Protokoll der Sitzung vom 27.05.2020

Er weiß, was los ist. Er hat der Ministerin gedankt und gesagt, wir haben inzwischen wieder Fallzahlen, die dazu führen, dass wir die Mitarbeiterzahl wieder herunterfahren können.

All Ihre Forderungen, lieber Herr Baldauf, kommen woher auch immer, aber sie kommen nicht aus der Realität in Rheinland-Pfalz. Mit der haben Sie nichts zu tun, Sie kennen sich nicht aus.

(Beifall der SPD und bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Martin Haller, SPD: Mai 2020!)

Man kann auch mit getragener Stimme und rhetorischen Pausen versuchen, sich sozusagen einen staatsmännischen Anstrich zu geben. Das Problem ist nur, man darf dabei einfach keine Unwahrheiten verbreiten, etwa was die Aufgabe der Kommunen mit Blick auf die Situation anbelangt, was die kommunalen Finanzen angeht.

(Abg. Martin Brandl, CDU: Jetzt wird es dünne Luft! – Abg. Alexander Licht, CDU: Jetzt wird es brenzlig! – Abg. Hedi Thelen, CDU: Die Landesverfassung ist da sehr eindeutig, Herr Kollege! – Weitere Zurufe von der CDU)

Ich weiß ja, dass Sie sich vorgenommen haben, den Wahlkampf zu eröffnen. Aber ich möchte Ihnen einmal das Zitat einer Organisation nennen,

(Weitere Zurufe aus dem Hause – Glocke des Präsidenten)

nämlich des Deutschen Landkreistags, der fürwahr nicht im Verdacht steht, sozialdemokratische Vorfeldorganisation zu sein. Der hat uns jüngst ins Stammbuch geschrieben, dass in keinem anderen Land als in Rheinland-Pfalz im Finanzbericht für die Landkreise der kommunale Finanzausgleich zugunsten der Landkreise in den letzten Jahren so gewachsen ist.

(Beifall der SPD, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der FDP)

Es tut mir furchtbar leid, dass ich Sie weiterhin mit Fakten irritieren muss, die Ihnen auch nicht aufgeschrieben worden sind. Mein Landkreis – ich bleibe schon wieder bei

meinem Landkreis – hat jüngst fast ein bisschen verschämt öffentlich erklären dürfen – vielleicht auch müssen –, dass er im Jahr 2019 erneut einen positiven Jahresabschluss in Rheinland-Pfalz hat.

(Abg. Martin Haller, SPD: Na so was! – Abg. Thomas Wansch, SPD: Gibt’s das? – Zuruf des Abg. Gerd Schreiner, CDU)

Damit reiht er sich ein in die Reihe vieler Landkreise und vieler Kommunen, die mithilfe des kommunalen Finanzausgleichs und mithilfe guter strategischer und auch fiskalpolitischer Entscheidungen und der guten Konjunktur, die wir in den Zeiten vor Corona hatten,

(Zuruf von der CDU: Ja, das ist der Grund!)

deutlich spüren, die Finanzen sind nach oben gegangen.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Wenige Zinsen, keine Investitionen! – Zuruf des Abg. Alexander Licht, CDU – Weitere Zurufe aus dem Hause)

Lieber Herr Kollege Baldauf, das ist natürlich etwas – ich merke es Ihrer Empörung und Ihrer Irritation an –, was nicht ins Wahlkampfdrehbuch passt.

(Abg. Alexander Licht, CDU: Warum sind die Kommunen so verschuldet?)

Aber Sie müssen sich doch endlich darüber im Klaren sein,

(Abg. Michael Frisch, AfD: Sie wollten doch die Wahrheit sagen!)

dass womöglich in Ihrer strategischen Aufstellung des Wahlkampfs 2021, wenn Sie sich mit wem auch immer treffen,

(Zuruf des Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU)

man sich überlegt, wie man es denn gerne hätte, damit man einen erfolgreichen Wahlkampf macht. – Das Problem ist nur, Sie werden in diesem Rheinland-Pfalz, das die Menschen erleben, Wahlkampf machen müssen, und Sie werden erleben, dass die Menschen mit dem Lebensgefühl, das Sie hier zu erzeugen versuchen, überhaupt nichts zu tun haben, dass die Menschen nicht den Eindruck haben, dass die Dinge so schlecht sind, wie Sie es darstellen.

