Frau Kretz, Ihre eindrucksvolle und bewegende Rede ist uns allen unvergessen. Sie sind ein sehr eindrucksvoller Beleg dafür gewesen, wie wichtig Zeitzeugen sind. Für Ihre außergewöhnliche Persönlichkeit spricht auch, dass Sie spontan gesagt haben, einer Debatte, in der es um Erinnerungskultur geht, will ich beiwohnen und sie mir anhören.
Ich habe viele, viele Rückmeldungen erhalten mit dem Inhalt, das ist mit die beeindruckendste Rede gewesen, die ich je in meinem Leben gehört habe. – Frau Kretz, dafür noch einmal vielen, vielen Dank.
Ich möchte mich auch bei denen bedanken, die uns das ermöglicht haben und Frau Kretz bei ihrer wichtigen Arbeit, die sie äußerst engagiert in Schulen macht, begleiten: den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des MaximilianKolbe-Werks und insbesondere den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bistum Mainz, unter anderem Frau Steiner. Ihnen vielen Dank für die ganz wichtige Arbeit!
Wir kommen damit zur Aussprache. Beginnen wird für die CDU-Fraktion deren Vorsitzender Herr Baldauf.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zumindest zwei Worte auch zu Ihnen sagen, liebe Frau Kretz. Sie haben vor nicht allzu langer Zeit in diesem Landtag fast eine Stunde lang eine hervorragende Rede gehalten, die uns alle sehr, sehr beeindruckt hat. Mir ist vor allem in Erinnerung geblieben, dass Sie Ihre Rede damit begonnen haben zu sagen, Sie seien kein Opfer.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Kretz, ich kann es nur feststellen, Sie sind ein wahrlich großes Vorbild für alle uns Demokraten. Ich wünsche Ihnen von Herzen Glück, Gesundheit und Gottes Segen für Ihre Arbeit. Ich ziehe den Hut vor Ihnen und vor dem, was Sie leisten.
Sehr geehrte Frau Staatsministerin Dr. Hubig, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das erste Mal in seinem neuen Amt im Bundestag redete, erzählte er eine beeindruckende Geschichte: von einer Begegnung mit dem früheren israelischen Präsidenten Schimon Peres. Beide hatten an einer Veranstaltung mit Studenten teilgenommen.
Eine junge Frau sprach anschließend Herrn Peres an und fragte, was denn seiner Meinung nach die Zukunft bringe. Diese sei, so Peres, wie ein Kampf zweier Wölfe: Der eine ist das Böse, ist Gewalt, Furcht und Unterdrückung; der andere ist das Gute, ist Frieden, Hoffnung und Gerechtigkeit. – Die junge Frau wollte nun wissen, wer denn gewinne. Daraufhin lächelte Peres und sagte: Der, den Du fütterst. –
Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Geschichte versinnbildlicht, worauf es in einer Demokratie ankommt: Mache etwas aus der Freiheit, die Du hast. Jeder einzelne Bürger hat es selbst in der Hand, die Zukunft zu gestalten. Demokratie steht und fällt mit diesem Engagement.
Sie ist ein Haus, das nie ganz fertig wird. Sie verändert sich. Sie kann an vielen Stellen unter Druck geraten. Wir erleben das im Moment in einer Zeit der Umbrüche, in einer Kultur, die immer mehr zerrissen, anstrengend und unruhig ist, in der Fakten an Wert verlieren, Extremismus, Hass, Hetze und Antisemitismus zunehmen, rechte, linke, fundamentalistische und antieuropäische Parolen gehört werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit ihrer Regierungserklärung spricht die Bildungsministerin ein Thema an, das wichtige Diskussionen in unserer Gesellschaft aufnimmt, und ich begrüße, wenn wir heute Demokratiebildung, Erinnerungskultur und europäisches Miteinander gemeinsam im Plenum diskutieren.
Viele Menschen suchen nach Orientierung. Hier kann Politik wichtige Weichen stellen. Eine davon ist eine gute und gelingende Bildungspolitik.
Wer weiß, wie man sich in einer Demokratie bewegen und sich einbringen kann, wer die Geschichte, die Traditionen und die Werte des Landes, unserer Heimat versteht, wer gesellschaftliches Handeln in einen europäischen Kontext stellen kann, wird es leichter haben in einer Welt, die sich immer schneller dreht, Halt zu finden.
Deshalb ist es der CDU-Landtagsfraktion ein wichtiges Anliegen, Bildungsprozesse ganzheitlich zu denken und die Gedenkkultur im Unterricht zu stärken, gerade weil wir aus unserer Geschichte lernen müssen, einer Geschichte, die niemals in Vergessenheit geraten darf, vor allem vor dem Hintergrund, dass heute in Teilen unserer Gesellschaft der Antisemitismus, der Hass auf Juden und jüdisches Leben, wieder zunimmt.
Der Kampf gegen Antisemitismus ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, nicht allein eine staatliche. Intoleranz und Judenfeindlichkeit begegnen uns in vielfältiger Form. Wir dürfen sie nicht zulassen.
Innenpolitisch nicht, wenn wir uns wieder parlamentarisch darüber auseinandersetzen müssen, welchen Stellenwert der Holocaust in der deutschen Geschichte hat. Ich erinnere nur an das sogenannte Denkmal der Schande eines Herrn Höcke und die „Vogelschiss“-Aussage eines Herrn Gauland.
Zwischenstaatlich nicht, wenn andere Länder ihre israelfeindliche Politik über Umwege auch bei uns etablieren wollen. Ich erinnere nur an das Beförderungsverbot von Israelis durch arabische Airlines.
fer von Gewalt auf der Straße werden, sich nicht trauen, die Kippa aufzusetzen, wenn jüdische Schüler gemobbt werden und sich neben dem alten Antisemitismus eine islamistische Judenfeindschaft breitmacht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, niemand, schon gar nicht in Deutschland, sollte im öffentlichen Raum Gewalt fürchten müssen.
