Protokoll der Sitzung vom 11.11.2020

(Glocke der Präsidentin)

Wer schon einmal mit Kollegen aus dem Umweltministerium – letzter Satz – zusammengearbeitet hat, wird nicht infrage stellen, dass diese Menschen ihre Beförderung aufgrund ihrer Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung erhalten haben.

Danke schön.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei SPD und FDP – Abg. Christian Baldauf, CDU: Dann können wir das ja wieder so machen!)

Für die Landesregierung spricht Staatsministerin Ulrike Höfken.

Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren heute erneut die Beförderungsverfahren im Umweltministerium. Das war bereits mehrfach Thema: am 16. September im Plenum, auf unseren eigenen Wunsch hin im Umweltausschuss am 22. September, erneut im Umweltausschuss am 6. Oktober – diese Sitzung fand ebenfalls auf unseren Wunsch hin öffentlich statt – sowie im Rechtsausschuss am 1. Oktober. Es hat zahlreiche Gespräche und Informationen vonseiten meines Staatssekretärs gegeben, der als Amtschef dafür zuständig ist – darum heißt es „Amts

chef“ – und die Verantwortung übernommen hat.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Hört, hört!)

Mir ist es auch heute wichtig, die öffentliche Diskussion zu führen, um vollumfänglich Transparenz zu gewährleisten und mein persönliches Bedauern über die begangenen Fehler auszudrücken.

Ich möchte aber noch einmal damit beginnen, den Anlass zu dieser Debatte einzuordnen; denn ich glaube, das ist dringend notwendig. Staatssekretär Dr. Griese hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass seit dem Jahr 2011 – bis dahin können wir dies überblicken – in rund 160 Beförderungsfällen – diese Zahl haben wir zum Beispiel dem SWR bereits am 24. September mitgeteilt –, in denen keine Konkurrenzsituationen vorhanden waren, das komprimierte Verfahren zur Anwendung gekommen ist und dieses bei allen Beförderungsfällen ohne Konkurrenzsituationen regelhaft zum Einsatz kam. Auch das hat der Ausschussvorsitzende dargestellt.

Es sollte betrachtet werden, dass dieses Verfahren standardmäßig bei Menschen gewählt wurde, die oft schon seit Jahren auf ihren Positionen saßen. Es gab jedoch keine Konkurrenz oder Mehrung solcher Beförderungsstellen. Somit kam das Verfahren zwangsläufig in einer Vielzahl von Fällen zur Anwendung und wurde von den Fachabteilungen, von der Personalabteilung sowie vom Personalrat im Einvernehmen getragen.

Das OVG hat dieses Verfahren heftig kritisiert und als grob rechtswidrig bezeichnet. Das haben wir selbstverständlich umgehend akzeptiert. Ich sage es noch einmal ganz klar: Wir haben bei Beförderungen das falsche Verfahren gewählt. Dies wurde vom OVG zu Recht bemängelt. Darüber gibt es nichts zu diskutieren.

Ich lasse mich deswegen in keiner Weise – ebenso wenig der Staatssekretär – gegen das OVG stellen. Deswegen hat der Staatssekretär als Amtschef sofort mit mehreren Maßnahmen auf den Beschluss reagiert, und zwar bevor die Berichterstattung in der Presse erfolgt ist.

Dieser Beschluss des OVG hat uns am 31. August erreicht und wurde innerhalb einer Woche ausgewertet. Am 8. September hat der Staatssekretär angeordnet, in künftigen Beförderungsverfahren immer den formalen Vorgaben der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts zu folgen. Darüber hat er am selben Tag den Personalrat informiert.

Konkret hat er veranlasst, dass erstens alle Beförderungsmöglichkeiten ausgeschrieben werden, zweitens alle Beamtinnen und Beamten, die sich auf die Ausschreibungen bewerben und die formalen Kriterien für eine Beförderung erfüllen, künftig beurteilt werden, drittens die mit dem Personalrat im Jahr 2015 geschlossene Dienstvereinbarung zur Beurteilung von Beamten und Beamtinnen anzuwenden ist, diese gemeinsam mit dem Personalrat überprüft sowie angepasst bzw. durch eine neue Dienstvereinbarung ersetzt wird und Beurteilungen künftig dem Amtschef vor

zulegen sind.

Bereits im angelaufenen Beförderungsverfahren für das Jahr 2021 wird das Umweltministerium den Ansprüchen des OVG in vollem Umfang gerecht werden. Aktuell befinden wir uns zudem mit dem Personalrat in Gesprächen über eine neue Dienstvereinbarung zur Einführung von Regelbeurteilungen. Bereits im Jahr 2015 hatten wir eine solche Dienstvereinbarung geschlossen, die eine veraltete Regelung aus dem Jahr 1990 ersetzte.

Es war ein Fehler, den wir wiederholt eingeräumt haben, dass sich der Staatssekretär im Anschluss auf das in Abstimmung zwischen den Fachvorgesetzten, der Personalabteilung und dem Personalrat funktionierende Verfahren verlassen hat, statt damals schon konsequent die Umsetzung dieser neuen Dienstvereinbarung im Vollzug zu prüfen.

