Protokoll der Sitzung vom 29.01.2020

Bevor Sie also das Verfassungsschutzgesetz ändern, sollten Sie vielmehr erst einmal verstärkt Ursachenforschung betreiben. Wer definiert denn eigentlich im Einzelfall „rechtsextrem“ bzw. die Beobachtung durch den Verfassungsschutz?

(Abg. Michael Hüttner, SPD: Ich hätte gerne Schmerzensgeld!)

Ist eventuell der Gast,

(Glocke der Präsidentin)

der im ausländischen Lokal seinen Teller nicht leer isst, bereits rassistisch und damit beobachtenswert?

(Zurufe aus dem Hause)

Vergessen dürfen wir in diesem Zusammenhang auch nicht, dass die vielen sogenannten

(Glocke der Präsidentin)

Neubürger – – –

(Abg. Jens Guth, SPD: Die Zeit ist fertig!)

Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ach so, okay, gut.

(Abg. Michael Hüttner, SPD: Gott sei Dank! – Abg. Gabriele Bublies-Leifert, fraktionslos: Da müssen Sie nicht den lieben Gott zitieren! Alles gut! – Abg. Giorgina Kazungu-Haß, SPD: Der liebe Gott braucht Sie auch nicht!)

Für die Landesregierung spricht Staatsminister Roger Lewentz.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ich finde es ja interessant, das ist eigentlich die AfD in Rheinland-Pfalz völlig unverstellt! Man hört da wirklich einiges, was wirklich spannend ist! Das ist die wahre AfD! – Zuruf von der AfD – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ich bin Ihnen in gewisser Weise dankbar für diese Redebeiträge! – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Wir sind aber nicht dankbar für Ihre Redebeiträge! – Glocke der Präsidentin)

Herr Staatsminister Lewentz hat das Wort, und ich bitte Sie jetzt um Ruhe.

Meine sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Liebe Frau Kohnle-Gros, Frau Becker, Frau Schellhammer, Herr Schwarz, ich möchte mich ausdrücklich bedanken. Wir üben heute – ich nehme die Landesregierung ausdrücklich mit ein – staatspolitische Verantwortung in sehr schweren innenpolitischen Zeiten aus. Diese Ausübung staatspolitischer Verantwortung ist gut und wichtig. Und es ist natürlich ein gutes Signal an unseren Verfassungsschutz. Auf Persönlichkeiten unseres Verfassungsschutzes will ich gleich noch einmal eingehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zu dieser parteilosen Abgeordneten fällt mir nur ein: Das ist die größte Geschichtsverdrehung, die ich mir je anhören musste, gepaart mit absolutem Unsinn.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU)

Ansonsten sage ich, meine Damen und Herren, das Tierreich lehrt uns: Getroffene Hunde bellen.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Haben Sie jetzt Abgeordnete mit Tieren verglichen? Was ist das denn für eine Unverschämtheit!)

Ich habe vorhin die schweren innenpolitischen Zeiten genannt. Wenn ein Diener unseres Staates, ein Regierungspräsident, von einem Rechtsterroristen hingerichtet wird, wenn Rechtsterroristen mit vorgehaltener Waffe versuchen, in eine Synagoge einzudringen und gleichzeitig Morde in einer Stadt begehen, wenn wir feststellen müssen, dass aus den IS-Kampfgebieten Rückkehrer, die wir nicht einschätzen können, von denen massive Gefahren ausgehen, zurückkommen, zum Beispiel eine mutmaßliche Anhängerin nach Rheinland-Pfalz, in Zeiten, in denen wir über wachsenden Rechts- und Linksextremismus, Ausländerextremismus, Spionage und andere Dinge mehr verschärft nachdenken und darauf reagieren müssen, meine sehr geehrten Damen und Herren, und in Zeiten – das bedrückt mich –, in denen wir auch darüber nachdenken müssen, wie wir mit Gefahren von Kindern umgehen können, dann – das will ich ausdrücklich als Innenminister und als für den Verfassungsschutz zuständiger Minister, aber auch als Demokrat, der hier seit 25 Jahren als frei gewählter Abgeordneter tätig ist, sagen – findet dieses Gesetz genau

den notwendigen Mittelweg.

