Protokoll der Sitzung vom 06.10.2016

Wir sollten dabei auch nicht vergessen, welche wirtschaftsund ordnungspolitischen Chancen diese Abkommen bieten. Wir haben mit CETA und TTIP die Chance, globale Standards nach europäischem Vorbild zu schaffen. Ich betone das, weil wir nicht alleine auf der Welt sind und ansonsten Abkommen mit dem asiatischen Raum unsere eigenen Standards überlagern werden.

(Beifall der CDU)

Das wollen wir nicht.

Liebe Fraktion der Grünen, deshalb bringt eine pauschale Verweigerungsstrategie, die Sie immer wieder an den Tag legen, in dieser Frage nichts. Im Gegenteil – ich sage das ganz bewusst –, sie bringt uns um die Zukunft eines gemeinsamen Europas und eines starken Wirtschaftsraumes, den wir brauchen, weil in Singapur, China, den USA oder auch Südamerika kein Mensch danach kräht, ob wir 28 Einzelregeln oder überhaupt keine Abkommen haben. Wir werden, wenn wir diese Abkommen nicht abschließen, auf dem Weltmarkt abgehängt werden.

(Beifall der CDU)

Das kann tatsächlich nicht in unserem Interesse liegen, auch nicht in Rheinland-Pfalz – vor allem nicht in Rheinland-Pfalz –, wo wir nebenbei auch noch den größten Chemiekonzern dieser Erde beheimatet wissen.

Also würden solche Abkommen

(Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Dr. Braun, das möchte ich Ihnen auch ans Herz legen – eine Intensivierung des Warenaustausches bringen.

(Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das werden Sie nicht bestreiten. Jetzt kommt das ganz Wichtige: Die Beseitigung von rund 98 % der jetzigen Importzölle würde dies zur Folge haben, 98 % der bisherigen Importzölle, und natürlich auch die Vereinfachung von Direktinvestitionen und des Marktzugangs vor Ort. Das ist im Übrigen nicht zu vernachlässigen. Gerade solche Direktinvestitionen sind in der heutigen Zeit das A und O, um Fortschritt und Neugründungen von Firmen zuzulassen.

Gerade angesichts kürzlich zurückgegangener Exporte in Deutschland – machen wir uns nichts vor – zeigt das umso mehr die Notwendigkeit, dass wir den Freihandel auch so steuern, dass – ich wiederhole es – unsere Standards die Grundlage mit beinhalten und nicht die asiatischen Standards.

(Beifall der CDU)

Das ist nicht eine Idee der CDU Rheinland-Pfalz oder nur der CDU, sondern ganz viele – ich behaupte, alle – rheinland-pfälzische Unternehmen sind der Meinung, dass wir diese Abkommen brauchen. Ich glaube schon, dass man – ich habe das heute Morgen schon bei der Erbschaftssteuer gesagt – immer daran denken muss, wir reden nicht alleine über Unternehmen und Unternehmer, wir reden vor allem auch darüber, dass diese die Arbeitsplätze schaffen und erhalten, über Jahrzehnte hinweg am besten, und nachhaltig dafür sorgen, dass es unserem Land gut geht. Deshalb ist es auch eine dringende Forderung, die Abkommen wegen des Erhalts der Arbeitsplätze abzuschließen.

(Beifall bei der CDU)

Wie sich der Deutsche Bundestag in dieser Sache verhalten wird – das wissen wir alle, dort gibt es noch einiges in Bezug auf Transparenz und ähnliche Dinge nachzuholen –, werden wir sehen. Wir müssen aber an dieser Stelle konstatieren, dass wir als Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer auch als Abgeordnete in diesem Parlament aus meiner Sicht, aus unserer Sicht, die Verpflichtung haben, ein klares Signal an unsere Unternehmerschaft zu schicken, dass wir zu diesen Abkommen stehen und sie wollen.

Unsere Position ist deshalb klar: Wir treten für die Weltoffenheit, für Verhandlungen, für Handel und Wandel über die Grenzen hinweg und für den internationalen Austausch ein, nicht nur, weil es gut für die Wirtschaft in RheinlandPfalz ist, die auch in Zukunft ihre Exportfähigkeit behalten

muss, sondern in diesem Fall auch aus Prinzip.

