Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich werde stellvertretend für die Ampel-Koalition kurz auf die Große Anfrage der AfD eingehen.
Aus unserer Sicht ist die Möglichkeit der Erhebung von einmaligen oder wiederkehrenden Beiträgen ein wichtiges Instrument zur Erhaltung und Förderung kommunaler Investitionen im Straßenbau. Ein gut ausgebautes und leistungsfähiges Straßennetz von den Landes- über die Kreisstraßen bis hin zu den kommunalen Straßen ist ein wesentlicher Standortfaktor für unser Land und zugleich die Grundvoraussetzung für fast jegliche Form von privater und gewerblicher Mobilität.
Neben diesem Nutzen für die Allgemeinheit, der durch den Gemeindeanteil berücksichtigt wird, findet der kommunale Straßenausbau auch regelmäßig mit einem unmittelbaren Sondervorteil des direkten Straßenanliegers statt. Darauf möchte ich kurz eingehen. Der Bodenrichtwert erhöht sich dadurch, und dadurch gibt es einen Vorteil. Dieser Vorteil
rechtfertigt die im rheinland-pfälzischen Kommunalabgabegesetz ermöglichte Beitragserhebung zu einem rechtlich, aber ich meine auch zum anderen politisch.
Es erschließt sich mir nicht, warum bei dieser Sachlage über die bereits vorhandenen Förderinstrumente hinaus eine ausschließliche Finanzierung des Straßenbaus mit allgemeinen Steuermitteln vorzugswürdig sein sollte. Dass es in manchen Situationen zu hohen Einmalzahlungen kommen kann, bestreitet niemand. Das ist Fakt und kennt auch jeder Abgeordnete von uns. Aber aus diesem Grund gibt es Möglichkeiten, dieser Situation vorzubeugen, beispielsweise durch Ratenzahlungen oder Stundungen für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger.
Zudem ist sichergestellt, dass ausschließlich die tatsächlichen Kosten abgerechnet werden, weil in diesem Zusammenhang immer der Bürokratieaufwand angebracht wird. Dieser ist aber nötig, damit es eine tatsächliche Abrechnung für den Bürger gibt, meine Damen und Herren.
Des Weiteren möchte ich festhalten, dass es selbstverständlich ist, dass die jeweiligen Beitragserhebungen von den Betroffenen verwaltungsgerichtlich überprüft werden können. Das ist gutes Recht eines jeden.
An dieser Stelle möchte ich darauf eingehen, dass dieser Punkt höchstrichterlich geklärt ist; denn das wird immer infrage gestellt, als würden wir uns in einer Grauzone bewegen. Das ist de facto nicht so. Höchstrichterlich wurde das zuletzt 2014 noch einmal bestätigt.
Meine Damen und Herren, ich komme zu den Straßenbauinvestitionen. Auch darauf möchte ich kurz eingehen. Wir haben es heute und gestern schon öfters gehört, diese Landesregierung stellt sich der großen Herausforderung und investiert die Höchstsummen in den Erhalt und den Neubau und auch besonders in unsere Gemeindestraßen.
Ich möchte kurz auf die Förderinstrumente eingehen. Es gibt die Mittel aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz bzw. die Entflechtungsmittel. Dazu gibt es die originären Landesmittel. Aus dem Innenministerium besteht zusätzlich noch die Fördermöglichkeit des Städtebaus und der Dorferneuerung. Auch davon war in Ihrer Rede nichts zu hören.
Es hat sich in Ihrer Rede so angehört, als würden die Gemeinden im Regen stehen gelassen. Es ist de facto nicht so. Eine Gemeinde kann bei einem Bauprojekt von bis zu 80 % Fördersumme sprechen. Auch das haben Sie nicht erwähnt. Es wird ein falsches Bild gezeichnet. Wir lassen die Gemeinden nicht im Regen stehen und fördern mit diesen genannten Instrumenten den Straßenausbau erheblich.
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Ein funktionierendes, leistungsfähiges Straßennetz ist Grundvoraussetzung für die Entwicklung der rheinlandpfälzischen Wirtschaft und der hohen Qualität in unseren Städten und Gemeinden. Als Flächenland ist RheinlandPfalz auf eine gute Mobilität durch Straßen als Lebensadern für die Menschen in den ländlichen Regionen und auch in den Städten angewiesen.
Gute Straßen sind Grundvoraussetzung für die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und die Schaffung von Wirtschaftspotenzialen. Hier teilen wir gerne die Auffassung der Landesregierung in der Beantwortung der Großen Anfrage.
Auch im Sinne der Generationengerechtigkeit ist der Erhalt des Straßennetzes zu sichern und Substanzverlust zu vermeiden.
Die Realität in Rheinland-Pfalz sieht leider anders aus. Schon oft wurde hier im Landtag über den Investitionsbedarf und -stau bei den Landesstraßen gesprochen. Aber nicht nur bei den Landesstraßen sieht es schlecht aus, auch bei den kommunalen Straßen ist die Situation eklatant. Um das festzustellen, hätte es keiner Großen Anfrage bedurft. Jeder von uns, der auch kommunalpolitisch tätig ist, kennt die Situation vor Ort, in den Kreisen, Städten und Gemeinden.
Schauen wir uns im Detail die Kreisstraßen an. Von den rund 7.400 Kilometer Kreisstraßen im Land sind nur 4 % in einem annähernd idealen Zustand, rund 35 % der Kreisstraßen haben hingegen die schlechteste Zustandsbewertung. Das bedeutet, für rund 2.400 Kilomter besteht akuter Handlungsbedarf. Diese Straßen müssen dringend saniert werden, um die Mobilität sicherzustellen.
