Ein Thema bestimmt im Moment wohl die Diskussion. Das betrifft die größte und intensivste Diskussion im Land, aber nicht nur in Rheinland-Pfalz, sondern in Deutschland, ganz Europa oder sogar weltweit. Das ist die Frage, wie gehen wir mit den Flüchtlingen um, die zu uns kommen. Wir haben mehrere Möglichkeiten. Ich glaube, wir müssen mehrschichtig agieren.
Zunächst einmal will ich sagen, wir haben die Pflicht zur Aufnahme von Flüchtlingen, von Kriegsflüchtlingen. Wir haben die Geschichte, die wir haben. Wir wissen, dass wir auch dankbar waren, als Flüchtlinge aus unserem Land aufgenommen wurden. Wir wissen, dass es zu großen Schwierigkeiten und Bitterkeiten kam, als die Flüchtlingsaufnahme in den anderen Ländern nicht mehr geklappt hat.
Wir wissen, dass es nicht eine Frage der Politik ist. Das hat die Alterspräsidentin das letzte Mal hier gesagt. Dafür bin ich sehr dankbar. Es ist eine Frage des Anstandes, dass man Flüchtlinge, die in Not sind, aufnimmt, gut versorgt und ihnen eine Perspektive bietet. Anstand in diesem Hohen Hause fordern wir ein.
Natürlich müssen wir auch Fluchtursachen bekämpfen. Die Fluchtursachen sind nicht in unserem Land, sondern in der internationalen Politik zu suchen. Natürlich ist jeder Flüchtling, der nicht flüchten muss, ein glücklicherer Mensch. Er will nicht flüchten, sondern die Menschen wollen in ihrer Heimat bleiben. Erst wenn sie gezwungen werden, aus ihrer Heimat zu gehen, weil eventuell in Syrien Fassbomben auf sie fliegen, weil zum Beispiel in Afghanistan keine sichere Lage ist, weil im Irak Folter angewandt wird und auch in den anderen Ländern, dann ist es richtig und wichtig zu sagen, wir nehmen diese Menschen auf, aber wir versuchen, die Fluchtursachen zu bekämpfen.
Es wäre schön, wenn kein Mensch auf dieser Welt flüchten müsste. Deswegen haben wir da auch Verantwortung.
Wir haben natürlich auch international Verantwortung. Deswegen ist es auch wichtig, dass wir internationale Partnerschaften haben und leben, aber wir haben international
Verantwortung. Da haben wir auf Bundesebene und auf der europäischen Ebene die entsprechende Politik zu unterstützen, dass Fluchtursachen bekämpft werden. Da sollte man natürlich auch finanzielle Ressourcen einsetzen, andere Ressourcen einsetzen, wie friedenschaffende Ressourcen, um dann Fluchtursachen bekämpfen zu können. Das ist das A und O; das ist die erste Forderung, die wir haben.
Wenn aber dann die Menschen geflohen sind und zu uns kommen, wie gesagt, dann haben wir die Pflicht und Schuldigkeit, sie auch aufzunehmen, sie gut zu versorgen und sie zu integrieren.
Wir haben im Land Rheinland-Pfalz im Jahr 2015 am Anfang eine Kapazität von 2.000 Erstaufnahmeplätzen gehabt. Wir dachten, das würde eventuell reichen, 2.000 Plätze. Wir haben zunächst einmal nicht mit einer größeren Flüchtlingsbewegung gerechnet. In diesem einen Jahr haben wir aber die Erstaufnahmeplätze von 2.000 auf 15.000 Plätze erhöht. Meine Damen und Herren, im Gegensatz zu vielen anderen Bundesländern hat Rheinland-Pfalz die Aufnahme sehr gut bewältigt. Es gab keine Skandale in Rheinland-Pfalz. Die Menschen mussten nicht im Freien übernachten, sondern wir konnten alle Menschen versorgen, die nach Rheinland-Pfalz kamen.
Ich weiß, einer war mal im Freien, weil er in der falschen Einrichtung war. Wir haben aber dafür gesorgt, dass die Flüchtlinge, die hierher kommen, eine gute Erstaufnahme haben und sie dann auf die Kommunen weiter verteilt werden. Das ist das Verdienst dieser rot-grünen Landesregierung gewesen, die es das letzte Mal gab. Dafür werden wir uns natürlich auch in der Ampel weiter einsetzen. Das ist doch eine Selbstverständlichkeit, meine Damen und Herren.
