Protokoll der Sitzung vom 28.05.2020

(Beifall der AfD)

Als nächstem Redner erteile ich für die Koalitionsfraktionen dem Abgeordneten Wink von der FDP-Fraktion das Wort.

Verehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! „Anno 1800“: Anders als es mit Blick auf diese Debatte vermuten lässt, handelt es sich nicht um die Überschrift des AfD-Parteiprogramms, sondern um den Titel eines sehr erfolgreichen Computerspiels.

(Heiterkeit bei FDP und SPD)

„Anno 1800“ hat bei dem Deutschen Computerspielpreis in der Königsklasse „Bestes Deutsches Spiel“ gewonnen und auch in der Kategorie „Gamedesign“.

(Beifall des Abg. Markus Stein, SPD)

Entwickelt wurde es von der Ubisoft Blue Byte, und zwar am Standort Mainz. Jetzt darf geklatscht werden.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

„Anno 1800“ ist nur eines von vielen Beispielen eines starken, kreativen, erfolgreichen und modernen Medienstandorts Mainz. Es verwundert mich deshalb, dass Sie in Ihrem Antrag wie folgt ausführen – Herr Präsident, ich darf zitieren –: „Auch wenn Rheinland-Pfalz gegenüber internationalen Standorten der Branche wie Kanada, USA und Japan wenig entgegenzusetzen hat, so besteht doch eine gute Chance, Rheinland-Pfalz als nationalen Gaming-Standort zu etablieren.“

Ich will deutlich sagen: Rheinland-Pfalz muss nicht als Gaming-Standort etabliert werden. Rheinland-Pfalz ist erfolgreicher Gaming-Standort, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

Dann versuchen Sie das zu verklären, indem Sie sich textlich etwas verbiegen. Ubisoft Blue Byte hätte lediglich eine Niederlassung in Rheinland-Pfalz. Der Unternehmenssitz sei ohnehin in Frankreich.

Sie verkennen damit, dass hier am Standort Pionierarbeit geleistet wird. Die populäre und erfolgreiche „Anno“Serie entstand beispielsweise hier bei Related Designs in Mainz, das mittlerweile in Blue Byte Mainz eingegliedert wurde. Über ein Vierteljahrhundert erfolgreiche GamingGeschichte wurde hier geschrieben, und Sie schreiben das herunter, um eine Grundlage für Ihren Antrag zu haben.

Klüger wäre gewesen, den Standort wertzuschätzen und partnerschaftlich weiterzuentwickeln. Ihn kleinzureden und als unbedingt förderungsbedürftig zu präsentieren, wird dem Standort Rheinland-Pfalz nicht gerecht, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP: Genau!)

Ganz nebenbei scheinen Sie nicht ganz in der Materie zu sein. Die Spieleentwicklung hat ihren Sitz nicht, wie Sie es behaupten, in Frankreich, sondern in Deutschland. In Frankreich sitzt von Ubisoft nur der Publisher, nicht das Studio. In Mainz sitzen daher die Kreativen, die hervorragende Produkte hervorbringen.

Darüber freuen wir Freien Demokraten uns und sind wie die Kolleginnen und Kollegen der SPD und der Grünen auch ein bisschen stolz, wenn das in renommierten Preisen Anerkennung findet.

Sie nennen in Ihrem Antrag auch die verschiedenen Formen von Förderungen, mit denen Filme und Games in RheinlandPfalz unterstützt werden. Wir sind gerne bereit, darüber zu sprechen, wie diese Instrumente für die Zukunft weiterent

wickelt werden könnten.

Allerdings finde ich die von Ihnen vorgebrachte Idee eines der Förderung vorgeschalteten Kulturtests gelinde gesagt befremdlich. Förderprojekte seien nur dann förderungswürdig, wenn sie einen wie auch immer gearteten Kulturtest bestehen. Inhalt eines geförderten Projekts muss nach Ihrer Vorstellung ein Bezug zu unserem Bundesland sein, es muss ausschließlich im Land produziert werden, und finanzielle Profiteure sollen ausschließlich Firmen unseres Landes sein.

Sie setzen einer Kreativszene, der Landesgrenzen relativ egal sind, auch in der konkreten Umsetzung ihrer Projekte Grenzen.

Eines darf ich Ihnen sagen: Die Kreativwirtschaft stand in den letzten Jahren stark im Fokus der Ampelkoalition und der Landesregierung. Das zeigen etliche Projekte.

