Protokoll der Sitzung vom 12.07.2016

Am Anfang der Hahn-Affäre hatte ich für mich persönlich noch gedacht: Wie kann man so inkompetent handeln? Wie kann man so kritiklos über Unterlagen drübergehen, die dann sogar noch öffentlich zur Verfügung gestellt werden?

Mir kam es vor, als hätten Sie die gar nicht gelesen. Dieser Eindruck hat sich dann noch einmal verstärkt, nachdem wir die Akteneinsicht hatten. Mittlerweile haben wir einen anderen Verdacht. Wir haben den Verdacht, dass Sie sehr wohl wussten, was Sie tun, dass Sie ganz genau wussten, was Sie tun, dass Sie versucht haben, den Flughafen so schnell wie möglich loszuwerden. Sie wollen den Klotz vom Bein kriegen, weil Sie wohl geahnt hatten, dass aufgrund der Zahlenbasis und aufgrund der Faktenlage es sehr, sehr schwer sein wird, den Flughafen wieder in die schwarzen Zahlen zu bringen. Und das gilt natürlich insbesondere für die Zeit, in der die Subventionen nicht mehr fließen.

Und ich glaube, dass eine derartige Vorgehensweise verantwortungslos ist. Sie ist verantwortungslos gegenüber dem Land. Es ist verantwortungslos gegenüber den Steuerzahlern, und es ist auch verantwortungslos gegenüber den Beschäftigten dort vor Ort.

(Beifall der AfD)

Herr Lewentz, Sie hatten selbst gesagt, dass eine inhaltliche Prüfung des Konzeptes nicht statthaft sei, und der ganze Prozess, der ganze Verkaufsprozess, er steckt voller Fehler. Sie haben den zweiten Schritt vor dem ersten Schritt gemacht. Sinnvoll wäre gewesen, erst einmal grundlegende wirtschaftliche Szenarien durchzurechnen und auch deren langfristige Auswirkungen für den Flughafen zu betrachten. Ich bin sicher, KPMG hätte das gekonnt. Wenn Sie es selbst nicht hingebracht hätten, KPMG hätte es gekonnt mit dem entsprechenden Prüfauftrag, der einfach ganz offen formuliert ist und sagt: Bitte rechnet einmal verschiedene Szenarien durch und zeigt uns die Langfristbetrachtungen auf. – Auf der Basis, auf dieser gesicherten Basis hätte man eine Abschätzung vornehmen müssen und dann entscheiden, was machen wir weiterhin.

(Beifall der AfD)

Wir haben in den letzten Sitzungen hier viele Vorwürfe, Rechtfertigungen, auch zum Teil vielleicht ein politisches Theater gesehen, und wir drücken uns um eine Kernfrage, nämlich die Kernfrage: Was geschieht, wenn kein seriöser Käufer mit einem validem Konzept gefunden wird? Was passiert, wenn, mal angenommen, ein unabhängiger Dritter feststellt, dass eine nachhaltige Rückkehr in die schwarzen Zahlen sehr, sehr unrealistisch sei beziehungsweise kaum zu erreichen?

Und genau hier beginnt die Verfehlung der Landesregierung, weil es ist ihre Aufgabe, transparente Handlungsalternativen zu entwickeln. Es ist ihre Aufgabe, nicht die Aufgabe der Opposition. Wir kennen nicht alle Zahlen. Wir kennen nicht alle Interna. Wir sind natürlich auch zum Teil auf gewisse Spekulationen angewiesen. Der Ball liegt bei Ihnen, und ja, man muss auch offen zugeben, das Thema ist natürlich nicht einfach. Wir haben den Flughafen jetzt.

Wir haben auf der einen Seite das Interesse der Steuerzahler, auf der anderen Seite das Interesse der Region und der Beschäftigten. Aber wir haben jetzt schon 70 Millionen an Subventionen bereits eingeplant, zusätzlich zu dem, was die ganze Zeit schon reingeflossen ist, und es ist eine absolut legitime Forderung, sich mal über Alternativen Gedanken zu machen. Ich sage nicht, dass wir die Alternativen wollen. Am liebsten wäre auch uns, wenn der Flughafen so weit in die schwarzen Zahlen kommt, dass wir die Beschäftigung so erhalten können. Aber falls dies nicht der Fall sein wird, dann brauchen wir einen Plan B, und es ist Ihre Aufgabe, sich um das Thema zu kümmern.

Was kann die Konsequenz dieses Vorgangs sein? Brechen Sie den aktuellen Verkaufsvorgang ab. Stellen Sie das Verfahren auf völlig neue Füße, und gehen Sie dabei logisch vor. Und wenn die EU uns verbietet, inhaltliche Konzepte zu prüfen, dann prüfen wir die Konzepte unter Umständen mithilfe von Dritten erst einmal selbst, bevor wir im Verkaufsprozess einfach reinspringen, bevor wir irgendetwas anfangen und nach der Hälfte des Prozesses merken: Hui, passt ja gar nicht wirklich, was machen wir jetzt? – Und dann kann nicht die Antwort sein zu versuchen, den Flughafen irgendwo loszuwerden und damit auch die Verantwortung, sondern verantwortlich auch im Sinne der Steuerzahler wäre die eben aufgezeigte Vorgehensweise.

(Beifall der AfD)

Dies ist verantwortungsvolle Politik, nicht das stundenlange Debattieren um den heißen Brei herum. Machen Sie Ihren Job; denn hätten Sie dies getan, dann wären wir nicht in der aktuellen Situation.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Für die AfD-Fraktion spricht Herr Dr. Bollinger.

Sie haben nicht mehr ganz 13 Minuten.

(Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bei uns können eben mehr sprechen als bei euch.

(Beifall der AfD)

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste!

(Zuruf von der SPD: Jetzt aber!)

Frau Präsidentin, Verzeihung.

(Zuruf von der SPD: Da habt ihr Probleme damit!)

Nein, Sie offensichtlich.

Herr Schweitzer, Sie haben viel von Wünschen gesprochen, aber Ihr Vortrag zeigt uns vor allem den Unterschied zwischen Wunsch und Realität. Sie haben nichts gebracht außer Emotionalisierung, Ablenkungsmanövern und persönlichen Attacken gegen die Opposition. Vielleicht sollten Sie nicht ständig mit dem Ergebnis der Landtagswahl kommen; denn das ist in verschiedener Hinsicht problematisch.

(Zuruf von der FDP: Ja!)

Zunächst einmal ist das Wahlergebnis unter – aus unserer Sicht – falschen Voraussetzungen zustande gekommen. Schließlich war die FDP explizit mit der Aussage angetreten, eine Fortsetzung rot-grüner Politik verhindern zu wollen. Das Gegenteil ist der Fall.

(Beifall der AfD – Zuruf von der FDP: Haben wir doch!)

Sie sollten sich vor allem nicht auf dem Wahlergebnis ausruhen, sondern es als Verpflichtung sehen, das Vertrauen der Wähler mit guter und verantwortlicher Regierungsarbeit zu vergelten. Und das Gegenteil ist der Fall. Und Sie steigern sich hier in eine überzogene Empörungsszenerie, weil die Opposition ihre ureigene Aufgabe erfüllt, nämlich die Regierung zu kritisieren und nach der Wahl Sondierungsgespräche zu führen.

Und Sie versuchen hier, eine Regierungsbilanz der Ergebnisse rot-grünen Handelns zu präsentieren, um die Ministerpräsidentin zu entlasten. Herr Kollege, das ist ein absoluter Bumerang. Ihre Bildungsbilanz ist katastrophal: eine Nivellierung des Schulwesens nach unten, eine überzogene Akademisierung ins Nichts, Studienabbrecherquoten explodieren, und die Betriebe finden keine qualifizierten Azubis.

(Beifall der AfD)

Sie wollen mit Digitalisierung werben. Ich will Ihnen was sagen, in Sachen Breitbandversorgung macht man sich jetzt an die Arbeit. Da ist Rheinland-Pfalz ein Schlusslicht. Auch Ihre Politik! Und wirtschaftlichen Erfolg haben unsere Unternehmen nicht wegen, sondern trotz der Landesregierung.

(Beifall der AfD)

Da brauchen Sie nur einmal auf eine IHK-Versammlung zu gehen und mit ein paar Unternehmern zu sprechen.

Kitas, ja, das ist eine gute Sache, aber die Kommunen gehen auf dem Zahnfleisch, weil Sie sie finanziell unterversorgt haben. Das ist auch eine Seite der Medaille, die Sie jetzt nicht ansprechen. Da haben Sie versprochen, dass Sie das zur Chefsache machen wollen. Na, ja, da erwarten wir nicht allzu viel.

(Heiterkeit bei der AfD)

Dann haben wir die Pflegequalität. Da gab es auch eine Untersuchung, bei der Rheinland-Pfalz gerade nicht gut abgeschnitten hat.

Und Sie sprechen die Flüchtlingspolitik an. Mit Ihrer Abschiebungsverweigerung haben Sie gemeinsam mit der Einladungspolitik von Frau Merkel die ungestörte Massenzuwanderung mit verursacht, die ein Problem für unser Land ist: sozial und finanziell.

(Beifall der AfD)

Ihre katastrophale Inkompetenz zu strukturpolitischen Fragen – Nürburgring, Zweibrücken, Hahn – hat das Land, den Steuerzahler, bald 1 Milliarde Euro gekostet.

(Abg. Michael Hüttner, SPD: Ach du lieber Gott, Rechnen ist auch nicht Ihre Stärke!)

Rot-grüne Politik, jetzt in der Form der Ampel, schadet unserem Land. Sie haben in der Vergangenheit versagt, und Sie haben jetzt schon wieder versagt. Das sind die Fakten, von denen Sie eben sprachen, Herr Roth. Rot-Grün hat dem Hahn die Flügel gestutzt und die aktuelle katastrophale Lage verursacht. Und natürlich muss der Flughafen verkauft werden. Das hätte aber schon vor Langem geschehen müssen, als man noch höhere Umsätze hätte erzielen können. Jetzt sind Sie wieder einem Betrüger aufgesessen und wollen mit Kaufinteressenten verhandeln, die einen Flughafen erwerben wollten, ohne ein Konzept zu haben und die auch noch mindestens drei Monate kein Konzept haben werden, wie der Herr Englert dem Trierischen Volksfreund sagte. Und das versuchen Sie vergebens, hier schönzureden.

Unsere Alternative wurde eben genannt. Brechen Sie den missglückten Verkaufsprozess ab. Setzen Sie ihn neu auf, und prüfen Sie Alternativen zu dem Verkauf.

(Beifall der AfD)

Und ziehen Sie die Konsequenzen aus Ihrem Versagen.

Danke sehr.

(Beifall der AfD)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Eine Abstimmung über den Misstrauensantrag findet gemäß Artikel

99 Abs. 3 der Verfassung für Rheinland-Pfalz in Verbindung mit § 50 Abs. 2 der Vorläufigen Geschäftsordnung des Landtags frühestens am zweiten Tag nach Schluss der Aussprache und spätestens binnen einer Woche nach seiner Einbringung statt.

Die Abstimmung über den Misstrauensantrag ist für den Beginn der 9. Plenarsitzung am Donnerstag, den 14. Juli,

für 09:30 Uhr vorgesehen. Der Tagesordnungspunkt wird vertagt.