Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen, das ist meine letzte Rede – ich weiß, man soll nie nie sagen – in diesem Plenarsaal. Ich gehe aber einmal davon aus, weil mein Weg mich weiterführt. Deswegen verbinde ich einfach die Dinge.
der sich auch für die Chancengerechtigkeit im Bildungssystem eingesetzt hat und der damals auch – das ist erwähnt worden – für die Gesamtschule gekämpft hat. Ich kenne aus langen Zeiten einen Kampf, einen Schulkrieg um Bildungssystem und Struktur, der alle vor allen Dingen politische Systeme über Jahre, wie ich das empfunden habe, blockiert hat, sich in qualitativen Fragen weiterentwickeln zu können. Wir und diese Ampel haben mit diesem Koalitionsvertrag den Schulkrieg eindeutig überwunden.
Hier gibt es die Realschule plus neben der Gesamtschule und dem Gymnasium. Wenn wir hier Bildungspolitik debattieren, dann vor dem Hintergrund, besser zu werden, mehr zu tun und alles zu geben, damit unsere Kinder das Ziel der Chancengerechtigkeit wirklich erreichen können. Das finde ich großartig. Das blockiert keine Ressourcen mehr.
Als Tochter des Lehrers, der GEW-Vorsitzender war, weiß ich, wie wichtig die Wertschätzung gegenüber den Lehrerinnen und Lehrern ist, die unsere jungen Menschen ausbilden. Deswegen bin ich froh, dass die 600 Stellenhebungen pro Jahr für ehemalige Hauptschullehrerinnen und -lehrer, die mit der Wechselprüfung II in das Lehramt für Realschule plus gewechselt sind und die Prüfungen bestanden haben, vollzogen werden konnten und es mehr sind, als zunächst kalkuliert waren.
Es zeigt, wie schwierig es ist, ein System zu transformieren. Wir müssen jetzt in diesem mehrgliedrigen System sehen, dass eine Schulform aufgelöst und in die nächste überführt wurde und wie lange es dauert, sich um die Bediensteten des Landes, die Erzieherinnen und Erzieher zu kümmern, um dieses Ziel zu erreichen; denn wir haben eines. Das lautet: gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit. – Die soll damit erreicht werden. In dieser Weise sind wir mit diesem Haushalt an dieser Stelle diesem Ziel einen Schritt näher gekommen. Dafür bin ich dankbar, und deshalb stimmen wir dort zu.
Ich möchte auf den Begriff der Gleichmacherei von der AfD zurückkommen. Wir haben vorhin gehört, dass Sie die Familien nicht unterstützen wollen.
Sie wollen auch nicht die Frauen unterstützen. Das ist hier vorhin ganz eindeutig gewesen. Sie wollen auch nicht die Vielfalt unterstützen,
dabei sind wir eine vielfältige Gesellschaft. Jeder von uns ist unterschiedlich. Herr Paul, Sie sind sehr unterschiedlich
(Vereinzelt Beifall und Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zuruf von der AfD: Ja, eben!)
Wir sind sehr divers. Das Diverse auch im Bildungssystem abzubilden, ist eine große Aufgabe, in die viel Geld fließt. Es fließt direkt in die Kommunen. Allein in diesem Haushalt sind es 10 Millionen Euro, die direkt an die Gemeinden und Gemeindeverbände fließen, die nicht über den KFA abgebildet werden, weil sie durch das Gesetz zur Stärkung der inklusiven Kompetenz ein Baustein in unserem Bildungssystem sind. Wir sind froh, wir haben das abgebildet, und es kommt auch vor Ort bei den Familien und Kommunen an, da, wo es hingehört. Das ist gut so.
(Beifall des Abg. Heribert Friedmann, AfD, des Abg. Andreas Rahm, SPD, und vereinzelt bei der CDU – Zuruf des Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU )
Die Kollegin Lerch hat vorhin das Notwendige gesagt, aber lassen Sie mich das noch einmal ausdrücken. Die Aufwüchse, die wir in der Unterrichtsversorgung vorgesehen haben, beinhalten 270 neue Lehrerstellen, davon 120 Lehrkräfte in Deutsch-Intensivkursen und 209 Stellen für den Ausbau des Vertretungspools. Das sind insgesamt 64 Millionen Euro pro Jahr, die wir uns das kosten lassen. Die Erhöhung der Ansätze für die frühkindliche Bildung sieht noch einmal 12 Millionen Euro vor, damit auch stattfindet, was stattfinden soll. Das ist auch eine große Leistung. Deswegen gehört es in den Haushalt. Wir sind froh, und für alle, die daran mitgewirkt haben, vielen Dank.
