Protokoll der Sitzung vom 27.08.2020

Danach hat die Beamtin oder der Beamte die für die Entscheidung – darum geht es – erforderlichen Nachweise, insbesondere über Art und Weise der Nebentätigkeit sowie die Entgelte oder geldwerten Vorteile hieraus, zu führen

und jede Änderung unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Die Änderung von Mehrheitsverhältnissen in einem Unternehmen, die dazu führt, dass sich dessen Kapital überwiegend auf einmal in öffentlicher Hand befindet, ist eine für die ausgeübte Nebentätigkeit wesentliche Änderung, die dann auch unverzüglich anzuzeigen ist. Erst eine solche Änderung führt nämlich dann dazu, dass eine nebentätigkeitsrechtliche Ablieferungspflicht der kommunalen Wahlbeamten an ihren Dienstherrn entsteht.

Eine Übertragung der Zuständigkeit für die Kontrolle, wie sie hier gefordert wird, der Abführungspflichten an die Aufsichtsbehörden, das hätte rein gar nichts daran geändert, dass die Mitteilung – das ist der Kern der Frage – unterblieben ist. Etwas, was nicht angezeigt wird, kann nicht kontrolliert werden.

Wenn man den Antrag wörtlich nähme, dann wäre die ADD in diesem Bereich zudem auch für alle Beamtinnen und Beamten des Landes Rheinland-Pfalz, also Tausende von Beamtinnen und Beamten, auf einmal zuständig und müsste die bei der Ablieferung kontrollieren. Ich halte das, gelinde gesagt, nicht für durchdacht. Hier wird eine Lösung für ein Problem gesucht, das derzeit keiner hat.

Wir wollen die Änderung von gesetzlichen Regelungen dort, wo sie erforderlich sind und mit einem Regelungsinhalt, der für die Praxis handhabbar ist. Deswegen setzen wir gerade im Bereich des komplexen Nebentätigkeitsrechts auf einen intensiven Austausch unserer Experten im Beamtenrecht mit den kommunalen Spitzenverbänden.

Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und vereinzelt bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt gibt es keine Wortmeldungen mehr. Vielen Dank.

Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung über diesen Antrag – Drucksache 17/12756 –. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke schön. Für Enthaltungen besteht kein Raum. Ich stelle fest, dass der Antrag bei Zustimmung der AfD mit den Stimmen der SPD, der CDU, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt wurde.

Ich rufe Punkt 24 der Tagesordnung auf:

Studie zur Erfassung des Bedarfs an sozial gefördertem Mietwohnraum in Rheinland-Pfalz Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 17/12757 –

Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart. Ich darf einem Mitglied der antragstellenden Fraktion das Wort zur Begründung erteilen. – Herr Abgeordneter Dr. Böhme, bitte schön, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Anzahl der in Rheinland-Pfalz verfügbaren Mietwohnungen mit Belegungs- und Mietpreisbindung, allgemein Sozialwohnungen genannt, wird am Ende der laufenden Legislaturperiode auf 45.000 bis 46.000 Wohnungen gesunken sein. Diese Anzahl kann man aus den Zahlen der Landesregierung ableiten, welche sie bereits im Jahr 2017 in einer Antwort auf die Große Anfrage der AfD-Fraktion „Wohnen in Rheinland-Pfalz“ genannt hat, zudem aus dem aktuellen Stand von 50.231 Sozialwohnungen zum Stichtag 31. Dezember 2019 und den geringen Zuwachsraten im Hinblick auf neu gebaute Sozialwohnungen und beim Erwerb von Belegungsbindungen von insgesamt nur 1.000 Wohnungen pro Jahr ca.

Allein in den beiden Jahren 2020 und 2021 werden ca. 8.000 Sozialwohnungen aus der Belegungs- und Mietpreisbindung herausfallen. Insgesamt verringert sich der Bestand an Sozialwohnungen in der laufenden Legislaturperiode um ca. 13.000 Wohneinheiten.