Weitere 19 % werden mit einem Warnwert versehen, das heißt, hier besteht spätestens mittelfristig Handlungsbedarf.
Zusammengefasst bedeutet dies, dass 54 % oder rund 4.000 Kilometer der Kreisstraßen in Rheinland-Pfalz in einem Zeitfenster von bis zu zehn Jahren saniert werden müssen.
An dieser Stelle komme ich zu einem Punkt, an dem ich der Einschätzung der Landesregierung deutlich widersprechen muss. Die Landesregierung gewährt der kommunalen Ebene im Rahmen verschiedener Förderprogramme Zuwendungen. Das ist richtig und wichtig. Keinesfalls ist aber durch diese Zuwendungen sichergestellt, dass die Städte und Gemeinden nicht überfordert werden und die Bürgerinnen und Bürger, egal ob in der Stadt oder auf dem
Das Gegenteil ist der Fall. Das Landesgeld im System reicht noch nicht einmal aus, um die dringendsten Maßnahmen anzugehen. Gerne mache ich das am Beispiel meines Heimatlandkreises, der Südwestpfalz, fest. Wir haben rund 260 km Kreisstraßennetz. Die Zuwendungen des Landes, auf die wir für die Sanierung der Kreisstraßen aufgrund der Haushaltslage angewiesen sind, ermöglichen es unserem Kreis, jährlich lediglich zwischen zwei und vier Kilometern Kreisstraßen zu sanieren.
35 %, das heißt rund 90 Kilometer, sind so schlecht bewertet, dass allerdings akuter Handlungsbedarf besteht. Mit den derzeitigen Mitteln brauchen wir mehr als 20 Jahre, um die dringendsten Sanierungen abzuarbeiten, oder, anders ausgedrückt, die Straßen müssten eine Lebensdauer von 100 Jahren haben, damit das derzeitige Finanzierungssystem funktioniert.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dass das nicht funktionieren kann, sollte jedem klar sein – ein Beispiel, das auf viele andere Landkreise übertragen werden kann.
Die Gemeinden und Städte haben die gleiche Situation. Aufgrund der desolaten Finanzlage der Kommunen in Rheinland-Pfalz sind vielerorts die Gemeinden gar nicht in der Lage, ihre bei Ausbauten von Gemeindestraßen erforderlichen Eigenanteile aufzubringen. Gern würde man vor Ort dem Sanierungsstau begegnen, Ausbauprogramme auflegen und loslegen. Aber den vielerorts unter der Zwangsverwaltung der Kommunalaufsicht stehenden Kommunen ist es oft untersagt, erforderliche Investitionen anzugehen, weil die Finanzierung des Eigenanteils nur über Kreditaufnahmen möglich wäre.
Wenn überhaupt, reicht es bei vielen Kommunen nur für das absolut Nötigste. Das hat zur Folge, dass auch in den Kommunen der Sanierungsstau immer größer wird.
Vor dem Hintergrund dieser Fakten seitens der Landesregierung festzustellen, dass aufgrund der Landeszuweisungen die Modernisierung und Instandhaltung des Straßennetzes der Kommunen sichergestellt sei, ist schlichtweg eine Falschaussage.
In den Ohren der Menschen vor Ort, die ihren täglichen Weg zur Arbeit über Schlaglochpisten absolvieren, muss eine solche Aussage wie Hohn klingen. Um diesem Missstand entgegenzuwirken, brauchen wir endlich mehr Geld im System, sei es durch spürbar höhere allgemeine Zuweisungen oder durch mehr investitionsgebundene Zweckzuweisungen speziell im kommunalen Straßenbau.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Schluss noch ein paar Sätze zum Finanzierungssystem der Ausbaubeiträge. Für die CDU wäre der Verzicht auf Straßenausbaubeiträge das absolut falsche Signal. Das Land wird nicht in der Lage sein, die dadurch fehlenden Einnahmen zu kompensieren. Es wäre auch falsch, bei dieser Frage in die kommunale Selbstverwaltungshoheit der Städte und Gemeinden einzugreifen.
Rheinland-Pfalz hat mit dem Kommunalabgabengesetz 1986 eine Vorreiterrolle eingenommen; denn dieses Gesetz eröffnet den Kommunen Alternativen in der Gestaltung der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger, und das ist gut so.
Die Kommunen vor Ort sollen auch weiterhin im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern die für sie beste Lösung suchen und finden können. Insbesondere das System der wiederkehrenden Beiträge genießt bei den Kommunen und Bürgern eine hohe Akzeptanz. Das zeigen auch die geringen Zahlen der Klageverfahren, die man im Verhältnis zu den jährlich Millionen Beitragsbescheiden sehen muss und die nicht ins Gewicht fallen.
Allerdings – darin muss man auch offen sein – bereitet die aktuelle Rechtsprechung zu den wiederkehrenden Beiträgen den Kommunen Sorge. Hier müssen wir gegebenenfalls die gesetzlichen Grundlagen klarer definieren, um für das bewährte System Rechtsklarheit zu schaffen.
Ob die Bestrebungen, im Zuge der Grundsteuerreform eine Bodensteuer nach der Grundstücksgröße einzuführen,
die Bürgerinnen und Bürger die Straßen finanzieren, egal, nach welchem Weg. Die Forderung nach einer Abschaffung der Straßenausbaubeiträge ist hingegen reiner Populismus.