Wir dürfen nicht zulassen, dass – wie in Frankreich geschehen – jüdische Mitbürger zu Tausenden das Land verlassen. Die CDU-Landtagsfraktion wendet sich gegen jede Form von Antisemitismus. Wir sind zugleich dankbar, dass es nach der nationalsozialistischen Diktatur und dem Holocaust wieder jüdisches Leben und jüdische Kultur in Rheinland-Pfalz gibt.
Wir begreifen den Einsatz gegen jede Form von Antisemitismus als bürgerschaftliche Pflicht, als Aufgabe jedes Einzelnen. Im Februar 2018 brachte meine Fraktion daher den Antrag „Antisemitismus entschlossen bekämpfen“ ein, der im Juni 2018 zu einem gemeinsamen Antrag der Fraktionen von SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN weiterentwickelt wurde.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben eine sehr gute Diskussion und einen offenen Austausch über die Fraktionsgrenzen hinweg geführt. Dafür möchte ich mich herzlich bedanken.
Es war wichtig, an dieser Stelle den grundlegenden parlamentarischen Konsens sichtbar zu machen. Deshalb haben wir auch den Antrag der Regierungsfraktionen im Rahmen der Haushaltsberatungen zum Thema „Gedenkkultur“ ausdrücklich unterstützt. Genauso begrüßen wir die daraus folgenden Ansätze, die Sie heute vorgestellt haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich zitiere: Der Weg zum Grundgesetz führt durch die Hölle der Konzentrationslager. – Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung.
Wer sich der Vergangenheit erinnern und sie als Mahnung in die Zukunft tragen will, der muss vor allem eines tun: das Geschichtsbewusstsein der jungen Generationen stärken. Vergangenes Jahr wurde im Auftrag der Körber-Stiftung eine Untersuchung durchgeführt, inwieweit Schüler überhaupt etwas mit Auschwitz verbinden. Nur rund 60 % nahmen eine richtige Zuordnung vor. Eine Zahl, die erschreckt, wenn vier von zehn Schülern mit Auschwitz nichts anfangen können, Tendenz steigend.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wer Demokratie stärken will, der muss den Geschichtsunterricht, der muss den Sozialkundeunterricht stärken,
und zwar nicht nur pro forma, sondern in ausreichender Zahl auf dem Stundenplan und mit genug Fachlehrern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist wichtig, die Fächer Geschichte und Sozialkunde auch tatsächlich zu erteilen. Viele werden es nicht wissen, aber in den Gesamtschulen und in vielen Realschulen plus gibt es bereits keine Sozialkunde und auch keine Geschichte mehr. Auf Betreiben der Landesregierung werden diese Fächer schrittweise unter dem Dach der Gesellschaftslehre zusammengeführt. Wenn es schlecht läuft, muss ein Erdkundelehrer historische und sozialkundliche Inhalte vermitteln.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Verwischung von Unterrichtsfächern führt langfristig zu ihrer Auflösung und ist sicherlich kein Beitrag zur Ausbildung von Erinnerungskultur und auch keine sinnvolle Demokratiebildung.
Frau Ministerin, Geschichtsunterricht muss wieder als Fach erkennbar werden. Motivierte Lehrer sind entscheidend für einen guten Unterricht und damit für den Lernerfolg der Schüler. Auf ihre Methodik, ihr Verhalten und ihre inhaltliche Kompetenz kommt es an.
Je komplexer das Fach, desto wichtiger ist ein pädagogischer, methodischer und didaktischer Zugang, der eigens auf das Fach ausgerichtet ist. Dies können nur Fachlehrer leisten, die in ihrem Studium und in ihrem Vorbereitungsdienst entsprechend ausgebildet wurden.
Die CDU-Landtagsfraktion tritt deshalb entschieden dafür ein, nicht vom Fachlehrerprinzip abzurücken,
weder in der Lehrerausbildung noch im konkreten Schulalltag. Viel zu oft werden Gesellschaftslehre, Geschichte und Sozialkunde in Rheinland-Pfalz fachfremd unterrichtet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, manchmal ist Oppositionsarbeit wirklich das Bohren dicker Bretter. 2010 haben wir den Antrag „Sozialkundeunterricht stärken – politisches Interesse fördern“ in den Landtag eingebracht. Das war vor acht Jahren. Darin fordern wir ausdrücklich eine Ausweitung des Sozialkundeunterrichts im Hinblick auf die Jahrgangsstufen sowie im Stundenumfang.
Zuletzt haben wir diese Forderung vergangenes Jahr mit unserem Antrag „Sozialkundeunterricht intensivieren – politische und ökonomische Bildung endlich stärken“ bekräftigt. Ich kann nur sagen: Endlich, Frau Ministerin, nach vielen Jahren, haben auch Sie eingesehen, wie wichtig unsere Impulse sind!
Sehr geehrte Frau Ministerin, Sie setzen die Demokratieerziehung nicht erst in der Schule, sondern bereits in den Kindertagesstätten an, dort, wo ohnehin viel zu schultern ist. Die Diskussionsveranstaltungen der vergangenen Monate zu Ihrer geplanten Kita-Novelle führen das lebhaft vor Augen.
In diese Situation hinein wollen Sie einen weiteren Schwerpunkt legen, die Demokratiebildung. Doch für die rund 2.500 Kindertagesstätten haben Sie für diesen Schwer
punkt gerade einmal 65.000 Euro veranschlagt. Wissen Sie, was 65.000 Euro auf die 2.500 Kitas und 160.000 KitaKinder in Rheinland-Pfalz umgerechnet bedeuten?