Protokoll der Sitzung vom 17.09.2020

Es gehört auch dazu, dass wir die schützen, die uns schützen. Wir haben schon früh, zu Beginn dieser Pandemie, festgestellt, dass dies insbesondere die Persönlichkeiten sind, die in der Pflege und in der Medizin arbeiten. Wir haben deutlich gemacht: Wir wollen insbesondere die Menschen in der Altenpflege unterstützen, indem wir den Pflegebonus nicht nur auszahlen, sondern noch aufstocken.

Ich hätte mir gewünscht – das sage ich noch einmal –, dass wir nicht allein gewesen wären, sondern uns die Arbeitgeber geholfen hätten. Wir haben es jetzt allein aus den Landeshaushaltsmitteln genommen.

Ähnlich wird es sein, wenn es jetzt darum geht – ich gehe davon aus, dass das Parlament unserem Vorschlag als Ampelkoalition folgt –, dass wir das durch einen Betrag

ergänzen, den wir mit Blick auf die Krankenpflege aufstocken.

Allein im Bereich der Altenpflege haben wir in RheinlandPfalz 55.000 Menschen mit über 13 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt erreicht.

Wir werden eine entsprechende Summe – sie wird vielleicht darunter liegen, wahrscheinlich sehr stark darunter liegen – auch im Bereich der Krankenpflege in die Hand nehmen.

Meine Damen und Herren, all das sendet doch ein deutliches Signal an die Menschen im Krankenhaus, in der Altenpflegeeinrichtung, in der ambulanten Pflege: Wir haben Euch nicht vergessen. Wir sehen Euch. Wir wissen, was wir Euch zu verdanken haben.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will aber auch sagen: So richtig glücklich bin ich über diese Maßnahmem nicht. Ich formuliere es sehr vorsichtig; denn so schön es ist, dass wir gemeinsam bereit sind, diese Summe in die Hand zu nehmen, so schön wäre es gewesen, wir hätten tatsächlich mit politischen Entscheidungen oder zumindest durch politische Initiativen anschieben können, dass diese Menschen auch noch nächstes und übernächstes Jahr und für den Rest ihrer beruflichen Tätigkeit diese Signale wahrnehmen.

(Beifall der SPD, bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb sage ich, gut, dass wir das machen können. Es wäre aber noch besser gewesen, wir hätten in Deutschland einen gemeinsamen parteiübergreifenden Schulterschluss hinbekommen, damit endlich klar wird, dass es in Deutschland, insbesondere nach der Erfahrung durch die CoronaPandemie, keinen tarifvertragsfreien Bereich mehr in der Pflege geben kann. Das muss doch die Aufgabe der Zukunft sein.

(Beifall der SPD, bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für mich bleibt das eine Aufgabe.

So schön es ist, dass Dr. Peter Heinz, der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz, uns attestiert hat „Wir haben es exzellent hinbekommen“ – das war gerade ein Zitat –, so schön und wichtig wäre es zu wissen, dass wir mit diesem Rückenwind, den wir für die Pflege erreicht haben, tatsächlich bessere Arbeitsbedingungen insgesamt erreichen können. Das wäre für uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten eine ganz wichtige Entscheidung für die Zukunft.

(Beifall der SPD)

Das Thema „Wirtschaft“ ist angesprochen worden. Ich habe gesagt, wir brauchen da Perspektive. Wir müssen Perspektiven formulieren. Das machen wir mit unserem Sondervermögen.

Wir sprechen mit vielen Unternehmen und Selbstständigen. Wir sprechen auch mit der Arbeitnehmerseite und den Gewerkschaften. Das Kabinett hat sich gerade in diesen Tagen mit unseren DGB-Gewerkschaften getroffen. Da gab es einen intensiven Austausch. Meine Fraktion macht das sehr intensiv.

Natürlich gibt es diesbezüglich viele Sorgen im Land. Es gibt auch Branchen, die gut durch die Krise kommen. Es gibt einige wenige, die geradezu davon profitieren, aber die allermeisten sehen mit banger Erwartung in die Zukunft. Dann geht es schon darum, dass wir die Hilfen so organisieren, dass sie tatsächlich ankommen. Wir können uns hier darüber austauschen – Herr Kollege Baldauf, ich glaube, wir haben alle unseren besonderen Blickwinkel –, aber viel spannender fände ich es, einmal einen Blick in die Praxis zu werfen.

