Protokoll der Sitzung vom 31.03.2018

(Beifall bei der CDU – Abg. Christian Baldauf, CDU: Das wurde wahrscheinlich in der Leitung mit 1 Mbit/s verschickt!)

Wir als CDU-Fraktion haben dann selbst Kontakt mit den Abgeordneten und den verschiedenen Stellen in Brüssel gesucht und für die Ablehnung der EUDienstleistungskarte geworben. Sie ist Gott sei Dank im Binnenmarktausschuss abgelehnt worden. Das heißt, dieses unsinnige und schädliche Vorhaben ist erst einmal Geschichte. Das ist aber ganz sicher kein Verdienst der Landesregierung.

(Beifall der CDU)

Zum zweiten Teil der Überschrift: „Wirtschaft in RheinlandPfalz auf Erfolgskurs“. Ja, wir haben eine leistungsfähige Wirtschaft. Die Steigerungsraten sind da und durchaus erfreulich. Das stellen wir überhaupt nicht in Abrede. Das ist ein ganz klarer Erfolg, den wir auch in Rheinland-Pfalz sehen. Die leistungsfähigen Betriebe sind unser großes Gut, insbesondere im Mittelstand.

Aber aus unserer Sicht wäre es fahrlässig, sich an einzelnen Zahlen zu berauschen, ohne sie auch in Relation zum Beispiel zu bundesweiten Zahlen zu setzen.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben eine Zahl gehört, die Steigerung des Bruttoinlandsprodukts; dazu komme ich in der zweiten Runde. Es gibt aber noch eine zweite Zahl. Ganz einfaches Beispiel: In Rheinland-Pfalz wurden im vergangenen Jahr 20.000 Arbeitsplätze geschaffen. Das ist sehr gut. Wenn wir diese Zahl alleine stehen lassen, hört sie sich sehr hoch an. Aber um im Bundesdurchschnitt mithalten zu können, rein in der Steigerung,

(Glocke der Präsidentin)

hätten in Rheinland-Pfalz 30.000 Arbeitsplätze geschaffen werden müssen,

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Hört, hört!)

um die gleiche Steigerungsrate wie der Durchschnitt zu haben – das sind nicht die besseren Länder, sondern das ist der Durchschnitt der Bundesländer. Und das ist das, was

ich meine: Wir helfen der Wirtschaft und der Zukunft von Rheinland-Pfalz nicht, wenn wir schönreden. Wir müssen ganz klar aufzeigen, wir freuen uns über Fortschritte, aber in vielen Bereichen ist es nicht gut genug.

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Dr. Alt.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Jahrgangsbesten unter 669 Meistern der Handwerkskammer Koblenz wurden kürzlich in einer eigenen Veröffentlichung dieser Kammer vorgestellt. Darunter ist auch die Beste der Besten: eine 35-jährige Konditormeisterin namens Gesa Kohlenbach.

Frau Kohlenbach hat zunächst ein Architekturstudium absolviert und abgeschlossen, wollte aber lieber ein Café in Mainz betreiben und hat darin ihre Leidenschaft gefunden. Sie hat sich entschieden, auf Qualität zu setzen und ihre Fachkenntnisse durch eine Ausbildung mit anschließendem Besuch der Meisterschule wesentlich zu vertiefen. Sie hat jetzt unter anderem auch die Befähigung, Hochzeitstorten herzustellen.

(Beifall des Abg. Martin Brandl, CDU: Sehr gut!)

Aber der ernste Kern dieser Biografie liegt eben auch darin, dass Frau Kohlenbach nicht nur ihre Leidenschaft verwirklicht hat, sondern dass ihr Café mittlerweile auch Arbeitgeber von 20 Angestellten ist.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Trotz dieser Landesregierung!)

Wir wünschen dieser engagierten Unternehmerin für die Zukunft alles Gute, wirtschaftlichen Erfolg und weiterhin persönliche Zufriedenheit in ihrem Beruf.

