer Infrastruktur in Deutschland: Straßen, Schienen, Wasserstraßen. Ob die jährlichen Nettoerlöse, die man einmal aus der Pkw-Maut hochgerechnet hat – rund 500 Millionen Euro wurden prognostiziert –, diese ermöglicht hätten, da ist noch ein großes Fragezeichen zu setzen. Das aber werden wir nicht mehr erfahren.

(Zuruf des Abg. Arnold Schmitt, CDU)

Wie hoch sich der bürokratische Aufwand gestaltet hätte, um die Hin- und Herrechnerei und die Verrechnerei mit der Kfz-Steuer einheimischer Karossenbesitzerinnen und -besitzer abzuwickeln, bleibt müßig zu orakeln. Fakt ist, das Geld muss anders aufgebracht werden.

Das geht Rheinland-Pfalz direkt an.

(Glocke der Präsidentin)

Dazu komme ich dann noch.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Licht.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist schon abenteuerlich, wenn die Vertreterin der GRÜNEN als Folge der Maut in der Prognose Julia Klöckner in Talkshows setzt.

(Carsten Pörksen, SPD: Na! na!)

Lächerlicher kann man eine Debatte nicht führen, Frau Kollegin.

(Beifall der CDU)

Herr Minister Lewentz, Sie haben sehr sachlich geschildert, wie der heutige Stand ist. Deswegen brauche ich auf diese Chronologie und das, was wir gerade erleben, in aller Breite nicht mehr einzugehen.

Ich teile Ihre Einschätzung, die Folgen seien – wie sagten Sie – hypothetisch. Eine Regelung, die es nicht gibt, die in 2015 und 2016 – – –

(Carsten Pörksen, SPD: Darüber haben wir gerade vorhin diskutiert, über eine Regelung, die es nicht gibt! Eine halbe Stunde lang!)

Es gibt unterschiedliche Debatten und unterschiedliche Voraussetzungen.

(Carsten Pörksen, SPD: Das ist wohl wahr!)

Wir haben es hier in den Voraussetzungen mit einer Bundesregierung zu tun, in deren Koalition Sie und wir uns befinden, Herr Kollege Pörksen. Das betrifft auch die Probleme, die damit einhergehen.

(Zuruf des Abg. Carsten Pörksen, SPD – Dr. Adolf Weiland, CDU: Herr Gabriel ist für die Maut! – Carsten Pörksen, SPD: Der Not gehorchend!)

Wir, die Christdemokraten in Rheinland-Pfalz – da sind wir einer Meinung –, haben genau wie Sie nie gesagt, dass wir die Maut wollten.

(Carsten Pörksen, SPD: Na! Na!)