Ja, wir brauchen ein ganzheitliches Konzept. Dabei muss uns bewusst sein, dass sich Biodiversität im Laufe der Zeit immer wandeln wird. Sie ist nicht statisch, sondern dynamisch und von ganz vielen Faktoren beeinflusst.
Frau Ministerpräsidentin, ich habe Ihre Aussage zur Biodiversität in Ihrer Regierungserklärung vom 1. Juni 2016 noch sehr gut in Erinnerung.
Ich zitiere: Wir stehen an der Seite der Landwirtschaft. Sie trägt entscheidend zur Biodiversität bei. Sie kann sich darauf verlassen, dass wir uns auf Bundes- und EU-Ebene für ihre Interessen einsetzen werden. Sie kann sich auch darauf verlassen, dass die Landesregierung eine Landwirtschaftspolitik aus einem Guss macht. –
(Heiterkeit des Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU – Abg. Christian Baldauf, CDU: Deshalb haben wir auch zwei Ministerien!)
Ja, leider sieht der Blick in die Realität und Praxis oft weniger stimmig aus, immer wieder erleben wir das.
Sie nehmen für sich in Anspruch, Ihre Umwelt- und Naturschutzpolitik immer stärker auf die Betrachtung der Zusammenhänge der Artenvielfalt und von Ökosystemen
auszurichten, statt sektorale Ansätze zu verfolgen. Meine Damen und Herren, Nationalpark, Flächenstilllegungen, Wolfserwartungsland sprechen jedoch eine ganz andere Sprache.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Ankündigungen ziehen sich quasi wie ein roter Faden durch die Regierungserklärung. Ganz am Anfang wird das hehre Leitziel ausgerufen, die Landesregierung will den Rückgang der biologischen Vielfalt bis 2025 stoppen. Die Antwort, wie Sie dieses Ziel bis 2025 erreichen wollen, sind Sie leider schuldig geblieben.
(Beifall bei der CDU – Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nicht zugehört! – Zuruf des Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU)
Erstes Handlungsfeld: Klimaschutz. In Ihrer Biodiversitätsstrategie geben Sie das Oberziel aus, die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 % gegenüber dem Stand von 1990 zu reduzieren. Sie verschweigen jedoch, dass die CO2-Emissionen im Verkehrssektor seit 1990 um 17 % zugenommen haben. Ursache hierfür ist ein kräftig steigender Endenergieverbrauch, während die Zahl der Kraftfahrzeuge immer weiter wächst.
In Rheinland-Pfalz kommen auf 1.000 Haushalte 1.237 PKW und damit 14 % mehr als im Bundesdurchschnitt. Die Ursachen hierfür sind hinlänglich bekannt und wurden auch schon im Plenum diskutiert. Sie dürften unter anderem auf die hohe Zahl von Pendlern in Rheinland-Pfalz zurückzuführen sein.
Herr Kollege Weber, allein 2017 pendelten rund 83.000 Menschen jeden Tag mehr aus Rheinland-Pfalz als noch vor fünf Jahren.
Als einen weiteren Punkt zur Erfüllung Ihrer Klimaschutzziele nennen Sie Energieeinsparung. Sie loben natürlich die Arbeit der Energieagentur, von Klimaschutzmanagern und Energieberatern, die 200 Klimaschutzkonzepte, die die Kommunen nutzen können. Wäre da nicht ein Problem. Oft haben unsere Kommunen gar nicht die finanziellen Mittel.
(Beifall bei der CDU – Ministerpräsidentin Malu Dreyer: Ja, ja, ja! – Abg. Christian Baldauf, CDU: Ha!)
Sie können sie gar nicht aufbringen, um ihre öffentlichen Einrichtungen, ihre Schulen oder ihre Dorfgemeinschaftshäuser energetisch zu sanieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, was bringt uns eine teure Energieagentur, was bringen uns Klimakonzepte, wenn die Kommunen in den meisten Fällen nicht das Geld haben, diese Konzepte in ihren Kommunen umzusetzen?
