Protokoll der Sitzung vom 21.02.2019

Ich komme zwar nicht aus dem Mittelrheintal, aber ich habe es oft auch mit der Enquete-Kommission besucht und darf deshalb für unsere Fraktion hier reden. Leider ist es verständlich, wenn manche Menschen sagen, sie möchten nicht in diese Region ziehen, oder sie möchten aus der Region wegziehen. Doch ein solcher Wegzug hat weitreichende Konsequenzen. Abgesehen davon, dass es immer sehr schade ist, wenn man seine persönliche Heimat verlassen möchte, gibt es Folgen wie Leerstand, Verfall von Immobilienpreisen, zurückgehende Nahversorgungsangebote und einiges mehr.

Auch im Bereich Tourismus, der unter den Folgen des Bahnlärms leidet, klagen vor allem Gastronomie und Hotellerie. Sie sagen, es gibt weniger Gäste, die hier übernachten. Manche klagen sogar darüber, dass Gäste bereits am Anreisetag das Hotel umbuchen und am selben Tag in ein anderes Hotel wechseln. Dadurch wird der wichtige Wirtschaftszweig in der UNESCO-Welterberegion Oberes Mittelrheintal wesentlich beeinträchtigt.

Sinkende Lärmbelästigungen und ein funktionierendes Verkehrskonzept sind für die geplante Bundesgartenschau ebenfalls unabdingbar. Doch der Bund ist bis heute nicht gänzlich seiner Verantwortung nachgekommen. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur hat die Krankheitsgefahren noch nicht voll erfasst. In öffentlichen Äußerungen des Ministeriums wird eine NutzenKosten-Rechnung für die Neubaustrecke aufgestellt. Die prognostizierten Zugzahlen für 2030 sollen sich verdoppeln, damit der Neubau wirtschaftlich ist. Diese Bewertung ist absolut nicht hinnehmbar, da sie verschiedene Faktoren völlig außer Acht lässt.

Dass die alternative Güterverkehrsstrecke zwischen Troisdorf und Mainz-Bischofsheim im Bundesverkehrswegeplan nicht in den vordringlichen Bedarf aufgenommen wurde, ist genauso wenig hinnehmbar.

Die Mittelrheinstrecke droht der Flaschenhals des Güterverkehrs zu werden. Damit die Region Mittelrheintal in allen Bereichen zukunftsfähig bleiben kann und die Menschen entlastet werden, müssen wir die Lärmschutzmaßnahmen voranbringen und alternative Güterverkehrsstrecken realisieren. Diese Maßnahmen, die Maßnahmen des Antrags sowie das Engagement jedes Einzelnen in dieser Region, wofür ich für unsere Fraktion ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle ausdrücken möchte, sind ein Gewinn für die Menschen in der Region. Daran müssen wir festhalten.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP und bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht vor Abgeordnete Blatzheim-Roegler.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Bevor gleich kritisch angemerkt wird, ich komme von der Mosel – im Übrigen sind wir da auch betroffen –, möchte ich sagen, ich bin in Bad Godesberg aufgewachsen.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Es spricht nichts gegen die Mosel!)

Das ist an der Mittelrheinstrecke. Das war zu einer Zeit, als die Verkehrsbelastungen noch ganz andere waren. Es gab viel weniger Züge. Ich weiß, schon damals haben sich Menschen, die nahe an der Trasse wohnten, beklagt. Das, was in den letzten 40 Jahren an Verkehr dazugekommen ist, ist unvergleichlich.

Deswegen ist es so wichtig – ich bin sehr froh, dass es uns gelungen ist, einen gemeinsamen Antrag einzubringen –, dass wir für die Menschen im Mittelrheintal jede Gelegenheit nutzen, um für die alternative Gütertrasse zu werben.

Es ist so, dass der Bund bei Bahntrassen den Bundesverkehrswegeplan aufstellt. Wir konnten 2015/2016 unsere Bedarfe für den Bundesverkehrswegeplan melden, und zwar auch bezüglich des Schienenverkehrs.

Damals war Herr Lewentz noch für den Verkehr zuständig. Im Vorfeld waren wir in Holland, Rotterdam und haben uns auch die Prognosen angeschaut. Wir waren ebenfalls in der Schweiz und haben dort bewundernd gesehen, was zu machen ist, wenn man es will und das Geld dafür zur Verfügung stellt.

Insofern war der Antrag, den die Landesregierung eingebracht hat, eine Alternativtrasse für den Mittelrheinverkehr im Bundesverkehrswegeplan anzumelden, sehr wohl überlegt und gut vorbereitet. Natürlich waren wir die ganze Zeit – jeder durch seine Kontakte – im Gespräch mit den Bürgerinitiativen und häufiger vor Ort. Es war eine absolute Enttäuschung, dass nicht nur kein Projekt von den Bahnprojekten im Bundesverkehrswegeplan anerkannt wurde, sondern ausgerechnet das Projekt, bei dem es wirklich innerhalb des Hauses und, glaube ich, innerhalb von Rheinland-Pfalz eine große Übereinstimmung gibt – ich sage es einmal so –, einfach abgebügelt wurde.

Die Anstrengungen, trotzdem noch etwas zu machen, sind nicht ausgeblieben. Ich habe keine Lust aufzurechnen, wer wann was zuerst gesagt hat. Aber natürlich sage ich gern, dass unsere Kollegin Tabea Rößner als Bundestagsabgeordnete einen Arbeitskreis „Bahnlärm“ mit anderen Bundestagsabgeordneten ins Leben gerufen hat und auch von dort aus der Druck kommt. Natürlich werden sie uns auch weiterhin unterstützen.

In dem Bereich finde ich es gut, dass überparteilich gearbeitet wird; denn das sind Probleme, die die Menschen vor Ort haben. Da ist es völlig egal, ob es von den Grünen,

von der CDU oder von der SPD kommt. Ich finde, in dem Punkt muss man gemeinsam an einem Strang in die gleiche Richtung ziehen. Das wird uns heute gelingen.

Vielen Dank auch an die Ministerpräsidentin, die sich noch einmal in einem Brief an den Verkehrsminister mit deutlichen Worten, so nehme ich es an, gewandt hat. Soweit ich weiß, gibt es demnächst ein Treffen.

Ich denke, wir müssen einfach hartnäckig dranbleiben. Es geht nicht nur um den Lärm. Das ist natürlich das, was zuvorderst immer genannt wird. Wenn Sie sich aber einmal mit Bürgerinitiativen unterhalten – es gibt sehr gute Untersuchungen darüber –, so werden Sie hören, was die Erschütterungen, die durch diese Vielzahl von Zügen und schweren Güterzügen angerichtet werden, an Folgeschäden bedingen. Dann muss man auch darauf den Fokus legen.

Ich möchte einen dritten Punkt ansprechen. Es ist gesagt worden, es gab vor Kurzem einen Unfall. Die Bürgerinitiativen haben immer wieder darauf aufmerksam gemacht – natürlich haben wir es auch von der Politik aufgenommen –, dass das Gefahrenpotenzial von Zügen, die mit gefährlichen Stoffen beladen und leider noch nicht alle doppelwandig ausgestattet sind, für die Menschen unmittelbar vor Ort eine Lebensgefahr bedeutet.

Ich glaube, das sind alles Gründe, die heute noch einmal ganz wichtig dafür sind, dieses gemeinsame Signal nach Berlin zu schicken. Ich sage manchmal, seitdem Berlin und nicht mehr Bonn Hauptstand ist, liegen wir in RheinlandPfalz an der Peripherie der Republik. Wir müssen laut sein, und wir werden laut sein. Dann sollen sie uns auch in Berlin hören.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Für die Landesregierung spricht Verkehrsminister Dr. Wissing.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lärm ist ein direkter Angriff auf die Lebensqualität von Menschen. Er ist potenziell gesundheitsgefährdend und kann eine enorme Belastung der Anwohnerinnen und Anwohner darstellen. Deswegen ist es gut, dass wir in einem breiten Konsens die Interessen der Bevölkerung im Mittelrheintal vertreten und dem Bund noch einmal mit aller Deutlichkeit vor Augen führen, dass wir es uns in Rheinland-Pfalz nicht bieten lassen, permanent von der Bundesregierung in zentralen verkehrspolitischen Anliegen des Landes RheinlandPfalz ignoriert zu werden.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich fand es bereits enttäuschend, dass die alternati

ve Güterverkehrsstrecke zwischen Troisdorf und MainzBischofsheim nicht in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans 2030 aufgenommen wurde, obwohl der Bund die immense Bedeutung des Vorhabens für den Güterverkehr im Korridor Rhein – Alpen selbst festgestellt hat.

Die jüngsten widersprüchlichen Informationen aus dem Bundesverkehrsministerium – vom Beauftragten der Bundesregierung für den Schienenverkehr schriftlich nach außen gegeben –, sind für uns und die betroffene Bevölkerung im Mittelrheintal mehr als irritierend. Man kann sich schon fragen, ob die Menschen des Mittelrheintals, ob wir Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer in Berlin noch ernst genommen werden.

