(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut! Das musste mal gesagt werden!)
Wir haben bereits am 22. März hier an dieser Stelle eine sehr sachliche und ausführliche Debatte über die Verunreinigung durch Plastik in rheinland-pfälzischen Flüssen und deren Vermeidung geführt. Die erschreckenden Bilder und Videos von den Plastikströmen im Meer sind uns noch alle im Kopf. Anhaltender und erfolgreicher Gewässerschutz ist also unser aller Ziel.
Am 14. März haben wir uns bereits im Umweltausschuss ausführlich über multiresistente Keime in Gewässern und die Förderrichtlinie Wasserwirtschaft berichten lassen und uns die Maßnahmen der Landesregierung angehört. Im Protokoll ist nachzulesen, welch große Aufgaben Ministerin Höfken aufgelistet hat. Nun wollen Sie, die Grünen, sich wieder selbst auf die Schultern klopfen und propagieren die Führerschaft von Rheinland-Pfalz im Gewässerschutz.
(Beifall der Abg. Christine Schneider, CDU – Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Völlig zu Recht! Danke!)
Geschätzter Herr Kollege Hartenfels, fällt Ihnen eigentlich nichts mehr anderes für eine Aktuelle Stunde ein?
Wir sind hier nicht beim Sport. Es geht nicht um Tabellenplätze. Diese Debatte hier verbessert die Wasserqualität in unserem Land nicht.
Gewässergrenzen gibt es nicht. Gewässer kennen keine Ländergrenzen und keine Gebietskörperschaften. Das Thema des Lebensmittels Nummer 1 ist einfach zu ernst und berührt alle Menschen, nicht nur im Land, sondern auch EU-weit und in der ganzen Welt. Letztlich haben wir hier im Landtag vor einigen Tagen den Erfahrungsbericht zum Vollzug des Wasserentnahmegesetzes vom 3. Juli 2012 in der Drucksache 17/6171 vorgelegt bekommen. Dieser Bericht kommt zum erfreulichen Ergebnis, dass es im Vollzug des Gesetzes und zur Weiterentwicklung derzeit keinen Bedarf gibt. Ob diese Feststellung zum Spitzenplatz reicht, zweifle ich an;
denn, verehrte Kolleginnen und Kollegen, in diesem Bereich dürfen wir mit den Investitionen auch nicht nachlassen. Die Haushaltsmittel müssen zweckgebunden vollständig für den Gewässerschutz und die Infrastruktur der Wasserversorgung ausgegeben werden. Es dürfen keine Ausgabenreste wie in früheren Jahren entstehen.
Herr Hartenfels, schaut man sich Ihren aktuellen Bezug an, nämlich den BUND Bundesgewässerreport 2018 mit den Fallbeispielen von BUND-Gruppen vor Ort, erkenne ich keine Führungsrolle des Landes Rheinland-Pfalz. Im Gegenteil, Rheinland-Pfalz wird in dem 43-seitigen Bericht sehr wenig erwähnt, z. B. auf Seite 34 beim Thema Quellen,
(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Weil es bei uns so gut ist! – Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Beim Thema Quellenschutz! Quellenschutz heißt das Thema!)
und das nicht unbedingt positiv. Es heißt, Rheinland-Pfalz zählt dank seiner Mittelgebirge zu den quellenreichsten Bundesländern,
ja, Herr Schweitzer –, doch nur ein Drittel der dort vorkommenden Grundwasseraustritte – sprich Quellen – ist nicht strukturell beeinträchtigt oder schon verschwunden.
Das bedeutet im Umkehrschluss, zwei Drittel unserer Quellen sind beeinträchtigt. Das beunruhigt die CDU-Fraktion.
tät der deutschen Gewässer ist beängstigend. Rund 92 % unserer Seen und Flüsse sind in einem beklagenswerten Zustand.
Ich möchte auf einige dringende Baustellen eingehen. Das erste sind die Krankenhäuser und deren verseuchte Abwässer mit wassergefährdenden Stoffen. Hier ist dringend etwas zu tun, bevor das Abwasser ins Klärwerk kommt. Green Hospital darf nicht nur ein Modell in unserem Land sein, die Investitionen in die Abwasserreinigung sind auch notwendige gesundheitserhaltende Krankenhausinvestitionen.
Zweitens die Klärwerke. Sie würden gern weitere Klärstufen, die vierte und fünfte, bauen, wenn das notwendige Geld in den Kommunen vorhanden wäre. Der Schlussbericht der Studie zu Relevanz, Möglichkeiten und Kosten der Elimination von Mikroschadstoffen in kommunalen Kläranlagen in Rheinland-Pfalz vom Mai 2016 weist anschaulich auf die möglichen Erfolge bei einem Ausbau der Klärwerke hin. Auch hier ist noch deutlich Luft nach oben.
