Protokoll der Sitzung vom 23.08.2019

alle bekannt gewordenen Straftaten, einschließlich der mit Strafe bedrohten Versuche, in der schon oft angesprochenen Polizeilichen Kriminalstatistik, kurz PKS. In der PKS werden auch Informationen zu Tatverdächtigen sowie zu Opfern registriert.

Die PKS ist bundesweit gültig. Da alle Bundesländer ihre Daten nach gleichen Kriterien erfassen, ermöglicht die PKS bundesweite Auswertungen und auch vergleichende Betrachtungen einzelner Bundesländer. Deswegen kann ich behaupten, Bayern, Baden-Württemberg und vor allem Rheinland-Pfalz sind die sichersten Bundesländer. Vor diesem Hintergrund stellt die PKS das wichtigste und verlässlichste Instrument zur Darstellung der Kriminalitätslage und -entwicklung dar.

(Abg. Uwe Junge, AfD: Habe ich auch nicht infrage gestellt!)

Die PKS wird daher auch als Grundlage für die Vorbereitung kriminalpolitischer Entscheidungen sowie für kriminalstrategische Planungen in präventiver und repressiver Hinsicht genutzt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, unbestritten ist, dass in der PKS naturgemäß nur das sogenannte Hellfeld erfasst werden kann, also die Straftaten, die der Polizei bekannt werden. Darauf reagiert die Polizei in Deutschland schon lange. Um auch das sogenannte Dunkelfeld bei der Entscheidungsfindung berücksichtigen zu können, wurden in der Vergangenheit bereits unterschiedlichste Dunkelfeldforschungen betrieben.

Unter anderem führte das BKA im Jahr 2012 eine erste bundesweite Umfrage zur Kriminalitätsbelastung der Bürgerinnen und Bürger durch. Im Jahr 2017 entschied die Innenministerkonferenz (IMK), solche Viktimisierungssurveys auf der Grundlage einheitlicher Kriterien und Fragestellungen zukünftig regelmäßig bundesweit und damit länderübergreifend durchzuführen.

Die Ergebnisse der im Jahr 2017 durch das BKA durchgeführten Untersuchung wurden im April 2019 veröffentlicht. Sie beruhen auf einer bundesweiten repräsentativen Befragung der Wohnbevölkerung ab 16 Jahren. Dem entsprechenden Bericht sind unter anderem Aussagen zur regionalen, nach Bundesländern aufgeschlüsselten Verteilung von Opfererfahrungen für verschiedene Delikte zu entnehmen.

Beispielsweise weist der Bericht für den Bereich der Raubdelikte für Rheinland-Pfalz mit Abstand den niedrigsten Wert aller Bundesländer aus.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Während in Rheinland-Pfalz im untersuchten Jahr nur 1,19 Fälle pro 1.000 Einwohner zu verzeichnen waren, lag dieser Wert bei unseren Nachbarn in Hessen bei 11,55 Fällen und in Baden-Württemberg gar bei 14,06 Fällen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, noch bedeutender und deswegen besonders herauszustellen sind die Ergebnisse im Bereich des Sicherheitsgefühls der Bürgerinnen und Bürger in ihrer eigenen Wohnumgebung. In

Rheinland-Pfalz fühlten sich demnach 16,6 % der Bevölkerung im befragten Zeitraum unsicher. Das ist im Vergleich aller Bundesländer der beste Wert. In Baden-Württemberg belief sich der entsprechende Anteil auf 20,1 % und in Sachsen-Anhalt auf 30,2 %.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, somit wird nicht nur anhand der Polizeilichen Kriminalstatistik, sondern auch anhand von bereits durchgeführten, wissenschaftlich fundierten Dunkelfeldbefragungen deutlich, dass die rheinlandpfälzischen Sicherheitsbehörden eine herausragende Arbeit leisten. Das sollte uns alle freuen.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Matthias Lammert, CDU)