(Beifall der SPD, der FDP, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, diese Biografie macht aus meiner Sicht Folgendes deutlich: Das Handwerk ist heute ein hoch attraktiver Zweig unserer Wirtschaft. Es ist in der Lage, hoch qualifizierte Menschen anzuziehen und zu begeistern. Die Ausbildungsgänge sind anspruchsvoll und haben sich in den vergangenen 20 Jahren sehr stark gewandelt. Ein Tischler kann heute zum Beispiel neben traditionellen Methoden der Holzbearbeitung seine Werkstücke digital vermessen und zuschneiden. Das Kompetenzzentrum Digitales Handwerk in Koblenz schult entsprechende Führungs- und Fachkräfte unter anderem bei der Anwendung solcher Technologien.

Mit dem Meisterbonus drückt das Land Rheinland-Pfalz seine besondere Wertschätzung für solche mutigen Entscheidungen, auch wie die von Frau Kohlenbach, aus.

Rheinland-Pfalz unterstützt darüber hinaus die Unternehmen bei der Gewinnung von Auszubildenden, also den Fachkräften von morgen, durch geeignete Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit.

Auch die Tatsache, dass man sich in Rheinland-Pfalz mit einer dualen Ausbildung alle Karrierewege, berufliche und akademische, offenhält, leistet einen großen Beitrag dazu, dass auch absolute Leistungsträger für eine duale Ausbildung gewonnen werden können, meine Damen und Herren. Damit ist die duale Ausbildung in Rheinland-Pfalz sowohl in der Industrie als auch im Handwerk ein absolutes Erfolgsmodell.

(Beifall der SPD, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)

Dies bedeutet nun natürlich nicht, dass sich Regierung, Kammern und Ausbildungsbetriebe auf diesem Erreichten ausruhen würden. Nein, der Anspruch muss natürlich bleiben, sehr Gutes noch besser zu machen. Nach dem Ausbildungsreport des Deutschen Gewerkschaftsbundes sind die Azubis überwiegend oder sehr zufrieden mit ihrer Ausbildung. Aber es gibt natürlich Verbesserungsmöglichkeiten. So ist die Zufriedenheit mit der Ausbildung höher, wenn es im Unternehmen einen Betriebsrat oder eine Jugend- und Auszubildendenvertretung gibt.

Generell muss es auch das Ziel sein, wieder einen größeren Anteil der Betriebe für die Mitwirkung am dualen Ausbildungssystem zu gewinnen. Wenn es dafür Hürden gibt, sollten wir die identifizieren und so weit wie möglich weiterhin abbauen.

Meine Damen und Herren, viele Unternehmen haben heute Schwierigkeiten, überhaupt geeignete Auszubildende in entsprechender Zahl zu gewinnen. Dies hängt auch mit der exzellenten gesamtwirtschaftlichen Situation zusammen. Bei langjährig starkem Wirtschaftswachstum können sich potenzielle Auszubildende ihre Betriebe in vielen Branchen aussuchen. Wir erleben das auf zahlreichen Ausbildungsmessen vor Ort, wo sich heute geradezu die Betriebe um ihre künftigen Auszubildenden bewerben und nicht umgekehrt.

Gerade in Rheinland-Pfalz wächst die Wirtschaft noch stärker als in Deutschland insgesamt. Vorhin sind wir aufgefordert worden, immer auch einmal die Zahlen in Relation zum Bundesschnitt vorzutragen. Das mache ich sehr gerne. Im vergangenen Jahr betrug der Zuwachs in RheinlandPfalz inflationsbereinigt 2,5 %. Deutschlandweit waren es 2,2 %.

In Kombination mit einer Arbeitslosenquote von 4,8 %, mit der Zahl der Erwerbstätigen auf Rekordniveau – mittlerweile über 2 Millionen in Rheinland-Pfalz –,

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Wenn Du von ganz unten kommst!)

macht das die Gewinnung von Fachkräften zu einer besonderen Herausforderung, der sich die Landesregierung ressortübergreifend annimmt.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut!)

