Protokoll der Sitzung vom 23.06.2016

Zu der teilweise öffentlich geäußerten Frage, dass die Verträge bereits notariell beurkundet wurden, bevor der Landtag seine Zustimmung erteilt hat, möchte ich erneut klarstellen, die Verträge enthalten jeweils aufschiebende Bedingungen und werden erst vollzogen werden, wenn am Ende auch der Landtag zugestimmt hat. Damit entscheidet natürlich unser Landtag auch über die Übertragung des Geschäftsanteils.

Der Vollzug des Anteilskaufvertrages setzt, wie für entsprechende Verfahren üblich, neben den Zustimmungen des Landtags noch den Eintritt weiterer Vollzugsbedingungen voraus wie etwa die förmliche Notifizierung und Genehmigung von Betriebsbeihilfen durch die Europäische Kommission. Diese kann erst mit der notariellen Beurkundung erfolgen; insoweit gab es aber bereits eine Abstimmung der Eckdaten mit der Europäischen Kommission. Ich habe es im Ausschuss schon verlesen, das Kernzitat der entsprechenden Nachricht lautet seitens der Europäischen Kommission, es ist keine weitere beihilferechtliche Prüfung der Privatisierung nötig, wenn die Veräußerung der Anteile des Landes Rheinland-Pfalz am Flughafen Frankfurt-Hahn an den bevorzugten Bieter zu den Bedingungen stattfindet, welche der Generaldirektion Wettbewerb mitgeteilt wurden, inklusive der letzten Änderung, welche in der E-Mail vom 29. April 2016 festgehalten wurde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will daran erinnern, die Vorgaben der Europäischen Kommission setzen ein transparentes, offenes und bedingungsfreies Bieterverfahren voraus. Ich habe es gestern schon betont, die Ausschreibung ergab in diesem Sinne eine eindeutige Reihenfolge der drei Bieter. Von daher ist auch die Frage, ob es Alternativen zu der Reihenfolge der Gespräche, die zu führen waren, gegeben hätte, klar zu beantworten: Nein, die hat es nicht gegeben.

Ich möchte auch auf einen Bericht des Trierischen Volksfreundes verweisen. Der Trierische Volksfreund hat sich selbst an die Europäische Kommission gewandt, und in dem Bericht heißt es: Auf Nachfrage unserer Zeitung bestätigt die EU-Kommission, dass bei Privatisierungen der Staat wie ein Privatunternehmer handeln muss. Das heißt, Hauptkriterium für die Auswahl eines Käufers ist der mögliche Verkaufserlös.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, erst mit Vollzug des Anteilskaufvertrages wird der vereinbarte Kaufpreis zur Zahlung an die Landesoberkasse fällig. Erst dann geht der Geschäftsanteil des Landes auf den Käufer über. Der Anteilskaufvertrag regelt die Veräußerung des Geschäftsanteils, er enthält zudem Bestimmungen zur Veräußerung

von Grundstücken sowie Haftungsfreistellungen insbesondere für Umweltschäden, und auch zu dieser Frage, die sehr breit diskutiert wird, will ich gern in den Ausschüssen sehr offen berichten und mit Ihnen über diese Regelungen diskutieren.

Nach den haushaltsrechtlichen Bestimmungen bedarf die Veräußerung von Anteilen an Unternehmen mit besonderer Bedeutung und die Veräußerung von Grundstücken mit besonderer Bedeutung jeweils der Einwilligung des Landtages. Der Anteilskaufvertrag sieht Haftungsregelungen zugunsten des Erwerbers vor, insbesondere eine Freistellung hinsichtlich einer etwaigen Inanspruchnahme für Umweltschäden – ich habe es soeben angesprochen –, die einer Ermächtigung durch Landesgesetz bedürfen. Mit dem Gesetz werden die erforderlichen Einwilligungen und Ermächtigungen des Landtags erteilt.

Zudem wird eine allgemeingesetzliche Regelung für die Möglichkeit zur Erstattung von Kosten aus nichtwirtschaftlicher Tätigkeit, zum Beispiel Brandschutz, Rettungsdienst, an Flughäfen in Rheinland-Pfalz geschaffen, die nach den im April 2014 erlassenen Leitlinien für staatliche Beihilfen an Flughäfen und Luftverkehrsgesellschaften der Europäischen Kommission unter bestimmten Voraussetzungen auch weiterhin zulässig ist.

Kosten entstehen für die künftige Gewährung von Zuwendungen an Flughäfen in Rheinland-Pfalz auf Basis der Luftverkehrsleitlinien, die neben Betriebs- und Investitionsbeihilfen die Erstattung von Kosten aus nichtwirtschaftlicher Tätigkeit ermöglichen. Wir haben auch darüber bereits intensiv gesprochen. Ich wiederhole und betone erneut, es ist vorgesehen, die Beihilfen nicht in einem Betrag, sondern in Tranchen und verteilt über mehrere Jahre, gleichsam gestuft, auszuzahlen. Dabei ist die Auszahlung auch an bestimmte Bedingungen wie beispielsweise die Fortführung des Flugbetriebs geknüpft; das hätten alle auch so erwartet, die ein Angebot abgegeben haben.