Herzlichen Dank.

(Beifall der CDU)

Als Nächstes hat sich der Abgeordnete Wink von der Fraktion der FDP zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Wink.

Verehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Heute Morgen war es einer der ersten Punkte, nun ist es auch der letzte Tagesordnungspunkt: der internationale Handel. Die Fraktion der Freien Demokraten bekennt sich ausdrücklich zur Exportorientierung vieler Teile der rheinland-pfälzischen Wirtschaft.

Wir sind stolz auf die Unternehmen im Land, die es ermöglichen, die dritthöchste Exportquote der Bundesrepublik zu erreichen und somit vor ähnlich großen Bundesländern wie Hessen und Schleswig-Holstein zu liegen.

Doch die Exportquote ist nicht der wichtigste Faktor. Wir wollen es den Unternehmen im Land erleichtern, Fachkräfte vorzufinden und ihnen durch eine gute digitale Infrastruktur den Zugriff auf internationale Märkte ermöglichen.

Außenhandel ist für uns Freie Demokraten nicht nur positiv zu bewerten, weil hierdurch eine Ausweitung des Absatzmarktes erfolgt, sondern auch, weil der Wettlauf um neue Technologien und innovative Produkte ein internationaler ist.

Dies fördert den Forschungsgeist vor Ort und treibt die Weiterentwicklung unserer Wirtschaft voran. Die mittelständischen Betriebe in unserem Land nutzen diese Erkenntnis für die Weiterentwicklung oder gar Revolutionierung ihrer Angebote.

Es sind also Innovation, Vernetzung und die Ausweitung der Absatzmärkte, die den Außenhandel so attraktiv machen. Hierbei geht es nicht nur um die Bereitstellung eines hochleistungsfähigen Bildungs- und Weiterbildungssystems, welches unsere jungen Menschen im Land zu qualifizierten Fachkräften ausbildet. Es geht auch um den Schutz unserer Wirtschaft vor Datendiebstahl oder anderen Formen von Wirtschaftskriminalität.

Ebenso muss sichergestellt werden, dass durch den internationalen Handel Menschenrechte und Umwelt geschützt bleiben. Auch wir Freien Demokraten wollen die Chancen des Freihandels nutzen, ohne die hohen Standards hierzulande aufzugeben.

Das geht; denn freier Handel sichert Fortschritt und Frieden weltweit. Er schafft Arbeitsplätze und Wachstum, ohne die Staatshaushalte zusätzlich zu belasten. Deshalb setzen wir auf Wohlstand für Menschen durch freien Handel.

Handelshemmnisse sollen abgebaut, hohe Standards bei Menschenrechten, Arbeits-, Lebensmittel- und Umweltsi

cherheit beibehalten werden. Damit eröffnen Freihandelsabkommen auch die Chance, der Globalisierung Regeln zu geben.

Meine Fraktion und ich trauen der Landesregierung durchaus zu, den Unternehmen in Rheinland-Pfalz beste Voraussetzungen für den internationalen Handel zu schaffen. Wir finden, dass der Antrag der CDU hierzu nicht gebraucht wird, und bitten darum, ihn abzulehnen.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Als Nächstem erteile ich dem Abgeordneten Denis Alt von der Fraktion der SPD das Wort. Bitte schön, Herr Alt.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als exportstarkes Rheinland-Pfalz beschäftigen wir uns natürlich gerne mit dem Themenkomplex des internationalen Handels. Wir beschäftigen uns nicht nur damit, sondern tun auch viel dafür, dass Rheinland-Pfalz dort erfolgreich ist.

Der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium hat heute Morgen bei der Fragestunde Maßnahmen aus der Politik unseres Landes aufgelistet, die dafür genau geeignet sind.

Wir denken zuerst an den Warenhandel, bei dem wir als Bundesrepublik Deutschland je nach gewähltem Maßstab Exportvizeweltmeister, gerechnet in Dollar, sind. Auch der Handel mit grenzüberschreitenden Dienstleistungen spielt eine immer wichtigere Rolle für Verbraucher, Industrie und Gewerbe.