Zweites Handlungsfeld: Wälder. Der seit 1984 jährlich erhobene Waldzustandsbericht beurteilt den Kronenzustand der Bäume und ist ein wichtiger Indikator für die Gesundheit der Wälder. Auch letztes Jahr waren 73 % aller Bäume in Rheinland-Pfalz durch Luftschadstoffe und durch die Klimaveränderung geschädigt.
Infolge der sehr heißen und trockenen Witterung in den letzten drei Monaten mit extremen Niederschlagsdefiziten wird in diesem Jahr leider ein Anstieg dieser Waldschäden erwartet. Betroffen sind die Baumarten Eiche und Buche. Was ist die Ursache? – Es ist zu kurz gesprungen, alles der Klimaveränderung in die Schuhe zu schieben.
Über Jahrzehnte haben saure Niederschläge, vor allem Schwefeldioxide und Stickoxide, zur Schwächung des Waldökosystems beigetragen und damit zu einer Verarmung der biologischen Vielfalt geführt.
(Beifall bei der CDU – Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das haben Sie doch lange geleugnet!)
Frau Kollegin Blatzheim-Roegler, so stellt die Landesregierung in ihrem Waldzustandsbericht 2017 zutreffend fest – ich zitiere –: „Auf vielen rheinland-pfälzischen Waldstandorten reichen die waldbaulichen Maßnahmen und Beschränkungen in der Nutzungsintensität zur Stabilisierung des Nährstoffhaushalts und zur Verhinderung fortschreitender Bodenversauerung nicht aus.“ Ich zitiere weiter: „Zur Vermeidung einer weiteren Verschlechterung des Bodenzustandes sind Bodenschutzkalkungen zwingend erforderlich.“
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dem ist nichts hinzuzufügen. Ja, richtig, unbedingt, aber wie sieht es in der Praxis aus? Die Mittel für Bodenschutzkalkungen wurden in den letzten zwei Jahrzehnten kontinuierlich zurückgefahren. Das war die praktische Politik.
(Beifall der CDU – Abg. Christian Baldauf, CDU: Hätten Sie einmal auf Frau Blatzheim-Roegler gehört!)
Besonders drastisch fielen die Kürzungen unter der rotgrünen Landesregierung in der letzten Legislaturperiode
Zu wenige Bodenkalkungen führen dazu, dass Wälder destabilisiert werden, ihre Vitalität verlieren und anfälliger gegen extreme Witterungseinflüsse werden. Hier besteht dringender Handlungsbedarf, den die CDU-Fraktion immer wieder im Rahmen von Haushaltsberatungen eingefordert hat.
Wir erleben in diesem Jahr bedingt durch die Trockenheit große Schäden bei den im Frühling durchgeführten Anpflanzungen. Viele Bundesländer unterstützen hier wirksam kommunale und private Waldbesitzer, zusammen mit den Fördermitteln des Bundes. Und im waldreichen Rheinland-Pfalz? – Fehlanzeige. Dabei wäre dies ein wirksamer Ansatz zur Unterstützung der privaten und kommunalen Waldbesitzer, zur Stabilisierung der Wälder und damit zur Förderung der Biodiversität.
Allein die Stilllegung von Wäldern und eine Zertifizierung, die jede Borkenkäferbekämpfung erschwert, führt nicht automatisch zu mehr Biodiversität im rheinland-pfälzischen Wald, Frau Ministerin.
Diese Fehlentwicklung geht auch zulasten des wichtigen Clusters Forst und Holz mit mehr als 50.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von rund 10 Millionen Euro.
Handlungsfeld Gewässerschutz: Frau Ministerin Höfken, ich stimme Ihnen in dem Punkt zu, dass mit der Begradigung und Kanalisierung unserer Flüsse ein Verlust an Biodiversität einherging. Dennoch wissen wir, dass es an manchen Stellen unabdingbar war. Wir begrüßen als CDUFraktion ausdrücklich die Renaturierung von Gewässern, damit das Naturelement Wasser gestärkt wird. Dies steigert nicht nur unsere Lebensqualität, sondern wir schaffen und bewahren damit Lebensräume für ganz unterschiedliche Tier- und Pflanzenarten.