Kosten können ferner entstehen aus dem Haftungssystem des Anteilskaufvertrags; dazu gehören zum Beispiel eingegrenzte Freistellungen des Käufers hinsichtlich einer etwaigen Inanspruchnahme für Umweltschäden. Daraus können dem Land Rheinland-Pfalz jedoch nur dann Kosten entstehen, wenn die Beseitigung der Umweltschäden behördlich angeordnet wird. Nicht erfasst sind etwaige Maßnahmen, deren behördliche Anordnung durch die FFHG bzw. den Erwerber des Geschäftsanteils verursacht wurde.

Vor einer etwaigen Inanspruchnahme des Landes hat die FFHG zudem entsprechende Altlastenrückstellungen aufzulösen und ihren Anspruch auf Übernahme von 90 v. H. der Kosten für die Beseitigung von Umweltschäden gegenüber dem Bund geltend zu machen. Die konkrete Höhe etwaiger Kosten kann derzeit nicht beziffert werden.

Nach dem Anteilskaufvertrag hat die FFHG für einen begrenzten Zeitraum von zwölf Monaten die Möglichkeit, bestimmte landesseitige Grundstücke am Flughafen Frankfurt-Hahn vom Land zu erwerben. Im Zusammenhang mit und unter dem Vorbehalt des Vollzugs des Anteilskaufvertrages verkauft das Land Rheinland-Pfalz zudem weitere landesseitige Grundstücke – Housing und Schu

lungszentrum – an den Erwerber des Geschäftsanteils.

Der Gesetzentwurf bestimmt neben der Zustimmung des Landtages auch, dass die Veräußerung der Grundstücke grundsätzlich zu den gleichen Werten erfolgt, zu denen sie im Jahr 2014 von der FFHG erworben wurden. Dies bedeutet im Regelfall, zum damaligen Kaufpreis. Die Veräußerung von der FFHG an das Land in das wirtschaftliche Eigentum des Landesbetriebes Liegenschafts- und Baubetreuung erfolgte zum damaligen Zeitpunkt auf der Basis eines Wertgutachtens des zuständigen Gutachterausschusses. Wie vom LBB und dem Finanzministerium ausverhandelt, wird der ehemalige Housing-Bereich abweichend hiervon zu einem höheren Preis, nämlich 1.250.000 Euro, veräußert. Dieser Betrag liegt über dem vom Gutachterausschuss ermittelten Wert, da auch Dritte Interesse an diesen Flächen hatten und bereit waren, diesen Preis zu zahlen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesregierung ist davon überzeugt, dass das Engagement eines Privaten großes Potenzial für eine positive Weiterentwicklung des Flughafenstandorts bietet. Wir haben dies mehrfach ausgeführt. Die Bedeutung des Flughafens für die Menschen in der Region und weit darüber hinaus ist unbestritten. Auch dazu habe ich sehr breit im Ausschuss ausgeführt. Ich bitte daher um Ihre Zustimmung und Unterstützung im weiteren Gesetzgebungsverfahren und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Licht das Wort.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Wir diskutieren hier und heute ein Flughafen-Frankfurt-HahnVerkaufsgesetz. Wir, die CDU-Landtagsfraktion, fordern ganz zu Beginn in aller Deutlichkeit Sie, die Regierung, auf, die Voraussetzungen zu schaffen, die für ein transparentes Gesetzgebungsverfahren notwendig sind.

(Beifall der CDU und der AfD)

Meine Damen und Herren, wir erwarten, dass die Vertragsunterlagen Bestandteil der öffentlich zugänglichen Gesetzesmaterialien werden.

(Abg. Martin Haller, SPD: Dazu hat Herr Minister Lewentz einiges ausgeführt!)

Wir fordern Sie auf, dass wir gemeinsam den Landesrechnungshof um eine umfassende Prüfung ersuchen.

(Beifall der CDU – Abg. Martin Haller, SPD: Der Minister hat etwas zur Transparenz gesagt!)

Wir nehmen auch die Debatte von gestern zur Kenntnis.

Herr Schweitzer, es ist schon bemerkenswert, wenn Sie

sagen – ich zitiere Sie an dieser Stelle –, es gibt keine Alternative zu diesem Käufer.

(Abg. Martin Haller, SPD: Das ist auch so!)

Das wird wieder bestätigt. Frau Dreyer hat es in gleicher Weise gesagt: Es gibt keine Alternative zu diesem Käufer.