Dass wir damit erfolgreich sind, zeigt der Bildungsmonitor. Er zeigt, dass Rheinland-Pfalz auf dem richtigen Weg ist. Wir haben – das möchte ich hier hervorheben – den Bereich Integration, aber auch Fächer wie Kunst und Sport, in denen alle Schülerinnen und Schüler, die neu in unser Land gekommen sind und die Sprache noch nicht vollständig können, zusammen unterrichtet werden können. Das ist ein tolles Konzept für die Integration. Der Mittelansatz von 39 Millionen Euro im Jahr 2018 ist ein gewaltiger Schritt, aber auch ein notwendiger Kraftakt. Vielen Dank, dass wir das zusammen angehen können.
Ich sage Ihnen noch eines – deswegen bin ich auch hier, und deswegen passt das Thema „Bildungspolitik“ mit meiner Person zusammen –, ich bin hier, weil ich Streitschlichterin sein wollte.
Als ich 2006 zu den Grünen gekommen bin, waren sie gerade aus dem Landtag rausgeflogen, und es war keine angenehme Situation. Wir haben aber gesagt, wir wollen wieder in den Landtag, wir wollen uns aufstellen, und es soll nach vorn gehen. Es war mein erklärtes Ziel, das, was an inneren Differenzen besteht, zu beseitigen und die Differenzen der Gesellschaft hier, in diesem Plenarsaal, der eine Art Waage für die Gesellschaft draußen ist, auszutragen, auszubalancieren und damit in die Zukunft zu gehen, also konfliktfähig zu sein, Konflikte bereinigen zu können. Deswegen bin ich hier. Das war mein Weg elf Jahre in der politischen Arbeit hier im Land Rheinland-Pfalz.
Aber in die Schule gehört das auch. Konflikte lösen gehört zu Schülern. Wir haben vorhin verschiedene Verknüpfungen gehört, wie belastet Kinder manchmal psychologisch sind durch das, was sie aus ihren Familien mitbringen, und nicht die Chance haben zu lernen, Konflikte zu lösen, um am Ende so etwas zu tun, wie wir hier, nämlich politisch zu sein und Konflikte zu lösen. Deshalb ist Schulsozialarbeit wichtig.
Wir haben in diesem Haushalt mehr für die Schulsozialarbeit getan. Es ist – sage ich einmal – nur 1 Million Euro, aber es ist schon ein großer Wurf im Vergleich zu dem, was wir vorher hatten. Lassen Sie uns diesen Weg weitergehen, damit unsere Schülerinnen und Schüler in diesem Land lernen, Konflikte zu lösen, damit sie sich stellen und wir auch in Zukunft in einer friedlichen Gesellschaft leben können. Vielen Dank.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und bei der SPD – Abg. Christine Schneider, CDU: Ich bin fertig, Flasche leer!)
Politik ist nie fertig. Wir haben das – in der letzten Wahlperiode durfte ich als Ministerin a.D. erleben, wie das mit den Schatten der Vergangenheit ist, die sozusagen herüberragen – bei den Themen „Nürburgring“ und „Flughafen Hahn“ gelernt, die uns umgetrieben haben, aber auch andere.
Wenn ich selbst manchmal als wandelnde Windkraftanlage bezeichnet worden bin und dabei die ganzen Reflexe, die zum Thema „Klimaschutz und Energiewende“ an mir abprallen mussten und die ich spüren durfte, habe ich es empfunden, wie wichtig es ist, mit diesen Konflikten umzugehen, diese langen Schatten zu überwinden und das in einem guten menschlichen Miteinander zu machen.