Wenn ich mir die Situation anschaue, so ist es nicht nur die Alternativstrecke im Mittelrheintal. Wir brauchen dringend die Rheinvertiefung. Wir haben einen wirtschaftlichen Schaden im vergangenen Jahr erlitten. Es ist eines der wichtigsten Verkehrsprojekte. Die Bundesregierung bewegt sich keinen Millimeter.

Alternative Schienengüterverkehrsstrecke: Der Bund bewegt sich keinen Millimeter. Ich frage mich, liebe Kolleginnen und Kollegen, was auf uns zukommt, wenn die Bundesregierung bzw. der Bundesverkehrsminister künftig die Verantwortung für den Bau der Autobahnen in RheinlandPfalz übernimmt. Würde ich eine solche Stillstandspolitik betreiben,

(Heiterkeit des Abg. Martin Brandl, CDU)

so möchte ich mir nicht vorstellen, wie Sie schreien würden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Staatsminister Roger Lewentz: Ganz genau!)

Das möchte ich mir wirklich nicht vorstellen.

(Abg. Alexander Licht, CDU: 1 Milliarde Investitionsstau! Ein bisschen kleiner! – Zurufe von der CDU)

Ehrlich gesagt, der Kollege Wieland stellt sich hier hin und sagt, – – –

(Abg. Christine Schneider, CDU: Weiland! – Weiter Zurufe von der CDU – Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Weiland stellt sich hier hin und sagt, er bittet die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung um Hilfe, damit sich der von der Union gestellte Bundesverkehrsminister bewegt. – Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, wenn ich mir Ihre Ratschläge vor Augen führe, die Sie mir immer geben, wie man sich in einer Regierung durchsetzt, dann schlage ich vor, üben Sie in Berlin einmal selbst. Üben Sie einmal selbst!

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Wenn der Mittelrhein in Bayern läge, hätten wir die Alternativstrecke schon da!)

Bis heute hat der Bundesverkehrsminister es nicht einmal geschafft, die Studie, die zur Nichtaufnahme des Vorhabens in den vordringlichen Bedarf führte, auf seiner Internetplattform zu veröffentlichen. Das ist seit drei Monaten angekündigt. Ich weiß, dass es schwer ist, Straßen zu bauen. Ich weiß, dass man viele Hürden überwinden muss. Aber eine Studie im Internet zu veröffentlichen, sollte innerhalb weniger Stunden möglich sein. Dieses Schneckentempo ist beispielhaft für die Infrastrukturpolitik, die die Union im Bund betreibt.

(Vereinzelt Beifall bei FDP und SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch diese Machbarkeitsstudie, die der Bund beauftragen möchte, ist noch nicht bekannt. Ich möchte sagen, es ist gut, dass wir uns mit der Union gemeinsam an die Bundesregierung wenden und sagen, es muss sich einmal etwas bewegen. Ich erinnere an das, was wir in Rheinland-Pfalz an Infrastrukturprojekten vorantreiben. Es ist gut, dass der Landtag permanent die Landesregierung antreibt und sagt: Bewegen Sie sich! – Deswegen verbauen wir auch Rekordsummen. Wir wollen, dass die Infrastruktur vorankommt. Es kann aber nicht sein, dass wir uns hier in Rheinland-Pfalz bemühen, uns anstrengen und unseren Landesbetrieb ertüchtigen, aber permanent im Bund Stillstand bei allen großen Infrastrukturprojekten beobachten.

(Zuruf des Abg. Gerd Schreiner, CDU)

Ich sage an der Stelle auch als Wirtschaftsminister, das schadet unserem Land massiv. Ich habe ein großes Interesse daran, dass wir den Verkehr von der Straße stärker auf die Schiene verlagern.

(Zurufe von der CDU – Glocke des Präsidenten)

Das ist im Interesse der rheinland-pfälzischen Bevölkerung.

(Abg. Christine Schneider, CDU: Wie kann man bei einem gemeinsamen Antrag so reden?)

Aber solange sich der Bund bei der alternativen Schienengüterverkehrstrasse nicht bewegt, solange Machbarkeitsstudien nicht in Auftrag gegeben werden, Studien nicht veröffentlicht werden, nichts in den vordringlichen Bedarf gegeben wird,

(Abg. Gerd Schreiner, CDU: Nur gedrechselte Worte und nichts dahinter! Sie wissen nicht, wofür Sie bezahlt werden, Herr Minister!)