Diese Zahlen klingen für mich nicht gerade erbaulich, gerade auch weil der VdK bereits zu Beginn der laufenden Legislaturperiode davon sprach, dass in Rheinland-Pfalz 150.000 Sozialwohnungen fehlen, und es ist nicht besser geworden. Eine bundesweite Untersuchung des Pestel Instituts Hannover, brandaktuell veröffentlicht am 20. August des laufenden Jahres, weist auf den großen Mangel an bezahlbarem Wohnraum in Deutschland hin. Hierbei addieren sich zwei negative Effekte, zum einen der sinkende Bestand an Sozialwohnungen, zum anderen die stark steigenden Mieten im Bestandsangebot, welche vor allem die junge Generation und Wohnungssuchende allgemein treffen.

Es ergibt sich also der Anschein, dass der Bedarf an gebundenem Mietwohnraum in Rheinland-Pfalz und das Angebot weit auseinanderklaffen. Es fehlt vor allem an preiswerten Ein- und Zweiraumwohnungen. Das stellt der Rechnungshof in seinem Jahresbericht fest und stellt damit der Landesregierung im Hinblick auf die Förderung des sozialen Wohnungsbaus ein wenig schmeichelhaftes Attest aus, um es einmal nett zu formulieren.

Für einen verantwortungsvollen und pflichtbewussten Parlamentarier und jeden klar denkenden Menschen kann es hierbei nur eine Frage geben: Wie viele sozial geförderte Mietwohnungen werden denn eigentlich gebraucht in Rheinland-Pfalz? Daher haben wir bereits in der Großen Anfrage 2017 und erneut in der Großen Anfrage „Soziale Mietraumförderung – Bedarfe“ vom April des laufenden Jahres die Frage nach der Anzahl der aktuell ausgegebenen Wohnberechtigungsscheine in Rheinland-Pfalz gestellt.

Diese Frage wollte die Landesregierung aber weder im Jahr 2017 noch im Jahr 2020 beantworten. Die Zahl der Wohnberechtigungsscheine wäre aber ein Hinweis auf den eigentlichen Bedarf gewesen.

Doch es gibt weit bessere Ansätze, um einen umfassenden Überblick über den Bedarf an Sozialwohnungen und sozial

gefördertem Wohnraum zu erhalten. Die Studie des Pestel Instituts Hannover aus dem Jahr 2012 im Auftrag der Wohnungsbauinitiative macht es vor, und so haben wir uns als AfD-Fraktion die Mühe gemacht, deren gute Ansätze und unsere eigenen Gedanken in einem Antrag zu vereinen, welcher Ihnen jetzt vorliegt.

Wir, die AfD-Fraktion, fordern, dass die Landesregierung eine eigene aktuelle Studie zum Bedarf an sozial gefördertem Mietwohnraum in Rheinland-Pfalz in Auftrag gibt; denn es sollte doch wohl von Interesse sein zu erfahren, wie groß die Hausforderungen im Bereich des sozialen Wohnungsbaus sind und welche Ambitionen die Landesregierung gemeinsam mit den Kommunen tatsächlich entwickeln muss, um preiswerten Wohnraum für Anspruchsberechtigte in ausreichender Menge zur Verfügung zu stellen und die Situation am Wohnungsmarkt zu entspannen.

Erklären Sie mir bitte nicht, Frau Bauministerin Ahnen, dass Sie die Zahlen nicht interessieren, weil Sie mit der Lösung aktueller Probleme beschäftigt sind. Planen und richtig agieren kann man nur, wenn man die Größe der Herausforderung kennt, vor der man steht. Der soziale Wohnungsbau ist einfach zu wichtig, gerade vor dem Hintergrund der herrschenden Wohnungsnot und der Corona-Krise, um ins Blaue hinein agieren zu können.

(Beifall der AfD)

Damit wir dann in Zukunft nicht wieder von der Bauministerin Ahnen auf einer Pressekonferenz hören müssen, 4.000 sozial geförderte Wohnungen pro Jahr wären sehr ambitioniert gewesen, nachdem sie zugeben musste, dass die Landesregierung das ausgelobte Ziel von 20.000 sozial geförderten Wohnungen nicht erreicht und in Rheinland-Pfalz in der laufenden Legislaturperiode nur bei ca. 14.000 Förderfällen landen wird, sollte man nun eine Studie auf den Weg bringen, welche der Ministerin zeigt, was wirklich ambitionierte und vor allem notwendige Ziele bei der sozialen Wohnraumförderung wären. Nur dann kann man sich auch fruchtbare Gedanken machen, was wirklich unternommen werden muss.

