Protokoll der Sitzung vom 23.11.2017

Danke schön.

(Beifall der CDU und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Dr. Hubig.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich würde gerne im Anschluss an den Herrn Abgeordneten Köbler und die Frau Abgeordnete Schneid noch ein bisschen zur Sachverhaltsklärung beitragen und mit Erlaubnis aus dem Antrag der AfD-Fraktion zitieren, warum die IQB-Bildungstrends für die Frage des Heimat- und Sachunterrichts relevant sind.

Ich zitiere: „Dieser“ – gemeint ist der Sachunterricht – „wurde im IQB-Bildungstrend 2016 keiner Überprüfung unterzogen. Angesichts des unterdurchschnittlichen Abschneidens der rheinland-pfälzischen Schüler bei einer gleichzeitigen erheblichen Verschlechterung in ganz Deutschland in den Fächern Mathematik und Deutsch sind jedoch starke Bedenken mehr als angebracht, ob der Sachunterricht altersgerecht und inhaltlich angemessen ist.“ – Das ist die Begründung oder sozusagen Verknüpfung zwischen den IQB-Bildungstrends und dem Thema, über das wir jetzt diskutieren sollen.

Aus diesen Ergebnissen für die Fächer Mathematik und Deutsch Rückschlüsse auf den Sachunterricht zu ziehen, ist – gelinde gesagt – abenteuerlich. Die Forderung nach einer Veränderung der Heimatkunde ist eine bildungspolitische Rolle rückwärts in das letzte Jahrhundert, und zwar in die Mitte des letzten Jahrhunderts.

(Beifall der SPD, der FDP, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Die Kinder lernen in unseren Grundschulen – das sollen sie auch tun – Lesen, Schreiben und Rechnen. Aber daneben ist auch wichtig, sie dabei zu unterstützen, sich ihre natürliche kulturelle, soziale und technische Umwelt zu erschließen. Genau das leistet der Sachunterricht. Zusammen mit Deutsch und Mathematik bildet er den Kernbereich des Unterrichts an den Grundschulen, und zwar bundesweit.

Der Sachunterricht betrachtet die Komplexität der Welt, in der unsere Kinder aufwachsen, und berücksichtigt dabei auch naturwissenschaftliche, technische und sozialkundliche Aspekte. Der Heimatkundeunterricht – Herr Köbler hat es schon gesagt –, der bis Ende der 60er-Jahre erteilt wurde, wurde deshalb ersetzt, weil er für das Verständnis der Welt so wichtige Perspektiven nicht ausreichend einbezogen hat. Das heißt aber nicht, dass heimatkundliche Aspekte im Unterricht heute keine Rolle mehr spielen. Im Gegenteil, die Lebenswelt der Kinder, ihre Heimat hier, ist der zentrale Ausgangspunkt des Sachunterrichts.

Im Teilrahmenplan finden heimatkundliche Aspekte an vielen Stellen direkte Erwähnung, zum Beispiel im Erfahrungsbereich, im Erkunden und Gestalten der Umgebung und im perspektivischen Raum. Hier spielt das Kennenlernen der unmittelbaren Umgebung die zentrale Rolle.

Kinder haben aber auch bereits vielfältiges Erfahrungswissen über natürliche soziale, kulturelle, technische und wirtschaftliche Zusammenhänge. Im Sachunterricht werden diese Erfahrungen aufgegriffen, systematisiert und erweitert. Es wird auf die Fragen der Kinder eingegangen.

Natürlich gehört zu dieser Lebenswelt der Bereich globale Entwicklung, weil die Kinder wissen, dass ihre Lebenswelt sehr groß und vielfältig ist, und weil sie verstehen wollen, wie sie mit ihrem Verhalten diese Welt auch mitgestalten können.

Ganz konkret: Wenn ich als Schülerin oder Schüler bei Wandertagen die heimatliche Umgebung, also meine Umwelt erkunde – und zeigen Sie mir eine Grundschulklasse, die ihre Wandertage nicht in die heimatliche Umgebung macht – und meinen Plastikmüll in unseren Flüssen und Bächen entsorge, dann verschmutze ich nicht nur meine Heimat, sondern über den Rhein gelangt der Müll ins Meer, und von dort gefährdet Plastikmüll als Mikroplastik unsere Nahrung. Heimat und globale Entwicklung sind im 21. Jahrhundert zwei Seiten einer Medaille.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass man in diesem Verstehensprozess auch Dinge hinterfragt, wie zum Beispiel die Müllentsorgung, um dann gemeinsam zu einer neuen Erkenntnis zu kommen, ist überhaupt nichts Kritikwürdiges, es sei denn, sie gehen davon aus, dass Grundschülerinnen und Grundschüler schon alles fehlerfrei wissen. Oder Sie gehen davon aus – die Vermutung habe ich –, dass sie möglichst nicht alles wissen sollen und möglichst wenig wissen sollen.