Um weitere Aspekte der Inneren Sicherheit zu beleuchten, legt die Landesregierung unabhängig hiervon alle zwei Jahre einen Bericht über die Innere Sicherheit und den Stand der Verbrechensbekämpfung vor. Hierin werden neben der eigentlichen Kriminalitätslage einschließlich der politisch motivierten Kriminalität auch das polizeiliche Einsatzgeschehen, die polizeiliche Verkehrssicherheitsarbeit sowie die Kriminal- und Gewaltprävention näher betrachtet. In die turnusgemäße Erstellung dieses Berichts unter der Federführung meines Hauses sind das Finanzministerium, das Ministerium für Bildung, für Justiz, für Integration und auch die Verbraucherschutzorganisationen eingebunden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit der Polizeilichen Kriminalstatistik, den periodisch durchzuführenden bundesweiten Viktimisierungssurveys sowie dem Bericht über die Innere Sicherheit und den Stand der Verbrechensbekämpfung stehen drei Instrumente zur Verfügung, die sich gegenseitig ergänzen und in der Gesamtschau bereits eine umfassende und verlässliche Darstellung und Bewertung der Kriminalitätswirklichkeit sowie der Sicherheitslage in Deutschland und in Rheinland-Pfalz ermöglichen. Sie stellen gleichzeitig eine valide Grundlage für zukünftige kriminalpolitische Entscheidungen der Landesregierung sowie kriminalstrategische Planungen der Polizei- und der Sicherheitsbehörden in Rheinland-Pfalz dar.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie haben es gelesen. Zurzeit führen die Landeshauptstadt – Sie sind darauf eingegangen, Frau Schellhammer –, das Polizeipräsidium Mainz und das Institut für Publizistik der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz die Mainzer Sicherheitsumfrage 2019 durch.

Ziel dieser Umfrage ist die Erhebung des Sicherheitsgefühls der Bevölkerung von Mainz und der Einschätzung des Risikos, Opfer einer Straftat zu werden. Die Stadt Mainz und die Polizei werden durch die Auswertung der Befragung zusätzliche Erkenntnisse erlangen und diese bei der Planung und Durchführung der zukünftigen präventiven und repressiven Maßnahmen auf örtlicher und regionaler Ebene berücksichtigen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, abschließend – auch das müsste in Fachkreisen bekannt sein – ist darauf hinzuweisen, dass die nächste bundesweite Dunkelfeldbefragung des BKA bereits im nächsten Jahr – im Jahr 2020 – durchgeführt wird. Die Befragung wird Aussagen

zu Opfererlebnissen, Anzeigeverhalten, Erfahrungen mit der Polizei und der Bewertung ihrer Arbeit sowie Einschätzungen zur eigenen Sicherheit beinhalten.

Insgesamt werden im Rahmen dieser Studie – hören Sie mir gut zu – bundesweit 136.000 Personen angeschrieben; würde man den Königsteiner Schlüssel umrechnen, wären es allein in Rheinland-Pfalz 6.500 Personen. Bislang hat sich Rheinland-Pfalz noch nicht mit einer eigenen, darüber hinausgehenden Fragestellung zu Länderspezifika beteiligt. Warum? – Wir vertreten die Auffassung, dass nur eine bundesweite, einheitliche Befragung mit einer möglichst großen Basisstrichprobe aussagekräftige und vor allem bundesweit vergleichbare Ergebnisse liefern kann.

Aktuell gehen die Bundesländer tatsächlich sehr unterschiedlich vor. Das ist auch hier angesprochen worden. Einige Länder führen eigenständige Teiluntersuchungen durch, andere beteiligen sich mit eigenen Fragestellungen an bundesweiten Untersuchungen. Vor diesem Hintergrund habe ich eine Erörterung der Thematik für die Herbstsitzung der Innenministerkonferenz angemeldet.

(Vizepräsidentin Astrid Schmitt übernimmt den Vorsitz)

Ich will es noch einmal sagen, Ziel der Befassung ist es, auf einerseits umfassende und andererseits für alle Länder möglichst einheitliche Erhebungen hinzuwirken. Ich glaube, das ist die richtige Herangehensweise.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, aufgrund der Redezeit der Landesregierung stehen den Fraktionen noch weitere 3 Minuten zur Verfügung. Weitere Wortmeldungen sehe ich aber nicht.

Wir kommen zur Abstimmung. Wird Ausschussüberweisung beantragt? – Das ist nicht der Fall. Wer dem Antrag – Drucksache 17/9813 – seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke schön. Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD, der CDU, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der AfD abgelehnt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir kommen zum nächsten Tagesordnungspunkt, Punkt 25 der Tagesordnung:

Verbraucherinnen und Verbraucher schützen – seriöse Schlüsselnotdienstanbieter stärken Antrag der Fraktionen der SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/9798 –

Man hat sich auf eine Behandlung ohne Aussprache verständigt und möchte den Antrag an den Ausschuss für Familie, Jugend, Integration und Verbraucherschutz überweisen. Ich sehe keinen Widerspruch. Dann verfahren wir

so.

