Herr Joa, gestatten Sie mir, dass ich noch Gäste begrüße: Senioren der Verbandsgemeinde Deidesheim und Neustadt. Herzlich willkommen bei uns im Landtag!
Geehrter Präsident, liebe Kollegen! Steuergelder sind sparsam, effizient und transparent einzusetzen. Unnötige Kosten müssen vermieden, Sparpotenziale erschlossen, Prozesse und Maßnahmen stetig optimiert und verbessert werden, und dies insbesondere dann, wenn sich die Verhältnisse ändern. Schlanke, effektive und auswertebare Prozesse sind unabdingbar für ein nachhaltiges staatliches Handeln.
Während sich die Politik auch in den Haushaltsberatungen gern um kleinere Etatposten öffentlichkeitswirksam streitet, gerät einer der größten Ausgabenposten doch gern aus dem Blick.
Zur Veranschaulichung: Allein im Kreis Germersheim verursachen 3.000 Asylbewerber bzw. verschiedene Asylbewerber etwa 50 Millionen Euro Kosten für die Steuer- und Beitragszahler pro Jahr. In Ludwigshafen laufen wir konservativ berechnet Richtung 80 Millionen Euro pro Jahr. Wir haben das einmal umgerechnet. Dies bedeutet faktisch, 10.000 Steuerzahler zahlen den Durchschnittssteuersatz von 8.000 Euro, das heißt 10.000 Arbeitnehmer arbeiten in Ludwigshafen nur für diese Kosten.
Wir sehen also den hohen Gesamtinvest, und wir sollten uns der Dauerhaftigkeit dieser Kosten bewusst werden.
Landesweit entstehen dem Steuerzahler allein Asylausgaben von 1,3 Milliarden Euro bis 1,5 Milliarden Euro. Die Politik trägt für einen effektiven Geldeinsatz Verantwortung.
Liebe Kollegen, niemand kann ernsthaft bestreiten, dass die Aufnahme Tausender Migranten viele rheinlandpfälzische Kommunen an die Grenze ihrer finanziellen, logistischen, aber auch sozialen Leistungsfähigkeit gebracht hat. Langsam, aber sicher scheint sich eine wichtige Erkenntnis durchzusetzen, die da lautet: Weniger ist manchmal mehr. –
Die Integration Tausender fremdkultureller Menschen ist nämlich in erster Linie keine Frage des Wollens. Sie ist eine Frage der faktischen Machbarkeit. Integration kann gelingen. Es ist schwierig bei einem Problemklientel, aber sie kann gelingen, wenn entsprechende Voraussetzungen geschaffen sind und entsprechende Ressourcen an der richtigen Stelle zur Verfügung stehen.
Genau an diesem Punkt setzt der Antrag unserer Fraktion an. Es geht darum, bestehende Strukturen und Prozesse im Bereich Asyl und Migration grundsätzlich zu überdenken und hinsichtlich ihrer Funktionalität und Praxistauglichkeit auf den Prüfstand zu stellen.
Wir beobachten heute, dass sich viele ungelöste Probleme, die ihre Wurzeln bereits in der Vergangenheit haben, nun überlagern und addieren. In Städten wie Ludwigshafen oder Germersheim sorgt der wachsende Migrantenanteil in den Grundschulen und Kitas zwischen 80 und 90 % schon seit Längerem für Spannungen und erhebliche Konflikte – Missstände, deren Ursache nun endlich analysiert und angegangen werden müssen. Kurzum, wir benötigen nachhaltige, strukturierte Verbesserungen beim Asyl-, Migrations- und Integrationsmanagement in RheinlandPfalz.
Unser Antrag beruht deswegen auf zwei wesentlichen Säulen. Wie bereits in der Besprechung der Großen Anfrage „Einwanderung und Asylpraxis in Rheinland-Pfalz“ deutlich wurde, braucht es zunächst einmal aktuelle und valide Daten in allen relevanten Bereichen. Nur auf Grundlage verlässlicher Informationen lassen sich Tendenzen abschätzen, Regulierungsbedarfe erkennen. Darauf sind nicht nur wir als politische Entscheidungsträger angewiesen, sondern auch die Menschen vor Ort, die Lehrer, die Polizisten, die Erzieher, die Mitarbeiter von Arbeits- und Jugendämtern.