Selbstverständlich wird der Sachunterricht altersgemäß und inhaltlich angemessen vermittelt. Unsere Lehrkräfte können das, und sie machen das hervorragend. Gestatten Sie mir abschließend noch ein Wort zu der Pariser Erklärung, die Sie auch in Ihrem Antrag zitieren. Natürlich ist Heimat etwas Wichtiges und ganz Zentrales. Das wissen wir hier alle auch. Das wissen unsere Lehrkräfte in Rheinland-Pfalz und unsere Schülerinnen und Schüler, aber diese Pariser Erklärung basiert auf einer völlig falschen Prämisse, weil sie einen geradezu paradoxen Widerspruch zwischen Heimat und Europa und zwischen Heimat und der Welt konstruiert, als könnten wir in einer isolierten Heimat leben, ohne gleichzeitig in Europa oder der Welt zu leben.

Wir wollen, dass unsere Kinder ihre ganze Lebenswelt verstehen und für sie Verantwortung übernehmen, und zwar für ihr Dorf, ihre Stadt, ihre Region, ihr Bundesland Rheinland-Pfalz, aber auch für ihr Land, ihr Europa und die Welt.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit kommen wir zur Abstimmung. Wird Ausschussüberweisung gewünscht? – Das ist offensichtlich nicht der Fall.

Dann kommen wir direkt zur Abstimmung über den Antrag – Drucksache 17/4599 –. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD, der

CDU, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der AfD abgelehnt.

Ich rufe Punkt 14 der Tagesordnung auf:

Steuerung und Kontrolle von Landesbeteiligungen und Landesbetrieben stärken Antrag der Fraktionen der SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/4588 –

dazu: Landesbeteiligungen und Landesbetriebe besser steuern und kontrollieren – Auftrag ernst nehmen Antrag (Alternativantrag) der Fraktion der AfD – Drucksache 17/4641 –

Landesbeteiligungen und Landesbetriebe effizient und wirtschaftlich steuern Antrag (Alternativantrag) der Fraktion der CDU – Drucksache 17/4643 –

Es wurde eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart.

Für die SPD-Fraktion hat Frau Dr. Köbberling das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Sehr geehrte Damen und Herren! Uns liegt ein Antrag der Regierungskoalition aus SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Beratung und Beschlussfassung vor, in dem es um die Landesbeteiligung an Unternehmen und Stiftungen geht.

Unter welchen Bedingungen solche Landesbeteiligungen möglich sind, ist in § 65 der Landeshaushaltsordnung geregelt, nämlich wenn ein wichtiges Interesse des Landes vorliegt und der sich vom Land angestrebte Zweck nicht besser und wirtschaftlicher auf andere Weise erreichen lässt, wenn die Einzahlungsverpflichtung des Landes auf einen bestimmten Betrag begrenzt bleibt, wenn das Land einen angemessenen Einfluss im Aufsichtsrat oder in einem anderen Kontrollgremium erhält und wenn der Jahresabschluss den strengen Anforderungen an große Kapitalgesellschaften genügt und entsprechend geprüft wird.

(Abg. Alexander Licht, CDU: Und gute Verbindungen zur KPMG!)

Landesbeteiligungen an Unternehmen und Stiftungen sind eine Möglichkeit der Steuerung und politischen Einflussnahme, wo bestimmte politische Ziele eben nicht durch andere Dinge wie zum Beispiel durch den freien Markt oder durch Verwaltungshandeln adäquat erreicht werden können. Eine Landesbeteiligung kann in solchen Fällen mit bestimmten Partnern und unter einem hohen Maß an öffentlicher Kontrolle der geeignete Weg zum Ziel sein.

Zu diesen Zielen gehören wichtige gesellschaftspolitische oder auch wirtschaftliche Aufgaben wie zum Beispiel die Ansiedlung von Technologieunternehmen, Technologietransfer, Wissenschaft, Forschung, Kultur oder Tourismus. Dazu gehört auch die Bewältigung der Folgen der militärischen Konversion.

Als Leuchtturm eines Unternehmens mit Landesbeteiligung möchte ich die Investitions- und Strukturbank nennen, die ISB. Sie leistet finanzielle Unterstützung bei Unternehmensgründungen und bei der Schaffung und Modernisierung von öffentlichem Wohnraum. Beide Themen haben eine hohe gesellschaftliche Relevanz und spielen eine zentrale Rolle in der politischen Agenda der Ampelkoalition.

