Deswegen glaube ich, bei allen Punkten, zu denen wir im Antrag sagen – Herr Fuhr hat es ausgeführt –, einige sind nicht ganz richtig – Geschichte ist nicht gekürzt und Sozialkunde ist ausgeweitet worden –, teilen wir die Intention absolut. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir es als Demokratinnen und Demokraten schafften, in den Ausschussberatungen zusammenzukommen, ein gemeinsames Papier vorzulegen und zu zeigen, wenn wir uns als Demokratinnen und Demokraten – da haben Sie absulut recht, Herr Weiland, das müssen wir den jungen Menschen noch einmal stärker vermitteln – demokratisch streiten, dann ist das kein
Streit, der lästig oder eine bösartige Sache ist, sondern das Ringen in einer Demokratie um die besten Argumente und die besten Wege und auch immer das Aufzeigen von Alternativen.
Genau das ist Demokratie, und genau das unterscheidet uns von denen, die sagen, einer weiß, wo es langgeht, und alle anderen marschieren hinterher.
Ich würde mich freuen, wenn wir nach den Ausschussberatungen zu diesem wichtigen Thema für die Zukunft unserer Demokratie mit allen demokratischen Fraktionen ein gemeinsames Papier auf den Weg bringen könnten. Ich glaube, das Thema ist so wichtig, das sollte uns die Beratung wert sein.
Zu einer Kurzintervention auf die Ausführungen des Abgeordneten Köbler hat sich der Abgeordnete Joa gemeldet. Er hat das Wort.
Liebe Kollegen! Lieber Herr Köbler, ich gebe Ihnen recht, wir müssen Antisemitismus bekämpfen. Wenn ich mir den Verlauf der heutigen Debatte ansehe, muss ich an eines aus meiner eigenen Familiengeschichte denken. Meine Urgroßeltern haben Juden – es waren ihre Nachbarn – zur Flucht verholfen. Sie haben sie nie wieder gesehen. Ich war selbst in Israel, was mich sehr bewegt hat.
Herr Köbler, ich muss sagen, ich fühle mich durch manche Unterschwelligkeit persönlich diffamiert. Ich kenne trotz sehr guter Kontakte in die AfD Rheinland-Pfalz und darüber hinaus keinen Antisemiten bei uns im Umfeld.
Zum Thema „Fremdenfeindlichkeit“ kann ich nur sagen, ich glaube, wir betreiben hier zum Teil eine Karnivalisierung, eine Umdrehung der Realitäten. Wir lassen Millionen Einwanderer, Migranten, Asylbewerber primär aus muslimischen Ländern ins Land und verurteilen gleichzeitig Antisemitismus, den wir ein Stück weit importieren. Das müssen wir erdulden. Ich finde, dass Ihre Aussagen nicht wirklich zusammenpassen.
Ja, ich möchte, dass Deutschland ein europäisch, christlich, jüdisch geprägtes Land bleibt. Vielleicht sollten wir uns alle einmal überlegen und anschauen, was in vielen islamischen Ländern oder wenn der Islam in einem Land die Mehrheit bekommt passiert. Was ist dann mit den demokratischen Freiheiten? Was ist mit Gleichberechtigung von
Mann und Frau? Was ist mit Minderheitenrechten? Was ist mit Schwulenrechten? Was passiert dann mit den Juden?
Wenn wir im Jahr 2050, 2060 oder 2070 noch jüdisches Leben in Deutschland haben wollen, dann sollten wir uns über die Art der Migration, die wir holen, und die Art, wie wir im Staat zusammenleben, Gedanken machen.
Am Ende lautet die Kernfrage, welche Toleranz gerade der politische Islam zeigt, wenn er in der Mehrheit ist. Gerade Ihnen, die sich immer als selbsternannte Demokraten bezeichnen, muss ich sagen: Ich halte es für grundfalsch, wenn man versucht, jede kritische Position der Migration gegenüber als rassistisch oder sonst etwas zu bezeichnen.
(Abg. Martin Haller, SPD: Wie stehen Sie denn zur Religionsfreiheit? Sagen Sie einmal dazu etwas! Das würde mich einmal interessieren! Das passt nämlich nicht zusammen, was Sie da erzählen! Große Demokraten, aber Religionsfreiheit ist nicht drin!)
Sie müssen zugeben, wir haben massive Kosten, die anfallen. Wir haben Milliardenkosten. Diese Kosten müssen von unserer Bevölkerung am Ende – ich weiß, Sie wollen mich aus dem Konzept bringen, aber das können Sie lange versuchen –
(Abg. Martin Haller, SPD: Sie haben gar keines. Da gibt es nicht viel auszubringen! Das muss ich jetzt auch einmal sagen!)
getragen werden. Am Ende tragen wir riesige finanzielle Belastungen. Das ist die Nummer eins. Das zahlen die Bürger.
Nummer zwei: Die Art der Migration ist illegal. Ich glaube nicht, dass es eine tragfähige und dauerhafte gute Lösung ist, Deutschland zu einem mehrheitlich fremd geprägten,
zu einem stark unter dem Gesichtspunkt islamisch geprägten Land werden zu lassen, weil Sie damit das jüdische Leben über lang oder kurz vernichten werden.