(Beifall der SPD und bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lieber Herr Baldauf, ich weiß nicht, ob Sie sich nicht einmal auch mit denjenigen austauschen, die es auch versucht haben, mit all Ihren Vorgängern, die mit dem bekannten Erfolg versucht haben, einmal Land unter die Füße zu bekommen als CDU in Rheinland-Pfalz. Eine ist ja noch Landesvorsitzende, die kocht jetzt auch schon mit Kaufland.

(Vereinzelt Heiterkeit bei der SPD)

Sie hat es auch versucht. Sie hat es versucht, indem sie gesagt hat, wir reden den Menschen ein, es sei nicht so, dass

sie in einem Land leben, wo man vernünftig und ordentlich miteinander umgeht, wo man wirtschaftlich erfolgreich ist, wo man sozial auf sich achtet. – Also am Lebensgefühl vorbei, und das versuchen Sie erneut.

Lieber Herr Baldauf, das Interessante ist aber doch, Sie versuchen es entgegen der Wahrnehmung Ihrer eigenen Anhängerschaft. Wenn der SWR vor einigen Tagen eine Umfrage veröffentlicht, in der deutlich wird, dass es fast 70 % der CDU-Anhänger in Rheinland-Pfalz gut finden, meine Damen und Herren, wie Malu Dreyer und ihre Ampelregierung die Dinge hier gestalten,

(Abg. Martin Haller, SPD: Da kann man mal klatschen! – Beifall der SPD und vereinzelt bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

lieber Herr Baldauf, dann wird doch Ihr eigentliches Problem klar. Sie haben es ja nicht nur mit uns zu tun, sondern Sie haben es sogar mit den eigenen Leuten zu tun, den eigenen CDU-Anhängern, die Ihnen offensichtlich kein Wort glauben und schon lange nicht mehr sagen, Herr Baldauf tritt auf Grundlage dessen, was wir für richtig halten, für diesen nächsten Landtagswahlkampf an.

(Zuruf des Abg. Gordon Schnieder, CDU)

Lieber Herr Baldauf, Sie sind an der Stelle schlichtweg falsch gewickelt. Sie sollten es nutzen, dass 70 % der CDUAnhänger in Rheinland-Pfalz sagen, der Kurs ist der richtige; denn das zeugt davon, dass wir in Rheinland-Pfalz einen guten, einen überparteilichen Umgang miteinander finden und dass wir in Zeiten der Krise zusammenarbeiten und zusammenhalten, so wie wir es tun zwischen Land und Kommunen, so wie wir es tun zwischen Land und vielen Akteuren, die in Rheinland-Pfalz jetzt in einer besonderen Herausforderungslage sind.

Sie sollten nicht versuchen, den Leuten einzureden, was sie nicht glauben wollen. Lieber Herr Baldauf, dieser Wahlkampf, der auf falschen Annahmen und falschen Tatsachen basiert, wird zum Scheitern verurteilt. Ich glaube, das können wir heute schon miteinander feststellen.

(Beifall der SPD und vereinzelt bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es geht tatsächlich um Solidarität und Verlässlichkeit. Diese Verlässlichkeit muss uns prägen bei all dem, was wir in den nächsten Tagen und Wochen miteinander tun.

In den Kitas ist die Erwartung bei den Eltern, dass sie ihre Kinder endlich wieder in die Kitas senden können, weil der Urlaub aufgebraucht ist, weil die Kurzarbeit nicht mehr funktioniert, weil das Betreuungsproblem zu Hause vorhanden ist, und, ja, auch weil sie wissen, es kann den Kindern guttun, wenn sie wieder mit anderen Kindern in der Kita zusammen sind.

