Handlungsfeld Gewässerschutz: Frau Ministerin Höfken, ich stimme Ihnen in dem Punkt zu, dass mit der Begradigung und Kanalisierung unserer Flüsse ein Verlust an Biodiversität einherging. Dennoch wissen wir, dass es an manchen Stellen unabdingbar war. Wir begrüßen als CDUFraktion ausdrücklich die Renaturierung von Gewässern, damit das Naturelement Wasser gestärkt wird. Dies steigert nicht nur unsere Lebensqualität, sondern wir schaffen und bewahren damit Lebensräume für ganz unterschiedliche Tier- und Pflanzenarten.
Doch auch hier hapert es in der praktischen Umsetzung, Beispiel „Aktion Blau Plus“. Hier werden bürokratische Hemmnisse aufgebaut, werden Zuschüsse de facto gekürzt. Ich möchte Ihnen einen kurzen Einblick in die zwischenzeitlich komplizierte Praxis geben. Zunächst wurden 90 % Zuschüsse für Grunderwerb von Flächen an Fließgewässern gewährt. Seit zwei Jahren werden nur noch Flächen bezuschusst, die bis 15 m entfernt vom Gewässer liegen, die Restflächen werden nicht mehr gefördert.
Nun sind aber die meisten Grundstücke sehr kleinteilig und liegen oft mit der Stirnseite am Bach, also im 90-Grad-Winkel. Das heißt, der absolut überwiegende Teil des Grunderwerbs ist nicht mehr förderfähig. Meine sehr geehrten Damen und Herren, hier läuft vieles ins Leere und bedarf einer dringenden Korrektur.
(Beifall der CDU – Abg. Martin Haller, SPD: Es ist kein Geld in dem Programm! Das gehört doch auch zur Wahrheit!)
Lassen Sie mich an dieser Stelle noch einen weiteren Punkt ansprechen, der uns sehr am Herzen liegt. Wir alle haben noch die Starkregenereignisse der letzten Monate, der vergangenen Jahre in Erinnerung. Immer wieder kommt es zu Problemen, weil die Durchlässigkeit der Grabensysteme nicht gewährleistet ist. Deshalb möchte ich für die CDU-Fraktion an dieser Stelle betonen, Naturschutz darf diese notwendige Durchlässigkeit nicht behindern.
Wir wissen, dass die Grabenpflege Aufgabe der Zweckverbände ist, aber wir wissen auch, dass, bevor Maßnahmen vorgenommen werden können, ein Gutachten angefertigt werden muss. Nicht selten kommt es vor, dass, wenn das Gutachten bezahlt ist, kein Geld mehr für die Grabenpflege vorhanden ist. Ein Euro kann nun einmal nur einmal ausgegeben werden. Deshalb fordern wir Sie auf, erarbeiten Sie endlich praktische Lösungen. Wir brauchen hier dringend ein anderes Handeln.
Handlungsfeld Schutzgebiete und Biotopverbund: Frau Ministerin Höfken, da haben Sie sich aber jetzt ganz schön verrenken müssen, um den Flächenverbrauch in Rheinland-Pfalz als Erfolgsmeldung zu verkaufen. Tatsächlich sind Sie doch weit hinter Ihre eigenen Flächensparziele zurückgefallen.
Ich zitiere aus dem Koalitionsvertrag von SPD und den Grünen aus dem Jahr 2011: „Innenentwicklung vor Außenentwicklung ist vordringlichstes Ziel, damit die Flächeninanspruchnahme kurzfristig auf niedrigstem Niveau von unter einem Hektar pro Tag stabilisiert werden kann. Diese Grundsatzaussagen dürfen nicht von Großprojekten unterlaufen werden.“
Sehr geehrte Frau Höfken, sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin Dreyer, seit mittlerweile sieben Jahren bekräftigen rheinland-pfälzische Landesregierungen, den Flächenverbrauch auf weniger als ein Hektar zu senken. Und was ist wirklich passiert? – Rechnen wir doch einmal großzügig.
