Protokoll der Sitzung vom 17.04.2024

(Zuruf der Abg. Ellen Demuth, CDU)

Ich gehe einmal ein bisschen weg von Rheinhessen, weil ich als Ludwigshafener nicht nur Rheinhessen loben will.

(Abg. Michael Hüttner, SPD: Das ist aber schade!)

Wir haben mit AbbVie eine Firma, die 100 Millionen in die Forschung investiert in Ludwigshafen. Meine Damen und Herren, AbbVie ist die Firma, die

das umsatzstärkste Medikament auf der Welt verkauft, 18 Milliarden Euro. 18 Milliarden Euro Umsatz mit einem Medikament. Dieses Medikament wurde in Ludwigshafen entwickelt, meine Damen und Herren, nicht in Boston oder sonst irgendwo, nein, in Ludwigshafen.

Manchmal passiert es auch, dass man in Frankenthal, Herr Baldauf, einen Auftrag bekommt, nämlich von der BASF für die Pumpen in China.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Die werden nicht gefördert!)

Das ist ebenfalls passiert. Natürlich hat die KSB Aufträge, und natürlich ist auch das ein Weltmarktführer, meine Damen und Herren. Dann beschweren Sie sich aber nicht, freuen Sie sich, dass in Ihren Heimatgemeinden Weltmarktführer vorhanden sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und bei der FDP – Zuruf des Abg. Hans Jürgen Noss, SPD)

Es gab den Zwischenruf von Herrn Baldauf, die werden doch gar nicht gefördert.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Ja, genau!)

Was ist denn mit der BASF? – Heute werden in der BASF die ersten zwei Anlagen für den elektrischen Steamcracker eingeweiht, gefördert vom Bund mit einer zweistelligen Millionensumme. Vor einigen Monaten hatten wir hier die Diskussion, dass die BASF gefördert wird bei der Herstellung von grünem Wasserstof. Meine Damen und Herren, eine zweistellige Millionensumme von uns und eine zweistellige Millionensumme vom Bund, eine dreistellige Millionensumme investiert mit Programmen, die es im Land und im Bund gibt. Dann kann man sich nicht hier hinstellen und so tun, als würde in RheinlandPfalz keine vernünftige und sinnvolle Wirtschaftspolitik betrieben.

Die Ampel in Rheinland-Pfalz, die steht für die Wirtschaft auf Grün.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und bei der FDP)

Für die AfD-Fraktion spricht Abgeordnete Nieland.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Sehr geehrte Kollegen! Verkaufen Sie Ihren Mantel nicht, Herr Wink, Herr Braun. Sehr geehrte Damen und Herren, eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Sie erinnern sich? – Äsop.

Meine Damen und Herren, am 8. April wurde mit viel Politprominenz der erste Spatenstich zum Bau des Werks von Eli Lilly in Alzey zelebriert, eine große Showveranstaltung inszeniert;

(Heiterkeit der Ministerpräsidentin Malu Dreyer)

denn der tatsächliche Bau des Pharmawerks soll zwar im Sommer beginnen, aber laut Allgemeiner Zeitung liegt noch nicht einmal ein rechtskräftiger Bebauungsplan vor, der die Großansiedlung ermöglicht.

(Abg. Philipp Fernis, FDP: Sie hat keiner eingeladen, oder?)

Zwar sollen 1.000 Arbeitsplätze entstehen – das ist gut für Rheinland-Pfalz, aber auch notwendig –, auf der anderen Seite stehen aber viele Unternehmen hier im Land, die Arbeitsplätze abbauen. Beispiele gibt es genug. Ich will ein paar prominente nennen. BASF hat bereits im letzten Jahr den Abbau von 2.500 Arbeitsplätzen nur am Standort Ludwigshafen angekündigt und will nun mit einem Sparpaket weitere Arbeitsplätze streichen. Das Sparpaket beträgt pro Jahr 1 Milliarde Euro. BorgWarner ist exemplarisch für die Automobilzulieferer hier im Land. Sie stellen sich auf dauerhaft schlechte Zeiten ein und werden 600 Stellen abbauen.

So wurde zwar in Alzey von einem Aufbruch gesprochen, von erfolgreicher Politik in Rheinland-Pfalz, aber nein, die tatsächliche Lage, die Realität in Rheinland-Pfalz sieht völlig anders aus. Was Sie von der Landes- und Bundesregierung erzählt haben, war eine reine Märchenstunde. Das war Augenwischerei, wie der FDP-Titel dieser Aktuellen Debatte.

