Protokoll der Sitzung vom 28.08.2020

Das heißt also, man muss also quasi Ihre Landräte gesetzlich zwingen, sichere Busse fahren zu lassen, und das ist ein ziemlich mieses Zeugnis, das Sie Ihren eigenen Leuten ausstellen. Ich bin sicher, nicht alle Landrätinnen und Landräte haben so ein schlechtes Urteil der CDU verdient. Da bin ich sicher.

(Beifall der FDP, bei der SPD und vereinzelt bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen finde ich diese Schuldzuweisungen an die Landesregierung schlicht daneben.

Es ist auch nicht richtig, dass seit Monaten Gespräche geführt werden zwischen den Landräten und der Landesregierung. Fakt ist, dass sie jederzeit weniger Stehplätze haben könnten. Sie hätten in der Sommerzeit schon anfangen können, das so zu organisieren.

Jetzt ist die Situation die, dass wir seitens des Landes gesagt haben, wir helfen in der Corona-Phase mit zusätzlichen Buskapazitäten. Ich habe als Verkehrsminister gesagt, ich bin bereit, mit den Busunternehmen zu evaluieren, wo noch Busse vorhanden sind. Im Augenblick haben wir etwa 200 Busse in der Busbörse zur Verfügung, die wir ihnen anbieten können.

Dann haben wir gesagt, wir bieten auch an, die Kosten zu übernehmen, und dann sagen Sie, man müsste 100 % der Kosten übernehmen und nicht 90 %. – Das ist auch nicht besonders schlau, und jetzt will ich Ihnen sagen, warum.

Wenn wir 100 % der Kosten übernehmen würden, also keinen Selbstbehalt der Kommunen, dann liefen wir Gefahr, dass die knappen Kapazitäten bei den Bussen, die wir haben, nicht dort eingesetzt werden, wo sie dringend gebraucht werden, sondern dass jeder maximal viel für sich abruft und am Ende einige Kommunen leer ausgehen.

Deswegen wollen wir mit dem Selbstbehalt auch an die Verantwortung appellieren, sie dort einzusetzen, wo man sie wirklich braucht. Der Selbstbehalt ist gering, er beträgt nur 10 %.

Wenn Sie meinen, man könnte beliebig viele Busse fahren lassen, muss ich Sie auch eines Besseren belehren. Die Kapazitäten sind knapp, es gibt nur eine begrenzte Anzahl von Bussen, und es gibt auch nur eine begrenzte Anzahl von Busfahrerinnen und Busfahrern. Trotzdem sind wir im Ländervergleich hier Nummer eins. Es gibt drei Bundesländer, die überhaupt nur ein solches Programm auflegen: Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und jetzt kürzlich

auch noch das Saarland.

Wenn Sie die Zahl der vorhandenen und zur Verfügung gestellten Busse runterrechnen auf die Schülerzahlen, dann haben wir es geschafft in Rheinland-Pfalz, bezogen auf die Schülerzahlen, den höchsten Anteil an Bussen zur Verfügung zu stellen.

Also tun wir hier, was wir können. Ich bin ganz sicher, dass die Verantwortungsträger in den Kommunen, jedenfalls die überwiegende Zahl, verantwortungsvoll mit diesem Angebot umgehen und das abrufen werden.

Herr Kollege Weiner, dann haben Sie gesagt, die rechtlichen Rahmenbedingungen seien völlig unklar, und deswegen würde das alles nicht funktionieren. Auch das ist falsch. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind klar, die Förderrichtlinie ist fertig, die Förderbedingungen sind ganz klar formuliert und an die Kommunen übersandt worden. Also gibt es überhaupt keinen Grund, irgendetwas bei der Landesregierung abzuladen.

Natürlich ist es richtig, wenn Zeitungsartikel zitiert werden und gesagt wird, es ist den Eltern doch letztlich egal, wer dafür zuständig ist, die Dinge müssen gelöst werden. Was aber auch wichtig ist, dass wir hier klarmachen, man kann sich nicht so verhalten, dass man sich in einer entscheidenden Frage, die für die Eltern wichtig ist, wenn man kommunalpolitische Verantwortung trägt, in die Büsche schlägt, sich mit Krokodilstränen neben die übervollen Busse stellt, die man selbst zu verantworten hat, und dann hier mit einer Scheindebatte trickreich den Eindruck zu erwecken versucht, die Landesregierung könnte irgendetwas über das, was sie schon getan hat, hinaus noch beitragen, damit die Busse leerer werden. Das ist verantwortungslos.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Vizepräsidentin Astrid Schmitt übernimmt den Vorsitz)

Deswegen will ich einmal zusammenfassen: Es gibt eine Ebene, die jetzt wirklich alles getan hat, um das Problem zu verbessern. Das ist die Ebene der Landespolitik.

(Heiterkeit das Abg. Gerd Schreiner, CDU)

Sie hat Ihnen die Möglichkeit gegeben, im Gesetz weniger Stehplätze zur Verfügung zu stellen als bisher. Das können Sie sofort machen.

Sie hat Ihnen eine Busbörse mit 200 Bussen zur Verfügung gestellt, die abgerufen werden können. Die Förderrichtlinie ist auch fertig, und wir haben Millionenbeträge dafür zur Verfügung gestellt, mehr als jedes andere Bundesland bezogen auf die Schülerzahl.