Als Verbraucher konsumieren wir auch selbstverständlich internationale Dienstleistungen wie – schlicht und einfach – Tourismus. Unternehmen nehmen industrienahe Dienstleistungen oder Beratungsdienstleistungen grenzüberschreitend in Anspruch.

So mag es wegen der starken Einbindung der Bundesrepublik Deutschland in den internationalen Handel bei oberflächlicher Betrachtung richtig sein, jedes Abkommen, das den Begriff Freihandel irgendwie im Titel führt, zu begrüßen.

Herr Baldauf, es wäre vielleicht schon irgendwie möglich oder denkbar gewesen, einen Antrag vorzulegen, der uns als Koalitionsfraktionen irgendwie in eine argumentative Herausforderung gebracht hätte.

Diese Chance haben Sie aber definitiv nicht genutzt.

Ein komplexes Thema wird in Ihrem Antrag auf die schlichte These heruntergekocht, jedes Freihandelsabkommen ist irgendwie positiv. Das manifestiert sich schon in der Gleichsetzung von CETA und TTIP trotz völlig unterschiedlicher Regelungsinhalte. Ihr Antrag hat insofern mit den Anforderungen der Unternehmen, aber auch mit denen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wenig zu tun und

mit der Realität von Verbraucherinnen und Verbraucher schon gar nicht.

Meine Damen und Herren, wenn es in den vergangenen Jahren auch auf der Ebene der Welthandelsorganisation keine erkennbaren Fortschritte gegeben hat, darf nicht unerwähnt bleiben, dass ein globaler Abbau von Handelshemmnissen zunächst einmal Priorität hat, und zwar auch Priorität vor bilateralen Handelsabkommen. Für unsere Betriebe, aber auch für die Unternehmen in den Entwicklungsund Schwellenländern muss auf dieser Ebene weiter nach passenden Lösungen für ein globales Handelssystem gesucht werden, das allen, die am Welthandel teilnehmen, nutzt.

Eine grundsätzliche Präferenz für globale oder zumindest multilaterale Lösungen ist kein ideologisches Dogma, sondern es ist darin begründet, dass jedes bilaterale Abkommen auch zu einer Umlenkung bisheriger Handelsströme führt und die Gefahr eines Wettbewerbs um möglichst niedrige Standards prinzipiell entsteht. Ob multilaterale Abkommen oder bilaterale Freihandelsabkommen – Maßstäbe für die Zustimmung oder Ablehnung sind für uns stets der Nutzen für die Verbraucherinnen und Verbraucher, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und die Betriebe. Die ILO-Kernarbeitsnormen haben für uns eine besonders hohe Bedeutung.

Ein Schutz der Umwelt nach hohen Qualitätsstandards und rechtsstaatlich einwandfreie Verfahren bei Streitigkeiten – Stichwort: Investorenschutz – mit einem unabhängigen Investitionsgerichtshof sind für uns, egal ob bilaterales Abkommen oder multilaterale Lösungen, unabdingbar.

Für uns steht damit fest: Wirtschaftlicher Handel muss politisch gestaltet werden, damit er den Menschen dient. Dabei müssen wir berücksichtigen, dass unsere Handelspartner auch mit anderen Ländern Vereinbarungen abschließen und diese Entwicklung nicht auf Europa wartet. Das ist auch sehr wohl wahr. Das müssen wir berücksichtigen. Ich verweise ausdrücklich auf das US-Abkommen mit den Pazifikstaaten.

Meine Damen und Herren, Freihandel ist nicht automatisch fairer Handel. Wie innerhalb unseres Binnenmarktes brauchen wir auch international klare, soziale und ökologische Regeln. Leitbild muss dabei eine rechtssichere soziale Marktwirtschaft sein. Nur auf dieser Grundlage wird Freihandel im Sinne unserer Bürgerinnen und Bürger, aber auch im Interesse der investierenden Wirtschaft erfolgreich verlaufen. Selbstredend bietet der CDU-Antrag dafür keine ausreichende Grundlage.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)