(Abg. Martin Haller, SPD: Werfen Sie uns vor, dass wir dasselbe sagen?)

Diesen Satz gab es auch beim Nürburgring, damals galt er Robertino Wild, und heute heißt er wohl Dr. Chou, meine Damen, meine Herren.

(Beifall der CDU)

Wir, die CDU, die Öffentlichkeit, wollen die Auflösung des chinesischen Rätsels, meine Damen und Herren. Das sind Überschriften, gar nicht einmal von uns, und auch keine Wortwahl, die wir bisher gebraucht haben, sondern das ist das, was die Öffentlichkeit draußen liest.

Ich stelle auch klar, die CDU hat überhaupt nichts, in keiner Weise, gegen irgendeinen Investor, gleichgültig, aus welchem Land, wenn wir seine Geschäftsabsichten, seine Reputation und seine Bonität geprüft haben und beurteilen können.

(Beifall der CDU)

Ich zitiere den Bericht der ARD: Keine Homepage, kein Firmenlogo, es gibt keinen Hinweis darauf, wer sich hinter der SYT, der Shanghai Yigian Trading Company Limited, verbirgt, meine Damen und Herren. Wir wollen, dass in einem Gesetzgebungsverfahren die Öffentlichkeit, wir, die Parlamentarier zuallererst, alles so transparent debattieren, wie das bei einem normalen Gesetzesverlauf möglich ist.

(Beifall der CDU – Abg. Julia Klöckner, CDU: So ist es!)

Heute geht es weniger um die Historie, sondern es geht um die Frage: Welchen Wert hat der Flughafen? Welchen Wert erzielt der Verkauf? Was muss der Steuerzahler an bekannten und verschwiegenen Risiken bezahlen und noch weiter tragen?

Es geht um die Frage: Hat mit diesem Gesetz der Flughafen Hahn eine abschätzbare, sichere Zukunft, meine Damen und Herren?

Wurde das Konzept des vorgestellten Käufers überhaupt umfassend auf seine Tragfähigkeit geprüft? Die EUKommission und wohl auch KPMG haben das – Herr Minister, entgegen Ihrer Darstellung – eben nicht in der Form geprüft. Entgegen Ihrer Darstellung!

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, wer und was ist der Käufer? Gibt es überhaupt ein belastbares Konzept? Gab es an KPMG nur Begleitaufträge? Hat irgendwer das Konzept des Käufers auf der Grundlage der aktuellen Zahlen analysiert? Hat das Finanzministerium Ihnen eine Analyse

vorgelegt, Frau Ministerin, als Sie im Kabinett Ja zu diesen Verträgen gesagt haben? All das wissen wir nicht, meine Damen und Herren.

Frau Dreyer, der Masterplan, den Sie der EU-Kommission im Rahmen der Nachtragshaushaltsdebatte 2014 vorgelegt haben, hat nichts mehr mit heute und der Wirklichkeit zu tun. Das sollte ein jeder wissen.

(Beifall der CDU)

Die Umsatzzahlen des Flughafens lagen 2012 noch über 40 Millionen Euro! Sie befinden sich auf schnellen Schritten kurz vor der Halbierung, meine Damen und Herren. Das ist Dramatik.

Herr Roth, wer in diesem Zusammenhang von „versemmeln“ spricht, da muss ich sagen: Ein Eifeler Bauer, der dieses Wort in den Mund nimmt, der weiß, was „versemmeln“ heißt.

(Beifall der CDU und der AfD)

Meine Damen und Herren, der Flughafen Frankfurt Hahn ist das größte rheinland-pfälzische Konversionsprojekt. Ca. 320 Männer und Frauen sind in der FFHG beschäftigt. Dazu kommen die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Entwicklungsgesellschaft, die direkt Betroffenen im Landesbetrieb LBB und LBM sowie der kürzlichen Notgründung einer Betankungsgesellschaft. Dazu kommen mehrere Tausend direkt und indirekt betroffene Frauen und Männer mit ihren Familien.

Meine Damen und Herren, mehrere Tausend Arbeitsplätze hängen am Schicksal dieses Flughafens. Sie, Frau Dreyer, Herr Lewentz, Herr Wissing, Sie, meine Damen und Herren, das Kabinett, verkaufen diesen Flughafen an ein Phantom. Das wirft Fragen auf.

(Beifall der CDU und bei der AfD)

Sie haben durch Kabinettsbeschluss die Vertragsunterzeichnung zu Grundstücksverkäufen und allen Gesellschaftsanteilen – Herr Minister, Sie haben es eben noch einmal grob skizziert – an eine chinesische Limited, an die SYT – abgekürzt – ermöglicht. Die Verträge sind unterzeichnet, haben aber rechtlich einen Parlamentsvorbehalt.