Auch hier erfolgt die Behandlung gemäß der Absprache im Ältestenrat ohne Aussprache. Das bisherige Ausschussverfahren: erste Plenarberatung in der 91. Sitzung am 23. Oktober 2019 mit Aussprache, die Überweisung an den Innenausschuss – federführend – und mitberatend an den Rechtsausschuss. Die Ausschussempfehlung lautet auf unveränderte Annahme.
Wir stimmen unmittelbar über den Gesetzentwurf ab. Die Beschlussempfehlung lautet auch hier auf unveränderte Annahme. Wer diesem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke schön. Für Enthaltungen bleibt kein Raum. Dann ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen der SPD, der CDU, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der AfD angenommen.
Wer dem Gesetz in seiner Schlussabstimmung die Zustimmung geben möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben! – Gegenstimmen? – Danke schön. Dann ist das Gesetz mit den Stimmen der SPD, der CDU, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der AfD angenommen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, freue ich mich, dass wir weitere Gäste bei uns im Landtag begrüßen dürfen. Das ist einmal die Arbeitsgemeinschaft der Gewerbetreibenden aus Kaisersesch. Seien Sie uns herzlich willkommen!
Außerdem sind es Bürgerinnen und Bürger aus dem Wahlkreis 4 – Neuwied. Auch Ihnen ein herzliches Willkommen!
Landesgesetz zur Neufassung des Landesverfassungsschutzgesetzes und zur Änderung weiterer Gesetze Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/10488 – Erste Beratung
Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart. Wer begründet für die antragstellende Fraktion? – Der Abgeordnete Schwarz für die SPD-Fraktion, bitte schön.
Verehrte Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Gesetzentwurf, den wir heute einbringen, packen wir ein weiteres sicherheitspolitisches Vorhaben aus dem Ampel-Koalitionsvertrag an. Dieser Entwurf enthält eine umfassende Reform des rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzgesetzes, das in seinen wesentlichen Teilen aus dem Jahr 1998 stammt und damit älter als 20 Jahre ist.
Seitdem hat sich die Welt aber natürlich verändert, stark verändert. Das gilt besonders auch bezüglich der Aufgaben, die eine Verfassungsschutzbehörde hat, nämlich die freiheitlich-demokratische Grundordnung vor extremistischen, verfassungsfeindlichen Bestrebungen zu schützen, unabhängig davon, ob sie rechtsextremer, linksextremer oder etwa islamistischer Natur sind.
Werte Kolleginnen und Kollegen, mit dieser umfassenden Novelle verfolgen wir zwei Ziele. Zum einen wollen wir den Verfassungsschützern ermöglichen, effektiver zu ermitteln. Zum anderen wollen wir aber auch für eine effektivere Kontrolle des Verfassungsschutzes durch den Landtag sorgen.
Der rheinland-pfälzische Verfassungsschutz soll mit neuen, effektiveren Instrumenten ausgestattet werden, weil stets gewährleistet sein muss, dass unser Staat mit denen Schritt halten kann, die ihn in seinen Grundstrukturen bekämpfen. Es soll deshalb erstmals eine klare Rechtsgrundlage für den Einsatz und die rechtlichen Grenzen verdeckter Mitarbeiter sowie von Vertrauenspersonen des Verfassungsschutzes geben. Das gibt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Rechts- und Handlungssicherheit.
Des Weiteren soll es eine Erweiterung der Befugnisse für die Abfrage von Bestandsdaten nach dem Telekommunikations- und dem Telemediengesetz geben. Damit erhält der Verfassungsschutz auch das Recht, zum Beispiel über IP-Adressen Personen zu identifizieren.
Bei der Regelung zur Wohnraumüberwachung soll es unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dann zwar eine strengere, dafür aber auch an das individuelle Verhalten einer Person gebundene Regelung geben.
Werte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte aber nun noch kurz auf den mindestens genauso wichtigen Teil des
Gesetzeswerks, die parlamentarische Kontrolle, eingehen. Die bundesweite Aufarbeitung des teilweise skandalösen Behördenversagens rund um den sogenannten Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) hat das Vertrauen vieler Menschen in die Arbeit des Verfassungsschutzes erschüttert.
Ich will aber heute ausdrücklich festhalten und betonen, vergleichbare Skandale und Missstände sind in RheinlandPfalz nicht vorgekommen.