Stimmen Sie also unserem Antrag zu, meine Damen und Herren. Wir wollen im Parlament Sehende sein und keine Blinden.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Nun erteile ich das Wort dem Abgeordneten Köbler für die Koalitionsfraktionen, nehme ich an.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema „Soziale Wohnraumförderung und bezahlbare Mieten“ ist ein sozi

alpolitisch sehr wichtiges. Es ist in einigen Städten bei uns vielleicht das wichtigste sozialpolitische Thema. Ich weiß, wovon ich spreche. Bei mir im Stadtteil sind wir bei Nettokaltmieten bei Neuverträgen von 12,30 Euro und mehr angekommen.

Aber dann sollten wir es auch mit der entsprechenden Ernsthaftigkeit und inhaltlichen Tiefe diskutieren. Was wir jetzt nicht brauchen, ist eine weitere Studie zu beauftragen, die der AfD Nachhilfeunterricht beim Thema „Soziale Wohnungsmarktpolitik“ gibt.

Meine Damen und Herren, das eine ist, die von Ihnen geforderten Gutachten und Studien liegen zuhauf vor, Sie müssten sie einmal lesen. Es gibt da zum einen die empiricaStudie der Landesregierung. Es gibt aber auch den jährlichen Wohnungsmarktbericht der Investitions- und Strukturbank (ISB). Sie geben uns Auskunft über die Lage, wie sie ist.

Sie sprechen zu Recht einen Punkt an: die sinkende Anzahl des geförderten Wohnraums und das Auslaufen von Belegungsrechten. Da muss man sich erst einmal vergegenwärtigen, warum das so ist. Es ist deswegen so, weil vor drei Jahrzehnten der Bund die Gemeinnützigkeit von Wohnen aus dem Gesetz gestrichen hat und jetzt die alte Bundesförderung, die auf 30 bis 40 Jahre angelegt war, überall schrittweise ausläuft.

Ja, diesem Problem muss man sich zielgenau nähern. Aber es bedeutet nicht, dass eine Wohnung, die eben noch in der Bundesförderung war und jetzt aus der Förderung herausfällt, dann sofort eine nicht bezahlbare teure Wohnung ist, sondern sie ist in dem Moment eben nicht gefördert. Deswegen erscheint es mir zielgenauer, den Ankauf von Belegungsrechten zielgenau dort einzusetzen, wo die alte Förderung des Bundes ausläuft.

Wenn Sie jetzt eine Studie fordern mit allen möglichen Daten, die Sie haben wollen – die übrigens alle öffentlich vorliegen, schauen Sie nur beim Statistischen Landesamt, dort können Sie alle Zahlen nachlesen –, dann frage ich mich: Was wollen Sie eigentlich wissen? Sie fragen beispielsweise nach der Zahl der SGB-II-Empfänger oder der Wohngeldempfänger. Die können Sie nachlesen.

Aber da haben Sie doch schon allein folgendes Problem – der Kollege Steven Wink wird es mir nachsehen, dass ich das Beispiel Pirmasens nehme –: Sie haben in der Stadt Pirmasens eine SGB-II-Hilfe-Quote von 18,7 %. Sie haben aber in Pirmasens auch eine Nettokaltmiete von 5 Euro. Warum? Weil Sie in Pirmasens auch eine Leerstandsquote von 8,7 % haben. Das heißt, die Zahlen, die Sie zusammenwürfeln, werden Ihnen überhaupt keinen Aufschluss über die Frage geben, die Sie vorgeblich interessiert, nämlich wie der konkrete Bedarf ist.

