Protokoll der Sitzung vom 12.12.2018

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wirtschaftspolitik in Rheinland-Pfalz zu machen, ist eine große Herausforderung. Wir sind ein besonderes Bundesland. Wir sind sehr vielfältig. Wir sind etwa so groß wie Hessen, haben aber 2 Millionen weniger Einwohner und trotzdem ein dichteres Straßennetz. Das ist ein besonderes Bundesland, auf das wir stolz sein können.

Aber es ist ein Bundesland, das auch – ich betone es noch einmal – vor sehr individuellen, sehr großen und auch besonderen Herausforderungen steht. Wir haben eine sehr stark florierende Rheinschiene, und wir haben die große Aufgabe, wirtschaftliche Aktivität und Erfolg in der Fläche sicherzustellen. Dieser Aufgabe widmet sich die Landesregierung mit großer Leidenschaft.

Die Wirtschaft in Rheinland-Pfalz steht heute so gut da wie noch nie zuvor. Nirgendwo in Deutschland ist die Wirtschaft im ersten Halbjahr 2018 stärker gewachsen als bei uns in Rheinland-Pfalz.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe Verständnis für manche Vergleiche, die sich jetzt plötzlich daran orientieren, wie viele Subventionen die Wirtschaft vom Bund abruft. Aber die wirtschaftliche Stärke eines Bundeslands wird nicht danach bemessen, wie viele Subventionen die Wirtschaft vom Bund abruft, sondern sie wird danach bemessen, wie sich das Bruttoinlandsprodukt entwickelt. Das ist die entscheidende Benchmark, und da ist RheinlandPfalz nicht nur gut, wir sind auch nicht sehr gut, sondern wir sind die Nummer 1 unter den Bundesländern in Deutschland.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Noch nie hatten so viele Menschen ihren Arbeitsplatz in Rheinland-Pfalz. Auch beim Export jagt ein Rekord den nächsten. Rheinland-Pfalz ist einer der erfolgreichsten, innovativsten Wirtschaftsstandorte in Deutschland, und wir sind – darauf sind wir als Regierung besonders stolz – ein weltoffener Wirtschaftsstandort im Herzen Europas.

Wir wollen mit dem Doppelhaushalt diese Erfolgsgeschichte fortsetzen. Wir wollen auf dem richtigen Weg bleiben, konsolidieren und investieren. Es ist besonders wichtig, dass wir in der Situation, in der wir sagen können, kein Land hat ein stärkeres Wirtschaftswachstum als RheinlandPfalz, nicht sagen: Es ist alles gut. Alles bleibt so, wie es ist. – Nein, richtig und wichtig ist, dass wir jetzt bei den Investitionen zulegen.

Der Landesbetrieb Mobilität erhält deshalb im Jahr 2019 brutto über 380 Millionen Euro an Landesmitteln. Im Jahr 2020 kommen noch einmal 5 Millionen Euro drauf. Wir kommen, wenn man sich die Bruttowerte anschaut, auf über 460 Millionen Euro in einem Haushaltsjahr für den Landesbetrieb Mobilität.

Ich habe schon 76 zusätzliche Ingenieurstellen geschaffen und besetzt. Wir werden noch einmal 61 zusätzliche Stellen beim LBM schaffen, davon 30 für technische Planung und Umsetzung. Der Landesbetrieb nimmt sich sehr viel vor, und er kommt auch sehr, sehr gut voran mit dem Infrastrukturausbau.

Die 250 Millionen Euro für das Landesstraßenprogramm sind schon genannt worden. Wir haben auch noch 5 Millionen Euro pro Jahr für die Hochstraße Nord in Ludwigshafen zur Verfügung gestellt und 75 Millionen Euro an Verpflichtungsermächtigungen eingeplant. Das sind schon tolle Summen.

Hinzu kommen – dafür sind wir dankbar – noch einmal die großen Summen, die der Bund für den Infrastrukturausbau zur Verfügung stellt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, weil das immer wieder gesagt wird, will ich klarstellen: Es ist nicht wahr, dass wir bei der A 643 nicht vorankommen. Es ist nicht wahr, dass wir bei der zweiten Rheinbrücke in Wörth nicht vorankommen. Es ist auch nicht wahr, dass wir den Lückenschluss der A 1 nicht vorantreiben.

Die Wahrheit ist, die Planfeststellungen für die zweite Rheinbrücke in Wörth sind bereits abgeschlossen. Deswegen kann auch kein Bürger in Rheinland-Pfalz über dieses Projekt verzweifelt sein, sondern es ist abgeschlossen. Im Moment liegt das Ganze bei Gericht. In einem Rechtsstaat ist es nicht unüblich, dass die Regierung abwartet, wie die Gerichte entscheiden. Wir haben uns gut vorbereitet und gehen davon aus, dass wir den Prozess gewinnen werden und dann bauen können.

Es ist so, dass die Planungen für die A 643, den sechsspurigen Ausbau – ich sage das noch einmal und bitte alle Kollegen herzlich, dass man diese Realitäten auch in der öffentlichen Kommunikation anerkennt –, so schnell

vorangetrieben worden sind, dass die Landesregierung inzwischen die Planunterlagen fertiggestellt hat und in das Planfeststellungsverfahren geht. Auch dort gibt es keinerlei Verzögerung. Es gibt auch keinerlei weiteren Beschleunigungsbedarf. Wir sind schon maximal schnell.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei der A 1 treiben wir den Lückenschluss auch mit maximaler Beschleunigung voran. Dort gibt es Probleme, weil der neue Verkehrsminister in Nordrhein-Westfalen jetzt noch einmal von vorne anfängt. Wir können diese Straße nicht isoliert auf rheinlandpfälzischer Seite bauen, sondern wir müssen uns mit NRW abstimmen, aber wir werden dort weiterhin die Dinge mit Hochdruck vorantreiben.

Frau Kollegin Wieland, das Problem beim Straßenbau ist in Rheinland-Pfalz nicht, dass irgendwo Geld fehlt. Ich konnte Ihre Rechnung nicht ganz nachvollziehen, was Sie da mit Baukosten usw. gemacht haben. Das mag irgendwie stimmen, aber das Problem beim Straßenbau in RheinlandPfalz ist, dass wir keine weiteren Kapazitäten bei den Bauunternehmen haben, Frau Kollegin Wieland.

Ein noch größeres Problem beim Straßenbau ist, dass wir nicht noch mehr Baustellen errichten können. Mich erreichen von den Bürgerinnen und Bürgern in Rheinland-Pfalz keine Zuschriften mit dem Inhalt, Herr Minister, bauen Sie doch endlich einmal eine Straße, sondern ich bekomme täglich unzählige Zuschriften von Bürgerinnen und Bürgern, die mir schreiben, lieber Herr Minister, bitte nicht noch mehr Baustellen.

(Zuruf des Abg. Alexander Licht, CDU)

Herr Licht, selbst Ihr Fraktionsvorsitzender Baldauf hat mich schon angeschrieben und mir mitgeteilt, ich würde es um Frankenthal mit den Baustellen übertreiben.

(Heiterkeit bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Wir haben in Rheinland-Pfalz inzwischen 500 Baustellen eingerichtet, davon 350 laufende Baustellen. Ich möchte darauf hinweisen, weil die Öffentlichkeit das auch verstehen muss, wir können nicht noch mehr Baustellen einrichten, weil wir dann die Verkehre nicht mehr so umleiten können, dass am Ende kein Schaden für die Wirtschaft entsteht.

Rheinland-Pfalz ist wirtschaftlich spitze. Ich möchte nicht das Wirtschaftswachstum durch noch mehr Baustellen in Rheinland-Pfalz bremsen. Deswegen: Seien Sie sich sicher, unser Investitionshochlauf wird so fortgeführt, dass wir den Investitionsrückstau abarbeiten und systematisch die Verkehrsinfrastruktur verbessern können. Sie werden aber bei mir nicht erreichen, dass ich der Wirtschaft einen Schaden zufüge, indem ich dieses Land lahmlege. Ich finde, 500 Baustellen sind zunächst einmal eine ganz schön stattliche Aktivität.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir investieren natürlich auch in Bahnhaltepunkte. Wir investieren in unsere Schienen. Wir investieren in den ÖPNV und natürlich auch in Radwege. Das ist richtig so.

Wir haben uns in Rheinland-Pfalz viel im Bereich der Fachkräftesicherung vorgenommen. Für das Jahr 2019 sind es 34 Millionen Euro und im Jahr 2020 35 Millionen Euro. Das ist eine deutliche Steigerung. Im laufenden Jahr sind es nur 26 Millionen Euro.

Wir haben den Aufstiegsbonus I und II eingeführt. Im Übrigen, der Aufsteigsbonus I nimmt auch nicht schleppend Fahrt auf, sondern er wird sehr stark nachgefragt. Wir haben Weiteres im Bereich der Schaffung der Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung vor. Wir haben das Aufstiegs-BAföG, das wir mit dem Bund gemeinsam finanzieren. Es sind viele Dinge genannt worden, wie die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung, die von den Fraktionen vorangetrieben wird. All das ist sehr richtig und wichtig.

Wir haben in Rheinland-Pfalz auch eine sehr gute Gründungskultur, die wir noch weiter ausbauen wollen. Wir haben aber einen anderen Weg gewählt, als Sie vorgeschlagen haben, Frau Kollegin Wieland. Wir wollen nicht ein Gründerstipendium einführen, das undifferenziert jedem Geld für die Gründung zur Verfügung stellt. Das passt nicht zu Rheinland-Pfalz. Wir müssen unsere Mittel so effizient wie möglich einsetzen.

Deswegen haben wir zielgenau mit dem Zuschussprogramm „startup innovativ“ für innovative nicht technologische Gründungen etwas geschaffen, was genau den Bedarf in Rheinland-Pfalz ohne Streuverluste abdeckt. Wenn wir das mit einem Gründerstipendium machen, geben wir viel Geld auch in nicht innovative Bereiche. Wir gehen zielgerichtet vor. Das ist meine Wirtschaftspolitik. Ich möchte, dass wir jeden Cent an Steuermitteln so einsetzen, damit er einen maximalen Beitrag zum Wachstum dieses Landes leisten kann.