(Beifall der AfD)

Herr Wink, sehr geehrte Damen und Herren, haben Sie nicht mitbekommen, dass die rheinland-pfälzische Wirtschaft im letzten Jahr um 4,9 %, also fast 5 %, eingebrochen ist und das wirtschaftliche Schlusslicht in Deutschland ist? Nein, niemand bestreitet, dass es ein paar erfolgreiche Ansiedlungen in Rheinland-Pfalz gibt. Herr Becht hat sie bei der Aussprache zu unserer Großen Anfrage genannt. Das aber sind entschieden zu wenig, um die wirtschaftliche Entwicklung in Rheinland-Pfalz umzudrehen. Selbst eine wachsende Biotechbranche reicht dazu nicht aus.

Wir haben nämlich auf der anderen Seite einen großen Einbruch bei den Investitionen in den Bereichen Chemie und Kfz. In der Chemieindustrie sackten die Investitionen um 450 Millionen Euro ab und in der Kfz- und Kfz-Teileindustrie innerhalb weniger Jahre um 200 Millionen. Eli Lilly kann dies nicht aufwiegen.

Dann gibt es noch andere Zahlen, die wir aus unseren Großen Anfragen „Deindustrialisierung“ herausgelesen haben und noch besser verdeutlichen, wie schlecht es um die Ansiedlungspolitik in Rheinland-Pfalz bestellt ist. Der Wert der ausländischen Direktinvestitionen in Rheinland-Pfalz belief sich 2021 auf 5,4 Milliarden Euro. Der Wert der Direktinvestitionen der RheinlandPfälzer bzw. von rheinland-pfälzischen Unternehmen im Ausland belief sich

dagegen auf fast 70 Milliarden Euro. Das ist ein Verhältnis von 1 : 13. Das ist eine Abstimmung der Unternehmer mit den Füßen gegen die Landesregierung, gegen die Wirtschaftspolitik der Landesregierung hier in Rheinland-Pfalz.

Wenn wir die Entwicklung über die Jahre hinweg verfolgen, dann erkennen wir, wir haben nicht nur ein massives Ungleichgewicht bei den Direktinvestitionen, dieses Ungleichgewicht ist auch noch immer weiter gestiegen. Jetzt, Herr Wink, erklären Sie mir noch einmal, dass Rheinland-Pfalz attraktiv ist für Investitionen.

(Abg. Michael Hüttner, SPD: Ihnen muss man gar nichts erklä- ren!)

Für heute können wir festhalten, eine Schwalbe macht noch keinen Sommer.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Für die FREIEN WÄHLER spricht Abgeordneter Wefelscheid.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Ansiedlung des Weltunternehmens in Rheinland-Pfalz ist gelungen. Auch wir Freie Wähler beglückwünschen, ganz im Gegensatz zur AfD, die Regierung und die Region Alzey für dieses Leuchtturmprojekt. Möge diese Ansiedlung dazu führen, dass weitere Unternehmen neu nach Rheinland-Pfalz kommen,

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

um die Abhängigkeit unserer heimischen Wirtschaft von einzelnen Industriezweigen zu reduzieren; denn leider ist es so, dass wir in den letzten Tagen vernehmen mussten, dass das Land Rheinland-Pfalz 2023 bei der Wirtschaftsentwicklung im Bundesländervergleich das Schlusslicht war. Das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt nahm nach vorläufigen Berechnungen um 4,9 % ab, deutschlandweit war es lediglich ein Minus von 0,3 %, aber – das sei bei genauer Betrachtung dieser Zahlen auch gesagt – dieses starke Minus basiert im Wesentlichen auf den Einbrüchen bei der wertschöpfenden Industrie insgesamt, aber vor allem der Pharmaindustrie im Land.

(Abg. Michael Hüttner, SPD: BioNTech!)

Gerade die Pharmaindustrie hatte zuletzt nun einmal überproportional stark vom Geschäft mit Impfstofen profitiert. Somit kann man also sagen, bereinigt um diesen Efekt, der basiert auf der Corona-Pandemie, liegen wir in Rheinland-Pfalz dann tatsächlich im deutschlandweiten Spektrum. Das ist immer noch nicht gut, es ist negativ, minus 0,3, vielleicht 0,5 bereinigt, aber

dann muss man die Verantwortung suchen – ich schaue zu den Grünen – bei Herrn Habeck und dem deutschlandweit grün geführten Bundeswirtschaftsministerium. Ich könnte jetzt weiter ausführen, aber hier ist das die falsche Stelle.