Sie verfolgt dabei mit der breit angelegten Fachkräftestrategie des Landes Rheinland-Pfalz einen sehr systematischen Ansatz. Wir sind der Überzeugung, dass das den richtigen Ansatz darstellt, damit starkes rheinlandpfälzisches Wirtschaftswachstum auch in der Zukunft noch möglich ist.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut!)

Für die AfD-Fraktion spricht Kollege Dr. Bollinger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Umsätze im rheinland-pfälzischen Handwerk sind im Jahr 2017 gegenüber dem Vorjahr um 2,7 % gestiegen. In dieser erfreulichen Entwicklung spiegeln sich die gute allgemeine Konjunktur in Deutschland und der Fleiß und der Unternehmergeist unserer Handwerker wider.

Was in den Zahlen allerdings nicht zu erkennen ist, ist ein besonders positiver Einfluss der Landesregierung; denn das Umsatzwachstum des rheinland-pfälzischen Handwerks entspricht in etwa dem Wachstum der allgemeinen Bruttowertschöpfung in Rheinland-Pfalz und ist niedriger als das Umsatzwachstum des Handwerks insgesamt in Deutschland. Dessen Umsätze stiegen 2017 um 3,4 %.

Dass vor allem die gute Industriekonjunktur das Handwerk mitzieht, erkennt man gut daran, dass das Handwerk für den gewerblichen Bedarf, zum Beispiel Metallbauer und Feinwerkmechaniker, den größten Umsatzzuwachs hatte.

Die Zahlen zeigen zudem, dass das Beschäftigungswachstum im Handwerk nicht mit dem guten Umsatzwachstum Schritt halten konnte. Die Beschäftigung blieb nahezu konstant. Sie stieg 2017 gerade einmal um 0,2 %.

Auch hier liegt übrigens das rheinland-pfälzische Handwerk leider unter dem Bundesdurchschnitt von 0,5 %.

Das Handwerk konnte damit auch leider wenig zum Beschäftigungsaufbau in Rheinland-Pfalz beitragen. Die Zahl der Erwerbstätigen im Land stieg 2017 immerhin um gut 20.000 Personen oder 1 %.

Die geringe Anzahl an Neueinstellungen im Handwerk mag zwei Gründe haben. Zum einen gibt es wohl eine gewisse Skepsis, wie lange der aktuelle Konjunkturaufschwung noch trägt. Während etwa die neue Bundesregierung die Ausgabenseite so plant, als ob der Boom ewig dauern könne, sind Unternehmer Realisten und darum vorsichtig, ist es doch das eigene Geld und die eigene Existenz, die bei ihnen auf dem Spiel steht.

Zum anderen besteht natürlich unbestritten ein Fachkräftemangel im Handwerk. Die Zahl der Neueinstellungen mag darum geringer sein, als von den Unternehmern gewünscht. So wird der Fachkräftemangel mittlerweile von

Mittelständlern als die größte Gefahr für ihr eigenes Unternehmen angesehen. Das erbrachte das Mittelstandsbarometer im Auftrag der Firma Ernst & Young Anfang des Jahres.

Über die Ursachen des Fachkräftemangels wie auch über die Bekämpfungsstrategien besteht leider kein umfassender Konsens. Wer sich die Abschlusszahlen anschaut, kann allerdings kaum daran zweifeln, dass der weitgehend ungebremste Trend zur Akademisierung die Hauptursache für den Fachkräftemangel ist.

(Beifall der AfD)

Der Philosoph und ehemalige Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin sprach 2013 von einem Akademisierungswahn. Die Folgen sind, die Zahl der Auszubildenden ist von 2000 bis 2015 um 16,5 % gesunken, während die Studierneigung von 25,8 % im Jahr 1995 auf 55,7 % im Jahr 2015 gestiegen ist und sich somit mehr als verdoppelt hat.