Protokoll der Sitzung vom 24.10.2018

Dass die Einkommenssituation unserer Polizeibeamten trotz gleicher Besoldungsgruppen von denen der Nachbarländer im Vergleich zum Teil deutlich abweicht, sollte auch der Vergangenheit angehören.

Wenn wir für Unterbringung und Versorgung – diesen Vergleich gestatte ich mir einfach – von unbegleiteten minderjährigen Ausländern (UMA) ungerührt bis zu 5.000 Euro im Monat ausgeben, ohne im Einzelfall sicher zu wissen, ob sie wirklich minderwertig – nein, Entschuldigung, minderjährig – sind

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Eine Grenzüberschreitung! Ekelhaft!)

minderjährig sind –, sollten wir für unsere Polizei und ihre Familien eine angemessene Fürsorge walten lassen, meine Damen und Herren.

(Beifall der AfD)

Ich denke, dass wir das unseren Beamten, die tagtäglich ihren Kopf für uns hinhalten, schuldig sind.

Der Beförderungsstau von A 9 auf A 10 ist eigentlich eine Beleidigung und ein Ausdruck mangelnder Wertschätzung für jeden Polizeibeamten, der trotz der erbrachten Leistung horrende Wartezeiten durchgehen muss. Wir reden hier von unter 200 Euro vor Steuern. Von A 9 nach A 10 ist wirklich nicht der Sprung, aber eine Beförderung nach A 10 ist eine Wertschätzung. Meine Damen und Herren, für jeden UMA, der keiner ist, könnten wir 25 Beamte befördern. Das Geld wäre hier nach meinem Dafürhalten besser angelegt.

(Beifall der AfD)

Wir fordern Sie daher auf, sich nicht weiter für Ihre halbherzige Personalplanung selbst zu loben, sondern endlich spürbar mehr Polizisten auf unsere Straßen zu bringen. Das ist doch der entscheidende Punkt, um das Sicherheitsgefühl der Bürger zu verbessern.

Die Zielmarke von insgesamt 10.000 Beamten wäre auch nach Einschätzung der Polizei selbst eine aktuell angemessene Stärke angesichts der sich permanent verschlechternden Sicherheitslage.

Auch wenn Sie es immer bestreiten, so scheinen Sie insgeheim daran zu glauben, dass Rheinland-Pfalz immer sicherer wird. Nicht immer sicherer wird, dass seit Jahren im Haushalt die Ansätze für die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten steigen. Wenn wir es wieder schaffen sollten, den Schutzmann – ich sage ganz bewusst Schutzmann – auf den Straßen präsenter zu machen, dann haben Sie auch weniger Opfer von Gewalttaten, meine Damen und Herren.

(Beifall der AfD)

Aber auch eine bestmögliche und moderne Ausrüstung

für den täglichen Dienst ist eine Form der Wertschätzung und der Fürsorge. Ein internetfähiges Handy – mir war gar nicht so klar, dass es das nicht durchgängig gibt, sondern das habe ich erst vergangene Woche beim Besuch einer Polizeiwache erfahren – und ein Einsatzlaptop für jedes Dienstfahrzeug sind dringend erforderlich, handelsüblich und relativ schnell zu beschaffen. Das sind die Sorgen der Beamten. Die haben nicht die Möglichkeit, vom Einsatz einmal ein Bild ins Polizeipräsidium zu schicken und eine Personenüberprüfung durchzuführen. Das hat mich erschrocken. Wenn wir uns auf diesem niedrigen Niveau befinden, dann brauchen wir über höhere Ausgaben doch im Grunde gar nicht mehr zu sprechen.

Auch so kann man den Dienst in Rheinland-Pfalz für junge Polizeianwärter attraktiver machen.

Lösen Sie endlich das permanente Problem der Einsatzfahrzeuge. Wir haben vor Kurzem die Gelegenheit gehabt, uns die Fahrzeuge anzuschauen, wenn sie voll ausgestattet sind. Handelsübliche Fahrzeuge, die nur mit Mühe die immer umfangreichere Ausrüstung aufnehmen können – daran ändern wir auch nichts, wenn wir von A4 auf A6 gehen –, sind eben nicht mehr zeitgemäß und müssen an künftige Bedrohungslagen angepasst werden. Es kann nicht sein, dass ich als Führer eines solchen Fahrzeugs erst aussteigen, im hinteren Fonds meinen Helm und meine Schutzweste suchen und dann in den Kofferraum kriechen muss, um dort meine Waffe zu finden. Meine Damen und Herren, das ist geradezu lächerlich.

(Beifall der AfD)

Unsere Polizei hat unsere Wertschätzung nicht nur bei Sonntagsreden verdient, sondern und vor allem durch signifikante und spürbare Verbesserungen von dienstlichen Rahmenbedingungen.

Wir fordern von unseren Beamten Treue, aber ich sage ebenfalls, diese Treuepflicht ist auch eine gegenseitige. Das muss auch in der Ausstattung und Versorgung unserer Beamten zum Ausdruck kommen.