Parlamentarische Kontrolle wird gestärkt, und die Möglichkeiten unseres Verfassungsschutzes, die Verfassung zu schützen, werden ebenfalls gestärkt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das waren schwierige Diskussionen. Da sind den Abgeordneten viele Dinge abverlangt worden, weil sich Zeiten verändern. Dafür bin ich sehr, sehr dankbar.

Ich will auf die Einzelheiten nicht noch einmal eingehen, aber drei Punkte will ich ansprechen. Erstens: Die für eine effektive Arbeit des Verfassungsschutzes unabdingbaren Normen und klar formulierten, zeitgemäßen und verhältnismäßigen Befugnisse will ich nennen.

Zweitens: Weitreichende, vollständige und abschließende Datenschutzregelungen zur Wahrung der schutzwürdigen Interessen der betroffenen Personen will ich erwähnen.

Drittens: Überarbeitete und ausgedehnte Regelungen zur umfassenden parlamentarischen Kontrolle will ich nennen. Das ist mehrfach angesprochen worden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn man dann sagt, dieses Gesetz ist ausgewogen und kann sich sehen lassen und hilft uns, diese demokratische Ordnung zu schützen, dann ist das ein gutes Fazit zu einem Gesetz, das den Inlandsnachrichtendienst und seine Arbeit regelt.

Ich bin den Mehrheiten, die dazu beigetragen haben, dass wir den Personalstand des Verfassungsschutzes von 2016 bis 2020 um 33 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhöht haben, dankbar. Das sind 20 %. Das ist eine Zahl, die sich mehr als sehen lassen kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, unser Anspruch an uns ist, die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit ausgewogen zu halten und niemals aus den Augen zu verlieren.

Jetzt will ich mich natürlich beim Verfassungsschutz des Landes Rheinland-Pfalz bedanken: nicht nur, weil er der Leiter ist, sondern weil er vorhin diffamierend genannt wurde, bei Ihnen, lieber Herr May.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer Herrn May kennt und ihn beobachtet, weiß, dass Herr May alles andere, meine sehr geehrten Damen und Herren, als ein Befehlsempfänger ist.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

So wie es vorgetragen wurde und wahrscheinlich auch gemeint war,

(Abg. Uwe Junge, AfD: Überhaupt nicht!)

ist das eine entwürdigende Bewertung eines Spitzenbeamten, eines Kollegen, der mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Aufgaben intensiv und mit voller Überzeugung wahr- und sehr ernst nimmt,

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So habe ich das auch empfunden! Genau so habe ich das verstanden!)

um unsere demokratische und freiheitliche und wunderbare Verfassung zu schützen.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Völlig richtig, Herr Minister!)

Dafür sage ich Ihnen, lieber Herr May, ausdrücklich danke schön.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Uwe Junge, AfD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist vorhin von einem Fraktionsvorsitzenden über schutzwürdige Güter gesprochen worden. Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung sind ausdrücklich keine schutzwürdigen Güter unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung.

(Beifall der SPD, der FDP, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Ich stelle fest, Sie haben sich zu einer Kurzintervention gemeldet, Frau Bublies-Leifert. Ich werde sie nicht mehr zulassen. Wir haben das Gesetz ausführlich debattiert. Ich kann das aufgrund des Debattenverlaufs entscheiden. Ich habe einen Ermessensspielraum aufgrund der Geschäftsordnung. Ich möchte sie nicht mehr zulassen.

(Abg. Jens Guth, SPD: So sieht es aus! – Zuruf der Abg. Gabriele Bublies-Leifert, fraktionslos – Zurufe von der SPD: Nein! – Abg. Martin Haller und Jens Guth, SPD: Nein, das wollen wir nicht hören!)

Ich lasse sie nicht mehr zu. Wir überprüfen das Zitat, das Sie verwendet haben. Ich lasse diese Kurzintervention aufgrund des Debattenverlaufs jetzt nicht mehr zu.

Ich möchte, dass wir jetzt zur Abstimmung über das Landesgesetz kommen. Wir stimmen zunächst über den Änderungsantrag ab, und zwar über den Änderungsantrag der Fraktionen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Wer diesem Änderungsantrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön. Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist der Änderungsantrag mit den Stimmen der SPD, der CDU, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der AfD und der Abgeordneten Bublies-Leifert, fraktionslos, so angenommen.

Wir stimmen dann insgesamt über den Gesetzentwurf – Drucksache 17/10488 – ab. Wer diesem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke schön. Damit ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen der