Der ländliche Raum braucht flächendeckend eine Breitbandversorgung auf dem Stand der heutigen und künftigen Technik.
(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die verehrte Frau Vorsitzende spricht isoliert von der Realität und von ihrer Partei! – Zuruf des Abg. Marco Weber, FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen unsere Landesplanung auf den Prüfstand stellen. Auch dafür müssen wir offen sein. Ist es noch sinnvoll, die öffentliche Infrastruktur auf hierarchisch gegliederte Zentren zu konzentrieren, oder müssen wir vielleicht dezentraler arbeiten? Ich sage nur, die Zeit drängt. Hier muss die Landesregierung endlich liefern.
Dann schaue ich auf das Thema Bildung und Wissenschaft. Kernaufgaben des Landes sind Kindertagesstätten, Schulen und Hochschulen. Doch genau hier fahren Sie unser Land seit Jahren auf Kante. Es fehlen Lehrer, egal, ob es wenig Lehrernachwuchs gibt oder nicht, egal, ob die Schülerzahlen konstant bleiben oder sinken, ob Flüchtlingskinder hinzukommen, ob die Aufgabe der Inklusion
hinzukommt oder nicht, egal ob die Haushaltslage dramatisch ist oder nur schlecht. Sie planen die schlechte Ausstattung der Schulen und den Unterrichtsausfall von vornherein mit ein.
Die Schulart mit der schlechtesten Lehrerversorgung – die berufsbildenden Schulen – wird in den kommenden zwei Jahren 63 Stellen abgeben müssen. Ich kann Ihnen sagen, das ist keine Stärkung der Berufsorientierung und der dualen Ausbildung.
Wenn Sie einen Meisterbonus auf der einen Seite hochheben und sich feiern lassen, aber auf der anderen Seite die berufsbildenden Schulen ausbluten lassen, dann ist das kein Konzept aus einem Guss, dann ist das PR, dann ist das nicht nachhaltig, dann bleibt unser Land unter seinen Möglichkeiten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, schauen wir uns die Realschule plus an. Auch in diesem Schuljahr haben wir erneut zu wenig Lehrer. Die Konsequenz: 100 Lehrer weniger für Unterricht, Förderung und Integration an Realschulen. Hierunter leidet die Bildungsqualität, die Ihnen offensichtlich nicht so sehr am Herzen liegt; denn sonst hätten Sie nicht die groteske Unterscheidung von Pflicht- und Förderunterricht gemacht.
Die Realschulen plus brauchen jede Stunde, die ihnen zusteht, um die Schüler zu einem guten Abschluss zu führen. Das ist Pflicht, das ist nicht nur Kür. Ist denn die Förderung von Leistungsschwachen, die kaum die Berufsreife schaffen, keine Pflicht? Ist denn die Berufswahlberatung keine unerlässliche Pflicht?
Frau Dreyer, Ihr Wahlversprechen, mit dem Sie ganz groß in den Wahlkampf gezogen sind, lautete: Jedes Kind in den Ferien soll Anspruch haben, die kompletten Ferien betreut werden zu können. – Für diese Betreuungsgarantie stellen Sie 700.000 Euro zur Verfügung. Sie glauben doch selbst nicht daran, dass das nur annähernd reichen würde für Ihr Versprechen. Das ist wieder eine PR-Geschichte gewesen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Kosten für den Ausbau der Kitas überlassen Sie erneut in weiten Teilen dem Bund und den Kommunen.
Es wird sich zeigen, ob sich mit diesen Mitteln die bereits von Ihnen ausgestellten Förderbescheide zeitnah auszahlen lassen; denn in den vergangenen Monaten haben Sie den Kommunen Förderbescheide für Kita-Investitionen mit dem Vermerk zugestellt – man höre hin –, man zahle, soweit Haushaltsmittel zur Verfügung stünden.
Ich kann Ihnen sagen, das ist für die Träger ein Lottospiel mit vielen Unbekannten. Das ist kein partnerschaftliches Umgehen mit Ihren Kommunen.
Mit diesem Haushalt bleiben die Kernbaustellen der Kindertagesstätten weiterhin ungelöst: Die Frage der Gruppengrößen vor dem Hintergrund der zunehmenden Ganztagsbetreuung und Öffnung für unter Dreijährige bleibt völlig unberücksichtigt.
Wenn wir auf die Hochschulen schauen, sind diese für Innovation und Bildung auf höchstem Niveau verantwortlich. Dafür brauchen sie aber Freiheit, bürokratiearme Strukturen und verlässliche Grundlagen. Aber wie sieht es in Rheinland-Pfalz aus? Baumaßnahmen liegen auf Eis. Die Wissenschaftsbesoldung ist bundesweit nicht konkurrenzfähig. Karriereperspektiven in der Wissenschaft haben Sie erst durch Bundesmittel in nennenswerter Zahl erhöht.
Bei der Drittmittelwerbung ist viel Luft nach oben. Dasselbe gilt übrigens auch für die Betreuungsrelationen beim Lehrpersonal an den Hochschulen.
Mehr noch, am Ende des Programms „Wissen schafft Zukunft“ stehen dem Wissenschaftsbereich noch einmal 60 Millionen Euro weniger zur Verfügung. Das ist Ihr Angebot an den Zusammenhalt der Gesellschaft. Ich kann Ihnen sagen, das ist Ihr Angebot, dass Sie gut über die Runden kommen zulasten aller anderen Beteiligten in diesem Land.
Genauso sieht es beim Thema Krankenhaus, Arztversorgung und Pflege aus. Wir weisen schon seit Jahren, seit Jahrzehnten darauf hin, dass die Förderung der Krankenhausinvestitionen weit hinter dem notwendigen Bedarf zurückbleibt. Die Landesregierung findet einfach keinen Lösungsansatz, um den Bestand der kleinen und mittleren Krankenhäuser in der Fläche zu garantieren, damit sich Menschen im ländlichen Raum nicht abgehängt fühlen.
Dieser sogenannte Landesbasisfallwert entwickelt sich in Rheinland-Pfalz ständig nach unten. Das heißt, die Krankenhäuser erhalten immer weniger für ihre Leistungen. Sie können die Bundesmittel für Strukturanpassungen nicht abrufen, weil der Landeskrankenhausplan nicht fortgeschrieben wird.
In den ländlichen Gegenden, in denen die Arztversorgung dauerhaft gefährdet ist und es keine Fördermöglichkeiten durch die Kassenärztliche Vereinigung gibt, besteht die Möglichkeit einer Förderung durch das Land. Doch wie sieht diese aus? Das ist wieder Politiksimulation, sind auch wieder nur kurze Projekte, damit man Antwort geben, aber nicht Strukturen verändern kann.
Verehrte Kollegen, für Praxisgründungen gibt die Landesregierung einmalig 15.000 Euro. Das reicht aber noch nicht einmal, um ein Ultraschallgerät zu kaufen. Für einmalig 15.000 Euro Zuschuss lässt sich doch kein Arzt in eine abgelegene Region locken.
Deshalb nehmen Sie doch unsere Vorschläge ernst, die wir gemacht haben. Wir wissen, dass heute schon zu wenig junge Leute Medizin studieren, die dann den Ärztemangel, der im ländlichen Raum absehbar ist, in den Hausarztpraxen kompensieren. Wir brauchen hier eine andere Studienund Förderpolitik in diesem Land.
Wenn ich daran denke, wie lange Sie gebraucht haben, überhaupt daran zu denken und sich bereit zu erklären, dass ein Lehrstuhl für Allgemeinmedizin nicht nur hingestellt, sondern auch besetzt wird, dann war das Realitätsverweigerung.
Frau Dreyer, Sie waren einmal Sozialministerin. Wir haben die Anfrage noch vorliegen. Wir haben übrigens auch noch Ihre Debattenbeiträge vorliegen. Sie haben in Ihrer Zeit negiert – und so lange ist das auch noch nicht her –, dass es hier in Rheinland-Pfalz einen Arzt- und Pflegemangel geben wird. Sie sind mitverantwortlich für diese Realitätsverweigerung; denn der Pflegenotstand wird auf uns zukommen. Das kann ich Ihnen sagen.
Mit Ihnen ist unser Land unter seinen Möglichkeiten geblieben. Das müssen die Bürger jetzt ausbaden.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, der Haushalt dieser Landesregierung setzt falsche Schwerpunkte. Wir sehen: Investitionen in die Zukunft – Fehlanzeige. Investitionen in die Sicherheit und Justiz – Fehlanzeige. Eine zukunftsorientierte Bildungspolitik, die auf Bildungsqualität und nicht nur auf Quantität Wert legt – Fehlanzeige. Ausreichende Investitionen in Straßen und Breitbandausbau – Fehlanzeige. Übereinstimmung von Versprechungen und Haushaltsentwurf – ebenso Fehlanzeige.
Stattdessen gibt es ein Modellprojekt – das kann man machen – zur Ansiedlung von Luchsen inklusive einem Luchsparlament.
Es gibt ein Luchsparlament. 20 Luchse aus der Schweiz und der Slowakei sollen im Pfälzerwald angesiedelt werden. Das Land muss hier 400.000 Euro beisteuern. Das kann man machen, ist aber eine sehr interessante Schwerpunktsetzung.
(Beifall der CDU und vereinzelt bei der AfD – Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich nenne noch eine interessante Schwerpunktsetzung. Im kommenden Doppelhaushalt haben Sie für Zuschüsse zur Förderung von Akzeptanz für gleichgeschlechtliche Lebensweisen jährlich 103.000 Euro vorgesehen. Im Vergleich: Für die Islamismusprävention wollen Sie jährlich weniger, nämlich nur 100.000 Euro ausgeben. Auch das ist eine Schwerpunktsetzung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wissen Sie, mit Kleinprojekten simulieren Sie Politik fürs ganze Land. Mit teuren Modellprojekten setzen Sie falsche Schwerpunkte.
Doppelstrukturen halten wir für unnötig und teuer. Sie halten Doppelstrukturen für angebracht und wundern sich, wo Ihr Geld bleibt. Nach unserem Verständnis muss in Zeiten der Schuldenbremse gelten: Der Staat hat sich auf seine Kernaufgaben zu konzentrieren. Das sind die Innere Sicherheit, die Bildung und die Infrastruktur. Die Aufgaben, die er hat, müssen regelmäßig überprüft werden. Der Verwaltungsaufbau muss effizient sein. Doppelstrukturen müssen vermieden werden.
Leider orientiert sich die Landesregierung eben nicht an diesen Grundsätzen. Sie wollen zum Beispiel eine Gründungsallianz ins Leben rufen. Aber hier werden im Bereich der Innovationsförderung unnötig Doppelstrukturen erst einmal aufgebaut. Hier gibt es bestehende Strukturen der Wirtschaftskammern, auf die übrigens zurückgegriffen werden kann. Die Starterzentren der Kammern bieten dazu flächendeckend einen einheitlichen Beratungsservice für potenzielle Gründer an. Warum lassen Sie die Kammern nicht ihre Arbeit machen und halten sich hier zurück? Das ist doch leistungsdemotivierend. Sie nehmen Geld in die Hand, nicht für die Betroffenen, sondern nur, damit Sie nachher sagen können, Sie hätten etwas gemacht. Das halten wir für falsch.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, am Ende muss doch das Ziel sein, die vorhandenen Strukturen, die wir haben, besser zu vernetzen, bevor neue geschaffen werden. Leistungsfähige Strukturen der wirtschaftlichen Selbstverwaltung müssen Vorrang vor staatlicher Betätigung haben.
Ich will Ihnen ein weiteres Beispiel der Doppelstruktur nennen. Das ist die Energieagentur, die immer noch fast 4 Millionen Euro kostet. Die FDP wollte die Energieagentur übrigens vor der Wahl abschaffen.