Meine Damen und Herren, Sicherheit ist unmittelbare Daseinsvorsorge für unsere Bürger. Das betrifft nicht nur die Polizei, sondern auch unsere Feuerwehr und unsere Rettungskräfte. Beim Betrachten Ihrer Haushaltspläne zu diesem Bereich und angesichts Ihrer Lobeshymne zu den Leistungen dieser Männer und Frauen, die ich teile, kann man aber nur den Kopf schütteln. Sie spielen hier im wahrsten Sinne des Wortes mit dem Feuer. Wie viele mahnende Worte unseres Landesfeuerwehrverbandes benötigen Sie denn noch, bevor Sie die dringend notwendige Trendwende endlich einleiten?

Wir haben das mehrfach im Plenum besprochen, aber getan worden ist nicht wirklich etwas. Wir haben im Plenum mehrfach die Personalsituation der Freiwilligen Feuerwehren angesprochen, die ehrenamtlich tätig sind. Das hat eine ganz andere Qualität und benötigt eine ganz andere Werbung. Wir haben über notwendige Nachwuchswerbung, über Ausrüstungsmängel und schließlich über die Ausbildungssituation an der Landesfeuerwehrschule in Koblenz gesprochen.

An der Schule haben Sie – das ist anzuerkennen – endlich auf öffentlichen Druck die dringend benötigten drei zusätzlichen Stellen geschaffen. Ansonsten bleiben alle Zahlen auf dem gleichen niedrigen Niveau, meine Damen und Herren.

Ich sehe keinen erkennbaren Mehraufwand insbesondere für mehr Lehrgänge oder mehr Ausstattung. Sie fahren hier eine Politik des „Weiter so“ und ignorieren die Fakten und die leider negative Entwicklung insbesondere im Hinblick auf die Nachwuchswerbung.

Anders als unsere Polizei leben unsere Feuerwehren in Rheinland-Pfalz vom ehrenamtlichen Engagement. Das wird von uns einfach so hingenommen. Wir sind es unseren Feuerwehren schuldig, sie mit guter Ausbildung und angemessener Ausrüstung maximal zu unterstützen. Meine Damen und Herren, die Feuerwehren brauchen uns nicht, aber wir brauchen die Feuerwehren.

(Beifall der AfD)

Die gebeutelten Kommunen habe ich schon angesprochen. Das ist eine weitere Baustelle in Ihrem Ressort, Herr Minister Lewentz. Wir hören die Unmutsbekundungen der Kommunen am laufenden Band, wahrscheinlich auch morgen wieder in der Anhörung. Objektive Dokumente belegen die missliche Lage, in der sich viele Kommunen befinden. Allen voran bestätigt das der renommierte Finanzwissenschaftler Professor Dr. Junkernheinrich. In seinem Gutachten stellt er fest, dass die Kommunen gemessen am Durchschnitt der westdeutschen Flächenländer eine geringere Investitionstätigkeit in Höhe von 300 Millionen Euro aufweisen.

Die Kommunen fragen sich zu Recht: Was tut das Land für uns? – Wo ist Ihr Ansatz, die finanzielle Lage der Kommunen nachhaltig zu verbessern? Im Haushalt kann man lange suchen und wird nichts finden.

Statt sich der ernsten Lage der Kommunen anzunehmen, wird die Lage wieder einmal schöngeredet oder weggelächelt. Es wird auf eine vermeintlich gute Entwicklung der Kommunen verwiesen. Es werden aber die Augen davor verschlossen, dass die kommunalen Finanzen wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen werden, sobald die Rahmenbedingungen schlechter werden, und das werden sie notgedrungen früher oder später.

Wir werden im Zuge der Haushaltsberatungen Vorschläge vorlegen, die die Kommunen sowohl im Bereich der Schlüsselzuweisungen als auch im investiven Bereich finanziell besserstellen werden.

Meine Damen und Herren, wir können es uns durchaus leisten, die Finanzausstattung der Kommunen zu verbessern; denn der Wirtschaft in Rheinland-Pfalz geht es glänzend, wie Herr Wissing nicht müde wird zu betonen. Dennoch ist aber die Wachstumsrate inzwischen stark rückläufig. Sie lag im zweiten Quartal wieder unter dem deutschen Durchschnitt. Die weltwirtschaftlichen Unsicherheiten sind zudem inzwischen wieder gestiegen, nicht zuletzt wegen des von Angela Merkel provozierten Brexits und der nur mit Geld zugedeckten Strukturprobleme in der Eurozone.

(Heiterkeit des Abg. Christian Baldauf, CDU)

In dieser Situation kann sich die Exportstärke der rheinland-pfälzischen Wirtschaft auch in ein Handicap verwandeln.

Herr Baldauf, hören Sie zu, der Wohlstand kommt nicht von alleine.

(Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Den Wohlstand zu bewahren ist noch schwerer, als ihn zu erwerben, Herr Baldauf. Das hat kein geringerer gesagt als Ludwig Erhard. Das galt damals genauso wie heute.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Angela Merkel und Brexit!)