Wie sind diese komprimierten Beförderungsverfahren abgelaufen? Zunächst wurden alle potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten für Beförderungen von der Verwaltung ermittelt und deren formale Voraussetzungen nach dem Landesbeamtengesetz und der Laufbahnverordnung geprüft. Also wurden auch diejenigen einbezogen, die sich beim reinen Ausschreibungsverfahren vielleicht nicht beworben hätten. Damit wurde Chancengleichheit für alle Beamtinnen und Beamten hergestellt.

In Fällen, in denen keine Konkurrenzsituationen vorhanden waren – weil zum Beispiel gleich viele oder mehr Beförderungsmöglichkeiten vorlagen als Personen mit den beamtenrechtlichen Voraussetzungen vorhanden waren –, wurde mit dem komprimierten Beurteilungsverfahren gearbeitet. Die Abteilungsleitungen haben dann eine Einschätzung der Kandidatinnen und Kandidaten nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorgenommen. Diese hat die Zentralabteilung – insbesondere unter dem Aspekt der Anwendung gleicher Maßstäbe – geprüft.

Außerdem war und ist für Beförderungen nach dem Gesetz zwingend die Zustimmung des Personalrats einzuholen und wurde von diesem jeweils gegeben. Auf diese Weise war auch im komprimierten Verfahren eine umfassende Betrachtung der Beförderungskandidatinnen und -kandidaten sichergestellt. Am Ende jedes Verfahrens wurden alle Kandidatinnen und Kandidaten schriftlich informiert. Transparenz und die Möglichkeit zu Widerspruch, Klage und einstweiligem Rechtsschutz waren also jederzeit gewährleistet.

Für den Staatssekretär, der Arbeitsrichter war, waren die Einigungen von Personalabteilung und Personalrat sowie das jahrelange Ausbleiben von Klagen starke Hinweise, dass das Beförderungsverfahren rechtssicher funktioniert hat. Dieser Eindruck war falsch, wie der Beschluss des OVG klar gezeigt hat.

Deswegen sage ich noch einmal ganz klar, wir haben bei Beförderungen in dieser Konstellation ohne Frage ein falsches Verfahren gewählt, haben dieses aber umgehend nach dem

OVG-Beschluss abgestellt und werden in unserem Haus größten Wert darauf legen, dass sich solche Fehler nicht wiederholen.

Im Ergebnis – das ist mir wichtig – sind Beamtinnen und Beamte im Umweltministerium dennoch stets aufgrund ihrer Leistungen sowie Fähigkeiten befördert worden und nicht aus sachfremden Erwägungen. Es tut mir insbesondere für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in meinem Hause leid, dass aufgrund des mangelhaften komprimierten Verfahrens ein anderer Eindruck in der Öffentlichkeit entstehen konnte. Ich stelle mich in dieser Sache ausdrücklich vor die Beamtinnen und Beamten im Umweltministerium, die sich jeden Tag mit großem Engagement für unser Land einsetzen und hochkomplexe Vorgänge und Themen bearbeiten, und bedanke mich bei ihnen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei SPD und FDP)

Aufgrund der Redezeit der Landesregierung steht den Fraktionen eine weitere Minute zur Verfügung. Für die CDUFraktion hat sich der Abgeordnete Dr. Martin noch einmal zu Wort gemeldet.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Andächtig! Würdevoll und andächtig!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Kollege Schweitzer, ein bisschen Würde können wir alle gebrauchen.

(Heiterkeit im Hause)

Insofern bin ich noch einigermaßen geschockt.

(Ministerpräsidentin Malu Dreyer: Oh nein!)

Ich dachte, ich hätte deutlich gemacht, dass dies keine Kleinigkeit ist, bei der man einfach wieder zur Tagesordnung zurückkehren kann. Genau das versucht die SPD aber, indem sie sagt: Für die Zukunft ist es erledigt. Schwamm drüber. Vergessen wir es.

(Zuruf der Abg. Hedi Thelen, CDU)

Die Aussage, die die FDP letztlich getroffen hat, ist mir nicht ganz klar geworden.

(Beifall und Heiterkeit bei CDU und AfD)

Das betrifft die Dreigliederung. Allein schon Ihre feinsinnige Unterscheidung zwischen Regierung und Ministerium ist beachtlich, Kollege Weber.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Darauf muss man erst einmal kommen!)

Darauf muss man erst einmal kommen. Es wird auf jeden Fall munter, falls Sie jemals Fraktionsvorsitzender werden sollten.

(Heiterkeit bei CDU und AfD)

Ich bin mir nach dem Beitrag nicht sicher, ob sich die FDP damit einen Gefallen tut.

(Beifall bei CDU und AfD – Zurufe aus dem Hause: Oh!)

Frau Blatzheim-Roegler hat gesagt, es hätte eigentlich nichts Neues gegeben. Das finde ich beachtlich. Frau Blatzheim-Roegler, das heißt, Sie sagen: Ja, wir wussten schon länger, dass 90 % der Beförderungen rechtswidrig und verfassungswidrig sind.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein, Blödsinn! – Zuruf der Ministerpräsidentin Malu Dreyer)

Das finde ich sehr bedenklich.

(Beifall bei der CDU)

Im Plenum im September klang das nämlich noch anders, auch wenn Sie jetzt versuchen, dies aus einem Halbsatz anders zu deuten.

(Ministerpräsidentin Malu Dreyer: Unfassbar! – Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Entscheidende ist aber letztlich, was die Ministerin gesagt hat.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Anstand wäre auch gut! Kennen Sie das?)