Wir als SPD-Fraktion vertrauen auch weiter darauf, dass bei uns gut und rechtsstaatlich gehandelt wird. Dennoch muss aufgrund der Besonderheiten, die die Arbeit eines Geheimdienstes nun aber einmal hat, die Kontrolle, die sonst durch die Öffentlichkeit und die Gerichte gewährleistet ist, hier besonders gut organisiert werden.
Werte Kolleginnen und Kollegen, die Kontrolle durch die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) hat sich grundsätzlich bewährt. Deshalb wollen wir den Abgeordneten in der Parlamentarischen Kontrollkommission mit diesem Gesetz nun weitere Befugnisse an die Hand geben, die die Kontrolle erweitern und verstärken können. Dazu gehört ein umfassendes Selbstinformationsrecht der PKKMitglieder, nicht nur wie bisher durch Einsicht in Akten, Schriftstücke und Daten, sondern auch ein unmittelbares Befragungsrecht von Mitarbeitern des Amtes und natürlich vom zuständigen Minister. Dazu haben die Mitglieder jederzeit unangemeldet Zutritt zu den Räumen des Verfassungsschutzes. Auch die Hinzuziehung von externen Experten bei der Bewertung von komplexen Vorgängen sowie die Einrichtung einer speziellen Geschäftsstelle für die PKK, deren Mitglieder nur der PKK unterstellt sind, gehören mit dazu.
Werte Kolleginnen und Kollegen, insgesamt ist das eine sehr gute Gesetzesvorlage, mit der die Sicherheitsbehörde, aber auch das Parlament gut arbeiten können. Das ist ein weiteres Zeichen, wie gut die Ampelkoalition bei sehr wichtigen Gesetzesvorhaben zusammenarbeitet.
(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Martin Haller, SPD: Genau! So ist das!)
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Kollege Schwarz, zum letzten Satz will ich einfach sagen: Ja, in der Tat, es war schon ein bisschen überraschend. Es hat ein bisschen
lange gedauert, bis jetzt der Gesetzentwurf kam, aber wir Insider wissen natürlich, wie schwierig es ist, untereinander die entsprechenden Punkte zu setzen, aber das ist gelungen.
Ich will einfach sagen, ich denke, das, was jetzt hier vorliegt, ist eine absolut umfangreiche und gute Arbeitsgrundlage, mit der sich die Ausschüsse – darauf komme ich vielleicht zum Schluss noch zu sprechen – intensiv beschäftigen können, um zu sehen, ob irgendetwas vergessen wurde oder im Laufe der Zeit noch etwas dazu gekommen ist. In der Tat, das war notwendig. 20 Jahre sind lang. Es ist nicht nur die Gefahrenlage breiter geworden – Sie haben das richtig gesagt, islamistische, rechtsextremistische und linksextremistische Gefahren drohen unserer Gesellschaft –, sondern auch der Technologiesprung wurde schon angesprochen, den wir gerade in der Telekommunikation erfahren haben. Das macht eine totale Überarbeitung – es wurde praktisch ein neues Gesetz vorgelegt – notwendig.
Nicht nur diese Bereiche machen das notwendig, sondern wir haben auch neue Phänomene. Ich will das nur zu dem ergänzen, was Sie völlig richtig alles gesagt haben: Wir haben inzwischen Einzeltäter, die per se beim Verfassungsschutz bisher nicht die Berücksichtigung finden konnten, wie das jetzt möglich sein soll. Wir haben die Reichsbürger und andere Selbstverwalter. Wir haben aber auch in der Wirtschaft sowie in der Wissenschaft und Forschung große Herausforderungen zu bewältigen, für die wir, ich denke, den Verfassungsschutz sehr brauchen, damit er die Aufklärung im Vorfeld erledigt, aber auch Spionage sozusagen abwendet; denn auch das berührt natürlich unsere Gesellschaftsordnung und unser staatliches System.
Meine Damen und Herren, ich denke, wir sind gut beraten, unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beim Verfassungsschutz – deshalb will ich nicht nur den Verfassungsschutz, sondern, so wie Sie das auch gemacht haben, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter benennen – eine absolut gute Rechtsgrundlage für ihre wichtige Arbeit zur Verfügung zu stellen, damit sie wissen, wie das in dieser Situation korrekt ablaufen kann.