Mehr hätte laut Maßgabe von 2011 bis heute nicht verbraucht werden dürfen. Und die tatsächlichen Zahlen, jenseits der Ankündigungsrhetorik der Landesregierung? – Laut Statistischem Landesamt ist allein die landwirtschaftliche Nutzfläche seit 2011 um fast 8.000 ha zurückgegangen.
(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist doch Unsinn! Das ist doch kein Flächenverlust! – Zuruf der Staatsministerin Ulrike Höfken)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Flächenverlust spricht eine komplett andere Sprache als Ihre wohlklingend formulierten Ziele und Vereinbarungen.
(Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Martin Haller, SPD)
Wir fordern Sie auf: Sprechen Sie nicht davon, dass immer mehr landwirtschaftliche Nutzflächen aus der Nutzung genommen werden. Lassen Sie Ihren Worten endlich Taten folgen. Deshalb erneuere ich unsere Forderung, dass Innenentwicklung und Baulückenschließung Vorrang haben müssen vor dem Bauen auf der grünen Wiese. Außerdem sollten gezielt Maßnahmen unternommen werden, damit Flächen recycelt und entsiegelt werden können.
(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Keine Ahnung von der Materie! – Abg. Martin Haller, SPD: War das jetzt gut oder schlecht? Das habe ich nicht ganz verstanden!)
Das mag möglicherweise nicht am Sender, sondern vielleicht eher am Empfänger liegen, Herr Kollege. Aber ich kann es Ihnen später gern noch einmal erklären.
(Beifall und Heiterkeit bei der CDU – Abg. Martin Haller, SPD: Ich glaube, das haben noch mehr nicht verstanden!)
Ein weiterer Punkt in diesem Zusammenhang ist der Einsatz von Ausgleichszulagen als Kompensationsmaßnahme. Wir haben diesen Vorschlag bereits in den Beratungen zum Landesnaturschutzgesetz gemacht. In unseren Augen wäre es viel effektiver und sinnvoller, wenn wir die Gelder direkt den Kommunen und zweckgebunden für Naturschutzmaßnahmen zur Verfügung stellen würden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, unsere kommunalen Verantwortlichen mit ihren Naturschutzberatern wissen nämlich am besten, welche Maßnahmen vor Ort sinnvoll und zielführend sind.
die Mittel der Kompensationszahlungen zur Verfügung hätten, wäre es endlich möglich, die notwendige Sanierung der Weinbergsmauern zu bewerkstelligen.
Wir alle wissen, wie wichtig der Erhalt der Steillagen nicht nur für unsere Kulturlandschaft, sondern auch für die Biodiversität und die Artenvielfalt ist. Unsere Weinbergsmauern sind nämlich Kleinode für Pflanzen- und Tierarten. Deshalb fordern wir Sie auf: Stellen Sie den Kommunen mehr Gelder für praktische und zielgerichtete Maßnahmen zur Verfügung.
Überdenken Sie Ihre bisherige Praxis; denn wir müssen alles daransetzen, dass der vom Naturschutz und der Landwirtschaft zu Recht beklagte Verlust wertvoller Flächen gestoppt wird.
Frau Ministerin Höfken, Sie müssen auch die tatsächliche Effizienz von Maßnahmen mehr evaluieren und prüfen, etwa, ob Flächen, auf denen größere Naturschutzmaßnahmen mit einem entsprechenden Mitteleinsatz angelegt werden, tatsächlich mehr Biodiversität nach sich ziehen. Diese Überlegung hat mir ein Experte letzte Woche mit auf den Weg gegeben, als wir den Nationalpark SaarHunsrück besuchten. Er hegt große Zweifel daran, dass das Roden von großen Waldflächen im Nationalpark aus dem Blickwinkel der Nachhaltigkeit zu rechtfertigen ist.
Dazu muss man wissen, dass die Moorrenaturierung im Nationalpark aus wissenschaftlicher Sicht sehr kritisch beurteilt wird. Darum sollte man bei solchen Projekten mit unverstelltem Blick auch entsprechend den Mehrwert und den Nutzen nach einigen Jahren überprüfen. Das sind wir auch unseren Steuerzahlern schuldig.