Dann erwarten Sie von der Förderung, der Sie strikte landespolitische Grenzen setzen, dass diese sie international konkurrenzfähig macht. Blue Byte dürfte dann nicht einmal die verschiedenen Standorte in Deutschland nutzen. Das finde ich merkwürdig.

Mit Ihrer Förderkulisse wäre ein Game wie „Die Siedler“ – auch in diesem Hause entwickelt – nie entstanden. Kein Wunder, mit dem Spielprinzip, dass Menschen in einer neuen Heimat sesshaft werden, sich etwas aufbauen und ihr Glück finden, haben Sie ohnehin Probleme.

(Heiterkeit bei der SPD)

Als Lobby der Film- und Games-Szene ist die AfD daher ungeeignet.

An dieser Stelle darf ich noch einen Dank an das Team von GameUp! aussprechen. Dies beteiligt sich auf rheinlandpfälzischer Ebene an der Gamescom, ist in Rheinland-Pfalz gut vernetzt und steht ehrgeizig für die Szene ein. Ebenfalls auch einen Dank an die Landeszentrale für Medien und Kommunikation (LMK), das Wirtschaftsministerium und das Wissenschaftsministerium, die diesbezüglich ebenfalls im Kontakt stehen und für die Zukunft arbeiten.

Danke schön.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einer Kurzintervention auf die Ausführungen des Abgeordneten Wink erteile ich das Wort dem Abgeordneten Paul.

Lieber Kollege, es gibt eine Kennzahl. Natürlich freuen wir uns auch, dass ein Spiel aus Rheinland-Pfalz einen Preis

bekommen hat. Es gibt allerdings eine Kennzahl, die zu denken geben muss, und die bezieht sich auf RheinlandPfalz.

Deutschland ist einer der größten Märkte, aber vom Umsatz profitieren im größten Maße, wenn es um den Löwenanteil geht, eben ausländische Firmen. Das heißt also, hier gehen uns Marktchancen verloren.

Es ist schön, dass Sie auf die Spielreihe „Anno“ Bezug genommen haben. Da freuen wir uns mit. Aber wir müssen uns nach den wirtschaftlichen Kennzahlen richten und feststellen, dass dieses Potenzial nicht genutzt wird.

Sie haben sich über den Kulturtest aufgeregt. Der Kulturtest legt auch fest, dass wir eben nicht unbedingt Ballerspiele fördern wollen, sondern Spiele, die einen gewissen kulturellen und inhaltlichen Anspruch haben.

(Beifall der AfD)

Das ist auch Teil des Kulturtest. Das ist doch das, was Sie immer kritisieren. Die CDU will die Gamer-Szene in den Blick nehmen. Ich denke, ein Kulturtest muss eben auch sehen, dass wir förderwürdige Spiele mit Geld ausstatten.

Außerdem ist es nicht falsch, in einem Kulturtest festzulegen, dass die Förderung auch Arbeitsplätzen in RheinlandPfalz zugute kommt. Die Bundesförderung richtet sich auch nicht an die Games-Branche in Neuseeland, sondern die Games-Branche in Deutschland.

(Beifall der AfD)

Wer das verkennt, hat keine Ahnung von der Materie.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Sehr gut!)

Wir wollen eine Institutionalisierung der Förderung. Wir wollen keine Förderungsfragmente, keinen bunten Blumenstrauß, keinen Förderdschungel. Wir wollen, dass der Staat, das Land Rheinland-Pfalz, diese Förderung in einer Institution ernst nimmt und punktgenau fördert.

Dass wir die Voraussetzungen haben, Studiengänge und ein erfolgreiches Studio oder Publisher, das sind gute Voraussetzungen, aber darauf wollen Sie nicht aufbauen. Das geht nur mit einer institutionellen Förderung.

Herr Wink, wissen Sie was? Ich glaube, bei diesen ganzen Nebelkerzen, Sie fühlen sich einfach ertappt.

(Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP: Ha!)

Sie reden groß von Wirtschaft, haben das Wirtschaftsministerium, aber hier sind Sie definitiv blank.

(Abg. Giorgina Kazungu-Haß, SPD: Wie wollen Sie denn einzelne Projekte institutionell fördern?)

Sie sind blank.

(Beifall der AfD)

Sie haben Förderungsfragmente, aber keine institutionelle Förderung.

(Abg. Giorgina Kazungu-Haß, SPD: Aber darum geht es doch! Wenn Sie Einzelprojekte fördern, ist das Projektförderung!)