Um an Herrn Roths Zitat an Herrn Wissing anzuknüpfen: Die Ministerin Spiegel kann nicht nur Aufnahme, sie kann auch Integration. – Wir werden in den nächsten fünf Jahren zeigen, dass wir auch die Integration ernst nehmen und wir die Kurse, die wir haben, weiter ausbauen.
Rheinland-Pfalz hat schon viele Vorleistungen gemacht. Wenn wir uns auf den Bund verlassen hätten – erstens auf das BAMF allein zum Beispiel bei der Registrierung der Flüchtlinge oder danach bei der Integration –, glaube ich, wären wir verlassen gewesen. Nun ist es aber so, dass wir selbst das Heft in die Hand genommen und Integrationseinrichtungen geschaffen haben. Ich glaube, deswegen können wir auch stolz darauf sein, was das Land Rheinland-Pfalz geleistet hat, und ich glaube, wir können auch einfordern, dass der Bund jetzt nachlegt und entsprechend die Maßnahmen fördert, die wir hier in Rheinland-Pfalz schon lange umsetzen.
weise auch für die Schutzräume. Die Schutzräume, die wir für Eltern, für Kinder, für Alleinerziehende schaffen, die unterwegs sind, die sich in Rheinland-Pfalz wohlfühlen und auch sicher fühlen können und müssen. Das ist ein Vorschlag, der in dem neuen Integrationsgesetz aufgegriffen wird. Wir wären froh, wenn der Bund da mehr leisten würde, wenn sich der Bund auch finanziell mehr an Maßnahmen wie Integrationskursen beteiligen würde, sodass jeder Flüchtling, jeder Mensch, der geflohen ist, einen Integrationskurs besuchen kann, und wenn er mehr beim Schutz der Flüchtlinge leisten würde.
Wir hätten auch gerne – da spreche ich die CDU noch einmal an – mehr Kurse, weil die Leute freiwillig in Kurse gehen würden. Wir können aber das Fordern und Fördern nicht auf die Seite des Forderns allein beziehen, so wie es die CDU macht, wenn die Kurse nicht da sind. Ich glaube, Sie haben selbst schon eingestanden, dass wir natürlich die entsprechenden Kurse, die Maßnahmen, die Angebote brauchen.
Es gibt sehr wenige Flüchtlinge, die dann diese Angebote nicht annehmen wollen. Viele Flüchtlinge, die ich auch kenne, wollen Angebote möglichst schnell annehmen, wollen sie intensiv nutzen, wollen die deutsche Sprache lernen, wollen die Regeln in unserem Land lernen. Meine Damen und Herren, das müssen wir unterstützen.
Ich möchte einen kleinen Exkurs zum Ludwigshafener Bürger Ernst Bloch machen, weil der in der Regierungserklärung erwähnt wurde. Ernst Block war lange Zeit in den USA. Hätte Ernst Bloch die Strafe erhalten, die vorgesehen ist, wenn man keinen Integrationskurs macht, dann hätte er vielleicht sein Hauptwerk nicht schreiben können. Ernst Bloch hat nie in den zehn Jahren, in denen er da war, Englisch gelernt. Er hat weiterhin in Deutsch geschrieben. Es muss nicht jeder seine Identität und seine Sprache wechseln. Er muss sich verständigen können, er muss in dem anderen Land leben können, er muss dort arbeiten können. Ich glaube, das genügt. Wir können auch nicht davon ausgehen, dass alle immer sehr stark ihre Heimat und ihre bisherigen Ziele in ihrer Heimat verlassen wollen. Viele wollen auch wieder zurückkehren, brauchen deswegen ihre Wurzeln in der Heimat und bleiben deswegen auch zweisprachig. Wir selbst sind schließlich auch froh, wenn wir in Brasilien sind, dort die Hunsrücker treffen und sie uns auf Deutsch begrüßen. Dann ist doch klar, man kann eine Heimat bewahren.
Man kann aber eine Heimat bewahren und eine zweite annehmen. Das ist wichtig. Das spricht nicht gegen Multikulti, sondern das spricht dafür, dass Menschen eine Heimat haben und sie es ernst nehmen, dass sie eine Heimat haben. So viel zum Heimatbegriff, meine Damen und Herren.