Ich habe schon beim letzten Mal Berichte aus der EnqueteKommission, die zurzeit immer wieder tagt, zitiert. Ich will es hier wieder machen. Wir haben vor Kurzem eine Stellungnahme des Landkreistags erhalten. Darin ist eine gemeinsame Rückmeldung der Wirtschaftsförderer, insbesondere in den Landkreisen, zusammengefasst worden. Die haben uns, weil sie sehr, sehr nah an den Unternehmen dran sind und jeden Tag mit denen zu tun haben, sehr klar mitgegeben, was gut ist und was noch besser werden kann.

Aus deren Sicht ist gut, dass wir uns in Rheinland-Pfalz dafür eingesetzt haben, dass es auf Bundesebene die Verlängerung des Kurzarbeitergelds gibt. Das stabilisiert viele Unternehmen. Das stabilisiert viele Arbeitnehmer.

Aus deren Sicht ist gut, dass das Soforthilfeprogramm bei uns in Rheinland-Pfalz über unsere Investitions- und Strukturbank, die ISB, organisiert wurde, und zwar so, wie es organisiert wurde, nämlich mit Bedacht. Natürlich hätte es am Anfang schneller gehen können. Das ist richtig. Meine Damen und Herren, aber wissen Sie was? Ich bin im Nachhinein froh, dass wir lieber im Einzelfall einmal ein paar Tage gewartet haben.

Unsere Geduld war auch manchmal strapaziert, ich sage das ganz offen. Wir sind Abgeordnete, die näher dran sind. Ich bin aber froh, dass wir niemals auch nur in die Versuchung gekommen sind, uns am Leitspruch eines CDUPolitikers aus Rheinland-Pfalz zu orientieren, der gesagt hat: Lieber schnell als rechtmäßig. – Wo wären wir denn heute, wenn wir das gemacht hätten? Wo wären wir denn heute?

(Beifall der SPD, bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Wirtschaftsförderer haben genau das bestätigt. Die haben gesagt – ich zitiere –: Es ist gut, „dass die ISB Wert auf die inhaltliche Prüfung gelegt hat, um jeweils eine rechtmäßige Bewilligung zu bescheiden. Zudem wurde anerkennend festgestellt, dass die ISB mit Hochdruck und hohem Personaleinsatz und Engagement die Anträge auf Soforthilfe abgearbeitet habe.“ Ich finde, das darf man auch einmal sagen, nachdem es viel Schelte gab: Es ist gut, dass wir

dieses Instrument haben.

Ich danke auch den Kolleginnen und Kollegen bei der ISB. Sie haben uns geholfen, durch diese Krise zu kommen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich ist es so, dass wir jetzt auf verschiedenen Ebenen mit Herausforderungen zu kämpfen haben, die nicht alle zwangsläufig mit Corona zu tun haben, sondern durch Corona verstärkt werden. Da nenne ich natürlich auch die enorme Herausforderung, die wir in der Automobilindustrie und in der Zulieferindustrie haben.

Ich habe mich darüber gefreut, dass Peter Altmaier gesagt hat: Ich will da ein eigenes Schwerpunktprogramm auf den Weg bringen. – Ich habe mich darüber gefreut, dass er eine Idee, die wir auch in Rheinland-Pfalz umsetzen, aufgenommen hat, nämlich einen Transformationsdialog zu organisieren. In dieser Hinsicht war Malu Dreyer mit Volker Wissing und den Kolleginnen und Kollegen aus der Regierung schon sehr viel früher unterwegs, aber sei es drum, Hauptsache es kommt, auch wenn es spät kommt.

Es wäre aber noch viel besser gewesen, da wäre tatsächlich etwas passiert. Wir wissen heute noch nicht, wie die Fördersummen und Förderrichtlinien mit Blick auf die Zulieferindustrie in Rheinland-Pfalz insbesondere im ländlichen Raum aussehen. Die haben aber nicht mehr viel Zeit zu warten. Die können nicht bis Heiligabend oder länger warten, sondern da muss Herr Altmaier sich endlich sputen, damit wir auch die Perspektiven und die Sicherheit bekommen, die wir in Rheinland-Pfalz brauchen.

(Beifall bei SPD und FDP)

Wenn wir schon über das Abfließen von Summen sprechen, dann muss ich auch sagen, da sind insgesamt 24,6 Milliarden Euro im Bundeshaushalt vorgesehen, aber gerade einmal 540 Millionen Euro sind geflossen. Da muss also dringend etwas passieren.

Ich bin sehr froh, dass wir in diesem Nachtragshaushalt einen Schwerpunkt bei den Universitäten setzen. Es ist doch so: Wir müssen jetzt im Bereich der Hochschulen und Universitäten stark werden, damit wir dort das Innovationspotenzial und das Arbeitnehmerpotenzial der Zukunft bekommen, um aus dieser Krise herauszuwachsen.

50 Millionen Euro, die tatsächlich auch in die Innovationskraft der mittelständischen Wirtschaft in Rheinland-Pfalz fließen. Das ist nicht nur nicht wenig, sondern das ist ein Haufen Holz, wie man in der Pfalz sagt. Wir hätten – von der Größenordnung her – in anderen Zeiten wahrscheinlich eine eigene Landtagssitzung nur zu diesem Punkt machen können. Heute will ich deutlich machen: Ich bin froh, dass sich insbesondere meine Fraktion dafür erfolgreich hat einsetzen können. Das sind Chancen für die Zukunft.

Lieber Herr Kollege Baldauf, natürlich ist es so – das ist

völlig richtig –, nur mit neuen Ideen kommt man voran. Sie haben sich da gerade mit einem richtigen Zitat geäußert. Dann will ich Ihnen aber auch sagen: Dazu gehört auch ein politischer Kulturwandel. Wenn das mit Blick auf Digitalisierung und neue Ideen ausgerechnet von der CDU kommt, die sich gestern bei den medizinischen digitalen Hilfsleistern so dermaßen peinlich gespreizt hat, weshalb ich wirklich gedacht habe, da sei man wirklich ganz hintendran,

(Unruhe bei der CDU – Zuruf des Abg. Matthias Lammert, CDU)

dann verstehe ich nicht, wie uns das wirklich in eine kulturelle innovative politische Diskussion bringen soll.

Ich sage, wir brauchen politische Entscheidungen.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir brauchen politische Entscheidungen, wir brauchen aber auch die Kultur der politischen Debatte, dass wir nicht alles, was neu und modern ist und in den 1980er-Jahren noch nicht da war, schon irgendwie bekritteln. Ich glaube, da müssen wir einfach auch in der politischen Debatte besser werden.

(Zuruf der Abg. Hedi Thelen, CDU)

Ich will etwas zum Thema „Schule“ sagen. Ich finde es beachtlich, wie gut der Schulstart verlaufen ist, und ich finde, das, was SteffiHubig heute Morgen in der Fragestunde zum Thema „Digitalisierung“ ausgeführt hat, war interessant.

Lieber Christian Baldauf, tatsächlich ist es so, dass ich heute Morgen gut zugehört habe, und nachdem ich gut zugehört habe – ich bekenne mich ganz offen dazu, dass ich auch viel Neues erfahren habe –, sind für mich keine der Fragen, die Sie eben als offen deklariert haben, noch unbeantwortet. Alles, was Sie angemahnt haben, alles, was Sie jetzt auch an Deckblättern bringen, hat SteffiHubig heute Morgen beantwortet.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Martin Haller, SPD: Die Rede war geschrieben!)

Es ist sogar so, dass nichts von dem, was Sie im Schulbereich ansprechen, überhaupt noch offen ist.

Lassen Sie mich etwas zum Thema „Schülerbeförderung“ sagen.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Gelöst!)

Lassen Sie mich etwas zum Thema „Schülerbeförderung“ sagen.

(Zuruf der Abg. Hedi Thelen, CDU, und weitere Zurufe aus dem Hause – Glocke des Präsidenten)

Zunächst einmal finde ich es spannend, dass der Landkreistag in Person seines Vorsitzenden nach der letzten Landtagsdebatte gedacht hat, es sei Aufgabe seines öffentlichen Amts, Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion aus der öffentlichen Debatte zu zitieren, das dann auch noch zu bewerten und an die Kreisverwaltungen zu schicken. Ich habe es bisher nicht als Aufgabe des Landkreistags wahrgenommen, die freie Rede des freien Mandats nach eigener Fasson zu bewerten und das durch die Gegend zu schicken.