Ich rufe Punkt 26 der Tagesordnung auf:

Artenvielfalt durch Landbewirtschaftung Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/9806 –

Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart. Für die CDU-Fraktion spricht Abgeordneter Zehfuß.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Artenvielfalt ist seit dem Neolithikum bis in die Neuzeit ein Koppelprodukt der Landwirtschaft gewesen, die nach der Rodung ursprünglicher Wälder zu einer Zunahme der Artenvielfalt bis ca. 1850 geführt hat. Die Epoche um 1850 war von vielen verschiedenen Revolutionen geprägt. Wir alle kennen die Revolution von 1848: angefacht nicht nur vom politischen Freiheitsgedanken, sondern vor allem von Hunger. Die Periode um 1850 war nicht nur die Zeit der höchsten Biodiversität, sondern auch die Zeit der meisten Hungertoten in unserer Heimat.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Das stimmt!)

Herr Schweitzer, was ich sage, stimmt immer.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ach so! – Vereinzelt Heiterkeit im Hause)

Mit der modernen Neuzeit ist ein schleichender Rückgang der Artenvielfalt erkennbar. Biodiversität ist heute nur noch bedingt ein Koppelprodukt der landwirtschaftlichen Nutzung. Das gilt übrigens nach Professor Dr. Schumacher, ehemals Uni Bonn, gleichermaßen für konventionelle wie für ökologische Landnutzungen. Der rasante gesellschaftliche Wandel hinterlässt seine Spuren: Nicht nur immer weniger Menschen sind bereit, in der Landwirtschaft zu arbeiten, sondern auch die der Artenvielfalt zuträglichen traditionellen kleinteiligen Formen der Landbewirtschaftung werden durch die Abwanderung der arbeitsfähigen Menschen in besser honorierte Beschäftigungsverhältnisse aufgegeben. Sie weichen aus ökonomischen Gründen größeren Bewirtschaftungseinheiten, die der Markt besser honoriert, die aber entsprechend weniger Gemeinwohlleistungen als Koppelprodukt generieren.

Erhebungen der 1960-Jahre zeigen im Vergleich zu heute diese dramatische Gesellschaftsentwicklung. Gab es im ländlichen Bereich Anfang der 1960er-Jahre in nahezu jedem Haushalt eine Nutztierhaltung zur Eigenbedarfsdeckung mit dem dazugehörigen Hotspot der innerörtlichen Biodiversität, dem Misthaufen, so haben sich diese Dörfer zu hygienisierten, oberflächenversiegelten nutztierfreien Steinwüsten entwickelt. Landwirtschaftliche Betriebe sucht man in vielen Dörfern vergebens. In manchen Regionen ist zudem die landwirtschaftliche Tierhaltung komplett verschwunden.

Richtigerweise versucht man, dieser gesamtgesellschaftlich verursachten Entwicklung entgegenzuwirken. Im Rah

men der Agrarumweltmaßnahmen wird versucht, vielfältige Maßnahmen umzusetzen. Es zeigt sich jedoch, dass diese Maßnahmen eher in extensiv genutzten Gebieten in der Fläche Verbreitung finden. Der weitaus größere Teil der intensiven wirtschaftlichen und landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetriebe wird von den aktuellen Maßnahmen nicht angesprochen.

Die beste Möglichkeit, Naturschutz und eine große Artenvielfalt zu erhalten, ist – wie Frau Martini und Frau Conrad schon formulierten – Naturschutz durch Nutzung. Wichtig ist aber auch, wie Professor Dr. Schumacher formuliert – ich zitiere –, dass die Ziele des Natur- und Umweltschutzes nicht durch überzogene Kontrollmechanismen oder unterschiedliche Interpretationen, zu hohe Förderungen konkurrierender Nutzungen bzw. eine zu geringe Honorierung ökologisch relevanter Leistungen konterkariert werden. Ebenso ist es entscheidend, dass sich dadurch auch ökonomisch relevante Zusatzeinkommen generieren lassen – so weit Herr Professor Dr. Schumacher. Ich gehe davon aus – die Richtigkeit meiner Aussagen hat der Fraktionsvorsitzende der SPD schon bestätigt –,

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Das war ich!)

dass dieser Antrag eine breite parlamentarische Basis finden wird.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Das ging jetzt aber schnell!)

Ich freue mich auf eine intensive faktenbasierte Beratung im Ausschuss.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion spricht Abgeordnete Nina Klinkel.