Dass wir das gut machen, können Sie an den Wachstumszahlen des Landes Rheinland-Pfalz ablesen. Das will ich gerne fortsetzen. Wenn das Land Nordrhein-Westfalen da einen anderen Weg geht, sei es ihm gegönnt. Wir bleiben in Rheinland-Pfalz bei der zielgenauen Förderung. So viel wie möglich in die innovativen, auch nicht technologischen Gründungen zu investieren, halte ich für den richtigen Ansatz, von dem ich nicht abrücke.

Wir haben beim Innovationsfonds Rheinland-Pfalz II inzwischen ein Volumen von 30 Millionen Euro erreicht. Wir werden diesen Innovationsfonds auf 50 Millionen Euro aufstocken. Dies im Übrigen auch deshalb, weil der Bund sein Versprechen nicht eingehalten hat, ein Wagniskapitalgesetz zu schaffen. Wir werden aber unseren Beitrag auf Landesebene leisten. Wir unterstützen Technologietransfers und kommen insgesamt sehr gut voran.

Die Tourismusstrategie ist angesprochen worden. Wir wollen Rheinland-Pfalz zu einer Marke machen. Ich halte das für richtig. Wir wollen damit das Wirtschaftsstandortmarketing verknüpfen, um Synergieeffekte zu schaffen. Es fehlt im Augenblick auch kein Geld, um diese Strategie umzu

setzen, sondern die Mittel steigen massiv an. Das wollen wir weiterhin so fortsetzen.

Rheinland-Pfalz ist ein ausgesprochener Exportstandort. Mit einer Exportquote von 58 % liegen wir ganz vorne unter den Bundesländern. Deswegen ist das etwas, worauf wir stolz sein können.

Zum Agrarbereich sind viele Dinge genannt worden, wie die GeoBox. All das sind große Errungenschaften in Rheinland-Pfalz. Wir treiben die Digitalisierung der Landwirtschaft nicht nur bei uns, sondern als Vorbild für ganz Deutschland voran.

Frau Kollegin Wieland, übrigens sind wir auch im Verkehrsbereich mit dem Baustellen-Informationssystem „Digital Rheinland-Pfalz“ Vorreiter in Deutschland. Wir können uns da bei anderen Ländern nichts abschauen, weil wir die Vorreiterrolle eingenommen haben.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Rheinland-Pfalz hat auch beim Tourismus, was die Übernachtungszahlen angeht – weil das auch schon in dieser Debatte angeklungen ist –, keinen Nachholbedarf. Rheinland-Pfalz hat Rekordzahlen bei den Übernachtungen im Tourismusbereich vorzuweisen.

(Abg. Martin Haller, SPD: Natürlich!)

Wir haben Rekorde im vergangenen Jahr erreicht. Ich bin zuversichtlich, dass wir im Jahr 2018 den Rekord aus dem Jahr 2017 noch einmal brechen können.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Im Vergleich mit anderen Ländern?)

Wir sollten auf das Erreichte stolz sein. Wir sind offen für Verbesserungsvorschläge. Wir prüfen sie gern. Meine Damen und Herren, Rheinland-Pfalz – ich sage es noch einmal – steht aber sehr gut da. Besser ging es der Wirtschaft bei uns noch nie.

Wissen Sie, der Rekord im Stabhochsprung wird von Renaud Lavillenie mit 6,16 m gehalten. Man kann vor einer solchen sportlichen Leistung Respekt haben. Ich glaube, die CDU würde dazu eher sagen: Der soll sich mal anstrengen. Flugzeuge fliegen höher. – Es sei Ihnen gegönnt!

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Alexander Schweitzer und Martin Haller, SPD: Sehr gut!)

Es folgt eine Kurzintervention von Herrn Abgeordneten Joa.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir haben genau darauf gewartet!)

Herr Dr. Wissing, nach der doch sehr positiven, überhöhten Selbstbeschreibung frage ich mich: Haben Sie die Nachrichten der letzten Tage gelesen? Wir erleben starke Börsenturbulenzen. Man geht davon aus, dass der Aufschwung in dieser Form zu Ende ist. Ihre Darstellungen wirken auf mich, als wenn Sie knapp vor dem Abgrund stehen, aber alles positiv beschreiben.

Inhaltlich habe ich auch zum Thema „Fremdkapital“ noch eine Anmerkung. Warum versucht die Landesregierung respektive das Wirtschaftsministerium nicht, Geldgeber und Nachfrager, also die Start-ups, direkt zusammenzubringen? Also ohne umständliche staatlichen Programme, sondern auf dem direkten Weg, ähnlich wie das im Silicon Valley läuft.

Warum wird die Bündelung der Digitalisierung nicht zentral vorgenommen, sondern in zig Punkten auf Ministerien und Abteilungen verteilt? Das lässt für mich am Ende doch nur den Schluss zu, dass die Digitalisierung und der gesellschaftliche Fortschritt in Ihrem Hause doch nicht die Würdigung erfahren, wie Sie das hier immer darstellen.