Meine Damen und Herren, es ist heute so wichtig wie schon lange nicht mehr, die heimische Basis der rheinlandpfälzischen Wirtschaft zu stärken und die Investitionen im Land anzukurbeln. Doch die Investitionsquote im Landeshaushalt soll 2019 gerade einmal 8,7 % betragen und wird daher eher fallen. Das ist nicht zukunftsweisend.

Wir hatten bereits vor zwei Jahren gefordert, den Anteil der Investitionen im Landeshaushalt schrittweise auf über 11 % zu steigern. Die mangelnde Investitionsbereitschaft der Ampelregierung zeigt sich vor allem in der Infrastruktur. Sie bleibt das Sorgenkind im Flächenland Rheinland-Pfalz, ob marode Brücken, Schlaglochpisten oder fehlende Breitbandanbindung, nicht zu reden von längst fälligen Neubauten, wie der Mittelrheinbrücke oder den Lückenschluss der A 1.

(Beifall der AfD)

Es ist schon richtig, dass Infrastruktur alleine noch kein Garant für eine wirtschaftliche Entwicklung ist, aber ohne die notwendige Infrastruktur fehlen eben auch die Voraussetzungen für alles andere.

Verkehrsinfrastruktur von Straßen, Schienen und Flüssen, die digitale Infrastruktur von Breitband und Mobilfunk sind dabei inzwischen gleich wichtig, insbesondere für den auch von Ihnen so viel beschworenen ländlichen Raum.

Meine Damen und Herren, der Landesrechnungshof hat Ihnen amtlich bescheinigt, dass sich der Sanierungsstau bei den Landesstraßen mittlerweile auf 970 Millionen Euro summiert. Der Verkehrsminister erhöht den Etat für Landesstraßen um gerade einmal 2,8 bzw. 5,8 Millionen Euro. Herr Wissing, mit dieser Strategie werden Sie über 160 Jahre brauchen, um diesen Sanierungsstau aufzulösen. Da bleibt nur zu hoffen, dass Sie für eine weitere Amtszeit keine Gelegenheit mehr bekommen.

Darüber hinaus fallen einem die in der letzten Zeit überdurchschnittlich gestiegenen Straßenbaukosten ins Auge. Zuletzt betrug die Preissteigerung im Straßenbau 5,6 %. Die müden Steigerungen des Etats für den Landesstraßenbau reichen noch nicht einmal aus, um diese Kosten auszugleichen. Auch bei den Kreis- und Gemeindestraßen gibt es einen enormen Sanierungsstau. Hier waren Ihre Antworten auf unsere Große Anfrage im Juni zu diesem

Thema sehr aufschlussreich; denn demnach müssten – müssten! – 54 % der Kreisstraßen sofort oder sehr bald saniert werden. Was tun Sie?

Der schnellste Weg, bei den Kreis- und Gemeindestraßen zu einer signifikanten Verbesserung zu kommen, wäre, den Gemeinden mehr Geld bei weniger bürokratischen Auflagen zu geben. Das aber kommt nicht ansatzweise in Ihren Gedankenmodellen vor.

Rheinland-Pfalz ist das Land der Funklöcher und der langen Downloadzeiten. Was für den normalen Nutzer ärgerlich ist, ist für die mittelständische Wirtschaft ein Kostenfaktor und ein echter Wettbewerbsnachteil.

(Beifall der AfD)

Speerspitzen des digitialen Zeitalters kommen schon seit Langem aus den USA und immer mehr auch aus China, wie Amazon, Facebook, Alphabet, Google, Alibaba und dergleichen. Deutschland wird in den Schlüsseltechnologien von morgen zunehmend abgehängt. Rheinland-Pfalz ist dabei der letzte Wagen am Bummelzug des Fortschritts.

So liegt Rheinland-Pfalz bei der Anmeldung von Patenten bezogen auf die Einwohnerzahl weit unter dem deutschen Durchschnitt.

Andere Nationen planen systematisch die Technologieführerschaft und definieren Schlüsseltechnologien. Estland ist uns in der Digitalisierung weit, weit davongeeilt. Und Rheinland-Pfalz? Die von der Landesregierung vorgestellte Digitalstrategie wirkt eher wie ein Kessel Buntes. Für jedes Ressort ist etwas dabei; die aufgelisteten Projekte reichen vom digitalen Fitnessarmband bis hin zu einem mit 1.000 Euro dotierten Ideenwettbewerb – lauter Kinkerlitzchen nach dem Motto „Schauen wir mal, wir tun schon was“. Nicht dabei ist aber zum Beispiel ein offensives Programm für den Breitbandanschluss von Gewerbegebieten.

Das ist nicht der große Wurf, und eine eigene Handschrift der Ministerpräsidentin ist auch nicht zu erkennen, meine Damen und Herren. Die Digitalisierung ist sicherlich eine Querschnittsaufgabe. Insofern ist es auch nachvollziehbar, dass in fast allen Einzelplänen des Regierungsentwurfs Ausgaben für die Digitalisierung vorgesehen sind. Doch ohne klare Prioritätensetzung nach dem Motto „Nicht kleckern, sondern klotzen“ und ohne ein strategisches Vorgehen in der Technologiepolitik wird auch noch der letzte Wagen des Bummelzugs abgehängt werden, meine Damen und Herren.