(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP sowie des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir haben dafür – ich glaube, das muss man hier noch einmal deutlich sagen – sozusagen zwei Säulen, die uns Vorgaben machen.
Das ist auf der einen Seite das Bundesverfassungsgericht, das uns in den letzten 20 Jahren herausragende Entscheidungen zu den Themenkomplexen – ich will nur ein paar Stichworte nennen – „Datenschutz“, „Informationelles Selbstbestimmungsrecht“, „Antiterrordatei“, „Onlinedurchsuchung“, „Privater Kernbereich bei der Wohnungsüberwachung“, aber auch im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit der Mittel, die wir einsetzen, gegeben hat, nämlich dass immer nur – das wissen wir als Juristen und Verwaltungs
leute – das mildeste Mittel das angemessene Mittel ist. Das wäre dann beim Verfassungsschutz sozusagen die offene Feststellung von Tatsachen, aber wenn das über offene Wege nicht geht, dann müssen auch verdeckte Wege möglich sein, die aber wieder genau beschrieben sein müssen, sodass es da, ich denke, gar keine Irritationen gibt.
Das Bundesverfassungsgericht hat in den letzten Jahren zum Schutzbereich, den sich der Staat zum Maßstab der Dinge machen muss, wenn er diese Gesellschaft mit Mitteln, die wiederum das Grundrecht der Betroffenen oder Dritter berührt, entschieden, dass dieser Schutzbereich definiert sein muss. Das ist einmal die Menschenwürde, das ist das Rechtsstaatsprinzip, und das ist das Demokratieprinzip. Ich glaube, höher kann man das mit drei Worten gar nicht ansiedeln, aber genau das muss unser Maßstab sein, wenn wir Maßnahmen und Regeln aufstellen.
Die zweite Säule, die ich auch nennen will – das haben Sie in Ihrem Vorwort beschrieben –, ist die, dass es in den letzten Jahren schon auf Bundesseite und in den Ländern entsprechende Regelungen gegeben hat. Sie wollen, dass berücksichtigt wird, was es schon an neuen Lösungen gibt und wie wir die in Rheinland-Pfalz umsetzen können.
Das sind telekommunikationsseitig das Telekommunikationsgesetz und das Telemediengesetz, es ist das Bundesverfassungsschutzgesetz, aber auch der Datenschutz spielt eine große Rolle. Wir sind nicht von der europäischen Datenschutz-Grundverordnung betroffen, aber trotzdem hat der Datenschutzbeauftragte gewisse Rechte, was die Verwaltungsseite anbelangt. Natürlich müssen wir auch, wenn wir solche Dinge wie die Abgabenordnung und den Einsatz von verdeckten Mitarbeitern und Vertrauenspersonen haben und die Öffnungsklauseln nutzen, die uns Bundesgesetze geben, ganz besonders die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts berücksichtigen.
Meine Damen und Herren, ja, ich habe es gesagt, eigentlich brauchen wir die bestmögliche, effektivste und rechtssicherste Arbeitsgrundlage für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Trotzdem – das ist mir auch wichtig – soll es natürlich bei der Polizei und beim Verfassungsschutz beim Trennungsgebot bleiben. Dennoch muss man darauf schauen, dass Doppelarbeiten, die viel Geld und Personal kosten, verhindert werden können. Dazu gibt es in diesem Gesetzentwurf auch Lösungsansätze.
Zur parlamentarischen Kontrolle will ich nichts sagen. Ich finde, das hat der Kollege sehr gut ausgeführt. Wir haben das schon ein Stück weit – wir sind zu Dritt in diesem Gremium – besprochen.
Ja, ausbaldowert. Wir haben uns aber intensiv damit beschäftigt, Herr Minister. Ich glaube, das war richtig.
Wenn ich als Vorsitzende des Rechtsausschusses darf, dann würde ich gerne anregen, dass wir diesen Gesetzentwurf mit den beiden Ausschüssen – mit dem federführenden Innenausschuss und dem Rechtsausschuss – in einer ersten gemeinsamen Sitzung beraten. Ich glaube, dass es wert ist, dass sich möglichst viele Kolleginnen und Kollegen vertieft mit den ganzen Fragestellungen beschäftigen, damit eine gewisse Kenntnis über die Methoden, über die Instrumente und Rechtsgrundlagen vorhanden ist