Dann gibt es eine andere Ebene, die jetzt noch handeln muss, und das ist die kommunale Ebene, das sind die Landrätinnen und Landräte und die Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister. Da tragen Sie sehr viel Verantwortung. Wenn Sie künftig auf Landesebene auch einmal

Verantwortung tragen wollen, sollten Sie jetzt den Menschen in Rheinland-Pfalz beweisen, dass Sie auf der Ebene, auf der Sie zuständig sind und Verantwortung haben, auch in der Lage sind, etwas zu verbessern und nicht nur mit Krokodilstränen auf andere zu zeigen.

(Beifall der FDP, bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt noch ein Thema, das vielleicht auch wichtig ist zur Versachlichung dieser ganzen Debatte. Es wird der Eindruck erweckt, dass das Hauptunfallrisiko für Schülerinnen und Schüler im Bereich der öffentlichen Beförderung bestünde. Auch das ist grundfalsch.

(Abg. Jochen Hartloff, SPD: Ja!)

Nach der Statistik der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung ist der Bus das mit Abstand sicherste Verkehrsmittel auf dem Schulweg. Wir haben eine Statistik aus dem Jahr 2019, die besagt, 7,9 % der Straßenverkehrsunfälle sind im Zusammenhang mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf dem Schulweg passiert, und 70,8 % bei privater Beförderung. Wenn man also wirklich etwas für mehr Sicherheit der Schülerinnen und Schüler tun möchte, dann muss man vor allem die private Beförderung in den Blick nehmen und nicht die öffentlichen Busse.

Deswegen empfehle ich jetzt, dass wir mit dieser Scheindebatte aufhören. Dieser Antrag ist überflüssig. Man kann auch nicht ernsthaft mit der Änderung des Schulgesetzes, die dann irgendwann in zweiter Lesung im nächsten Jahr kommt, in der jetzigen Situation irgendetwas für die Eltern oder die Schülerinnen und Schüler verbessern.

(Zuruf von der SPD: Genau!)

Die Debatte ist überflüssig. Einer gesetzlichen Änderung bedarf es nicht. Sie haben alle Handlungsoptionen auf kommunaler Ebene. Sie haben maximale Unterstützung des Landes durch Busbörse und durch finanzielle Möglichkeiten. Hören Sie auf, hier Scheindebatten zu führen. Handeln Sie, sagen Sie Ihren Landrätinnen und Landräten, es gibt viel zu tun, sie können jetzt sofort damit anfangen. Die Förderrichtlinie ist fertig.

Wir sind es den Menschen schuldig. Die Menschen haben Sorgen um die Beförderung. Sie wollen, dass ihre Kinder sicher zur Schule kommen ohne ein Infektionsrisiko. Scheindebatten führen nicht weiter. Tragen Sie Verantwortung, wo Sie sie von den Bürgern übertragen bekommen haben.

(Beifall der FDP und bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Johannes Klomann, SPD: Jawohl!)

Es liegt eine weitere Kurzintervention des Abgeordneten Weiner vor.

(Abg. Sven Teuber, SPD: 5 : 4 für die CDU! – Weitere Zurufe von der SPD)

Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Minister, meine Damen und Herren! Ich drehe es jetzt einmal um. Unterstellen wir einmal, dass all die Redner der Koalition recht hätten, und die Landräte würden all das missachten,

(Abg. Michael Hüttner, SPD: Bitte keine Unterstellung!)

was eigentlich gewollt ist.

(Abg. Johannes Klomann, SPD: Nicht alle! – Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nicht alle!)

Wäre es da nicht sinnvoll, eine Verordnung zu machen, die das klar regelt?

(Zuruf der Abg. Giorgina Kazungu-Haß, SPD)

Deshalb habe ich nur eine einzige Frage an Sie, Herr Minister, an die Landesregierung, die alle Koalitionssprecher nicht beantwortet haben: Sind Sie bereit, mit uns gemeinsam

(Abg. Hans Jürgen Noss, SPD: Nein! – Zuruf der Abg. Giorgina Kazungu-Haß, SPD)

das Personenbeförderungsgesetz oder die Verordnung für die Schülertransporte so zu verändern, dass schrittweise die Zahl der Stehplätze mit dem Ziel reduziert wird,

(Abg. Hans Jürgen Noss, SPD: Das kann doch sowieso jeder machen!)

für jeden Schüler einen Sitzplatz im Bus zu haben?

Danke schön.

(Beifall der CDU – Abg. Hans Jürgen Noss, SPD: Was soll das Ganze?)

Das Wort zur Erwiderung hat Staatsminister Dr. Wissing.

Herr Kollege Weiner, ich mache Ihnen einen viel besseren Vorschlag.

(Abg. Alexander Licht, CDU: Oh!)

Wenn die Debatte zu Ende ist, fahren Sie zum Landrat der Südlichen Weinstraße – von Problemen dort haben Sie gesprochen –, und sagen Sie ihm, Sie seien in der Debatte

heute schlauer geworden, Sie hätten erfahren, dass die gesetzlichen Grundlagen es ihm heute schon ermöglichen, weniger als 70 % Stehplätze auszunutzen. Da haben wir heute schon eine Lösung, da brauchen wir keine Verordnung zu ändern.

(Vereinzelt Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heiterkeit bei der SPD – Zuruf des Abg. Martin Brandl, CDU)