Protokoll der Sitzung vom 21.06.2017

Festhalten ist auch: Die Pkw-Maut nach deutschem Muster wird frühestens im Jahr 2019 kommen. Wenn man sich in Erinnerung ruft, damals bei der Lkw-Maut gab es eine zweijährige Verzögerung. Also kann es bei der Pkw-Maut auch 2020 oder noch später werden.

Nach dem Kommissionsvorschlag sollen dann zeitabhängige Mautsysteme spätestens im Jahr 2027 durch entfernungsabhängige Systeme abgelöst werden. Das heißt, das deutsche Mautsystem müsste innerhalb von nur sieben Jahren vollständig abgeschrieben werden. Damit könnte der Saldo aus Ertrag und Aufwand endgültig in den roten Bereich rutschen. Um auch diese Frage von Herrn Kollegen Baldauf zu beantworten: Kaufmännisch gesehen macht das keinen Sinn. – Mit den Einnahmen dieser Maut wird man in Deutschland keine Straßen bauen können.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Tja!)

Meine Damen und Herren, ich fasse die Haltung der Landesregierung zum Richtlinienvorschlag der EUKommission für ein europäisches Mautsystem zusammen: Die Landesregierung lehnt die beschlossene deutsche Pkw-Maut nach wie vor entschieden ab. Eine entfernungsabhängige europaweite Lösung, wie sie die Kommission anstrebt, könnte dagegen verhindern, dass die Wirtschaft in den rheinland-pfälzischen Grenzregionen Umsatzeinbrüche erleidet. Der Bundestag sollte deshalb das deutsche Infrastrukturabgabengesetz in der neuen Legislaturperiode nach der bevorstehenden Wahl umgehend aufheben und alle Vorbereitungen zur Einführung dieses Systems umgehend stoppen.

Auch im Sinne der deutschen Wirtschaft sollte die Bundesregierung sofort alle Kräfte daran setzen, ein elektronisches entfernungsabhängiges und europaweit funktionierendes Mautsystem in Deutschland zu entwickeln und einzuführen. Es wäre gut, wenn sich Rheinland-Pfalz als europafreundliches Bundesland mit dieser Haltung durchsetzen könnte. Wir wollen keine Politik gegen unsere europäischen Nachbarn, und schon gar keine, die uns nicht einmal hilft, in der Infrastrukturfinanzierung auch nur einen

Schritt weiterzukommen.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Oster.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Baldauf, dass Sie in jeder Rede auf mein Alter eingehen und sagen, das können Sie alles gar nicht wissen, weil Sie da noch gar nicht da waren, muss ich ganz ehrlich sagen, finde ich armselig. Es macht mir aber nichts.

(Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Viel schlimmer ist, dass Sie sich heute hier hinstellen und irgendwelche vermurksten CSU-Pläne verteidigen. Ich muss schon sagen, das finde ich sehr bemerkenswert.

Mit den Zitaten muss ich wohl einen wunden Punkt bei Ihnen getroffen haben. Fakt ist, an Ihre Zitate aus unserem Koalitionsvertrag kann ich mich nicht erinnern. Ich habe das gerade auch noch einmal gegoogelt. Ich weiß nicht, was Sie da vorgetragen haben, aber das ist etwas anderes. Die Zitate von der Bundeskanzlerin sind aber Fakt; die kann man nachlesen, 1. September 2013 und 1. September 2014.

Sie sitzen auch im Wirtschaftsausschuss. Dennoch sind Sie in Ihrer Rede noch nicht einmal auf die Grenzregionen und auf die Wirtschaftsschäden eingegangen, die entstehen würden. Ich denke, wir haben mit der Grenzregion Frankreich/Deutschland oder mit der Trierer Region ein Pfund. Dieses Pfund dürfen wir nicht verlieren. Dann sollte man im Zuge der Pkw-Maut auch darauf eingehen.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Minister, Sie haben es abschließend gesagt – ich glaube, das ist hier festzuhalten –, wer stur an einer deutschen Lösung festhält, der wird am Ende scheitern. Dieses Projekt muss, wenn überhaupt – ich sage es noch einmal, wenn überhaupt –, europaweit angegangen werden. Es darf nicht sein, dass deutsche Autofahrer hier noch zusätzlich belastet werden.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Wink.

Verehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich mache es kurz und möchte nur kurz auf ein paar Punkte eingehen.

Herr Baldauf, Sie haben gesagt, wir würden uns mit unserer Glaskugel herumbewegen und würden die Zukunft vorhersagen. Wir haben keine Glaskugel. Die ganzen Studien, auf die wir uns stützen, stammen nicht von der Koalition. Sogar der Bundesrechnungshof hat Zweifel angemeldet.

Natürlich gibt es keinen Streit mehr mit der EU. Es gibt nur noch Streit mit Österreich.