Drittens die verbindliche und richtige Entsorgung von Altmedikamenten. Der Flyer, den das Umweltministerium jetzt herausgegeben hat, reicht allein nicht aus. Wir müssen für die verpflichtende Rücknahme werben.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete und Regierungsmitglieder! Im Hinblick auf die Debatte zum Gewässerschutz in Rheinland-Pfalz sind uns folgende Punkte wichtig:
Erstens die Kläranlagen. Die Größe und die Leistungsfähigkeit sind in den letzten Jahren stetig gewachsen. Der Ausbau und die Verbesserung der Leistungsfähigkeit sollten nur noch vorsichtig mit Schwerpunktsetzung und unter
Beachtung der Kosten vorangetrieben werden. Kleinere Anlagen im ländlichen Raum können auch weiterhin als Teichanlagen betrieben werden.
Ein weiterer Punkt ist die Belastung der Kommunen. Die Förderung der Gewässerreinhaltung durch das Land mit Mitteln des Wasserentnahmeentgeltes kann den Gemeinden helfen, aber die finanzielle Grundlast der Investition, des Unterhalts und des Betriebs bleiben bei den Gemeinden oder den Gemeindeverbänden. Der weitere Ausbau des Gewässerschutzes, insbesondere der Bau von Kläranlagen, sollte daher von Nutzen-Kosten-Überlegungen im Rahmen von Rheinland-Pfalz und nicht von abstrakten Standards, möglicherweise von der EU, geleitet werden.
Ein weiterer Punkt ist die Kontamination mit Plastik und Mikroplastik. Diese Problematik hat in der letzten Zeit viel Aufmerksamkeit erfahren. Nach Auffassung meiner Fraktion sind Mikropartikel in Verbraucherprodukten weitgehend vermeidbar. Zur Eliminierung dieser Bestandteile wäre eine Produktnorm der EU sinnvoll. Der größte Teil der Mikropartikel aus Kunststoff entsteht aber durch das Zermahlen größerer Plastikteile in Gewässern. Dieser nicht sichtbare Teil der Gewässerverunreinigung ist auch der besorgniserregendere, da dieser als Trübstoff oder als Sediment mitgeführt wird.
Die technischen Möglichkeiten zur Zurückhaltung von Kunststoffen sind noch entwicklungsbedürftig. Organisatorisch wäre eine verschärfte Erfassung von Kunststoffabfällen aus dem Sektor Handel und Verbraucher zweckmäßig, auch wenn dies bei bestimmten Abfällen zu weniger Recycling und mehr Verbrennung führen würde.
Ein weiterer Punkt sind die multiresistenten Keime. Die Antibiotikaresistenz von Krankheitserregern ist eine zunehmende Sorge in der Gesundheits- und Umweltpolitik. Auch die Wasserwirtschaft hat mit diesen Problemen zu kämpfen. Die primären Vorbeugemaßnahmen müssen im Bereich des Einsatzes von Antibiotika bei Mensch und Tier liegen. Auf der Entsorgungsseite ist die getrennte Erfassung von Abfällen und Abwässern – wir haben es schon gehört, gerade in Krankenhäusern – zu empfehlen. Die Eliminierung solcher Keime in Kläranlagen ist bisher noch zu ineffizient und ineffektiv.
Als Weiteres möchte ich auf den Anspruch einer führenden Position von Rheinland-Pfalz im Gewässerschutz, wie er im Titel dieser Aktuellen Debatte aufgestellt wird, eingehen. Es stellt sich die Frage, wer an diesem Wettbewerb teilnehmen soll und warum. Mit wem – den Bundesländern, den Mitgliedern der EU – wollen wir uns vergleichen? Damit wird ein unnötiges Element des Wettbewerbs in die Gewässerschutzpolitik gebracht.
Aus Sicht der AfD ist nicht die Führungsrolle, sondern die Qualität und auch die wirtschaftliche Nachhaltigkeit der Leistungen für die Bürger in Rheinland-Pfalz entscheidend.
Hier kann man einmal auf das Fassdauben-Prinzip von Liebig verweisen: Jedes System ist nur so gut wie die maximale Leistung seines Einzelsystems. – Also sollten wir uns wirklich auf die Problemfelder konzentrieren. Im Übrigen wäre bei einem Leistungswettbewerb – das klang schon an – für Rheinland-Pfalz nicht unbedingt der erste Platz
Als weiterer Punkt ist noch der Strom für die Kläranlagen zu benennen. Das Umweltministerium hat vor, die Kläranlagen unter dem Gesichtspunkt der Klimapolitik und CO2-Einsparung zu betrachten. Die AfD hält dies für einen Irrweg. Die Leistungen dieser Anlagen sollten nach ihrem Reinigungseffekt beurteilt werden. Der hohe Strompreis ist Anreiz genug für Effizienz.