Für mich geht das noch weiter, ich fahre nämlich regelmäßig am AKW Mühlheim-Kärlich vorbei. Heute hat es noch einmal in den Zeitungen gestanden: Das Gesetz zur Entsorgung der atomaren Abfälle ist jetzt endlich durch. Aber das dauert alles 50 Jahre. Ich kann also jetzt noch sehr lange darauf warten. Ich sage Ihnen aber, ich werde es tun. Wenn der Kühlturm vom AKW Mülheim-Kärlich abgerissen wird, dann werde ich dabei sein – ganz bestimmt. Das schaue ich mir an. In dem Moment, in dem das erste Endlager gefunden wird, über das ich noch mit den Ministern a.D. Röttgen, Altmaier und Gabriel verhandelt habe, dann will ich auch dabei sein;
denn Demokratie ist fluide, und an den neuen Ort, an den ich gehen werde, nehme ich diese Eindrücke und diese Erfahrungen mit, um sie auch weiterzugeben an junge Menschen; denn eigentlich wollte ich schon immer eine Lehrerin sein.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD, der FDP und bei der CDU – Abg. Julia Klöckner, CDU: Aha!)
Frau Kollegin Lemke, es war dies Ihre voraussichtlich letzte Rede hier im rheinland-pfälzischen Landtag. Heute ist Ihre voraussichtlich letzte Plenarsitzung. Ich darf Ihnen deshalb seitens des gesamten Parlaments ganz herzlich für die Zusammenarbeit in den Jahren danken. Wir wünschen Ihnen für Ihren weiteren Lebensweg und Ihre weitere Aufgabe alles Gute. Vielleicht sehen wir uns einmal bei irgendeiner Gelegenheit hier in Mainz wieder. Wir würden uns freuen. Alles Gute!
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD, der FDP und bei CDU und AfD – Abg. Eveline Lemke, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Vielleicht! – Abg. Christine Schneider, CDU: Nicht drohen!)
Wir fahren in der Debatte fort. Als Nächstes hat Herr Abgeordneter Paul von der Fraktion der AfD das Wort. Die Fraktion hat noch fünf Minuten Redezeit.
Liebe Kollegen, liebes Präsidium! Wenn die Landesregierung mit Kritik an ihrer Bildungspolitik konfrontiert wird – der Philologenverband in Rheinland-Pfalz spricht explizit von Bildungsabbau –, dann kalauert sie gern: Schon vor 100 Jahren, ja, was sage ich, bereits in der Antike hätten Lehrer die Leistungen ihrer Schüler beklagt – ein schwacher Trost aus fernen Zeiten.
Die Realität sieht so aus: Je mehr sogenannte Vielfalt Sie von oben in die Schulen hinein verordnen, desto mehr werden unsere Schule zu Laboren Ihrer unausgegorenen Bildungsexperimente. 70 Koordinatoren sind genannt worden, die koordinieren, die aushandeln und ausbalancieren müssen, die aber nichts mit gutem Unterricht zu tun haben. Es sind letztendlich Vielfaltsdompteure, die Sie einstellen.
Inklusion um jeden Preis ist eines dieser Experimente, wie die sogenannte TIMS-Studie belegt. In NordrheinWestfalen kostete sie in den Jahren 2010 bis 2017 1,2 Milliarden Euro. In Rheinland-Pfalz werden im Doppelhaushalt über 100 Millionen Euro für Inklusion bereitgestellt. Überall dort, wo Sie radikal und unterfinanziert umgesetzt werden soll, lässt sie überforderte Schüler und Lehrer zurück. Das Mehr an Wahlfreiheit, was Sie vorgeben, erreichen zu
wollen, läuft auf eine Abwertung der Sonder- und Förderschulen hinaus und in der Realität auf Millionen, die Sie nicht seriös finanzieren können.
Die Beschulung von Migrantenkindern, insbesondere von Asylschülern, ist eine weitere Herausforderung, mit der Sie sehr wohl etwas zu tun haben mit Ihrer Willkommenskultur und verfehlten Asylpolitik. Die verfehlte Politik von Rot-Grün wird nun, zusammengehalten vom gelben Kitt der FDP, geradewegs weitergeführt. Folge ist ein Vertrauensverlust in die staatlichen Schulen. Wie groß dieser ist, zeigt sich am Wachstum der Privatschulen.
Rheinland-Pfalz liegt voll im Trend. Das unterstreicht eine Antwort auf eine Kleine Anfrage der AfD. Während von 2004 bis 2016 die Schülerzahl an staatlichen Schulen um 15 % zurückging, ist sie im gleichen Zeitraum an den Privatschulen um 8 % gestiegen. Diese Entwicklung muss mindestens nachdenklich stimmen. Vielleicht hängt gute Bildung eines Tages wieder vom Einkommen der Eltern ab. Wollen wir das?