Die Ergänzung der Kriterien „Schutzsuchender“ und „Migrationshintergrund“ in bereits bestehende amtliche Statistiken ist deswegen schnellstens voranzutreiben und zugleich doch nur ein erster logischer Schritt.
Dazu gehören natürlich auch landesweit einheitliche statistische Begriffsdefinitionen und Erhebungsstandards ebenso wie eine angemessene Aufbereitung des vorhandenen Datenbestands. Wir brauchen endlich Vergleichbarkeit!
Wir können es uns nicht leisten, dass manche Behörden Daten erheben, andere nicht, andere Behörden wiederum ganz andere Definitionen ansetzen. Auch kann es nicht sein, dass die Kommunen selbst nicht wissen, wie sich die Migrationssituation in ihrem Gebiet darstellt.
Wie sollen von solchen unvollständigen Informationen überhaupt politische Maßnahmen abgeleitet werden?
Die zweite, gewichtigere Säule unseres Antrags ist die Einrichtung einer effektiven Kommunikationsstruktur zwischen Ministerien, Behörden und kommunalen Instanzen. Wir haben in den Kommunen zahlreiche Praktiker und Migrationsexperten. Diese Leute sollten wir mit ins Boot holen, wenn es darum geht, Prozesse und Erhebungsstandards auf den Prüfstand zu stellen. Dies fängt schon mit ganz banalen Fragen an, wie zum Beispiel folgende: Welche Daten sind nötig, welche sind vielleicht unnötig, welche brauchen wir zusätzlich? Was wissen die Kommunen selbst über die Situation in ihrer Stadt? Wie wird sich die Demografie entwickeln? Wo sehen Mitarbeiter und Landräte Verbesserungspotenzial? Wo brauchen die Verantwortlichen vor Ort weitere Unterstützung?
Oder wird es jetzt Standard, die Verantwortlichen vor Ort im Regen stehen zu lassen, wie zum Beispiel den Kreis Germersheim mit einem Dutzend Asylintensivtätern, die die Bürger bedrohen? Wir fordern hier einen ganz anderen Ansatz. Wir möchten schon im Grundsatz einen schnellen und routinemäßigen Austausch von asyl-, migrations- und sicherheitsrelevanten Daten. Wir brauchen ein behördliches Reportingverfahren auch hinsichtlich der Erfolgskontrolle von Einzelmaßnahmen.
Wie steht es nun um die Bedürfnisse der Kommunen? Viele Bürgermeister, Schulleiter, Lehrer, Erzieher fühlen sich bei konkreten Fragen im Stich gelassen. Die „Ihr werdet das schon irgendwie hinbekommen“-Mentalität führt zu Verunsicherung, Ratlosigkeit und innerer Kündigung bei Mitarbeitern vor Ort. O-Ton einer Lehrerin: Mein Unterricht ist nur noch reine Mängelverwaltung. –
Ähnliches gilt für die Situation von Erzieherinnen in Kitas. Sie alle brauchen die richtigen Daten zum richtigen Zeitpunkt, ungeschönt und vollständig. Alle Verbesserungen sind aber nur dann nachhaltig, wenn sie messbar werden.
Wir fordern deswegen – ich komme zum Ende – eine Evaluation und eine Erfolgskontrolle. Die Stadt Ludwigshafen geht hier bereits voran, und sie braucht unsere Unterstützung. Es liegt somit in der Verantwortung der Landesregierung, Plattformen und Netzwerke zu erstellen und Hilfestellung zu geben.
Meine Damen und Herren, beweisen Sie, dass Sie an echten Verbesserungen in der rheinland-pfälzischen Politik interessiert sind, indem Sie unserem Antrag zustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Kollege Joa, es ist schon absurd, dass Sie zu Beginn Ihrer Rede effiziente Geldverwendung anmahnen und dann diesen BürokratiemonsterAntrag hier vorstellen, der, glaube ich, nicht zu einer effizienten Arbeit in unseren Behörden
und nicht zu einer effizienten Geldverwendung beiträgt. Wir werden Ihren Antrag ablehnen, und zwar vor allen Dingen aus zwei Gründen: Zum einen haben Sie einmal wieder Dinge in diesen Antrag hineingeschrieben, die teilweise schlicht falsch sind und mit denen Sie eher Ihre politischen Vorstellungen suggerieren wollen, als dass sie die Realität beschreiben.