Wir brauchen – ich glaube, das ist auch wichtig – ein Einwanderungsgesetz. Dieses Einwanderungsgesetz, das seit Langem in der Diskussion ist, müssen wir jetzt schnell auf den Weg bringen. Wir müssen es schnell gestalten, weil es sonst für Menschen nicht möglich ist, auf einem legalen Weg nach Deutschland zu kommen. Deswegen haben wir mehr Probleme, wenn wir kein Einwanderungsgesetz haben. Das sagen die Grünen schon sehr, sehr lange. Ich glaube, im Moment ist die Gesellschaft auch reif dafür, dass wir insgesamt vorankommen und das Einwanderungsgesetz, damit die Menschen schneller in Deutschland ankommen können, damit wir sie schneller einbürgern können, damit wir ihnen schneller eine zweite Heimat, eine andere Heimat bieten können, auf Bundesebene gestalten können. Unser Bundesland und diese Regierung sind auf jeden Fall dazu bereit, meine Damen und Herren.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Abg. Joachim Paul, AfD: Asyl ist keine Einbahnstraße!)
Sie haben auch die Sozialpolitik angesprochen. Natürlich ist es schwierig, wenn sich Menschen in sozialen Schwierigkeiten befinden. Sie haben die Zahl der Kinder genannt, die in Rheinland-Pfalz Leistungsberechtigte sind. Das sind die Kinder unter 15 Jahre. Die Zahl ist auf 58.403 im vergangenen Jahr leicht angestiegen. Das entspricht immerhin 11,3 % der Kinder. Bundesweit sind es allerdings 14,4 % der Kinder, die diese Hilfe in Anspruch nehmen müssen.
Wir müssen aber Programme finden, die gegen die Armut bei ihnen sind. Deswegen ist es wichtig, dass wir gerade alleinerziehende Mütter, weil da das höchste Armutsrisiko ist, Alleinerziehende insgesamt unterstützen, sodass die Kinderarmut in Rheinland-Pfalz sinkt. Ich glaube, so wie wir in der letzten Zeit agiert haben – wie gesagt, die Armutshäufigkeit ist geringer als im Bundesdurchschnitt –, werden wir auch in Zukunft die Armut von Kindern, von Alleinerziehenden und von Familien bekämpfen. Meine Damen und Herren, auch Alleinerziehende mit Kindern sind Familien. Sie haben eine große Verantwortung. Ich habe allen Respekt davor, dass sie es schaffen, ihre Kinder zu erziehen, meine Damen und Herren.
Wir haben – das haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart, ich glaube, es wurde auch gar nicht kritisiert, dass wir das gemacht haben – vor, 20.000 neue Wohnungen mit einer Unterstützung zu bauen, damit diese Wohnungen gut bezahlbar sind. Diese Wohnungen sind nicht speziell für Flüchtlinge oder Asylbewerber. Nein, diese Wohnungen sind für alle, die hier wohnen. Wir müssen natürlich reagieren, wenn der Wohnungsmarkt enger wird.
Ich bin froh, dass wir diese 20.000 neuen Wohnungen festgelegt haben. Das ist eine Zahl, die sich sehen lassen kann und die in der nächsten Zeit bestimmt auch hilfreich sein wird, in Rheinland-Pfalz keine Wohnungsnot aufkom
Es ist sehr verschieden, wie die Menschen in RheinlandPfalz verteilt sind. Das eine ist eher ein Leerstand in ländlichen Gebieten, das andere ist der hohe Mietpreis beispielsweise in Mainz oder in sonstigen Metropolen. Wir müssen aber Maßnahmen ergreifen, damit Wohnraum weiterhin bezahlbar bleibt. Das müssen keine Abstriche an der Energiesicherung, oder das muss kein Abstrich an der Qualität der Wohnungen sein, sondern es muss einfach eine bezahlbare Wohnung sein. Wir sind stolz darauf, dass wir das gemeinsam vereinbart haben.
Um noch einmal das Programm aufzugreifen, das hier schon mehrfach benannt wurde: Wir müssen dafür sorgen, dass jede und jeder in Rheinland-Pfalz eine Ausbildung erhält, auch diejenigen, die bisher keine Chance auf eine Ausbildung hatten. Wir haben im Koalitionsvertrag festgelegt, dass wir uns darum kümmern werden, dass jeder eine erste – so hat es Herr Schweitzer genannt –, zweite und dritte Chance erhält, damit wir keinen zurücklassen, sondern dass alle eine Chance haben, in Rheinland-Pfalz auf die Zukunft hin von ihren Fähigkeiten, von ihrem eigenen Einkommen leben zu können, und dass sie entsprechend die Ausbildung dafür haben werden. Darum werden wir uns kümmern.
Da geht es nicht nur um Schule, sondern da geht es auch um diejenigen, die es das erste Mal verpasst haben, eine Ausbildung zu schaffen, also um junge Erwachsene, dass die das hinterher nachholen können. Das ist ganz wichtig, weil sonst hat man sein Leben lang Nachteile und keine Chancen. Deswegen wollen wir uns auch um diese Menschen kümmern.