Herr Schäuble selbst hat aber gesagt, die Einigung, die dazu geführt hat, den Streit niederzulegen, kostet uns mehr Geld. Er hat auch gesagt, dass die Besitzer von Euro-6-Fahrzeugen immer mehr zunehmen und dies wohl dazu führen könnte, dass die Ausfälle bei den KfzSteuereinnahmen größer sein könnten als die Einnahmen aus der Maut. Dann kostet das Ding mehr Geld, als ich davon habe. Das ist zwangsläufig so. Wenn ich 10 Euro verdiene, aber 20 Euro ausgebe, bin ich im Minus. Das ist Fakt.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist es! – Zurufe der Abg. Julia Klöckner und Christian Baldauf, CDU)

Das ist auch ein Punkt, dass Sie die Hälfte Ihrer Redezeit am Thema vorbeireden und mit Pensionsfonds und Energieagentur kommen. Das sagt auch schon viel aus. Da fehlen halt die Argumente in dieser Diskussion.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Einen letzten Punkt möchte ich noch erwähnen. Die Maut wird pauschal und nicht nutzungsabhängig erhoben, wie zum Beispiel beim Lkw-Verkehr. In zwei Dritteln der anderen Ländern, die eine Maut haben, wird sie streckenabhängig erhoben. Die streckenabhängige Erhebung wäre sogar sinnvoll, um die Pariser Klimaschutzziele zu erfüllen.

(Glocke der Präsidentin)

Ich kann mich nicht daran erinnern, dass Frau Merkel es Herrn Trump gleichgemacht hat und aus diesen Zielen ausgestiegen ist. Also ist das auch ein Punkt, der hier noch zu erwähnen ist.

Danke schön.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Baldauf.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Wink, schauen Sie, ich kann es mir erlauben, solche Dinge auch noch zu bringen, weil der Inhalt Ihres Antrags und Ihre Ausführungen so wenig waren, dass ich es in der Hälfte der Zeit geschafft habe, das zu beantworten.

(Beifall der CDU – Zurufe von SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)

Ich bin immer wieder erstaunt, wie das davon abhängig ist, wo man sitzt. Die Kolleginnen und Kollegen sitzen – vielleicht würden einige auch gern im Bundestag sitzen – nun einmal im Landtag. Die gleichen Kolleginnen und Kollegen der gleichen Couleur haben aber im Bundestag zugestimmt.

(Beifall der CDU)

Da können Sie doch auch einmal klatschen. Jetzt sehen Sie alle nach unten.

Dann sind Sie doch bitte so ehrlich und sagen in diesem Hause auch, wie es ist. Sie hatten Bedenken – die hatten wir auch, auch die rheinland-pfälzische CDU hatte Bedenken, wir waren alle in einem Boot, dass wir gesagt haben, wir müssen bei den Grenzregionen aufpassen –, aber dann kommt, es wie es kommt, es geht um Bundesstraßen.

Dann kommt als Weiteres – ich wiederhole es extra noch einmal –, wir reden über die Jahre 2019 bis 2027, weil erst ab 2027 die europäische Lösung kommt, die im Übrigen keiner infrage stellt, weil sie der Kompromiss ist.

(Abg. Steven Wink, FDP: Die immer noch Geld kostet!)

Das heißt im Klartext, wir können uns jetzt darüber unterhalten, ob wir bis dahin nichts machen oder etwas tun.

Jetzt kommt doch die Glaskugel, Herr Kollege Wink. Wie kommen Sie darauf, dass es dadurch keine Mehreinnahmen gibt? Das hat Herr Schäuble genau so nicht gesagt.

(Beifall bei der CDU)

Er hat gesagt, dass man das natürlich nicht auf acht, neun Jahre prognostizieren kann, aber er hat gesagt, es wird auf jeden Fall mehr im Geldbeutel sein, als es jetzt der Fall ist.

Herr Kollege Wissing, es stimmt, es geht nicht, den Begriff „Ausländersteuer“ zu prägen. Der ist auch falsch. Es geht aber darum, dass man diejenigen zur Kasse bittet, die unsere Straßen gebrauchen und nutzen.

(Glocke der Präsidentin)

Im Moment sind es nur die deutschen Steuerzahler, die bezahlen. Deshalb muss man ernsthaft, wenn es andere Länder so machen, wie beispielsweise Österreich – es ist besonders scheinheilig, dass die klagen wollen –, wenigstens darüber nachdenken

(Glocke der Präsidentin)

ich komme zum Schluss –, ob wir denen, die sie nutzen und nicht in Deutschland ihre Steuern bezahlen, auch etwas aufbürden. Das halte ich für richtig, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist Punkt 2 der Tagesordnung, die Aktuelle Debatte, beendet.

Bevor ich Punkt 3 der Tagesordnung aufrufe, möchte ich Gäste bei uns im Mainzer Landtag begrüßen, und zwar Landfrauen aus Welgesheim und Mitglieder der Deutschen Rheumaliga. Herzlich willkommen bei uns im Landtag!