Schauen wir uns ein weiteres Oberziel an, nämlich das Handlungsfeld der Land- und Agrarnutzung. In Kapitel 2.7 der Biodiversitätsstrategie und in der Regierungserklärung nennen Sie die Stärkung regionaler Erzeugung und Vermarktung, um den Bauern stabile Wertschöpfung zu ermöglichen. –
Ich habe mich gefragt, wie wohl diese Sätze zum Beispiel bei unseren Gemüsebauern in der Pfalz ankommen müssen. Rheinland-Pfalz ist der größte Gemüsegarten Deutschlands, der gerade unter dramatisch niedrigen Preisen leidet. Wo stärkt die Landesregierung unsere Kartoffelanbauer, wenn der Handel lieber mit Frühkartoffeln aus dem Ausland handelt, anstatt regionale rheinlandpfälzische Ware zu vermarkten? Wo helfen Sie unseren Landwirten? Wie ermöglichen Sie unseren Bauern die von Ihnen genannte stabile Wertschöpfung? Wo, bitte schön, ist das Budget für die Vermarktung regionaler rheinlandpfälzischer Produkte?
Welche Maßnahmen unternimmt die Landesregierung, um den Lebensmitteleinzelhandel an seine Verantwortung gegenüber einer nachhaltigen regionalen Produktion zu erinnern?
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Absichtserklärungen auf dem Papier oder in Regierungserklärungen helfen unseren Landwirten nicht weiter.
Ich war dann sehr verwundert, dass Sie in Ihrer heutigen Regierungserklärung im Bereich der Land- und Agrarnutzung nur einen einzigen allgemeinen Satz über das Thema Digitalisierung verloren haben. – Warum? Digitalisierung ist doch ein entscheidender Schritt für eine gelingende Biodiversitätsstrategie.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landwirtschaft war Vorreiter bei der Nutzung von GPS-Daten. Durch die GPS-Steuerung wird der Fahrweg des Traktors oder der Erntefahrzeuge optimiert und somit auch Treibstoff eingespart. Pflanzen können zielgerichteter, effektiver versorgt werden. Digitalisierung ermöglicht einen punktgenauen sowie umwelt- und ressourcenschonenden Einsatz von Pflanzenschutzmitteln.
Aber Grundvoraussetzung für eine Digitalisierung der Landwirtschaft ist eine gute Daten-Infrastruktur. Wenn wir in unseren Dörfern und auf unseren Feldern nicht entsprechende Datenmengen empfangen und senden können, brauchen wir auch nicht über neue Wege und Chancen der Digitalisierung zu sprechen.
Deshalb fordern wir Sie auf: Schaffen Sie die Voraussetzungen dafür, dass unsere Betriebe von den Chancen und dem Nutzen der Digitalisierung profitieren können. Erst gestern hat mir ein Landwirt am Rande des Parlamentarischen Abends zugerufen: Die reden von Landwirtschaft 4.0, und ich habe auf meinem Traktor im Feld nicht einmal Handyempfang. – Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses Zitat bringt es auf den Punkt.
Herr Minister Wissing, Ihr Staatssekretär Becht träumt immer von dem Silicon Valley Rheinland-Pfalz, das Silicon Valley von Deutschland. Hier müssen Sie aber noch kräftig zulegen, damit wir uns diese Bezeichnung irgendwann einmal verdienen.
Lassen Sie mich abschließend noch einen aus unserer Sicht wichtigen Punkt ansprechen. Frau Ministerin Höfken, Sie haben eine 19 Seiten umfassende Regierungserklärung abgegeben, und Sie haben es geschafft, kein einziges Mal die Wörter „Forschung“ oder „Beratung“ zu erwähnen. Wir haben unter Ihren vielen Zielen eine Vorgabe vermisst. Sie hätte heißen können: „Die Forschung in Rheinland-Pfalz stärken.“ Mehr Geld für Forschung, wie wir die Biodiversität in unseren Wäldern, Fluren und Gewässern noch besser fördern können, Forschung, die uns mehr verlässliche Informationen bringt, die dann Grundlage für wirksame Maßnahmen sein können, Maßnahmen, die wirklich dem Erhalt der Artenvielfalt dienen. Leider war Ihnen dieser wichtige Baustein nicht einmal eine Zeile wert.