Zur Gerechtigkeit nur noch eine Bemerkung: Wir sind nicht diejenigen, die die Besteuerung in diesem Land festlegen, aber es gab doch immerhin eine Anregung der Ministerpräsidentin, die Kapitalsteuer an die Einkommensteuer anzupassen, weil die Kapitalsteuer niedriger ist. Ich finde, das ist eine interessante Überlegung. Man muss Gerechtigkeit bei den Einnahmen haben; man muss Gerechtigkeit bei den Ausgaben haben. Deswegen glaube ich auch, wir sollten über Alternativen, über Änderungen im Steuersystem diskutieren.
Die grundlegende Aufgabe, die dieses Land hat, ist aber die Aufgabe der Bildung, ist die Aufgabe der Schulen, der Hochschulen, der Kitas und der frühkindlichen Bildung insgesamt. Meine Damen und Herren, da entscheidet sich doch die Chancengleichheit der Menschen in diesem Land. Wenn wir von Anfang an in Rheinland-Pfalz gebührenfreie Bildung gewähren, dann sind wir garantiert auf der richtigen Seite. Meine Damen und Herren, dann können wir sagen, wir schaffen Chancengleichheit.
Natürlich muss sich jede und jeder bemühen. Natürlich braucht der eine mehr und der andere weniger Unterstützung, aber gleiche Chancen ins Leben sind Bildungschan
cen ins Leben. Deswegen muss es früh genug anfangen, gleiche Chancen zu haben. Das muss über die gesamte Karriere der Bildung gehen. Bildung muss immer wieder neu gebührenfrei möglich sein, damit man nicht wie in anderen Ländern am Geld scheitert, dass Arme keine Bildung haben und Reiche Bildung genießen können. Das wollen wir in Rheinland-Pfalz nicht.
Darum ist es auch so wichtig, dass wir nicht nur darüber diskutieren, dass Master und Meister – das ist jetzt ein Begriff, der überall gleich gebraucht wird – gleiche Chancen haben, gleiche Möglichkeiten haben, gleich anerkannt sind in dieser Gesellschaft. Ich glaube auch nicht, dass es es einmal gab, dass man gesagt hat, Master sind bedeutend mehr wert als Meister, weil der Meister hatte schon immer einen guten Ruf in Deutschland. Deswegen glaube ich, es ist wichtig, dass wir in diesem Parlament sagen, es gibt eine Gleichwertigkeit der Ausbildungen.
Dann muss es natürlich auch eine Gleichwertigkeit der Unterstützung der Ausbildung geben. Was war denn das für eine Zeit, oder was ist denn das für eine Zeit, in der ein Meister aus eigener Tasche abends in die Schule gehen muss, die Schule bezahlen muss, die Meisterprüfung bezahlen muss, Zehntausende von D-Mark früher und von Euro heute auf den Tisch blättern muss, damit er Bildung genießen kann? Meine Damen und Herren, das wollen wir nicht weiter haben. Wir wollen auch da eine Chancengleichheit. Deswegen sind wir froh, dass wir den Meisterbonus einführen.
Wir haben, um noch einmal auf die frühkindliche Bildung zurückzukommen, die uns allen doch sehr wichtig ist, da Fortschritte erzielt. Wir können natürlich nicht alle Träume Wahrheit werden lassen. Natürlich wäre es schöner, wenn die Schlüssel der Betreuung in den Kitas besser wären. Natürlich wäre es schöner, wenn die eine oder andere Ausstattung noch besser wäre, aber auf das, was wir in Rheinland-Pfalz haben, können wir stolz sein. Was wir in Rheinland-Pfalz im Bereich der frühkindlichen Bildung erreicht haben, ist, dass viele, viele Kinder hier in den Kindergarten gehen. Mehr als in anderen Flächenländern. Deswegen glaube ich, ist das Angebot gut, ist das Angebot wichtig.
Es gibt keine Pflicht – das muss ich auch gleich dazu sagen, falls Sie das falsch verstanden haben –, aber das Angebot ist da. Ein gutes Angebot, das genutzt werden kann, das genutzt werden soll. Deswegen ist eine gute Kita-Versorgung auch eine Frage der Chancengleichheit in Rheinland-Pfalz. Kita!Plus war eines unserer Programme. Dazu gehören gute Vernetzungsstellen der Kitas mit den Familien, um Familien gleich bei den Kitas einbeziehen zu können. Wenn es Schwierigkeiten gibt, kommt man da viel besser zurecht. Das sind Programme, die wir gerne weiterführen werden.