Auf der anderen Seite – die Ministerpräsidentin hat es angesprochen – sagen natürlich viele Erzieherinnen und

Erzieher, hoffentlich bekommen wir das hin, und unter welchen Maßgaben bekommen wir das hin? Gibt es ein Hygienekonzept?

Auch da besteht eine gute Zusammenarbeit. Natürlich hätte sich das Land, hätte sich Stefanie Hubig, unsere Bildungsministerin, auf den Standpunkt stellen können, das ist doch Aufgabe der Träger, das ist doch Aufgabe der Kommunen. – Sie hat es nicht getan, sondern sie hat gesagt, lasst uns an einen Tisch kommen. Lasst uns überlegen, wie wir das umgesetzt bekommen. Lasst uns den Stufenplan gemeinsam organisieren, und lasst uns auch diesen Hygieneplan gemeinsam organisieren.

Dass dieser Plan von allen unterstützt wird, von den Gewerkschaften, von den Trägern, auch den Trägern unterschiedlicher Farbgestaltung, von den Kommunen, ist doch ein enormer politischer Erfolg. Es mag ja sein, dass Ihnen das jetzt aus kurzfristigen Gedanken heraus nicht gefällt, lieber Herr Baldauf, aber es ist doch gut, dass wir diese Klarheit haben in der Kita-Landschaft in Rheinland-Pfalz.

Sie sind in den letzten Tagen immer dabei, sich Beispiele zu suchen, vermeintlich gute Beispiele. In der letzten Debatte haben wir viel darüber gehört, dass es in NordrheinWestfalen so gut läuft und wir uns daran Anleihen nehmen sollten.

(Abg. Martin Haller, SPD: Da hört man nichts mehr!)

Heute haben wir gehört, dass wir uns in BadenWürttemberg Anleihen nehmen sollten. Ich glaube nicht, dass wir das tun sollten. In Baden-Württemberg gab es bis vor wenigen Tagen in den Kommunen einen wahren Aufstand darüber, wie es in der dortigen Kita-Landschaft weitergehen soll. Es gab spontane Zusammenschlüsse von Elternbeiräten, die gesagt haben: Wer redet endlich mit uns? Kommt doch endlich einmal mit uns zusammen und redet mit uns.

Das haben wir in Rheinland-Pfalz nicht, weil wir schon am runden Tisch zusammen sind und weil wir diese Gespräche führen.

(Beifall bei der SPD)

Dass man nun auf Grundlage einer Studie und unter allgemeinem Druck, der von den Kommunen und von den Eltern gegenüber der Landesregierung ausgestrahlt wurde, versucht, eine neue Politik zu formulieren, auch das brauchen wir in Rheinland-Pfalz nicht, weil wir entlang von langen, gemeinsam gesprochenen Linien agieren.

Lieber Herr Baldauf, ich wüsste nicht, warum das in BadenWürttemberg für uns ein Vorbild sein sollte. Das Gegenteil ist der Fall. Ich bin froh, dass wir nicht in der Situation sind wie die Baden-Württemberger in diesen Tagen, was die Kita-Landschaft angeht.

(Beifall der SPD, bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der FDP)

Solidarität und Verlässlichkeit sind auch dort wichtig, wo wir in Europa zusammenarbeiten. Lieber Herr Baldauf, ich möchte das sagen, auch wenn es ein bisschen aus dem kleinen Kontext, den Sie vorgegeben haben, heraustritt; aber ich habe den Eindruck, dass viele in Rheinland-Pfalz spüren, wie wichtig Europa ist.

Ich komme aus der Südpfalz, wie Sie wissen, und ich habe durchaus festgestellt, dass es nicht nur die sind, die immer über Europa reden, sondern viele Bürgerinnen und Bürger ganz persönlich, ganz privat sagen, das mit den Grenzkontrollen, das mit den faktisch geschlossenen Grenzen stört uns massiv. Es behindert uns wirtschaftlich, es behindert das gemeinsame Zusammenleben, das tut uns weh.