Was sich in den Zahlen allerdings zeigt, die Schwankungsbreite des Bruttoinlandsprodukts hängt in Rheinland-Pfalz erheblich von vier Unternehmen ab, nämlich dem Biotechnologieunternehmen BioNTech, dem Chemieriesen BASF, dem Pharmakonzern AbbVie – von ihm haben wir heute schon gehört – und dem Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim. Kommt es in diesen Unternehmen zu Einzelefekten, hat das direkte Auswirkungen auf das Bruttoinlandsprodukt, positiv in den Jahren zuvor, jetzt eben negativ.

Das Beispiel BioNTech zeigt aber auch, dass in kurzer Zeit neue Unternehmen entstehen können, die so stark werden, dass sie es schafen können, statistische Efekte zu erzielen. Mit jedem neuen Unternehmen, das dazukommt, sinkt logischerweise die Anfälligkeit für statistische Ausreißer. Jedes neue Unternehmen, das dazukommt, hilft, die Abhängigkeit unserer heimischen Wirtschaft von einzelnen Industriezweigen zu reduzieren.

Für die erfolgreiche Ansiedlung von neuen Unternehmen hat mir die Beschäftigung mit der für die Start-up-Szene besonders wichtigen Gamingbranche gezeigt, Frau Ministerin, dass die landeseigenen Förderprogramme, die wir haben, mit nicht rückzahlbaren Zuschüssen, leider bei Weitem nicht ausreichen; denn häufig sind Projekte gerade im Gamingsektor risikobehaftet. Trotzdem wird eine Anschubfinanzierung dringend benötigt. Für die Branche passende Förderprogramme gibt es entgegen den bisherigen Behauptungen eben nicht in der Form, wie mir ein Branchenvertreter nachvollziehbar darlegte.

(Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

In anderen Bundesländern, beispielsweise Baden-Württemberg, NRW, Hamburg oder Berlin und Brandenburg sind Zuschüsse für die Gaming-Branche weitaus höher. Es gilt hier also auch in Rheinland-Pfalz einen Wettbewerbsnachteil aufzuholen, der unseren Standort aktuell hinter seinen Möglichkeiten, zumindest was das betrift, zurückbleiben lässt. Dazu zählt die bisherige Personalisierung des Fördernetzwerks „GameUp!“. Wenn eine einzelne Person den gesamten Aufbau des Gaming-Netzwerks verantworten muss, Förderberatungen betreiben und noch etliche weitere Aufgaben wahrnehmen soll, dann wird an der falschen Stelle gespart. Ich komme noch einmal in den Haushaltsberatungen darauf zurück, Frau Ministerin Schmitt.

„Willkommenskultur für Unternehmen fördern“, so der Titel, beinhaltet zugleich aber auch, den Weg für eine Fachkräftegewinnung und Fachkräfteeinwanderung zu ebnen und dauerhaft zu sichern. Unser Ziel muss es sein, Rheinland-Pfalz als attraktiven Wirtschafts- und Lebensraum zu stärken und zu vermarkten.

Die aktuelle IHK-Konjunkturumfrage etwa für die Kreise Altenkirchen, Neuwied und Westerwald zeigen die schwierige Lage der Wirtschaft im nördlichen

Rheinland-Pfalz deutlich. Damit die Wirtschaft dort wieder Fahrt aufnehmen kann, müssen bürokratische Hemmnisse weiter abgebaut werden; denn für die von der Industrie geprägten Regionen darf die Zuwanderung von den dringend benötigten Fach- und Arbeitskräften aus dem Ausland nicht weiter erschwert werden.

Dazu fasste Dr. Peter Enders, Vorsitzender des Verwaltungsrats „Wir Westerwälder“ und Landrat des Kreises Altenkirchen, zusammen – ich erlaube mir, mit Erlaubnis des Präsidenten zu zitieren –: „Als umzusetzende Ebene der Einwanderungspolitik werden die Kommunen vom Gesetzgeber vor Verfahrensprobleme gestellt. Das bremst viele Arbeitgeber, die bei der Rekrutierung von Fachkräften den Weg ins Ausland wagen, aus. Aber auch qualifizierte Fachkräfte, die ihre berufliche und private Zukunft bei uns suchen, werden von der deutschen Bürokratie abgeschreckt. Allerdings sorgen insbesondere diese Menschen dafür, dass Deutschland und unsere Region wettbewerbsfähig bleiben können. Wir benötigen sie und es liegt auch an uns, diese Menschen in unsere Gesellschaft zu integrieren.“

Frau Ministerin Schmitt, wir werden im Ausschuss noch einmal vertiefter darüber sprechen müssen, wie diese Probleme in deutschen Botschaften abgebaut werden können – wir haben es schon einmal angesprochen –, damit die notwendigen Fachkräfte in unsere Industrie kommen können.

Vielen Dank.