(Beifall der AfD – Abg. Benedikt Oster, SPD: Sie haben sich geweigert, in die Gedenkstätte zu gehen! Das ist Fakt! – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Alles Fakt! – Abg. Benedikt Oster, SPD: Das ist so! Peinlich! – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Peinliche Gestalten! – Abg. Benedikt Oster, SPD: Geschichtsvergessen! – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Ihr habt doch keine Ahnung, Ihr traurigen Gestalten! – Heiterkeit des Abg. Marco Weber, FDP – Abg. Michael Frisch, AfD: Ihr seid überhaupt nicht zum Dialog bereit! – Zuruf von der SPD: Hat sich geweigert!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehen Sie, der Antisemitismus ist eine besondere Form des Rassismus. Aber ich glaube, der Beitrag vorhin hat deutlich gemacht, wir werden die eine Form des Rassismus niemals durch eine andere Form des Rassismus besiegen können.
Wer diejenigen, die Millionen von Juden in Deutschland und in Europa auf brutalste und systematische Art und Weise ermordet haben, als einen „Vogelschiss der Geschichte“ bezeichnet, von denjenigen muss ich mich hier nicht belehren lassen.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD, vereinzelt bei der CDU und Beifall bei der FDP – Abg. Jens Guth, SPD: So sieht es aus! – Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)
Herr Joa, Sie haben gesagt, ich hätte Andeutungen gemacht. Gut, dann sage ich es Ihnen einmal ganz klar: Wer die kritische Diskussion und die weltweiten Proteste gegen eine ausufernde Polizeigewalt mit Todesfolge in den Vereinigten Staaten auf dem Parteitag als Schuldkult um einen drogenabhängigen Afroamerikaner bezeichnet,
(Anhaltend Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Beifall bei SPD und FDP und vereinzelt bei der CDU – Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)
Blick gern auf die Praxis lenken, auf den Unterricht in unseren Schulen. Wir wissen alle – da sind wir uns hier im Raum alle einig –, nur wer Geschichte kennt, versteht die Gegenwart.
Ich bin im Moment an vielen Schulen unterwegs und höre von Lehrerinnen und Lehrern, dass angesichts der CoronaPandemie keine Exkursionen gemacht werden dürfen. Natürlich sollen keine Klassenfahrten ins Ausland oder in Gebiete stattfinden, von denen in irgendeiner Form Gefährdung ausgeht. Deswegen denke ich, man muss noch einmal klarmachen, dass es einen Unterschied gibt – ich schaue in Richtung Bildungsministerium – zwischen Exkursionen und Unterrichtsgängen; denn es wäre doch wirklich schade, wenn das, was wir gemeinsam im Januar 2019 hier beschlossen haben, nämlich die Gedenkkultur auszuweiten, Erinnerungsorte aufzusuchen, jetzt in der Corona-Zeit überhaupt nicht mehr stattfinden soll.
Wir haben das Haus des Erinnerns für Demokratie und Akzeptanz gerade um die Ecke. Die Räumlichkeiten dort sind groß genug, dass man sich verteilen kann und nicht aufeinanderhängt. Gleiches gilt für Osthofen und andere Gedenkstätten.
Ich wäre deshalb außerordentlich froh, wenn Sie, Frau Ministerin, noch einmal klarstellen könnten, was erlaubt und was nicht erlaubt ist, damit die Schulen in der Tat Klarheit haben über das, was sie in der jetzigen Situation dürfen und nicht dürfen.
Herr Köbler, ich begrüße Ihren Vorschlag, das gesamte Thema in seiner Weite noch einmal im Bildungsausschuss, eventuell auch in anderen Ausschüssen, aufzugreifen und ein gemeinsames Papier zu erarbeiten, das die Bedeutung von Geschichte, auch so, wie wir das hier in diesem Haus mehrheitlich sehen, noch einmal verankern kann.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ein wichtiges Thema. Ich glaube, die Diskussion heute Abend zeigt, wie bedeutend es für uns, für unsere Gesellschaft ist. Es ist ein Thema, das wir leider zu einem etwas späten Zeitpunkt heute Abend besprechen, aber trotzdem gilt es, einiges dazu zu sagen, und ich finde, vieles und vieles Richtige ist heute Abend auch schon dazu gesagt worden.
Rassismus, Antisemitismus und jede Form der Missachtung freiheitlich-demokratischer Regeln des Zusammenlebens – und zwar egal, aus welchen Gründen und aus welcher
Richtung – dürfen in unserer Gesellschaft keinen Platz haben. Wir müssen uns die Konsequenzen – auch das ist heute Abend deutlich geworden, jedenfalls teilweise – von Geschichtsvergessenheit, von Hass, von Menschenfeindlichkeit immer wieder vor Augen führen, und wir müssen die demokratischen Grundwerte unseres Grundgesetzes kompromisslos verteidigen. Wir müssen sie aktiv leben, und wir müssen sie entschlossen gegen all das und all diejenigen, die sie bedrohen, stärken.