Ein anderes Beispiel sind die diversen Technologiezentren, die das Land unterhält oder an denen es sich beteiligt, die zum Beispiel in der Hochschulnähe angesiedelt sind und vor allem Start-up-Unternehmen den Weg auf den Markt erleichtern sollen oder erleichtern sollen, sich dort zu etablieren.

Ich will noch ein Beispiel aus dem Bereich der Wissenschaft nennen, das vielleicht nicht so bekannt ist, und zwar die Translationale Onkologie, kurz TRON, der Universitätsmedizin Mainz. Dabei handelt es sich um ein biopharmazeutisches Forschungsunternehmen in der Rechtsform einer gGmbH. TRON entwickelt Therapiekonzepte für Krebspatienten und betreibt Grundlagenforschung zur Entwicklung von neuen Medikamenten. Es hat sich auf diese Weise bereits einen exzellenten Ruf verschafft. Als Partner sitzen akademische Organisationen mit im Boot wie die Universität oder die Universitätsmedizin, aber auch die pharmazeutische Industrie und Biotechnologiefirmen.

Als letztes Beispiel noch eins aus dem Bereich der Kultur, unsere Stiftung Villa Musica, die Landesstiftung zur Förderung von klassischer Musik, eine gemeinsame Stiftung des Landes und des damaligen Südwestfunks, die hochkarätige Musiker aus dem Bereich der klassischen Musik unterstützt und auch klassische Musik in Konzertsäle in Bereiche des Landes trägt, wo sonst vielleicht nicht unbedingt die großen Hallen gefüllt werden.

Nichtsdestotrotz: Wenn sich solche politischen Ziele auf andere Weise erreichen lassen, wie zum Beispiel über den freien Markt, sollten wir uns als Land mit eigenen Unternehmungen und Initiativen zurückhalten. – Aber eine Landesinitiative kann auch Ansporn sein für weitere Institutionen oder eben private Partner, sich zu engagieren. Ziel muss es dabei sein, die Wirtschaft zu beteiligen und Synergien zu schaffen. Dabei muss natürlich auch gewährleistet sein, dass Risiken für den Landeshaushalt vermieden werden.

Mit unserem Antrag wollen wir die effektive Steuerung der Beteiligungen sicherstellen und ihre Kontrolle durch den Landtag stärken. Der 2015 neu gefasste Puplic Corporate Governance Codex, kurz PCGK, bietet dabei eine gute Grundlage für den Umgang miteinander. Er legt die Rechte und Verpflichtungen von Landesbeteiligungen dar, definiert die Aufgaben der Aufsichtsorgane und gewährleistet eine größtmögliche Transparenz. Die Bedeutung dieser Transparenz wollen wir mit unserem Antrag noch einmal betonen und den Informationsfluss zu uns Abgeordneten sicherstellen.

Daneben ist uns wichtig, das Instrument der Interessenbekundungsverfahren zu implementieren, das eine gründliche Marktuntersuchung beinhaltet und eine noch stärkere Einbindung der Wirtschaft ermöglicht. Wenn solche Partnerschaften einmal geschlossen sind und das Land sich

beteiligt, müssen sie regelmäßig auf den Prüfstand gestellt und neu bewertet werden, um die Ressourcen des Landes möglichst zielgenau einzusetzen und dies zum Wohle der Menschen zu tun.

(Glocke der Präsidentin)

Mit unserem Antrag wollen wir also noch einmal die Bedeutung der parlamentarischen Kontrolle der Landesbeteiligungen unterstreichen, und deshalb bitten wir um Ihre Zustimmung.

Jetzt habe ich leider keine Zeit mehr, zu den beiden anderen Anträgen etwas zu sagen. Aber das kann ich vielleicht später noch, oder das machen die anderen Rednerinnen und Redner.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut!)

Für die CDU Fraktion spricht Herr Dr. Weiland.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich müsste man den Regierungsfraktionen für diesen Antrag dankbar sein. Er gibt nämlich einen tiefen und genauen Einblick in die Gemütsverfassung, das Denken und den Zustand dieser Koalition.

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU)

Es geht dieser Koalition nicht darum, Sachverhalte zur Kenntnis zu nehmen, zu analysieren und daraus Schlussfolgerungen zu ziehen, die man dann in konkrete Entscheidungen umsetzt. Vielmehr geht es nur noch darum, völlig losgelöst von der Wirklichkeit Eindruck von Aktivität zu erwecken, sich selbst zu loben, von schweren Versäumnissen, von eigenem Kontroll- und Organisationsversagen abzulenken.

(Beifall der CDU – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So steht es im Koalitionsvertrag!)