Das geht schon damit los, dass Sie damit beginnen, es wäre die Kernidee des deutschen Asylrechts, dass der Aufenthalt des Asylberechtigten immer befristet ist. – Dann haben Sie das Asylrecht schlicht nicht gelesen; denn wer in Deutschland Asyl nach Artikel 16 des Grundgesetzes erhält, der bekommt einen Zugang zu einem unbefristeten Aufenthaltsrecht nach drei Jahren.
Es geht damit weiter, dass Sie den Zuzug aus muslimischen Ländern pauschal als „Sicherheitsfaktor“ bezeichnen. Auch das ist eine Pauschalierung, der wir sicherlich nicht zustimmen werden.
Auch ist es so, dass es für Ihre Forderung – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten –, „das Kriterium ‚Schutzsuchender’ (...) inklusive des zugehörigen ‚Herkunftsstaates’ in alle amtlichen Statistiken aufzunehmen“, schlicht gar keine gesetzliche Grundlage gibt; denn selbstverständlich und aus gutem Grund gibt es gesetzlich geregelte Anforderungen über die Erhebung und Speicherung solcher Daten.
Dann machen Sie in Ihrem Antrag – Sie haben jetzt eben in Ihrer Vorstellung des Antrags natürlich in erster Linie über geflüchtete Menschen gesprochen – aber etwas, das Sie sehr gerne in Ihrer politischen Arbeit tun: Sie beginnen in Ihrem Antrag mit Asylberechtigten, mit Geflüchteten.
Sie beschreiben deren – Zitat – „Sonderstatus“, um eine Ausweitung der statistischen Erfassung zu begründen. Sie führen die Kosten der Flüchtlingsaufnahme an, um das zu begründen. Dann machen Sie einen Sprung: Auf einmal sind Sie nicht mehr nur dabei, Menschen, die geflüchtet
sind, in alle Statistiken aufzunehmen, sondern Sie sind auf einmal dabei, pauschal alle Menschen in Rheinland-Pfalz aufgrund ihres Migrationshintergrunds in alle Statistiken aufzunehmen. Da sage ich Ihnen, das werden wir ganz sicher nicht mitmachen.
Wenn Sie so bestehende Probleme, über die wir hier, im Ausschuss und überall ständig diskutieren und die wir angehen, lösen wollen, dann setzen Sie sich auch einmal mit den Maßnahmen im Bildungs- und Integrationsbereich in diesem Sinne auseinander. Dann setzen Sie sich auch einmal mit den Maßnahmen auseinander, über die heute gesprochen wurde, die wir auch wieder im Haushalt verankert haben.
Das hat zum Beispiel Ihr Fraktionsvorsitzender in seiner Rede überhaupt nicht getan. Die einzige Maßnahme, die beschrieben wurde, war einmal wieder die Abschiebung. Ansonsten ist zu Integration aus Ihrer Fraktion nichts zu hören.
Wir werden das nicht mitmachen; denn Sie kommen, wie gesagt, von geflüchteten Menschen auf einmal auf alle Menschen mit Migrationshintergrund.
Wir sprechen uns ganz vehement dagegen aus. In allen möglichen Lebensbereichen – auch das schreiben Sie in Ihrem Antrag, es geht über das Bildungssystem bis dahin, wer sich in welchen Krankenhäusern wie behandeln lässt –, also überall soll abgespeichert werden, ob die Person einen Migrationshintergrund hat. Wie gesagt, wir wissen nicht, was Sie damit überhaupt bezwecken wollen.
Welche Probleme wollen Sie damit überhaupt lösen? Was soll uns eine Statistik sagen, in der ein afghanischer Geflüchteter genauso pauschal abgebildet wird wie die Kinder eines deutsch-dänischen Ehepaars?