Der konkrete Bedarf am Wohnungsmarkt in Rheinland-Pfalz ist einfach total disparat, was auch klar ist, wenn ich die Bodenpreise der Vulkaneifel mit denen in der Mainzer Neustadt vergleiche. Deswegen macht es überhaupt keinen

Sinn, eine solche landesweite Studie mit diesen Variablen zu machen. Sie hätte null Aufklärungseffekt.

Viel besser ist das, was wir machen. Wir haben die Wohnungsförderung auf 300 Millionen Euro aufgestockt. Wir haben Mietpreisbremsen in den entsprechenden Städten installiert. Wir haben die Kappungsverordnung gemacht. Wir haben das Zweckentfremdungsverbot beschlossen, übrigens gegen Ihre Stimme. Jetzt sind auch noch einmal die Förderbedingungen entsprechend angepasst worden, was die Wohnraumförderung angeht.

Was wir brauchen, ist meiner Ansicht nach auf Bundesebene ein Zurück zur Gemeinnützigkeit von Wohnen. Wir brauchen auf der kommunalen Ebene mehr kommunale Wohnungsgesellschaften; denn die allermeisten Anträge, die bei der ISB gestellt werden, kommen von denen. Da brauchen wir mehr Engagement. Was wir jetzt nicht brauchen, ist noch eine weitere Studie mit Daten, die alle schon vorliegen.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Zu einer Kurzintervention auf die Ausführungen des Abgeordneten Köbler erteile ich das Wort dem Abgeordneten Dr. Böhme.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine Damen und Herren, lieber Kollege Köbler! Wir haben uns die Studien natürlich angeschaut, auch die empirica-Studien, aber die haben eine ganz andere Zielrichtung als das, was wir gefordert haben. Dort geht es im Wesentlichen um Zustandsbeschreibungen am Wohnungsmarkt allgemein und Projektionen, wo es hingeht, Wanderungsbewegungen und Ähnliches.

Man kann aus diesen Studien keinen unmittelbaren Bedarf an Sozialwohnungen ableiten. Man kann zwar ableiten, wo die einzelnen Problemfelder in Rheinland-Pfalz sind. Das kann man aber auch ohne Studie ableiten. Das sind natürlich die Ballungsgebiete. Solche Tendenzen kann man erkennen, aber es gibt keine exakten Zahlen. Wenn es sie gegeben hätte – denn die Studien gehen ja auf den Stand 2017 zurück –, dann hätte die Landesregierung sowohl im Jahr 2017 als auch im Jahr 2020 die konkreten Zahlen nennen können, als wir in Großen Anfragen danach gefragt haben.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Sehr gut!)

Wenn die Landesregierung bestätigt, dass sie die Zahlen nicht hat und sie in den Studien auch nicht aufgeführt sind, macht es also durchaus Sinn, sie zu erfragen.

Sie werfen uns vor, wir hätten die Studien nicht gelesen.

Ich glaube, Sie haben die Pestel-Studie nicht gelesen; denn die Dinge, die wir aus dieser Pestel-Studie herausgezogen haben, sind nicht nur einzelne Werte, sondern das ist die Grundlage für eine systematische Auswertung, so wie sie vom Pestel Institut gemacht worden ist. Auf dieser Basis kann man vernünftige Abschätzungen treffen, wie viele Sozialwohnungen ganz konkret gebraucht werden.

Sie sagten dann noch, man könne nicht regional agieren. Natürlich kann man das. Man kann diese Zahlen auch regional auswerten. Letztendlich geht es auch dem Pestel Institut bei Weitem nicht nur um die Anzahl der Sozialwohnungen, sondern es schätzt schon auch die Marktbedingungen mit ab, also wie viele Wohnungen im Bestand bezahlbar sind.

Auch das ist eine Frage, die man sich dort gestellt hat, und die korrespondiert , ganz wichtig, auch mit der Anzahl der Sozialwohnungen; denn es gibt zwei Faktoren – das habe ich in meiner Rede genannt –: Ich kann auf der einen Seite Sozialwohnungen haben, die bezahlbar sind, weil sie sozial gefördert sind, ich kann auf der anderen Seite aber eben auch noch bezahlbare Wohnungen im Bestand haben. Beide Dinge sind wirklich von Interesse.